Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Geiselwind (Kreis Kitzingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge 
 (erstellt unter Mitarbeit von Wolf-Dieter Gutsch)

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde           
    
In Geiselwind (früher Mittelfranken, Herrschaftsgericht Burghaslach, zu dem die jüdischen Gemeinden Burghaslach, Fürstenforst und Geiselwind gehörten) bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Auflösung um 1875). Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück: 1576 wird in einem Dokument des Fürstlich Castell'schen Archives Abraham Jud zu Geiselwind genannt (Quelle). 
 
Im 17. Jahrhundert waren mehrere jüdische Familien am Ort. So werden in den Pfarrmatrikeln aus dem Jahr 1664 jüdische Familien in Geiselwind genannt, von denen jede in recognitionem parochi proprii jährlich 24 Kr. zu bezahlen hatte (Quelle).  
 
Im 18. Jahrhundert werden jüdische Einwohner in Geiselwind mehrfach genannt: eine Tochter des Schutzjuden Jacob Balin in Castell (Sohn des Samuel Balin von Segnitz; Jacob, der 1712 in Castell aufgenommen wurde, starb 1746) konvertierte zum katholischen Christentum, heiratete um 1740/45 Johann Georg Gernet in Geiselwind und nannte sich dann Maria Theresia; eine andere Tochter von Jacob Balin namens Idel (Itel) heiratete den Schutzjuden Loew in Geiselwind und die Tochter Lea heiratete um 1746 Benjamin, den Sohn des Schutzjuden Lazarus von Geiselwind. Nicht nur die Tochter von Jacob Balin konvertierte zum Christentum: 1777 ließ sich der etwa 20-jährige Joseph Gutmann katholisch taufen, wobei einer der Taufpaten der Fürst von Schwarzenberg war; er trug danach den Namen Wilhelm Christian Joseph Gutmann, lebte noch einige Jahre in Geiselwind und verzog dann mit mit eigener Familie nach Thüringen.     
     
In den Matrikellisten des 19. Jahrhunderts (1813-1861) waren für Geiselwind drei Matrikelstellen festgeschrieben:
1) Isaak Löw (geb. 1785; neuer Familienname: Krackenberger; hatte einen Schutzbrief vom 2. März 1814; nach seinem Tod wurde die Matrikelstelle besetzt von seiner Witwe Rebekka Krackenberger), lebte vom Feldbau und Viehhandel.
2) Joseph Benjamin (geb. 1755, neuer Familiename: Nachtigall; hatte einen Schutzbrief vom 11. Juli 1789; lebte vom Handel mit Schnittwaren und vom Schächten). Nach seinem Tod übernahm die Matrikelstelle sein Sohn Philipp Nachtigall (geb. 1799, war als Metzgermeister tätig; nach seinem Tod 1842  [siehe Foto des Grabsteines in Aschbach unten] wurde die Matrikelstelle besetzt von seiner Witwe Rettel Nachtigall); vgl. auch Dokument von 1820 zu Joseph Nachtigall; anderes Dokument von 1828 zu Pfeifel (= Philipp) Nachtigall
3) Lazarus Jacob (geb. 1791, neuer Familienname: Vogelbaum; hatte einen Schutzbrief vom 15. Februar 1815; lebte vom Handel mit Ellenwaren und dem Verkauf in einem offenen Laden). 1855 (Verzicht des Vaters) übernahm sein Sohn Salomon Vogelbaum die Matrikelstelle (geb. 1827 in Geiselwind; lebte vom Schnittwarenhandel); vgl. auch Dokument von 1828 zu Lazarus Vogelbaum.   
Weitere jüdische Familien waren (vermutlich nach Ablauf der festen Matrikelregelung): Familie des Glasermeisters Löwenstein, Spenglermeister Gutmann, Schuhmacher Schumann
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), möglicherweise auch einen Schulraum und ein rituelles Bad. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden (bereits nach einem Vertrag von 1761 mit den Gemeinden Aschbach, Fürstenforst und Burghaslach) auf dem jüdischen Friedhof in Aschbach beigesetzt. Ob zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde zeitweise ein Lehrer angestellt war oder ob man einen solchen mit einer anderen Gemeinde teilte, ist nicht bekannt. 1876 wird Geiselwind als Gemeinde des bis dahin bestehenden Distriktrabbinates Uehlfeld genannt.   
   
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts sind die jüdischen Einwohner aus Geiselwind sehr schnell abgewandert oder ausgewandert, sodass die jüdische Gemeinde um 1875 endgültig aufgelöst wurde. Löb Grünlaub (aus Dittlofsroda in der Rhön) verzog mit seiner Familie nach Altenschönbach (wo seine Tochter Luise am 19.11.1880 geboren wurde, umgekommen ist der NS-Zeit), Löb Krackenberger ebenfalls. Die letzte jüdische Einwohnerin, Lea Löwenstein, starb am 2. Februar 1879 im Alter von 69 1/2 Jahren. Sie war ledige Schnittwarenhändlern, ihre Eltern waren nach dem standesamtlichen Sterbeeintrag Jakob Löwenstein und dessen Ehefrau Fanny geb. Oscher.    
   
Von den in Geiselwind geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen ist in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Klara Grünlaub (geb. 22. April 1874 in Geiselwind, später wohnhaft in Altenschönbach und Würzburg, deportiert am 23. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt, wo sie am 4. Dezember 1943 umgekommen ist.    
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde       

In jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in Geiselwind gefunden. 

  
  
  
Zur Geschichte der Synagoge            
   
Eine Synagoge unbekannten Alters war vorhanden. Sie wurde möglicherweise noch einmal um 1850 renoviert, da in diesem Jahr eine Kollekte für die Reparaturarbeiten genehmigt wurden (siehe unten). Wie lange die Synagoge benutzt wurde, ist nicht bekannt. 

Frühjahr 1850: Kollekte zur Reparatur der Synagoge in Geiselwind    
Geiselwind Kreis-Amtsblatt Mfr 29051850.jpg (109156 Byte)Anzeige im "Königlich Bayerischen Intelligenz-Blatt für Mittelfranken" vom 29. Mai 1850: "An sämtliche Distrikts-Polizeibehörden von Mittelfranken (Baukollekte-Gesuch der Judengemeinde in Geiselwind betreffend). Im Namen Seiner Majestät des Königs. 
Die Synagoge zu Geiselwind, königliche Gerichts- und Polizeibehörde Scheinfeld, bedarf einer Reparatur. Da nun die wenig vermögliche Judengemeinde in Geiselwind nicht wohl imstande ist, die auf 428 Gulden berechneten Kosten dieser Reparatur aufzubringen, so wird der genannten Gemeinde auf deren Ansuchten von der unterfertigten königlichen Regierung eine auf den mittelfränkischen Regierungsbezirk beschränkte Kollekte bewilligt, und erhalten die Distrikts-Polizeibehörden des Kreises den Auftrag, zur Bestreitung der in Frage stehenden Kosten bei den israelitischen Glaubensgenossen ihres Bezirkes eine Kollege zu veranstalten, und deren Ergebnis binnen 4 Wochen anher einzusenden. 
Ansbach, am 27. Mai 1850. Königliche Regierung von Mittelfranken, Kammer des Innern.  v. Voltz.  Oertel."      

     
Adresse/Standort der Synagoge   unbekannt     
   
   
Fotos      

Fotos zur jüdischen Geschichte in Geiselwind oder zum Synagogengebäude sind noch nicht vorhanden.     
   
   
 Auf dem jüdischen Friedhof in Aschbach:
Grabstein über dem Grab von
Philipp Nachtigall aus Geiselwind
(Foto: Wolf-Dieter Gutsch)
   
  "Grabstätte des Philipp Nachtigall von Geiselwind, gest. im Jahr 1842"; hebräisch-religiöser Name "Jaakow Chaim Ben Jospa s.A."   
     

     
     

Links und Literatur

Links: 

bulletWebsite des Marktes Geiselwind   

Literatur:  

bulletStaatsarchiv Nürnberg: Die Judenmatrikel 1813-1861 für Mittelfranken. Bd. 5. Zu Geiselwind. CD Nürnberg 2003 (gff digital, Reihe A: Digitalisierte Quellen, 1 = Staatliche Archive Bayern, Digtale Medien, 1) ISBN 978-3-929865-76-9. vgl. https://www.gf-franken.de/de/gda-1-judenmatrikel-mfr.html.   
bulletMesusa 1. Hrsg. Arbeitskreis Jüdische Landgemeinden in Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Johann Fleischmann. Bd. 1 enthält einen Beitrag über: 16. bis 18. Jahrhundert: Jüdische Spuren in Geiselwind.
bulletHeinz und Thea Ruth Skyte, née Ephraim: Our Family. The Jews of Castell (Frommel, Marx, Jacob Balin). In: http://www.rijo.homepage.t-online.de/pdf/en_de_ju_sky20104.pdf   

          
  n.e.   

                   
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Stand: 30. Juni 2020