Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


Eingangsseite

Aktuelle Informationen

Jahrestagungen von Alemannia Judaica

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft

Jüdische Friedhöfe 

(Frühere und bestehende) Synagogen

Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale in der Region

Bestehende jüdische Gemeinden in der Region

Jüdische Museen

FORSCHUNGS-
PROJEKTE

Literatur und Presseartikel

Adressliste

Digitale Postkarten

Links

 

   
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"  
zurück zur Übersicht "Synagogen im Saarland" 


Blieskastel (Saarpfalz-Kreis) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge 

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
bulletZur Geschichte des Betsaals / der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde             
    
In Blieskastel bestand eine zeitweise (im 19. Jahrhundert) relativ große jüdische Gemeinde bis 1935/40. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts zurück. 1688/90 wird erstmals der jüdische Friedhof am Ort genannt.  
  
Im 18. Jahrhundert konnten zunächst vier jüdische Familien in der Stadt leben, 1782 wurden jedoch schon neun Familien gezählt. 
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1834 193 jüdische Einwohner, 1861 178, 1900 noch 57. 
    
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (Religionsschule, in einem Schul- bzw. Gemeindehaus mit Lehrerwohnung), ein rituelles Bad sowie einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. An jüdischen Lehrern werden genannt: seit 1882 bis 1904 Isaak Wolf (vgl. Bericht bei Zweibrücken; Wolf zwar zuvor jüdischer Lehrer in Bergzabern, er starb am 29. Novebmber 1904 in Blieskastel und wurde auf dem Friedhof der Gemeinde beigesetzt). Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Zweibrücken
  
Im Ersten Weltkrieg ist von den jüdischen Kriegsteilnehmern keiner gefallen.     
        
Um 1924, als zur Gemeinde nur noch neun Personen gehörten, war Gemeindevorsteher Leopold Joseph. 1932 wurden noch acht jüdische Gemeindeglieder gezählt. 
    
Nach 1933
ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder (1933: acht Personen) auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert.  Im März 1935 lebten 10 jüdische Personen in der Stadt. Nach der Annektierung des Saargebietes durch das Deutsche Reich 1935 ging die Zahl durch Aus- und Abwanderungen zurück. Drei der insgesamt 16 in der NS-Zeit in Blieskastel - teilweise nur vorübergehend - lebenden jüdischen Personen kamen nach den Deportationen in Auschwitz oder Theresienstadt ums Leben. Eine Frau starb während der "Euthanasie"-Aktion, vier weitere Personen sind verschollen.      
    
Von den in Blieskastel geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Alvine Bändel geb. Wolf (1879), Ferdinand Jakob (1881), Blandina Joseph geb. Adler (1865), Edgar Joseph (1893), Fanny Joseph (1860), Myrtil Joseph (1882), Klara Katz (1876), Dr. Robert Levy (1881), Clara Lust (1859), Laura Marks geb. Wolf (geb. ?), Martha Neuberger geb. Joseph (1903), Eugen Oppenheimer (1875), Blonine Strauss (1876), Elvire Stutinski (1883), Adolf Ullmann (1877), Albert Ullmann (1885), Ferdinand Ullmann (1875), Fritz Wolf (1881), Ottmar Wolf (1883), Richard Wolf (1885), Alice Zimpelmann (1888).
       
       
       
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1861 / 1892 / 1893 / 1900 / 1907   

Blieskastel AZJ 26021861.jpg (71067 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Februar 1861: "Schuldienst-Erledigung. Die israelitische Lehrer- und Vorbeterstelle in Blieskastel in der Pfalz ist erledigt und wird folgender Gehalt festgesetzt: 1) Bar aus der Kultuskasse Gulden 450. 2) Anschlag der Wohnung im Schulhause Gulden 20. 3) Anschlag der Kasualien als Vorbeter  Gulden 60. Zusammen Gulden 530. Bewerber welche einen Gottesdienst mit Chor musikalisch leiten können, wollen sich alsbald melden. Der Synagogen-Ausschuss: Zacharias Oppenheimer, Zacharias Levi, Abraham Levy."
   
Blieskastel Israelit 01121892.jpg (58490 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Dezember 1892: "Gesucht wird von der israelitischen Kultusgemeinde Bliescastel in der bayrischen Pfalz ein mit guten Zeugnissen versehener Mann als Religionslehrer, Schächter und Vorbeter bei einem fixen Gehalt von 600 Mark nebst freier Wohnung und nicht unbedeutenden Nebeneinkünften. Nur im deutschen Reiche Beheimatete können bei der Prüfung der Meldungen berücksichtigt werden. Hierauf Reflektierende belieben schriftliche Offerten und Zeugnisse an den Vorstand zu richten. Lion Levi."
   
Blieskastel Israelit 09031893.jpg (56473 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. März 1893: "Kantor-Gesuch. Die israelitische Kultusgemeinde Blieskastel in der Rheinpfalz, sucht einen Kantor, seminaristisch geprüften Religionslehrer und Schochet, Fixer Gehalt 750 Mark, garantierter Nebenverdienst 100 Mark, jedoch bringt derselbe mehr ein, sowie freie Wohnung im Schulhause. Nur verheiratete Bewerber werden berücksichtigt. 
Anmeldungen mit Zeugnissen sind bis längstens 1. April dieses Jahres an den Kultusvorstand zu richten."
   
Blieskastel Israelit 09081900.jpg (49911 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. August 1900: "In der Religionsgemeinde Blieskastel soll die Stelle eines Kantors, Schächters und Religionslehrers nebst Synagogendieners besetzt werden. Gehaltsbezüge bar aus der Gemeindekasse Mark 550, Schächterdienst Mark 350, für Beten am Versöhnungstage Mark 20, Nebeneinkünfte circa Mark 150, freies Logis im Gemeindehaus, Meldefrist drei Wochen. 
Der Vorstand: Sylvain Levy.
"
 
Blieskastel Israelit 03011907.jpg (57237 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Januar 1907: "Zum Antritt per 1. Februar 1907 suchen wir einen Kantor und Schächter. Festes Gehalt 600 Mark, Nebeneinnahmen circa 400 Mark und freie Wohnung. Meldungen an den Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde. Sylvain Levy, Blieskastel, Rheinpfalz."

   
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde        
Erinnerung an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert - Grabstein für Jacob Cahn aus Blieskastel in New Orleans (1822-1883)      
Anmerkung: das Foto wurde von Rolf Hofmann (Stuttgart) im April 1994 im 1860 eröffneten Hebrew Rest Cemetery in New Orleans, 2100 Pelopidas at Frenchman Street, near Elysian Fields and Gentilly Blvd., aufgenommen.           

Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans: 
"Hier ruht  
Jacob Cahn
  
Born in Bliescastel Bavaria Feby. 23, 1822   
Died in New Orleans  Aug. 12, 1883.  
Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens.
"         

  
Zum Tod von Abraham Levi (1885)  

Blieskastel AZJ 01011886.jpg (95295 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar 1886: "Aus Blieskastel vom 4. Dezember (1885) wird vom Tode eines sehr angesehenen Bürgers Herrn Abraham Levi in seinem 76. Lebensjahre geschrieben (Zweibrücker Zeitung). Von seiner Toleranz möge als Beispiel angeführt werden, dass er schon vor Jahren schriftlich niederlegte, im Falle seines Ablebens sollen bei seiner Leiche drei Männer bis zur Beerdigung die Wache halten, ein Israelit, ein Katholik und ein Protestant, brave Leute, die dann entsprechend zu honorieren seien. Da er im Leben keinen Unterschied unter den Konfessionen gemacht, wolle er dies auch im Tode nicht tun. Immer sah er in jedem Menschen ein Ebenbild seines Schöpfers, dem er dennoch als gesetzestreuer Israelit aufrichtig diente."   

     
Über den späteren Bürgermeister von Vancouver David Oppenheimer (1834-1897) 

Blieskastel Oppenheimer.jpg (16063 Byte)David Oppenheimer ist am 1. Januar 1834 in Blieskastel geboren siehe Artikel bei Wikipedia.   

    
    
Anzeigen jüdische Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Anzeige des Kultusvorstandes Sylvain Levy (1901)   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1901: 
"Zur Pflege einer älteren Dame wird gesetztes jüdisches 
Mädchen 
gesucht
. Ausführliche Offerten mit Gehaltsansprüchen erbittet 
Sylvain Levy,
Kultusvorstand, Blieskastel."  

    
Anzeige von Mayer Joseph (1902)    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. November 1902: 
"Eine ältere Person
eventuell Witwe zur Führung des Haushalts, zu einem alleinstehenden Witwer zu sofortigem Eintritt gesucht
Mayer Joseph, Blieskastel (Pfalz)."        

   
   
   
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge        
   
Zunächst war ein Betsaal in Haus eines Rabbiners vorhanden (18. Jahrhundert). 1815 wird eine Synagoge genannt, die jedoch genauso wenig wie das Rabbinerhaus lokalisiert werden kann.   
  
1826 kaufte die jüdische Gemeinde ein Haus am heutigen Luitpoldplatz. Im Erdgeschoss wurden eine Schule und die Lehrerwohnung eingerichtet, im Obergeschoss der Synagogenraum. Im früheren Einfahrtsbereich zum Gebäude wurde das rituelle Bad eingebaut. 
   
Bis 1908 wurden in dem Gebäude Gottesdienste abgehalten. 1921 war es im Eigentum der Stadt. In den 1950er-Jahren wurde das Gebäude an Privatpersonen verkauft. Beim folgenden Umbau wurde an Stelle des Untergeschossfensters der Mikwe ein Garagentor eingebaut.  
    
Standort der SynagogeAm Luitpoldplatz 1  
       
       
Fotos / Darstellungen  
(Plan und historisches Foto: Landesamt s.Lit. S. 436-437)

Historischer Plan
 und Foto
Blieskastel Synagoge 105.jpg (47810 Byte) Blieskastel Synagoge 110.jpg (58449 Byte)
   Von Bauschaffner Mohr 1931 
gezeichneter "Plan über die Sinagoge 
der Juden zu Bliescastel" 
 Fassadenansicht der 
ehemaligen Synagoge 
um 1919/20
        
     
Das Gebäude der ehemaligen Synagoge im Juni 2009 
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 16.6.2009)  
  
Blieskastel Synagoge 201.jpg (77912 Byte) Blieskastel Synagoge 205.jpg (77460 Byte) Blieskastel Synagoge 202.jpg (128889 Byte)
Blick auf das Gebäude der ehemaligen Synagoge Hinweistafel
     
     
Erinnerung an die jüdische Geschichte    
Blieskastel Ort 202.jpg (84567 Byte) Blieskastel Ort 200.jpg (85186 Byte) Blieskastel Ort 201.jpg (85747 Byte)
Am Torbogen des Gebäudes Kardinal-Wendel-Straße 62 befindet sich eine hebräische Inschrift (mit Jahreszahl nach jüdischer Zählung)
 
 
  Andernorts entdeckt  Speyer Friedhof 11068.jpg (199177 Byte)  
  Im jüdischen Friedhof in Speyer:
Grabstein für Max Joseph aus Blieskastel (1829-1909) und Rosalie Joseph geb. Scharff (1839-1931)    
 

     
   
 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

Mai 2009: Verlegung von "Stolpersteinen" in Blieskastel 
Am 30. Mai 2009 wurden in Blieskastel (und in Niederwürzbach für nichtjüdische Personen) "Stolpersteine" verlegt. In der Kardinal-Wendel-Str. 62 für Anna Oppenheimer (1863), in der Gerbergasse/Ecke Zweibrücker Straße für Fanny Joseph geb. Sinai (1860), Blandina Joseph geb. Adler (1865), Edgar Joseph (1893), Myrtil Neuberger (1882) sowie Martha Neuberger geb. Joseph (1903). 
Link zum Wikipedia-Artikel   https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Blieskastel 
Artikel im "Pfälzischen Merkur" vom 1. Juni 2009:  "Stolpersteine wider das Vergessen.  
Blieskastel. Wider das Vergessen: Am Pfingstsamstagmorgen hatten sich viele Bürger, Politiker aller Parteien und Initiator Dieter Geis an der Ecke Zweibrücker Straße/Gerbergasse eingefunden. Dort wurde vollzogen, was bereits in 448 anderen Kommunen sichtbar ist: Der aus Köln stammende Künstler Gunter Demnig verlegte Pflastersteine, so genannte Stolpersteine gegen das Vergessen. In Blieskastel wurde ein Projekt des Künstlers fortgesetzt, welches die Vertreibung und Vernichtung der Juden, der Zigeuner, politisch Verfolgter, Zeugen Jehovas und Euthanasieopfern während des Nazi-Regimes lebendig erhält. Dieter Geis hatte die Aktion initiiert, unterstützt von seinen Parteifreunden der Linken. Aber im Vorfeld hatte Geis im Gespräch mit unserer Zeitung betont, dass es sich nicht um eine Parteiangelegenheit handele, sondern dass diese Aktion für alle Bürger der Stadt eine große Bedeutung haben müsse. Und in einer kurzen Rede bedankte sich der Studienrat auch bei den vielen Bürgern von Blieskastel, die durch eine Spende oder Patenschaft das Kunstprojekt möglich gemacht hatten. Konkret heißt dies, dass der Künstler aus Köln Betonsteine verwendet, auf deren verankerter Messing-Oberfläche die Namen und die Begleitumstände ihres Todes oder Verschwindens mit Schlagbuchstaben eingehämmert sind. Die Steine werden in der Straße des letzten Wohnortes der Ermordeten oder Deportierten verlegt. Der Künstler war am Samstagvormittag selbst auf Einladung von Dieter Geis anwesend und verlegte eigenhändig die 'Stolpersteine'. Dieter Geis zeigte sich 'unglaublich froh, dass, wir dieses Projekt so relativ schnell hatten verwirklichen können'. Die Verlegung der Steine solle zum Nachdenken anregen, vielleicht sei es ja auch ein Anstoß für weitere Nachforschungen zu bislang ungeklärten Schicksalen. Auch Künstler Gunter Demnig würdigte das Engagement der Bürger für die Aktion. Sie ruhe immer auf zwei Säulen: Zum einen ergriffen die Bürger die Initiative und finanzierten die Steine, welche sie dann (zweite Säule) der Stadt anschließend schenkten. Die Aktion sei somit nicht 'aufgedrängt' und käme von den Bürgern selbst. Er widersprach auch dem oft gemachten Vorwurf, nun würden die Bürger ja selbst auf den Toten 'herumtrampeln'. Demnig: 'Mit Trampeln haben sich die Nazis nicht begnügt, da wurde gemordet'. Bürgermeisterin Annelie Faber Wegener stellte in ihrer Begrüßungsansprache ebenfalls klar, dass die Stadt und sie selbst eine solche Aktion für sehr wichtig erachteten. 'Es besteht die Gefahr in den Schulen, dass dieses Thema durch andere überlagert wird. Deshalb sind solche Aktionen sehr wichtig. Sie machen uns wieder deutlich, dass wir derzeit in Frieden und Freiheit selbst bestimmt leben können', unterstrich die Verwaltungschefin. Auch Fred Oberhauser und Konrad David, letzterer aus Blieskastel stammender Jude, zeigten sich erfreut über diese Aktion wider das Vergessen. 'Hier werden endlich auch die vielen Namenlosen, Vergessenen gewürdigt, die unter diesem Gräuelregime mit ihrem Leben sinnlos bezahlen mussten', so Fred Oberhauser."  
Link zum Artikel   
 
Januar 2019: Reinigung der "Stolpersteine" in Blieskastel    
Artikel von Joachim Schickert in der "Saarbrücker Zeitung" vom 25. Januar 2019: "Blieskastel : Die Erinnerung wird wach gehalten.
Blieskastel
Für diesen Sonntag ruft Blieskastels Linke wieder alle Bürger dazu auf, beim Reinigen der Stolpersteine dabei zu sein – zum Gedenken an Nazi-Opfer.
Vor 74 Jahren, am 27. Januar 1945, wurde das Konzentrationslager Auschwitz von sowjetischen Truppen befreit. An die Opfer des Nationalsozialismus wird in diesem Jahr wieder vielerorts mit Gedenkfeiern erinnert, und auch in Blieskastel wird der Ermordeten und Verschleppten gedacht. An diesem Sonntag, 27. Januar, wird der Ortsverband der Linken Blieskastel wieder zur Ehrung misshandelter und ermordeter Bürgerinnen und Bürger eine symbolische Reinigung und Pflege der im Jahr 2009 verlegten Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig vornehmen. Das Gedenken an die Opfer soll alljährlich wach gehalten und neu in Erinnerung gebracht werden. Ihr Leid dürfe nicht umsonst gewesen sein. Es müsse den Nachgeborenen eine ewige Mahnung sein, dass Menschen- und Bürgerrechte unteilbar sind, mahnt der Blieskasteler Linken-Politiker und ehemalige Fraktionschef im Stadtrat, Dieter Geis. Er ruft alle Jahre wieder die Bürger dazu auf, sich an der symbolischen Reinigung der Stolpersteine in Blieskastel zu beteiligen. Die Reinigung und Pflege der Stolpersteine in Blieskastel und Niederwürzbach findet an diesem Sonntag um 15 Uhr an der Ecke Gerbergasse/Zweibrücker Straße statt. Gaby Klees wird die Veranstaltung musikalisch umrahmen, teilt Geis mit. Ende Mai 2009 hatte der aus Köln stammende Künstler Gunter Demnig diese Stolpersteine gegen das Vergessen gelegt. In Blieskastel war damit ein Projekt des Künstlers fortgesetzt worden, welches unter anderem die Vertreibung und Vernichtung der Juden, politisch Verfolgter, Zeugen Jehovas und Euthanasie-Opfern während des Nazi-Regimes lebendig erhält. Der Blieskasteler Dieter Geis hatte die Aktion initiiert, unterstützt von seinen Parteifreunden. Geis hatte damals jedoch betont, dass es sich nicht um eine Parteiangelegenheit handele, sondern dass diese Aktion für alle Bürger eine große Bedeutung haben müsse. Mit der Geschichte der Juden in Blieskastel hat sich auch der Grüne Martin Dauber, der bis zur Kommunalwahl im Mai 2014 im Blieskasteler Stadtrat saß, schon von Jugend an beschäftigt. Anlässlich der Reichspogromnacht am 9. November 1938 führt er seine Gäste regelmäßig im November zu 'Stationen jüdischen Lebens' in der Barockstadt. Auf besonders großes Interesse war im vergangenen Jahr ein Gang auf den Spuren der Blieskasteler Juden zum Gedenken an den 80. Jahrestag der Reichspogromnacht gestoßen. Rund 70 Interessierte, darunter viele Jüngere sowie Bürgermeisterin Annelie Faber-Wegener, MdL Jutta Schmitt-Lang und Pfarrer Mathias App hatten Martin Dauber und Jörg A. Künzer zu einer nachdenklichen Stadtführung begleitet. Auch Landtagspräsident Stephan Toscani hatte einige Wochen später bei einem Rundgang mit Martin Dauber sowie Schülerinnen und Schüler die Stadt Blieskastel unter neuen, vor allem nachdenklichen Aspekten kennen gelernt. Auch die Bürgermeisterin und Landrat Theophil Gallo waren dabei, als Stephan Toscani im Rahmen seiner Reihe 'Saarländische Erinnerungsorte' Blieskastel besuchte, dabei einen Beitrag zur Erinnerungskultur leistete und Jugendlichen die Schrecken der NS-Zeit vermittelte. Der Grüne Martin Dauber hatte in seiner Schulzeit ein Referat über die Judenverfolgung in Blieskastel ausgearbeitet. Er konnte sich damals nicht vorstellen, was diese im Geschichtsunterricht vermittelten grausamen Fakten für das beschauliche Blieskastel bedeuten könnten, so Dauber. Seine Nachforschungen führten ihn schließlich ins Landesarchiv nach Saarbrücken, und er befragte Zeitzeugen in Blieskastel zu den Geschehnissen in der Nazizeit. Auf Antrag der Grünen im Blieskasteler Ortsrat war im Sommer 2010 in der Straße 'An der Stadtmauer' in Blieskastel-Mitte ein Hinweisschild angebracht worden, das darüber informiert, dass diese Straße bis ins Jahr 1935 einmal den Namen Judengasse trug. "  
Link zum Artikel
Dazu auch der Artikel von Hans Hurth in der "Saarbrücker Zeitung" vom 2. Februar 2020: "Eine Aktion gegen das Vergessen. Sie wienern wider das kollektive Vergessen..." 
Link zum Artikel   

    
    

Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Stadt Blieskastel   
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Blieskastel (interner Link)    

Literatur:    

bulletEva Tigmann: "Was geschah am 9. November 1938?" - Eine Dokumentation über die Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung im Saarland im November 1938. Eine Veröffentlichung des Adolf-Bender-Zentrums St. Wendel. 1998.
bulletLandesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 435-438 (mit weiteren Literaturangaben).   

   
n.e.     

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge  

         

 

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an Alemannia Judaica (E-Mail-Adresse auf der Eingangsseite)
Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020