Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Fronhausen Friedhof 200a.jpg (23475 Byte) Fronhausen (Kreis Marburg-Biedenkopf) 
Jüdischer Friedhof 
  
  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde            
    
Siehe Seite zur Synagoge in Fronhausen  (interner Link)   
   
   
Zur Geschichte des Friedhofes  
(Text von Annemarie Schlag, Fronhausen)       
    
Die Toten der jüdischen Gemeinden Fronhausen/Lahn, Lohra und Roth/Lahn wurden zunächst auf dem Zentralfriedhof in Roth/Lahn auf dem dortigen Geiersberg beigesetzt. Zur Anlegung eines eigenen Totenhofes in Fronhausen erhielt die jüdische Gemeinde 1874 nach einem Schenkungsvertrag vom 1. August 1873 durch den Pferdehändler Simon Löwenstein ein Stück Land auf dem Stollberg (vergleiche den Bericht unten). Die Größe des Grundstückes betrug 1/2 Acker, 5 Ruthen (Staatsarchiv Marburg Kataster 1, Band 8, Blatt 841). Die erste Bestattung war die der am 26. März 1874 verstorbenen Tochter Rosa des Pferdehändlers Simon Löwenstein und seiner Ehefrau Esther, geb. Stern (siehe Foto unten).  
  
Die letzte Beisetzung fand 1939 statt. Die verstorbene Minnchen Sonn, geboren 1847 in Röllshausen/Kreis Ziegenhain, war die Schwester von Dina Löwenstein, geb. Sonn. Minnchen lebte und arbeitete bei der Familie Löwenstein (Dorfname: Hirsche). Sie besitzt keinen Grabstein, weil Handwerker und damit auch Steinmetze nicht mehr für Juden arbeiten durften (Information von Trude Meyer geb. Löwenstein, 1992). Auf Verfügung des Regierungspräsidenten in Kassel wurde der jüdische Friedhof am 28. Oktober 1940 geschlossen. Die im Landkreis Marburg danach verstorbenen Juden wurden alle im jüdischen Friedhof in Marburg beigesetzt, der seit dem 8. Juli 1940 als Zentralfriedhof bestimmt war (Staatsarchiv Marburg Bestand 180 L.A.Marburg, Nr. 4831). Der Friedhof in Fronhausen wurde Eigentum der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, die durch die 10. Verordnung zum Reichsbürgergesetz am 4. Juli 1939 von den NS-Machthabern übernommen wurde. Wie auch in anderen Orten wurden auf dem Friedhof in der NS-Zeit die Grabsteine umgeworfen und teilweise zerstört. 
 
Nach Kriegsende wurde auf Befehl der amerikanischen Militärregierung der Friedhof wieder hergestellt und die Grabsteine aufgerichtet. 1960 erwarb der Landesverband der jüdischen Gemeinden in Hessen mit Sitz in Frankfurt/Main den Friedhof. Im März 1986 verwüsteten Unbekannte den jüdischen Friedhof. Sie warfen mehrere Grabsteine um. Dabei sind zwei Grabsteine in der Mitte zerbrochen. Die Täter konnten nicht ermittelt werden (Oberhessische Presse vom 26.03.1986). 
   
Auf dem Friedhof befindet sich ein Denkmal für die in der NS-Zeit umgekommenen jüdischen Einwohner der Gemeinde. Gewidmet wurde dieses Mahnmal von Karl Löwenstein (lt. Rückseite des Gedenksteins). Karl Löwenstein (Dorfname: Mendels) wurde am 24. August 1883 in Fronhausen geboren, seine Eltern waren Moses und Henriette geb. Schott. Karl verzog nach seinem Schulabschluss nach Berlin und erlernte den Beruf des Bankkaufmanns. Er heiratete in Berlin eine nichtjüdische Frau (Söhne: John und Fred). Die NS-Zeit überlebte er in Berlin und verstarb dort am 30. November 1974.   
    
Die Friedhofsfläche umfasst heute 14,46 ar. 
   
Die erhaltenen 40 schlichten Grabsteine sowie das Mahnmal sind aus Sandstein. Einige Grabsteine weisen ornamentale Schmuckformen auf. Die Inschriften sind vorderseitig (Richtung Osten) hebräisch, teilweise rückseitig in Deutsch.      
    
    
    
Aus der Geschichte des Friedhofes 
Zum Tod der Frau von Simon Löwenstein (1908)  

Fronhausen Israelit 29101908.jpg (105206 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Oktober 1908: "Fronhausen, 25. Oktober (1908). Ein überaus großer Leichenzug bewegte sich heute nach dem Friedhof unseres Ortes. Es galt die sterblichen Überreste einer edlen Frau zur letzten Ruhestätte zu geleiten, der Frau Simon Löwenstein, die bei ihren Kindern in Jesberg zu Besuch weilend, durch einen plötzlichen Tod, im nahezu 70. Jahre abberufen wurde. War es doch der letzte Wunsch der Verblichenen gewesen, an der Stätte begraben zu werden, wo auch ihr Gatte ruht, auf dem Friedhof, das letzterer einst seiner Gemeinde als Geschenk überwiesen hat. Viele Prüfungen waren der Heimgegangenen im Leben auferlegt worden, die sie alle mit Gottvertrauen trug. Aus dem heiligen Quell unserer Religion schöpfte sie immer wieder neue Kraft, die sie niemals zusammenbrechen ließ unter der Wucht der Ereignisse. Selbst des Trostes bedürftig, vergaß sie oft eigene Schmerzen, um andere zu trösten, und überall mit dem reichen Schatze weiser Lebenserfahrung den Armen beratend und helfend zur Seite zu stehen. Erst ihr Tod brachte ans Licht, was sie den Armen gewesen, da es letztere selbst erzählten. Wie hoch sie im Ansehen Aller stand, zeigte sich an ihrem Begräbnistage, der sich zu ihrem Ehrentage gestaltete. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

   
Zum Tod von Ida Isenberg geb. Löwenstein aus Gießen, Tochter von Simon Löwenstein (1934)
    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. September 1934: "Fronhausen, 14. September (1934). Eine trauernde Gemeinde war es, die eine weit über die Grenzen der engeren Heimat überaus hochgeschätzte, von allen geliebte und geachtete Frau zur letzten Ruhestätte führte, zu dem Friedhof, den ihr seliger Vater vor vielen Jahren der Gemeinde geschenkt und auf dem alle Glieder seines Hauses ihren Ruheplatz finden sollten: Frau Ida Isenberg aus Gießen, deren Gatten David Isenberg man schon im Jahre 1906 hier heraufgetragen hatte. Schon gar früh hat diese wackere Frau das Leben an verantwortungsvolle Stelle gestellt und sie hat ihren Posten treu behauptet. Schon mit 19 Jahren reichte sie ihrem tiefen angesehenen Gatten zu Ehebund die Hand, dem sie elf Kinder schenkte, wovon noch 9 leben und sich großer Beliebtheit erfreuen. In ihr Leben griff das Schicksal oft mit rauer Hand ein und getragen von einer echten Gottesfurcht, gestärkt durch unsere Wahrheit hat sie allen Stürmen standgehalten, besonders als in ihrem 38. Lebensjahr durch den Tod ihres Gatten das traute, schöne Familienleben zerrissen wurde und sie nun mit einer alten Mutter und noch zehn unmündigen Kindern allein stand. Bei der Fülle der nun auf sie einstürmenden Aufgaben und Pflichten hat sie nie gewankt und ihren heiteren Lebensmut verloren, eine seltene Frau, die nach ihrer Erziehung so peinlich die Gebote einhielt, dass sie zum Vorbild für viele gelten könnte. Wo Not und Armut war, war sie hilfsbereit zur Hand, ob es halt, im Gießener Krankenhaus oder auch in Privathäusern Kranke zu besuchen oder das heilige Gebot (statt Gebet) von wahrhafter Wohltätigkeit zu erfüllen (sc. sie hat sich auch in der Frauenchewra um das Bestattungswesen bemüht).  
Am Tag vor Neujahr erlitt sie einen Schlaganfall und am Donnerstagmorgen erwachte sie aus ihrer Bewusstlosigkeit, um, mit dem Sch'ma auf den Lippen, ihre reine Seele auszuhauchen.
Herr Lehrer Neumann, Gießen, entwarf ein kurzes Lebensbild der Verstorbenen, der fast die gesamte Gemeinde von Gießen das letzte Geleite gab; auf dem Friedhof in Fronhausen hatten sich viele Trauernde eingefunden. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."   

  
  
Lage des Friedhofes 
  
Hinter der Grundschule in Richtung Tennisplatz (vom Salzbödener Weg, Weg rechts ab Richtung Tennisplatz/Schützenhaus; hinter der Abfahrt zum Schützenhaus befindet sich der Friedhof). Der Friedhof ist eingezäunt und mit einer Buchenhecke umgeben.   
   
  
Fotos 
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 27.3.2008; Fotos mit *) von Annemarie Schlag, Fronhausen)     

Fronhausen Friedhof 115.jpg (102665 Byte) Fronhausen Friedhof 110.jpg (63967 Byte) Fronhausen Friedhof 111.jpg (81246 Byte)
Eingangstor   Hinweistafeln am Eingang  
   
Fronhausen Friedhof 112.jpg (84297 Byte) Fronhausen Friedhof 117.jpg (106524 Byte) Fronhausen Friedhof 128.jpg (102371 Byte)
Blick über den Friedhof   Gräberreihen in dem nur teilweise belegten Friedhof  
         
Fronhausen Friedhof 116.jpg (104803 Byte) Fronhausen Friedhof 200.jpg (93517 Byte) 
    Grabstein für Rosa Löwenstein, die erste auf dem Friedhof Beigesetzte  
(geb. 12. November 1873, gestorben 26. März 1874)* 
    
  Fronhausen Friedhof 140.jpg (74036 Byte) Fronhausen Friedhof 141.jpg (84527 Byte)
   Grabstein für Ester Löwenstein (27. Oktober 1838 - 23. Oktober 1908); hebräisch links: 
"Hier ruht die Frau Ester, Tochter des Mosche Meir HaLewi, gestorben in Jesberg..." *
        
    Fronhausen Friedhof 142.jpg (62678 Byte) Fronhausen Friedhof 143.jpg (82795 Byte)
     Grabstein für  Simon Löwenstein (26. Februar 1809 - 31. August 1890) ; hebräisch links: 
"Hier ruht Schim'on, Sohn des Ascher HaLewi, genannt Simon Löwenstein Fronhausen..." *
      
Fronhausen Friedhof 119.jpg (95481 Byte) Fronhausen Friedhof 118.jpg (59634 Byte) Fronhausen Friedhof 114.jpg (55432 Byte)
Das Mahn- und Gedenkmal 
im Friedhof
"gewidmet von 
Karl Löwenstein"
"Zum mahnenden Gedenken an die Mitglieder 
der jüdischen Gemeinde von Fronhausen, die 
ein Opfer der Nazi-Verfolgung 1933-1945
 geworden sind". 
   

   
    

Links und Literatur

Links:   

Website der Gemeinde Fronhausen (mit Informationen zur jüdischen Geschichte)
Zur Seite über die Synagoge in Fronhausen (interner Link)  

Quellen:  

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Roth mit Fronhausen und Lohra   
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Roth sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,749   Geburtsregister der Juden von Roth  1824 - 1874; enthält auch Angaben zu Personen aus Fronhausen und Lohra    https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v290045      
HHStAW 365,751   Sterberegister der Juden von Roth  1825 - 1874; enthält auch Angaben zu Personen aus Fronhausen und Lohra   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v290071     
HHStAW 365,750   Trauregister der Juden von Roth  1829 - 1874; enthält auch Angaben zu Personen aus Fronhausen und Lohra    https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2924729        

Literatur:  

Arnsberg I,217-218.  
Fronhausen usw Lit 09010.jpg (91487 Byte)Barbara Wagner, Dieter Bertram, Friedrich Damrath, Friedemann Wagner: 
Die jüdischen Friedhöfe und Familien in Fronhausen, Lohra, Roth 
375 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Marburg 2009.

Zu beziehen über Geschichtswerkstatt Marburg e.V. Schwanallee 37-31, 35037 Marburg 
www.geschichtswerkstatt-marburg.de   
Arbeitskreis Landsynagoge Roth e.V., Lahnstraße 27 (Roth), 35096 Weimar (Lahn)  
www.landsynagoge-roth.de 

            
              

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 22. Mai 2016