Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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 Bad Langensalza (Unstrut-Hainich-Kreis)
Jüdische Geschichte 

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der jüdischen Geschichte in Bad Langensalza   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde      
   
In Bad Langensalza bestand eine jüdische Gemeinde im Mittelalter. Spätestens zum Beginn des 14. Jahrhunderts haben sich jüdische Personen in der Stadt niedergelassen. 1321 werden Meiger und 1323 Mose von Salza als Hausbesitzer in Erfurt genannt. 1346 wurde die Stadt wegen eines Besitzstreites zwischen dem Landgrafen von Thüringen und dem Mainzer Erzbischof belagert und zerstört, jedoch wenig später wieder aufgebaut. Nach der Überlieferung wurde den Juden die Schuld an der Zerstörung zugeschoben. Viele von ihnen seien damals auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden.
   
1356 wurde zwischen den Thüringer Landgrafen ein Abkommen mit dem Erzbischof von Mainz über die Aufnahme von Juden in der Stadt abgeschlossen. Danach konnten sich unter dem Schutz der genannten Herrschaften wieder mehrere jüdische Familien in der Stadt niederlassen.  
  
Im 15. Jahrhundert wird mehrfach die bis heute vorhandene "Jüdengasse" (= "Judengasse") in der Stadt genannt. In den hier vorhandenen 28 Häusern lebten jedoch auch christliche Familien. In der "Judengasse" war eine Synagoge (s.u.). Auch ein jüdischer Friedhof war vorhanden, der auf dem "Jüdenhügel" lag. Der Weg zum jüdischen Friedhof führte nach der Überlieferung durch das demnach benannte "Klagetor". 1418 werden in einer Steuerliste 16 oder 17 jüdischen Personen (überwiegend Familienvorsteher) genannt. Damals bestand die jüdische Gemeinde aus etwa 80 Personen. Die Juden der Stadt lebten u.a. vom Geldhandel. 
  
1436
wurden die Juden aus Langensalza verbannt.      
  
Erst im 19./20. Jahrhundert konnten wiederum einzelne jüdische Personen / Familien zuziehen, die zur jüdischen Gemeinde in Mühlhausen gehörten. Die erste Aufnahme war 1853/54 (siehe Bericht unten), als ein jüdischer Schnittwarenhändler ein Geschäft eröffnete, was zunächst heftige Reaktionen in der Stadt gegen seine Niederlassung hervorrief. Trotz weiterem Zuzug jüdischer Familien / Personen kam es in der Folgezeit nicht zur Bildung einer eigenen jüdischen Gemeinde in Langensalza.  
  
1933 wurden 34 jüdische Einwohner gezählt, darunter Geschäftsleute, Händler, Handwerker und Ärzte. In den folgenden Jahren verließen mehrere von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien die Stadt und wanderten teilweise aus. Unter den ersten war der Kaufmann Arnola Schächter, der bereits Ende November 1933 mit seiner Familie in die USA emigrierte. Andere konnten nach Palästina oder nach Portugal emigrieren. Im Juni 1938 wurde im Reinhardbrunner Hof eine antisemitische Hetzausstellung gezeigt. Beim Novemberpogrom 1938 wurden der Kaufmann Artur Goßmann und der Schneider Jakob Salomon in das KZ Buchenwald verschleppt und dort mehrere Wochen festgehalten. Jakob Salomon hatte in der Bergstraße 21 sein Geschäfte inne, Arthur Gossmann hatte mit seiner Frau Nettchen einen Schuhladen in der Rathausstraße 6 betrieben. Zu Familie Gossmann gehörten auch seine Tochter Irma mit ihrem Mann Fritz Schlesinger und deren Sohn Günther. Noch nicht alle Schicksale der jüdischen Einwohner konnten aufgearbeitet werden.  
 
Von der Verfolgung betroffen waren auch Personen mit teilweise jüdischer Abstammung. So galt der Bäcker Lothar Kahn in der NS-Sprache als "Mischling II. Grades". Er war 1938 bis 1940 in der Wehrmacht, ist jedoch Ende 1944 vermutlich im KZ Auschwitz ermordet worden.     
   
Von den in Bad Langensalza geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Gertrud Hartmann (1907, stammt aus Bad Tennstedt), Jakob Jakob (1899), Günther Schlesinger (1926), Irma (Irene) Schlesinger geb. Gossmann (1905).
 
Nach 1945: In der Stadt lebte 1946 - nachdem er zwei KZ-Aufenthalt überstanden hatte - wieder Jakob Salomon, der mit einer nichtjüdischen Frau verheiratet war.       
   
   
   
Berichte aus der jüdischen Geschichte in Bad Langensalza    
  
Über die erste Aufnahme jüdischer Personen in Langensalza Mitte des 19. Jahrhunderts (1853/54)   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. Dezember 1853: "Langensalza, 15. November (Nordhäuser Zeitung). In letzter Zeit herrschte in unserer Stadt eine nicht geringe Aufregung. Bis jetzt war hier kein Jude domiliziert. Vor nicht langer Zeit jedoch mietete sich ein jüdischer Kaufmann ein und beabsichtigte, ein Geschäft mit Schnittwaren zu etablieren. Die Konzession zum Betrieb seines Geschäfts erhielt er von der königlichen Regierung in Erfurt. Kaum war dies geschehen, als hiesige Bürger sich die Mühe gaben, den neuen Ankömmlinge wieder zu vertreiben. Abgesehen von Privatschritten wurde vor einigen Tagen durch den öffentlichen Ausrufer der Stadt eine Versammlung aller Gewerbe- und Handeltreibenden angekündigt, welche über eine für die Stadt höchst wichtige Angelegenheit zu beraten haben werde. In dieser Versammlung wurde beschlossen, sofort eine Deputation nach Magdeburg an den Oberpräsidenten der Provinz Sachsen zu entsenden, damit den Bürgern von Langensalza das angebliche Recht, keinen Juden unter sich dulden zu müssen, erhalten bleibe. Es wird nämlich behauptet, dass die ehemals königlich sächsischen Städte der preußischen Provinz Sachsen, im Widerspruch mit der preußischen Gesetzgebung, bei der Übernahme obiges Recht garantiert erhalten hätten. Die Deputation, welche gleich anderntags abreiste, brachte dem Vernehmen nach den Bescheid mit, dass die Stadt Langensalza die betreffenden Beweismittel einreichen möge, worauf dann weitere Antwort folgen werde. Inzwischen hat der jüdische Kaufmann, gestützt auf die Konzession der Erfurter Regierung, getrost angefangen, seinen Laden in Stand zu setzen.
(Wir können den Mut unseres Glaubensgenossen auf sein gutes Recht nur beloben. Dass die Stadt Langensalza nicht verlangen kann, was das Gesetz längst aufgehoben, ist sicher, dass sie es nicht erlangen wird, hoffen wir. Redaktion). "   
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. März 1854: "Langensalza, im März. Die Leser erinnern sich aus Nr. 50 des vorigen Jahres, dass hier ein Jude sich niedergelassen, während Magistrat und Bürger durch Protestaktionen, Petitionen und Deputationen bis ans Ministerium dagegen Einsprache erhoben. Jetzt haben sie von Letzterem den Bescheid erhalten, dass dem Juden das Gesetz zur Seite stehe. Nun wollen Sie noch einmal dagegen remonstrieren: die Juden hätten bei ihrem Abzuge im 15. Jahrhundert geschworen, nie wieder zu kommen! Unser Glaubensgenosse meint, dass er nicht unter den Schwörenden gewesen. "   

    
Über die Beisetzung von zwei jüdischen Soldaten in Bad Langensalza (1867) 

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. September 1866: "Langensalza, (Ein Soldaten Begräbnis.) Der Nordhäuser Zeitung schreibt man von hier: am 15. dieses Monats wurde ein hannoverscher Infanterist jüdischen Glaubens beerdigt, und da in Langensalza keine jüdische Gemeinde ist, so musste derselbe ohne Geistlichen beerdigt werden. Der Feldwebel Kühnaß, welcher die zur Ehrensalve kommandierten Mannschaften befehligte, trat an die Gruft und sprach: Kameraden! Wir begraben hier einen der tapferen, die auf dem Schlachtfelder von Langensalza angefochten. Er ist nicht unseres Glaubens, aber er war würdig, in unseren Reihen zu kämpfen: er ist darum auch würdig, in den Reihen derer zu ruhen, welche den Friedhof von Langensalzaer zieren. Möge der allmächtige Gott Ihn das Heil finden lassen, welches er in seinem Glauben gehofft hat! Am 15. wiederholte sich der Fall, und der Feldwebel Kühnaß erfüllte seine Aufgabe in der selben würdigen Weise."   
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. Oktober 1867: "Hannover, 27. September (Privatmitteilung). Wie seinerzeit auch in diesen Blättern berichtet worden, sind im vorigen Jahre zwei jüdische Soldaten der vormaligen Hannoverschen Armee in dem Lazarett zu Langensalza an ihren Wunden verstorben, und weil daselbst keine jüdische Gemeinde ist, auf dem christlichen Friedhof begraben worden. Auf Veranlassung des hiesigen Land Rabbiners Dr. Meyer ist denselben nunmehr auch ein Leichenstein mit hebräischer und deutscher Zuschrift gesetzt worden, welche lautet: (hebräisch und deutsch) "Hier ruhen die Hannoverschen Soldaten Jacob Driels (hebräisch: Jaakov ben Naftali Halevi) aus Emden und Hermann Herzfeld (hebräisch: Zwi ben Jizchak) aus Mühlhausen gestorben den Heldentod für König und Vaterland infolge ihrer Wunden in der Schlacht bei Langensalza. Das vor einiger Zeit gesetzte Monument ist sehr schön gearbeitet und hat die Anerkennung der Langensalzaer Behörden als eine Zierde des Friedhofs erhalten. Die Kosten hat der leider bald Hannover verlassende Oberkommerzrat Simon hierselbst mit gewohnter Liberalität bestritten und um die ganze Angelegenheit hat sich Herr Stadtrat Oppé in Mühlhausen namhafte Verdienste erworben."    
 
Langensalza Chananja 15101867.jpg (97463 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Ben Chananja" vom 15. Oktober 1867: "Im vorigen Jahre sind im Lazarett von Langensalza noch zwei jüdische hannöversche Soldaten an ihren Wunden gestorben. Da dort keine jüdische Gemeinde ist, so wurden sie auf dem christlichen Friedhofe begraben, wobei von hannöverschen Kameraden treffliche Worte der Anerkennung und religiösen Duldsamkeit gesprochen sind, wie seiner Zeit im 'Ben Chananja' berichtet wurde. Ein Antrag an den Landrabbiner Dr. Mayer in Hannover, sie ausgraben und auf einem jüdischen Friedhof begraben zu lassen, ist von demselben als dem Geiste des Judentums widersprechend, abgelehnt worden. Vielmehr wird auf seine Veranlassung den beiden Soldaten, die zufällig an zwei aufeinander folgenden Tagen gestorben und nebeneinander begraben sind, ein Leichenstein mit hebräischer und deutscher Inschrift gesetzt. Die letzte lautet: 'Hier ruhen die hannöver'schen Soldaten Jakob Driels aus Emden und Herman Herzfeld aus Mühlenhausen, gestorben den Heldentod für König und Vaterland in  Folge ihrer Wunden in der Schlacht bei Langensalza.' Die hebräische Inschrift hat denselben Inhalt; ihren Wortlaut jedoch kann ich nicht angeben. Das Monument ist vor einiger Zeit gesetzt, sehr schön gearbeitet und hat die Anerkennung der Langensalzaer Behörden erhalten, da es eine Zierde des dortigen Friedhofes bildet."      
 
Langensalza Israelit 10101867.jpg (105077 Byte)Artikel von Lehrer Joseph Oppenheimer in Bad Salzuflen-Schötmar in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Oktober 1867: "Aus Lippe-Detmold. Mehrere Zeitungen berichteten unlängst von Langensalza eine Tatsache, welche gewiss auch für viele Leser Ihres geschätzten Blattes von Interesse sein dürfte. Der erwähnte Bericht lautet:"  
Bericht wie oben.
 
 
Hinweis: Der (christliche) Friedhof in Bad Langensalza mit Gräbern bis 1945, unter denen auch die Gräber der beiden Soldaten waren, wurde 1972 eingeebnet und auf dem Gelände ein Tierpark errichtet.   

      
Eine antijüdische Beleidigung wird vom Amtsgericht bestraft (1926)       

Artikel in der der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des Central-Vereins) vom 7. Mai 1926: "Nach Langensalza in Thüringen. Bestraft wurde vom Amtsgericht in Langensalza der verantwortliche Redakteur des 'Langensalzaer Tageblattes', Dr. Artur Wartmann, mit 100 Mark Geldstrafe oder zehn Tagen Gefängnis und Veröffentlichung des Urteils im gleichen Blatt. Hartmann hatte den Kaufmann Max Stern, Inhaber des Kaiser-Bazar in Langensalza, durch Schimpfworte in der Zeitung beleidigt."    

     
      
    
  
Zur Geschichte der Synagoge         
   
Im Mittelalter gab es eine Synagoge auf dem Grundstück Judengasse 4. Sie ist nicht erhalten.    
  
  
  
Fotos  

Siehe Abbildungen in der Publikation von Hartmut Rosinger (siehe Lit. unten)   
      

  
   

Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

2005: Projekt von Schülerinnen und Schülern des Salza-Gymnasiums: Recherche über "Jüdisches Leben in Bad Langensalza"   
Langensalza Lit 120.jpg (72394 Byte)Bericht über das Projekt (Quelle):  "Im Zeitensprünge-Projekt des Forscherteams aus Bad Langensalza ging es darum, Zeitzeugen zu suchen, um Erinnerungen wieder zu beleben. Die fünf Schülerinnen und Schüler des 'Salza Gymnasiums' gingen der Frage nach, ob jüdisches Leben etwas Bleibendes in ihrer Stadt hinterlassen hat. 'Es stellte sich schnell heraus, dass dies eine mühevolle Arbeit war – eine Spurensuche im wahrsten Sinne des Wortes.' Die Recherchen waren umfangreich, die Archivarbeit langwierig und die Suche nach Zeitzeugen aufwändig. Es gibt kaum noch Erinnerungen an das jüdische Leben in der Stadt. Doch exemplarisch konnten die Jugendlichen Straßennamen identifizieren oder durch Berichte und die Arbeit im Stadtarchiv den ehemaligen Standort einer Synagoge ausfindig machen. Die Broschüre dokumentiert aber nicht nur die aufwändigen Recherchen. Sie gibt einen Überblick über historische Hintergründe und beschreibt anhand von Einzelschicksalen das Leben der jüdischen Bevölkerung in Bad Langensalza. "
    
Mai 2010: Verlegung von "Stolpersteinen" in Bad Langensalza ab 14. Juni 2010   
Artikel von Britt Mandler in der "Thüringer Allgemeinen" vom 27. Mai 2010 (Artikel): "Stolpersteinen erinnern an Opfer der Judenverfolgung
Über 25 000 Stolpersteine hat Gunter Demnig schon verlegt. 

Sechs sogenannte Stolpersteine werden ab dem 14. Juni in Bad Langensalza an die Opfer der Judenverfolgung erinnern. Geschaffen wurden sie vom Kölner Bildhauer Gunter Demnig, der gestern zu einer Feierstunde in die Kurstadt kam. 
Bad Langensalza. Mehr als 25 000 Stolpersteine hat Gunter Demnig in den vergangenen zehn Jahren geschaffen. Zur Routine ist es für den Kölner Künstler aber bis heute nicht geworden, die Betonquader zu gießen und mit einer beschrifteten Messingplatte zu versehen. Denn in wenigen Worten ist dort das Schicksal ganzer Familien zusammengefasst. "In den Büchern ist nachzulesen, dass im Dritten Reich sechs Millionen Juden verfolgt und ermordet wurden. Das ist auch für mich eine abstrakte Zahl", gab er zu. 
Doch wer sich mit der Geschichte der einzelnen Opfer beschäftige, erhalte eine andere Sicht auf die Dinge. Schulklassen und Vereine arbeiteten Demnig die Daten der Shoa-Opfer zu. In Bad Langensalza schlossen sich die Alternative Jugend Unstrut- Hainich, der Kulturverein Stadtmauerturm und Stadtführer zusammen. Die Initiative fand auch in Mühlhausen Anklang, so dass dort gestern ebenfalls Stolpersteine verlegt werden konnten. Der Stadtrat hatte in der Kreisstadt zwar seine Unterstützung versagt. Widerstände entmutigen ihn aber nicht, meinte Demnig schulterzuckend. 
"80 bis 90 Prozent der Besitzer von Häusern, in denen jüdische Opfer gelebt haben, wollen nicht, dass mit einer Plakette an ihrer Fassade an sie erinnert wird", so seine Erfahrung. Die Stolpersteine hingegen werden in die Gehsteige direkt vor den Wohnhäusern eingelassen. Eine tatsächliche Stolpergefahr besteht nicht. "Aber man stolpert mit dem Kopf und den Herzen", zitierte Mary Fischer einen Hauptschüler, der eines der Demnig-Projekte mit vorbereitet hat und der dieses Zitat einst einem Reporter in den Block diktierte. 
Bad Langensalza sei die 556. Kommune in Deutschland, die diese Gedenksteine erhält, verriet Demnig. Vor zehn Jahren hatte er das Konzept zu den Stolpersteinen entworfen. Eine Million davon wollte er verlegen. "Dabei habe ich allerdings nicht daran geglaubt, Unterstützer zu finden", gab er zu. Doch er irrte. Die über 25 000 Stolpersteine, die bislang in acht europäischen Ländern ins Trottoir eingelassen wurden, wurden so wie auch in Bad Langensalza über Spenden finanziert. Und die Aktion geht weiter, um den Namen der Opfer auch dann noch zu bewahren, wenn die Zeitzeugen bereits verstorben sind. Schön findet Demnig, dass man sich automatisch vor den Opfern verneigt, wenn man ihre Namen und Lebensdaten liest. Hartmut Rosinger erläuterte, um wen es sich bei den sechs Juden handelt. 
Jacob Salomon sei vielen Kurstädtern bekannt. Er lebte in der Bergstraße 21 und überlebte zwei KZ-Aufenthalte. In der Rathausstraße 6 betrieb Arthur Gossmann mit seiner Frau Nettchen einen Schuhladen. Zur Familie gehörten auch seine Tochter Irma Schlesinger, deren Mann Fritz und Enkel Günter. Gossmanns wurden 1938 deportiert. Arthur Gossmann kam zwar wieder frei, als er sein Haus unter Druck verkaufte, erhielt er dafür aber nur 5000 statt der erhofften 60 000 Reichsmark. Die Familie ging schließlich nach Frankfurt, wo sie erneut deportiert worden sein soll. 
Genaue Daten gibt es darüber nicht. Gossmanns Neffe Fred Baden, der in den USA lebt, vermerkte im Yad-Vashem-Archiv aber, dass Arthur 1943 verstorben sein soll. Dass die Stolpersteine gestern nicht gleich verlegt wurden, hat einen simplen Grund: Die Gewährleistungsfrist für die neu sanierte Fußgängerzone läuft noch. Daher wird die Fachfirma die Steine einbetonieren. Termin hierfür ist der 14. Juni."     
  
Juni 2010: Die ersten "Stolpersteine" sind verlegt   
Artikel in der "Thüringer Allgemeinen" vom 15. Juni 2010 (Artikel): 
"Stolpersteine erinnern an Opfer der Judenverfolgung.
Sechs Stolpersteine wurden gestern in Bad Langensalza verlegt. Sie erinnern an jüdische Mitbürger, die hier einst lebten und wegen ihres Glaubens verfolgt wurden. 
Bad Langensalza.
An die Zeit vor der Reichspogromnacht erinnert sich Gerhard Rudolph noch genau. Das Schaufenster des Schuhladens von Familie Gossmann in der Rathausstraße war mit Parolen beschmiert worden. Kurze Zeit später wurden das Inhaber- Ehepaar, ihre Tochter und ihr Enkel deportiert. Sie kamen zwar zurück, mussten ihr Haus aber weit unter Wert verkaufen. 1939 wurden sie von Frankfurt aus erneut deportiert und kamen nie zurück. 
An das Schicksal der Gossmanns und ihres Schwiegersohns, der keine jüdischen Wurzeln besitzt und wohl überlebt hat, erinnern fünf Stolpersteine, die gestern im Pflaster vor der Rathausstraße 6 eingelassen wurden. Schon vor ein paar Tagen gab es hier eine Gedenkfeier mit dem Bildhauer Gunter Demnig, der die Stolpersteinaktion ins Leben gerufen hat. 
Nach Bad Langensalza geholt wurde sie vom Kulturverein Stadtmauerturm, der Alternativen Jugend Unstrut-Hainich und den Stadtführern. Zur gestrigen Verlegung kamen sogar noch mehr Gäste als zur Gedenkstunde. Drei Klassen der Wiebeckschule gestalteten das Programm mit. "Man muss nicht für alles einen Stadtratsbeschluss haben", spielte Bürgermeister Bernhard Schönau auf die Mühlhäuser an, deren Rat der Aktion die Unterstützung versagt hat. "Man muss im Gedächtnis bewahren, was an Unrecht geschehen ist", erklärte Schönau, warum sich in der Kurstadt sofort Unterstützer fanden. 
Einer von ihnen ist Matthias Conrad. Dessen Großvater Jacob Salomon ist der sechste Stein gewidmet, der vor der Bergstraße 20 verlegt wurde. Der Schneidermeister hatte zwei KZ-Lager überlebt und starb 1977. Matthias Conrad spendete im Gedenken an ihn für die Stolpersteine und dafür, dass die Broschüre "Jüdische Geschichte der Stadt Bad Langensalza" neu aufgelegt werden kann."   
    
September 2011: Auf den Spuren jüdischen Lebens in Bad Langensalza   
Artikel von Matthias Schenke in der "Thüringer Allgemeinen" vom 1. September 2011: "Schüler auf den Spuren jüdischen Lebens in Bad Langensalza" (Link zum Presseartikel; auch als pdf-Datei eingestellt)    
 

      

    
Links und Literatur   

Links:   

bulletWebsite der Stadt Bad Langensalza    

Literatur:    

bulletGermania Judaica II,1 S. 469-470;  III,1 S. 718-720.     
bulletIsrael Schwierz: Zeugnisse jüdischer Vergangenheit in Thüringen. Eine Dokumentation - erstellt unter Mitarbeit von Johannes Mötsch. Hg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen ( www.lzt.thueringen.de) 2007. Zum Download der Dokumentation (interner Link) S. 58-59.  
bulletHeimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Band 8 Thüringen. Frankfurt 2003. S. 303-305.  
bulletHartmut Rosinger: Jüdisches Leben in Langensalza. Eine Spurensuche. Hrsg. vom KULTurverein Stadtmauerturm e.V. Bad Langensalza www.kulturvereinturm.de. Eigendruck 2020. 2022². 76 S.
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Stand: 30. Juni 2020