Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Gelnhausen (Main-Kinzig-Kreis)
Texte zur Geschichte der jüdischen Gemeinde

Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Gelnhausen wurden in jüdischen Periodika gefunden. 
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt. Letzte Ergänzung: 2.12.2014.
   
   
Übersicht   

Allgemeine Berichte   
- E
ine Urkunde aus Frankfurt berichtet über die Judenschaft in Gelnhausen im Jahr 1489 (Artikel von 1859)     
- Charakterisierung des jüdischen Gemeinde Gelnhausen (1856)
- Vortrag zur Geschichte der jüdischen Gemeinde des jüdischen Lehrers Meier Strauß (1903
Aus der Geschichte des Rabbinates in Gelnhausen  
Z
um Tod von Rabbiner Hirsch Kunreuther (1847)     
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Religionslehrerstelle 1876 / 1887 / 1919 / 1922 / 1925  
Aktivitäten des Lehrers Meier Strauß (1895)   
25jährige Amtstätigkeit von Lehrer Meier Strauß (1912)  
Arnold Strauß - Sohn von Lehrer Strauß - wird mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet (1915)  
Auszeichnung für Lehrer Meier Strauß anlässlich seiner Zurruhesetzung (1917)   
40-jähriges Lehrerjubiläum von Lehrer Meier Strauß (1923)    
Zum Tod von Lehrer Meier Strauß (1924)   
Aus der Geschichte der weiteren Kultusbeamten     
Ausschreibung der Stelle des Schochet und Synagogendieners 1871    
Auszeichnung für Emanuel Somborn für 30 Jahre Dienst in der Synagoge (1912)  
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben 
Vortrag von Provinzialrabbiner Dr. Bamberger zwecks Gründung einer Ortsgruppe des Verbands der Sabbatfreunde (1906)    
200jähriges Jubiläum der Israelitischen Beerdigungsbruderschaft und des Wohltätigkeitsvereins 1911  
Berichte zu einzelnen Personen der Gemeinde   
Dr. jur. Kunreuther hat (als Jude) Probleme, in den juristischen Vorbereitungsdienst aufgenommen zu werden (1861)  
D
r. jur. Kunreuther aus Gelnhausen wird ihn Gotha als Rechtsanwalt zugelassen (1862)  
Rettungsmedaille für Simon Reis (1894)    
Verlobungsanzeige von Sidonie Frank und Max Wallach (1903)    
90. Geburtstag von Kreisvorstehers J. D. Goldschmidt (1908)     
Zum Tod des israelitischen Kreisvorstehers Jsrael David Goldschmidt (1911)  
Zum Tod von Hermann Frank (1914)     
Martha Strauß erhält die Rote Kreuz-Medaille (1918)   
Zum Tod des Gemeindeältesten Jakob Moritz (1920)    
Zum Tod von Nanni Strauß geb. Heidelberger, Gattin des Lehrers Meier Strauß (1923)    
Zum Tod von Moses Halle (1924)  
Zum Tod von Fanny Frank geb. Stern (1925)     
Zum Tod von Jakob S. Goldschmidt (1925) 
Zum Tod von Hermann Schmidt und Leopold Herz (1925)  
5
0-jähriges Geschäftsjubiläum des Manufakturwarengeschäftes K. Moritz (1927)  
B
eleidigungsklage gegen den Schächter Sigmund Marx und Metzgermeister Ludwig Reis vor den Gerichten (1927) 
75. Geburtstag von Kreisvorsteher K. Moritz (1928)   
Zum Tod von Frau Bankier Halle (1929)  
Zum Tod von Johanna Moritz (1931)    
Zum Tod von Jettchen Moritz geb. Glauberg (1934)     
Zum Tod von Karoline Stern geb. Schmitt (1934)  
Zum Tod von Sara Wolf geb. Strauß (1935)     
Weitere Meldungen  
Missstimmungen im christlich-jüdischen Miteinander anlässlich des "Sedanfestes" (1876)   
Tödliches Duell (1880)   
Zum Hanauer Eisenbahnunglück, bei dem zwei jüdische Gemeindeglieder aus Gelnhausen starben (1884)    
Schwerer Auto-Unfall (1914)   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen  
Anzeige des Manufaktur- und Bankgeschäfts Albr. Lismann Sohn (1872)      
Anzeige des Tuch- Manufaktur- und Modewaren-, sowie Herren- und Damenkonfektionsgeschäft H. Moritz (1890)   
Anzeigen des Manufakturwaren- und Konfektionsgeschäftes J. Moritz (1897 / 1922)  
Lehrlingssuche und Commissuche des Manufakturwarengeschäftes S. H. Scheuer (1900 / 1901) 
Neujahrsgrüße von Arthur Meyer und Frau sowie H. Frank und Familie (1903)   
Anzeige von Heinrich Casparius (1903)  
Lehrlingssuche des Damenkonfektions- und Manufakturwarengeschäftes K. Moritz (1905)   
Lehrlingssuche des Kolonial- und Materialwaren-en-gros-Geschäftes Arthur Meyer & Co. (1905) 
Lehrmädchensuche des Kurzwarengeschäftes Max Stern (1905) 
Anzeige der Firma Arthur Meyer & Co. für koschere Pflanzenmargarine (1907)  
Anzeige der Mehl- und Futterartikelhandlung en gros H. Frank (1907)   
Verlobungs- oder Hochzeitsanzeige von Hedwig Halle und Moritz Isaac (1912)    
Verlobungsanzeige von Betti Ansbacher und Willi Lang sowie eine Geburtsanzeige (1931/1933) 
Verlobungsanzeige von Thekla Lang und Heinrich Scheuer (1934)   
Nach der Emigration: Hochzeitsanzeige von Walter Goldschmidt und Hilda geb. Weis (früher Gelnhausen) (1944)      

          
          

          
Allgemeine Berichte  
  
Eine Urkunde aus Frankfurt berichtet über die Judenschaft in Gelnhausen im Jahr 1489 (Artikel von 1859)    

Artikel in der "Allgemeinen Jüdischen Zeitung" vom 25. Juli 1859: "Eine Urkunde (XXV.) vom Jahre 1489, 17. November, liegt vor. In dieser verkündigt der Freigraf Silvester Lorinde zu Landau der Frankfurter Judenschaft, dass die ganze Gemeinde von Gelnhausen in die Acht getan sei, und verbietet demgemäss, mit den Gelnhausern bei Strafe von 5 Pfund Goldes irgendwelche Gemeinschaft zu haben, mit ihnen zu essen oder trinken, sie in ihre Synagogen zuzulassen, oder sie zur Erde zu bestatten, unter Androhung schwerer Strafe auf jede Anzeige eines Verstoßes gegen diesen Befehl; zugleich wird den Frankfurtern verboten, etwaiges Eigentum der Gelnhauser diesen auszuliefern. (Die Urkunde ist in einem entsetzlichen Stil abgefasst).  
Da hiergegen von Seiten der Stadt nicht eingeschritten ward, während gleichzeitig andere Freigrafen wegen Gerichte über Juden auf Veranlassung des Rates, wie schon gemeldet, gestraft wurden, so dürfen wir annehmen, dass die Frankfurter keinen Gehorsam leisteten und nicht weiter behelligt wurden. Ob die Gelnhauser Schritte getan, wissen wir nicht."        

  
Charakterisierung der jüdischen Gemeinde Gelnhausen (1856)   

Gelnhausen AZJ 10111856a.jpg (81261 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. November 1856: "Gelnhausen, Sitz einer zahlreichen jüdischen Gemeinde, hat eine nette Synagoge, eine Religionsschule und guten Chorgesang. Vor einigen Dezennien blühte hier noch eine sehr besuchte Jeschiwa (höhere Talmudschule), und gar manche unserer gegenwärtigen Rabbinen haben dort zu den Füßen des Rabbi seinen Ausführungen gelauscht, haben sich an den Geisteskämpfen des Pilpul (Auslegungsmethodik) gelabt. Jetzt ist nichts mehr von all dieser Herrlichkeit geblieben, nicht einmal ein Rabbiner hat dort seinen Sitz. Die alte Burg dortselbst, einst die Residenz Kaiser Friedrichs I., ist jetzt ganz von Juden bevölkert. Wie würde der alte Barbarossa staunen, wenn er einmal vom Kyffhäuser aus das Leben und Treiben der jetzigen Insassen seiner ehemaligen Burg mit ansehen könnte. Da ist nichts mehr von all der früheren Herrlichkeit zu schauen; verschwunden sind die stolzen Ritter, die zierlichen Edelfrauen, dahin Turniere und Kampfspiele, ein ganz anderes, ernsteres und sehr tätiges Geschlecht hat dort seinen Wohnsitz aufgeschlagen."


Vortrag zur Geschichte der jüdischen Gemeinde des jüdischen Lehrers Meier Strauß (siehe zu seiner Person unten) (1903)     

Von Lehrer Meier Strauß stammt die nachfolgende Darstellung zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Gelnhausen. Sie wurde in drei Teilen in Beilagen zum "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" im Dezember 1903 und Januar 1904 veröffentlicht. Leider konnte bislang nur der zweite und dritte Teil der Darstellung gefunden werden. Diese beiden Teile werden im Nachfolgenden wiedergegeben. 
2. Teil: 
Gelnhausen Frf IsrFambl 31121903a.jpg (281862 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 31. Dezember 1903: "Die Juden in Gelnhausen. Historische Skizze von M. Strauß, Lehrer in Gelnhausen. Vortrag, gehalten im Vereine ‚Mendelssohn’ in Gelnhausen. (Fortsetzung).
Also, da die Juden doch der ewigen Verdammnis anheim fallen, so ist es besser, sie betreiben die Geldgeschäfte, als ehrliche Christenleuten. Als mäßiger Zinsfuß halt während des Mittelalters 12-30 Prozent. Nun kamen die Kaiser und sagten: Weil die Juden so hohe Abgaben und Steuern zu zahlen haben, müsste es ihnen gestattet sein, ihre Barschaft etwas höher anzulegen, etwa 65 Prozent. Hatten sich dann die Juden mit ihrem Schweiße voll gesogen, so wurden sie wie ein Schwamm ausgepresst, dann wieder eine Pause und von neuem das Schauspiel. So entstand der verhängnisvolle Kreislauf, je mehr sie wuchern, je reicher sie werden, desto größer die Anforderungen des Kaisers, desto größer der Hass des Pöbels, Schlusstableau: Galgen und Scheiterhaufen. Es war keine Übertreibung, wenn damalige Geschichtsschreiber von den gottverfluchten Juden sprachen, sie waren verflucht und ihr Fluch bestand darin, dass sie wuchern mussten. Der schlimmste Vorwurf, den wir den Christen machen können, ist der, dass unsere Vorfahren im Mittelalter Wucherer waren.
Nachdem also die Stadt Gelnhausen, wie wir gehört, 3 Juden gekauft hatte, erließ sie eine Verordnung, um ihre Bürger einigermaßen vor Wucher zu schützen. Die Judenordnung damals lautete in ihren wichtigsten Punkten:
1. Sie sollen den Herdschilling einrichten, wachen, reisen, graben und andere kleine Dienste tun, wie bei Isenburg. 3. Sie sollen niemandes Gut ausleihen, außer ihr eigenes und das anderer Juden. 6. Sie dürfen vom Gulden nicht mehr als wöchentlich 2 Heller Zins nehmen (1 Kr. = 2 Heller, 1 Gulden = 120 Heller, also nahe an 100 Prozent). 8. Wird ihnen verboten zu leihen aus Messgewand, blutige oder nasse Kleiner und unbereite Tuche, sie wissen denn von wem, bei Verlust des geliehenen Geldes. 11. Nicht ohne Wissen und Erlaubnis des Rats auswandern. 12. Es soll sich niemand den Juden verschreiben, da sich viele Städte dadurch ins Unglück gestürzt hätten. 14. Nicht auf Geschütz oder Harnisch leihen.
Wiederholen muss ich es, der Gelnhäuser Rat hielt seinen Juden Wort. Ihr Recht wurde ihnen. Wir finden Prozesse vom Jahre 1460-70 von Juden gegen Christen und umgekehrt, streng rechtlich entschieden, die Namen Jakob, Lipmann, Bulkin, Schmol und die Jüdin Ritza werden wiederholt erwähnt. Die Juden waren darum auch hier nicht so furchtsam und gedrückt, wie anderwärts und wussten auch, wenn es galt, ihr Schwert zu führen. Einmal ums Jahr 1465 war der Juden Bulkin über den Acker des Henne von Glauberg geritten, ein hiesiges Adelsgeschlecht. Der Herr von Glauberg mit dem Barte wollte, wahrscheinlich aus alter Gerechtsame, dafür den Juden pfänden und Bulkin wehrte sich dagegen. Nun wollte der Edle von Glauberg dem Juden an den Kragen, doch dieser zog sein Schwert und Glauberg retirierte. In regulärer Weise wurde der Fall später vor dem Schultheiß verhandelt.
Die Juden in Gelnhausen beherrschten damals den Geldmarkt hiesiger Gegend und waren den Bürgern wie den Grafen und Herren der Wetterau
Gelnhausen Frf IsrFambl 31121903b.jpg (454598 Byte)unentbehrlich. Die Gemeinde wurde zahlreicher und stärker. Indessen kamen die Wirren der Reformation, in Gelnhausen fand die neue Lehre rasch Eingang und in dem Maße, wie sich die Geister beschäftigten, litt die bürgerliche Arbeit Not, man war immer öfter zu Anleihen bei Juden gezwungen und stak (stand) bei ihnen arg in der Kreide. Darob wieder häufige Klagen. Solange Karl V. lebte, wagte man allerdings nichts gegen die Juden, denn sie standen bei diesem Kaiser in hohem Ansehen und Gelnhausen war die erste Stadt, deren Judenschaft er den Schutzbrief verlieh, trotzdem er, der spanische Infant den Judenhass mit der Muttermilch eingesogen hatte. Nach der Abdankung Karls V. regten sich die Gelnhäuser Bürger, und beklagen sich heftig wegen Zunahme der Juden und ihres Wuchers. Der Stadtrat verbot darauf 1566 irgendetwas bei den Juden zu leihen und bemerkte, dass ein Hauptgrund der Verarmung darin liege, dass die Juden unumschränkt wuchern dürften.
Ja, was hätten sie denn tun sollen, um die riesigen Abgaben zu erschwingen.
Am 18. Juni 1573 erschien ein Befehl der Pfandherrschaft an den Rat von Gelnhausen, die Juden abzuschaffen und am 18. Juli 1576 konnte derselbe berichten, dass die Juden hinausgeschafft seien. Es war dies allerdings keine Judenaustreibung und auch keine Verfolgung, denn man ließ ihnen doch 3 Jahre Zeit, ihre Angelegenheiten zu ordnen, mit Rücksicht auf das unbarmherzige Mittelalter eine gewisse Humanität, hieß es doch auch in einer Städteordnung aus jener Zeit: Die Juden wurden als christlichen, billigen Ursachen zu gemeiner Stadt Wohlfahrt abgeschafft. 
Im Jahre 1589 wurde dem Amtmann Albrecht Vogt von Wallstadt in seiner Bestallung aufgegeben, er solle darauf sehen, dass die Juden in Gelnhausen nicht geduldet würden. Doch im Jahre 1599 waren wieder zwei Juden da, denen der Rat am 2. August 1599 Schutzbrief erteilte. Die Juden sollten nur unter der Bedingung aufgenommen werden, dass sie vom Gulden wöchentlich nicht mehr als (25 Prozent) ½ Pfg. Zinsen nehmen sollten, den Bürgern ward hingegen verboten, bei auswärtigen Juden zu borgen. Pfarrer Junghans bemerkt zu jener Verordnung: ‚Die Aufnahme der Kinder Israels geschah also nicht aus Humanitätsrücksichten der aus Toleranz, sondern lediglich im Interesse der geldbedürftigen Bürger.’
Zur Aufnahme kamen noch folgende Bedingungen: 1. Den Herren von Forstmeister den schuldigen Zins für die Schule. 2. 4 Gulden jährlich für den Friedhof. 3. Das ordentliche Geschoss. 4. Von jeder Familie 8 Gulden Schutzgeld. 5. Im Falle des Abzuges jede Familie 50 Goldgulden Abzugsgeld. 6. Fremdes ihnen verkauftes oder versetztes Gut sollten sie 6 Wochen aufzuheben gezwungen sein, dann aber konnten sie damit machen, was sie wollten.
Die beiden neu aufgenommenen Familien hatten aber kein Minjan und erbaten sich, dass noch ein dritter Juden, Aron von Frankfurt aufgenommen werde. Dies wurde gestattet, doch nur gegen Erlegung von 100 Gulden.
Ein Denkstein in unserer Synagoge erinnert uns daran, dass diese 3 Familien sofort eine Synagoge bauten. Das Recht, einen Friedhof anzulegen, nebenbei bemerkt, ein stets schwer erworbenes Recht, denn man erschwerte sich dadurch die Judenaustreibung, - wenn man auch die lebenden Juden fortjagen konnte, die toten konnte man doch nicht so ohne weiteres mitschicken -; dieses Recht erlangen die Juden vom Erzbischof von Mainz, der wahrscheinlich um jene Zeit Pfandherr war. Wenn uns auch der älteste Grabstein hier erst das Jahr 1616 zeigt, so ist doch sicher anzunehmen, dass der Friedhof früher angelegt war und vermutlich oft demoliert wurde, denn lange Zeit bewiesen beim Aufwerfen von Gräbern Knochenreste, dass der Friedhof schon früher benutzt wurden ist.
Es lag in der Natur der Sache, dass den Juden, die nur Geldgeschäfte trieben, bald wieder einige Bürger verpflichtet waren. Die Pfandherrschaft verfügte darum am 30. September 1613 abermals, dass der Rat etliche aus seiner Mitte ernennen solle, um für die Bürger mit den Juden abzurechnen, und wenn die Abrechnung zu Ende gebracht sei, solle man trachten, wie man ihrer, der Juden, wieder gänzlich ledig werde. Die Gelnhäuser mussten das aber nicht sehr ernst genommen haben, sie drückten sich um die Bestimmung herum und trafen 1614 ein neues Abkommen mit der Pfandherrschaft, dass in Zukunft wenigstens 2-3 Familien hier wohnen sollten und die übrigen müssten nach Einziehung ihrer Schulden die Stadt verlassen. Aber auch dieser Entschluss wurde nicht ausgeführt, denn bald hatte Gelnhausen an anderes zu denken. Der 30-jährige Krieg war ausgebrochen und hier krachte es an allen Enden, bald wurde die Stadt von den Kaiserlichen besetzt, bald von den Spaniern, bald von den Schweden. Einmal hausten sogar die Kroaten hier, die Böller und Kanonen des Bernhard von Weimar trieb sie hinaus, kaum war letzterer abgezogen, kamen die Kroaten zurück und wurden nun von den Schweden verjagt. Allerdings ging Gelnhausen dabei in Trümmer, doch es war kroatenfrei.
Als der Krieg zu Ende war, blieben 200 Einwohner. Die Juden mussten alle Schrecken des Krieges mitmachen, viele wurden, wie das Memorbuch berichtet, niedergemetzelt. Eine Frau Orb ist schon zu jener Zeit erwähnt, die in der damaligen Zeit der Leiden und Wunden, so viel Wohltätiges verübte. Gelnhausen musste oft während des Krieges Kontributionen zahlen, hilfsbereit standen dem Rat bei Beschaffung der Finanzen die Juden bei und wer weiß, ob in Gelnhausen noch ein Stein auf dem anderen geblieben wäre, wenn die Juden damals nicht die schweren Kontributionen zahlen halfen. Die 1601 erbaute Synagoge ging während des Krieges in Trümmer und die Juden hatten darum nach dem Kriege nichts Eiligeres zu tun, als ihre Synagoge wieder aufzubauen. Sie mussten natürlich für diese Erlaubnis wieder blechen und zwar 50 Taler an die Stadt. Wer wird denn auch eine solche Erlaubnis umsonst geben.
Während des Krieges scherte sich kein Mensch um Gesetz und Verordnung und so kam es, dass die Juden außer den Geldgeschäften auch sonst ein bisschen Handel trieben. Die Stadt war sehr arm, an Handel und Gewerbe wie früher nicht zu denken, alles öde und verwüstet. Nur die zähen Juden fingen wieder an, lebhaften Handel und Wandel in die Stadt zu bringen und mussten darum bald das alte Schauspiel erleben, dass man den Neid nicht ungestraft hervorruft. Die Bürgerschaft beschwerte sich heftig beim Rat, dass dieser zu gelinde mit den Juden umgehe, sogar die Synagoge zu bauen gestattete, die Juden hätten allen Kommers an sich angezogen, es seien übrigens zu viel Juden hier. Der Rat erwiderte darauf; dass wir die Juden gelind behandelt, haben sie verdient, denn sie haben uns bei den Kriegskontributionen wacker beigestanden; dass wir die Synagoge aufbauen ließen, taten wir deshalb: Sie müssen den Herren von Forstmeister einen Zins von ihrer Schul geben. Ei, wenn sie keine Synagoge haben, kann doch Herr von Forstmeister sein Geld nicht kriegen ergo. – Schluss folgt."
  
Gelnhausen Frf IsrFambl 22011904.jpg (269702 Byte)Schluss des Vortrages von M. Strauß, Lehrer in Gelnhausen über "Die Juden in Gelnhausen". Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt vom 22. Januar 1904: "Die schweren Zeiten entschuldigen wohl zur Genüge die Nichtausführung der Beschlüsse von 1613 und 14. Um aber das Interesse der Bürger zu wahren, wurde den Juden all bürgerliche und öffentliche Krämerei verboten.
Ja, der Stadtrat hatte sich da schlau herausgewickelt, besonders wegen der Erlaubnis zum Synagogenbau. In Wirklichkeit verhielt sich die Sache etwas anders. Der Kaiser, damals in Regensburg, hatte der Stadt ihre Privilegien neu bestätigt und hatte die Absicht, eine Kommission nach Gelnhausen zu schicken, um die Huldigung entgegenzunehmen und auch ein bisschen den Stadtsäckel zu untersuchen. Das zu verhüten, hatte der Rat seine guten Gründe, denn die Bürgerschaft behauptete damals, der Rat halte auf dem Rathaus und im Wirtshaus nur Saufkonventikel ab, wenn er nur einen Pfennig weiß, geht’s tapfer her und sollten es auch Almosenheller sein.
Der Rat wollte darob lieber eine Deputation nach Regensburg schicken und erbat von der Bürgerschaft die Mittel, diese schlug das Anfordern ruhig ab und darum wandte sich der Rat an die 5 Familien Juden, knöpfte ihnen 50 Taler ab, ihnen dafür das Recht gewährend, ihre Synagoge wieder aufzubauen.
Langsam, doch stetig, nahm auch die jüdische Gemeinde wieder zu, hatte sie auch manche Einschränkung zu dulden, so lebte sie doch unter starkem Schutz und wurde dadurch bald der Mittelpunkt für die kleinen Gemeinden in Wächtersbach, Salmünster und Bieber, welche ihre Toten hierher beerdigten. Die hiesigen, jüdischen Heiratskandidaten damaliger Zeit, holten sich ihre zarteren Hälfte aus Hanau, Frankfurt und Worms und waren nicht wenig stolz darauf, wenn sie die Tochter eines Torakundigen zur Frau bekamen; das jüdische Familien und Gemeindeleben fing in jener Zeit des erleichterten Druckes an, seine schönen Blüten zu entfalten.  Wer den ehrenden Beinamen Morenu (unser Lehrer) sich aneignen konnte, suchte eine große Ehre darin, andere die dies nicht erreichen konnten, richteten ihr Streben ein, damit nach ihrem Ableben die Worte Nausei wenausein blemimoh ihren Grabstein zieren konnten.
In jene Zeit fällt auch die Entstehung unserer Kippaus (religiösen Vereine). Es galt als Vorzug, jenen Vereinen anzugehören und wem der geringste Makel anhaftete, wurde von der Mitgliedschaft zurückgewiesen. Mitglied jener Vereine zu sein, war ein halber Adelsbrief und unsere Grabsteine erzählen uns heute noch, wem damals jene Ehre zuteil wurde. Nach und nach wurde die Gemeinde so kräftig, um einen Rabbiner besolden zu können und man hatte das Glück, als Rabbiner den berühmten Henoch Juda Halevi* einziehen zu sehen, den Verfasser der Responsensammlungen Chinach beht jehudo und Reischis bikurim. Dem Rabbiner wurde das Recht gewährt, auch zivile Streitigkeiten zwischen Juden zu schlichten, überhaupt in allen Angelegenheiten zwischen Juden Recht zu sprechen, als erste und oberste Instanz; von der Stadt wurde ihm dafür Steuerfreiheit (eingeräumt).
Der 30jährige Krieg hatte trotz seiner Gräuel und Schrecken Licht in die Geister gebracht, die Nebel des Mittelalters begannen sich zu verflüchtigen und ganz versteckt legte so hie und da ein bisschen Humanität hervor. 
Wer scherte sich mehr um die alten Verordnungen, dass die Juden nur wuchern und immer wuchern sollten, man drückte erst das eine Auge zu und dann alle beide und ließ die Juden gehörig Handel treiben, und dies wahrlich nicht zum Unsegen der Stadt. Man vereinbarte sogar 1705, dass die Juden das Recht hätten, mit Allem Handel zu treiben, außer mit Leder- und Eisenwaren. Der Geldhandel trat in den Hintergrund, bei Objekten unter 50 Gulden war jede Willkür an Zinsnehmen gestattet, über 50 Gulden war das Maximum 6 %.
Jene Zeit bedeutete für die hiesigen Juden einen gewaltigen Fortschritt, der Verstand hatte über die Unvernunft gesiegt. Allerdings bestand zu jener Zeit das Ghetto noch. Jawohl, auch Gelnhausen hatte sein Ghetto, die jetzige Judengasse bildete das Territorium hierfür, an beiden Seiten mit Toren abgegrenzt, abends geschlossen, mit Wache versehen, bot es Schutz gegen plötzliche Überfälle des ungezügelten Pöbels. Man fühlte sich wohl in der engen Judengasse und erkannte die Abschließung werden als Zurücksetzung, mehr als willkommenen Schutz. Wurden ja in der Tat ursprünglich die deutschen Ghettos nur zu letzterem Zweck eingerichtet."
   
*Anmerkung zu dem genannten Rabbiner Henoch Juda Halevi beziehungsweise Rabbiner Henoch (Chanoch) ben Jehuda Löb. Es handelte sich um einen 1709 aus Schnaittach zugezogenen Rabbiner (geb. etwa 1681 in Pfersee), der zunächst - von etwa 1702 bis 1709 Rabbiner in Schnaittach war und danach noch etwa 20 Jahre in Gelnhausen wirkte. Über ihn liegt folgender Bericht vor:  
Schnaittach Israelit 30101867.jpg (124080 Byte)Aus einer Reihe über verschiedene bedeutende Rabbiner in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Oktober 1867: "Rabbi Chanoch Sohn des Rabbi Jehuda Lew. R. Henoch b. Jehuda Löb, Sohn des Pferseer Rabbiners wurde ums Jahr 1681 geboren. Da er sich von Jugend auf in der rabbinischen Gelehrsamkeit sehr auszeichnete, so wurde er frühe schon zum Oberhaupt der Synagoge von Schnaittach gewählt. Er war bereits Rabbiner in diesem Orte, als sein Vater 1705 starb; er betrachtete sich sogleich als Vollzieher des Willens seines Vaters hinsichtlich der Herausgabe der hinterlassenen Schriften seiner Vorfahren. Während drei Jahre beschäftige er sich mit der Redaktion zweier Sammlungen, eine den homiletischen und eine den kasuistischen Schriften gewidmet. Beide erschienen in Frankfurt am Main 1708 bei Mt. Andrä und Joh. Kellner. Die erste Sammlung führte den Titel Reschit Bachurim Das Früheste der Erstlinge, enthält Synagogal-Vorträge über die drei Hauptfeste von seinem Großvater Henoch ben Abraham, seinem Vater Jehuda Löb ben Henoch und von ihm Henoch ben Jehuda Löb. Die zweite Sammlung betitelt Fragen und Responsen Chinuch Beit Jehuda - Einweihung des Hauses Jehuda, besteht aus 145 Rechtsgutachten, nach den 4 Turim geordnet. Die meisten Gutachten sind von seinem Vater, viele von seinem Großvater, Großonkel und seinem Urgroßvater, die übrigen von ihm und etwa 20 anderen Rabbinern."  

   
   
Aus der Geschichte des Rabbinates in Gelnhausen 
Zum Tod von Rabbiner Hirsch Kunreuther (1847)    

Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 16. März 1847 (leicht abgekürzt zitiert): "Nekrolog. Aus Kurhessen. Ein betrübendes Ereignis ist dieser Tage in einer nicht unbedeutenden Gemeinde Kurhessens eingetreten, eine Trauerkunde, die überall die gebührende Teilnahme in Anspruch nehmen wird. So ungern ich auch der Überbringer einer Trauerbotschaft bin, so wenig kann ich es jedoch über mich gewinnen, eine solche Zeitung mit Stillschweigen zu übergehen, sie nicht zur Kunde Aller zu bringen. Am 26. Schewat (12. Februar 1847) starb der allgemein geachtete und gelehrte Kreisrabbiner zu Gelnhausen, Rabbiner Hirsch Kunreuther - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -, in einem Alter von 75 Jahren. Er war geboren zu Baiersdorf in Oberfranken in Bayern, besuchte in seiner Jugend die Jeschibah zu Mainz, welcher damals der bekannte Rabbiner Herz Scheuer - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - vorstand. Nachdem er, mehrere Jahre dort verweilend, sich tüchtige Kenntnisse im rabbinisch-talmudischen Fache angeeignet hatte, kehrte er wieder in seine Heimat zurück, wo er als Privatmann lebte. Später erhielt        
Gelnhausen DtrZionsw 16031847a.jpg (228932 Byte)er das Rabbinat zu Mergentheim an der Tauber, welches er längere Zeit verwaltete, und wo er sich die Zufriedenheit, Liebe und Achtung aller Angehörigen seines Sprengels in reichem Maße erworben hatte. Endlich wurde er nach Gelnhausen berufen, an welcher Stelle er über 28 Jahre gewissenhaft und pünktlich alle Funktionen seines seinem Glauben mit ganzem Herzen anhängenden, und mit der Religion es ernst meinenden Rabbinen eifrigst oblag. Er hatte im Anfange seines Amtsantrittes eine Jeschibah in Gelnhausen gegründet, wohin aus verschiedenen Gegenden Jünglinge kamen, die bei ihm im Talmud und rabbinischen Wissenschaften unterrichtet wurden. Er suchte Jeden zum eifrigen Talmud-Studium zu ermuntern und es gelang ihm, eine große Anzahl wissbegieriger Jünglinge um sich zu versammeln, da er eine gediegene Kenntnis aller talmudischen Disziplinen besaß, eine gute Methode im Lehren befolgte, ein tiefes und ausgebreitetes Wissen in allen sonstigen rabbinischen Fächern bekundete, und durch seine scharfsinnigen Disputationen die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer fesselte.   
Wer den Dahingeschiedenen kannte, wie ein echter, frommer Sinn ihn beseelte, wie er für den altehrwürdigen Glauben erglühte, der wird den innigen Schmerz und das Gefühl der Trauer mit uns empfinden, welches bei der Nachricht von seinem Hinscheiden in uns erregt worden. Gottesfurcht und Tugend waren die Leitsterne auf seiner Lebensbahn, sein Sanftmut und seine liebevolle Zuvorkommenheit gegen Jedermann, seine gastliche Aufnahme, mit der er jeden beehrte, seine Bereitwilligkeit, mit Rat und Tat zu helfen, verschafften ihm Achtung und Liebe bei allen Gemeinden seines Kreises. Zwar wurden ihm die letzten Jahre seines Lebens, die freundliche Sonne, die ihn in seinen früheren Tagen lieblich und hell umstrahlte, durch drohende düstere Wolken getrübt und verfinstert, was wir jedoch zur Ehre derer, welche diese Leiden ihm verursacht, gerne verschweigen, indem wir hierdurch seine edlen Grundsätze, die er im praktischen Leben so schön bewährte, erfüllen; auch er hatte allen seinen Gegnern ihre Unbilden verziehen, denn, als der streng orthodoxen Richtung angehörend, befolgte er alle Prinzipien des Talmuds... Süß ist der Schlaf des Arbeiters, der seinen Beruf und seines Standes Pflichten treu erfüllt, der redlich stets gewandelt, Tugend und Wohlwollen stets geübt, die ihm ein herrliches Denkmal setzen, dauernder als Erz. Sit illi tara levis (die Erde sei ihm leicht)."     

     
     
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Ausschreibungen der Religionslehrerstelle 1876 / 1887 / 1919 / 1922 / 1925   

Gelnhausen Israelit 16081876.jpg (58189 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. August 1876: "In der Synagogengemeinde Gelnhausen wird bis zum 1. Oktober die Stelle eines Religionslehrers, womit auch die Funktionen eines Vorsängers und Schächters verbunden sind, vakant. Der etatmäßige Gehalt beträgt, nebst freier angenehmer Wohnung Mark 900, während die Nebeneinkünfte als Schächter etc. die gleiche Höhe erreichen. Da der Religionsunterricht wöchentlich nur 20 Stunden in Anspruch nimmt, so ist Gelegenheit geboten, durch Privatunterricht das Einkommen noch wesentlich zu verbessern. 
Geeignete Bewerber wollen ihre Gesuche unter Beifügung ihrer Zeugnisse gefälligst an Unterzeichnete einsenden. 
Gelnhausen, den 6. August 1876. Die Synagogenältesten: Der Kreisvorsteher Lismann. Leopold Stern. J.D. Goldschmidt."
Offenbar war es nicht möglich, die Stelle zum 1. Oktober 1876 zu besetzen, wonach weitere Ausschreibungen erfolgten: 
Gelnhausen Israelit 08111876.jpg (50372 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. November 1876: "Bekanntmachung. Die Religionslehrerstelle zu Gelnhausen, mit welcher der Vorsängerdienst in dasiger Gemeinde verbunden ist, soll wieder besetzt werden. Bewerber um dieselbe wollen ihre Meldungsgesuche, mit den erforderlichen Zeugnissen versehen, binnen 3 Wochen bei unterzeichneter Stelle einreichen. Fixer Gehalt 900 Mark jährlich nebst freier Wohnung. Bemerkt wird, dass, nach Angabe der dortigen Synagogenältesten, das Nebeneinkommen namentlich durch Versehung des Schächterdienstes auch auf 900 Mark jährlich zu veranschlagen ist.
Hanau, den 3. November 1876  Königliches israelitisches Vorsteher-Amt.  Hamburger."
   
Gelnhausen Israelit 02061887.jpg (140495 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Juni 1887: "Bekanntmachung. Die Religionslehrer- und Vorbeterstelle zu Gelnhausen, mit welcher der Schächterdienst verbunden ist, soll demnächst besetzt werden. Das jährliche fixe Einkommen der Stelle beträgt 900-1000 Mark nebst freier Wohnung, der Ertrag aus dem Schächterdienst einschließlich sonstiger Nebeneinkommen ungefähr 1.000 Mark. Geeignete Bewerber, besonders solche, welche eine schöne Stimme und gute musikalische Kenntnisse besitzen, wollen ihre Meldungen unter Beifügung eines Lebenslaufes und den Kopien ihrer Zeugnisse bis zum 15. Juni dieses Jahres anher einreichen und wird bemerkt, dass diejenigen, welche ihre Lehrerprüfung nicht an einer preußischen staatlichen Lehrerbildungsanstalt abgelegt haben, vor ihrer Anstellung eine Prüfung vor der Prüfungs-Kommission für israelitische Religionslehrer zu Hanau abzulegen haben. Hanau, den 27. Mai 1887. Das Vorsteheramt der Israeliten, Dr. Koref."
 
Gelnhausen Israelit 09011919.jpg (62739 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Januar 1919: "Die Stelle eines Religionslehrers, Vorbeters und Schochet in der israelitischen Gemeinde Gelnhausen ist sofort zu besetzen. Geeignete, seminaristische vorgebildete, auf dem Boden des gesetzestreuen Judentums stehende Bewerber mögen sich innerhalb drei Wochen unter Vorlage ihrer Zeugnisse melden. 
Als Anfangsgehalt wird Mark 2.500.- bewilligt, das von drei zu drei Jahren um Mark 300.- steigend, als Höchstgehalt den Betrag von Mark 3.400.- pro Jahr erreichen kann. Daneben wird freie Dienstwohnung in einem der beiden der Gemeinde eigentümlichen Häuser gewährt. Der Beitrag zur Ruhegehalts- und Witwen- und Waisenkasse für die Kommunalbeamten des Regierungsbezirkes Kassel wird von der Gemeinde bestritten.
Gelnhausen, den 3. Januar 1919. Die Synagogen-Ältesten."
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. August 1922: "Die Stelle eines Religionslehrers, Vorbeters und Schochet in der israelitischen Gemeinde Gelnhausen ist zum 1. Oktober zu besetzen. Geeignete, auf dem Boden des gesetzestreuen Judentums stehens Bewerber mögen sich innerhalb drei Wochen unter Vorlage ihrer Zeugnisse melden. Als Jahresgehalt wird Mark 50.000.- bewilligt, daneben freie Dienstwohnung; Nebenverdienste in ansehnlichem Betrage, u.a. sämtliche Schlachtgebühren. 
Der Beitrag zur Ruhegehaltskasse für die Kommunalbeamten des Regierungsbezirks Kassel wird von der Gemeinde bestritten. 
Gelnhausen, den 25. Juli 1922. Die Synagogen-Ältesten."    
 
Gelnhausen Israelit 12021925a.jpg (50904 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Februar 1925: "Die Stelle eines Religionslehrers, Kantors und Schochet an der israelitischen Gemeinde Gelnhausen ist zum 1. April dieses Jahres zu besetzen. Gehalt Mark 2.700.-, nicht garantiertes Nebeneinkommen Mark 1.000.-, freie Wohnung im Werte von Mark 600.-. Die Gemeinde ist der Ruhegehaltsklasse für die Kommunalbeamten des Regierungsbezirkes Kassel angeschlossen. Reflektanten mögen sich unter Vorlage von Zeugnisabschriften melden. Gelnhausen, 9. Februar 1925. Die Synagogen-Ältesten."

   
Aktivitäten des Lehrers Meier Strauß (1895)
   

Gelnhausen Israelit 07031895.jpg (139000 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1895: "Gelnhausen. Im hiesigen Literaturverein ‚Mendelsohn’ hielt kürzlich Herr Lehrer Strauß einen sehr gut besuchten Vortrag über ‚Die Juden in Gelnhausen’, aus welchem wir Folgendes als erwähnenswert hervorheben: ‚Die älteste Urkunde, in der von in Gelnhausen wohnenden Juden gesprochen wird, datiert vom Jahre 1280; doch ist es erwiesen, dass schon bei Schließung des Wetterauer Städtebundes (1265) hier Juden wohnten. Die jetzige Synagoge wurde 1601 erbaut. Der Friedhof ist ungefähr 100 Jahre älter; das Recht zur Anlage desselben gewährte der Erzbischof von Mainz. Es wirkte dahier im Anfang des 18. Jahrhunderts Rabbi Henoch Juda Halevi, der Verfasser des Reschit Bachurim und später Rabbi Jechiel Speier (gest. 1822 in Dessau).’
Der im vorigen Winter gegründete Verein bezweckt, seine Mitglieder mit den Erzeugnissen der jüdischen Literatur vertraut zu machen und sucht dieses Ziel durch das Ausleihen von Büchern, durch Vorträge und Leseabend zu erreichen. Die Bibliothek besteht bereits aus ca. 300 Bänden, von denen der Verein einen Teil der Güte des Herrn Charles Hallgarten, Frankfurt am Main verdankt. Den Reigen der Vortragenden eröffnete Herr Provinzialrabbiner Dr. Koref, Hanau. Herr Dr. Koref, dem an dieser Stelle für seine Uneigennützigkeit nochmals der wärmste Dank ausgesprochen sei, gab seinen Zuhörern ein Bild von dem Leben und Wirken Berthold Auerbachs. Es sprachen ferner noch: Herr Arthur Meyer hier über ‚Samson Raphael Hirsch’, Herr Lehrer Strauß hier über ‚Das jüdische Kalenderwesen’ und über ‚Die Juden im Mittelalter’ und Herr S. Geis hier über ‚Die Juden in Spanien’. Leseabende fanden jeden Freitag und Sonntagabend von 8-10 Uhr statt; es lagen an denselben der ‚Israelit’ und die ‚Jüdische Presse’, sowie verschiedene wissenschaftliche Werke zur Benutzung aus; auch regte der Vorstand oft Diskussionen an.  S.G."

 
25-jährige Amtstätigkeit von Lehrer Meier Strauß (1912)  

Gelnhausen FrfIsrFambl 06091912.jpg (326629 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. September 1912: "Gelnhausen. Am 1. September (1912) konnte Lehrer M. Strauß auf eine 25jährige Amtstätigkeit innerhalb unserer Gemeinde zurückblicken. Diesen Anlass benutzten die Gemeindemitglieder, um ihre Verehrung und Liebe zu ihrem Lehrer zum Ausdruck zu bringen. – In dem prächtig geschmückten Schulraum fanden sich am Sonntagvormittag die Schüler und Schülerinnen, Deputationen der einzelnen Vereine sowie der größte Teil der Gemeindemitglieder ein. 
Nachdem im Namen der Schulkinder Sida Lorsch, Erna und Jenny Heilmann und Erich Linick in poetischer Form ihrem Lehrer den Dank abgestattet und Glückwünsche dargebracht hatten, nahm der Synagogenälteste, Josef Lorsch, das Wort, um in längerer Rede die Verdienste des Jubilars auf den verschiedensten Gebieten seines Amtes zu beleuchten. Hierauf überreichte Synagogenältester K. Moritz mit den besten Glückwünschen namens der Gemeinde ein größeres Geldgeschenk. 
Diesen Wünschen schloss sich der dritte Gemeindevorsteher, J.S. Goldschmidt an, daran erinnernd, wie der Jubilar einst in einer vor 25 Jahren gehaltenen Rede sein Fremdsein in hiesiger Gemeinde betonte. Jetzt sei er ein Freund unter Freunden! 
In meisterhafter Weise gedachte dann der Vorsteher des israelitischen Krankenunterstützungsvereins der verdienstvollen Tätigkeit des Jubilars in diesem Verein, streifte auch dessen Wirksamkeit auf den anderen Gebieten dessen Berufes. Der Titel ‚Raw’ war allezeit in Israel ein Ehrentitel. Mit dem Wunsche, dass der Jubilar diesen Titel noch viele Jahre in geistiger und körperlicher Frische zum Segen der Gemeinde tragen möge, schloss Redner seine eindrucksvolle Ansprache. Für den gleichen Verein überreichte dessen zweiter Vorsteher, L. Bergen, als Zeichen der Anerkennung ein Geschenk in Silber. Der israelitische Frauenverein, dessen eifriger Förderer der Jubilar stets gewesen, ließ durch seine Präsidentin, Frau K. Moritz, seine Wünsche aussprechen und nebst einem Geschenk eine Adresse überreichen. 
Für die Chewero Kadischo de Kabronim (Friedhofsbruderschaft), deren langjähriges Mitglied der Jubilar ist und die sich seiner geistreichen Vorträge an jedem Sabbat nach beendigtem Gottesdienst zu erfreuen hat, überreichte Herr Heymann unter Worten des Dankes und der Anerkennung einen silbernen Leuchter mit Widmung. 
Den Reigen der Ansprachen beschloss im Auftrage der Chewro Kadischo de Gemilaus Chassodim Herr Arthur Mayer. Erinnernd an das Wort unserer Chachonim s.A. ‚Aumrim Kezaß Schewochau schel Odom beponof wekulo schlau beponof’, wolle er sich darauf beschränken, aus der vielseitigen Wirksamkeit des Gefeierten einen Zweig zu pflücken, der von jeher mit besonderer Genugtuung und Liebe von ihm gehegt und gepflegt wurde. Was der Jubilar auf dem weiten Felde des Gemilus Chesed (Wohltätigkeit) in seiner 25jährigen Amtstätigkeit, unterstützt  von seiner gleichgesinnten wackeren Gattin, geleistet habe, ließe sich nicht in Worten schildern. Dieses verdienstvolle Wirken werde aber noch gekrönt durch die Art und Weise, wie es geübt worden sei. Somachti wesimachti galt dem Jubilar dabei als Devise, und so könne er, wenn auch alles menschliche Wirken nur ein Bruchteil der uns obligenden Leistungen ist, dennoch rückblickend von seiner Tätigkeit sagen: ‚Schomati bekaul Haschem Elaukoj (ich habe auf die Stimme Gottes gehört), osisi kechol ascher Ziwisoni (und habe gemacht, was er mir befohlen hat).’ Mit dem Wunsche: ‚Haschkifo mimaun Kodschecho uworech’, dass der maalin bekaudesch (der im Heiligtum Hinaufschreitende) in immer steigender Erkenntnis des hohen Ideales seines Berufes, seines Amtes, auch fernerhin zum Segen der Gemeinde, zur Erhaltung und Förderung aller ihrer geheiligten Institutionen walten möge, schloss Redner seine Ansprache, namens gedachter Vereinigung ein Geschenk überreichend, mit den Worten: ‚Wesomachto beschol hatauw ato uwesecho.’
Dann ergriff, tief bewegt, der Gefeierte selbst das Wort. In der ihm eigenen meisterhaften Art schilderte er in längerer Rede das schöne Verhältnis zwischen Lehrer und Gemeinde, ohne welches ein gedeihliches, ersprießliches Wirken im Amte unmöglich sei. Unebenheiten, die ja niemals vollständig ausbleiben, seien aber stets durch das friedliche Wollen beider Parteien geebnet worden. Das Beste seines Könnens habe er seiner Schule gegeben; seine Schüler und Schülerinnen habe er geliebt wie seine eigenen Kinder und ihnen ein Stück seines Herzens geschenkt. Was er an Wissen in sich aufgenommen, habe er freudig seinen Hörern in seinen regelmäßigen Sabbatvorträgen geweiht, um Interesse für Judentum und jüdisches Leben zu wecken und zu fördern. Mit Dankesworten an die Gemeinde, an seine Schüler, an die Vereine, an seinen Lehrer und Freund Herrn Rabbiner Schüler in Bollweiler, der ihm in jüngeren Jahren stets mit weisem Rat zur Seite stand, schloss der Jubilar seine Rede. Abends gratulierte der Synagogenchor seinem Dirigenten, ebenfalls ein Geschenk überreichend."

 
Arnold Strauß - Sohn von Lehrer Strauß - wird mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet (1915) 

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Mai 1915: "Gelnhausen, 11. Mai (1915). Das Eiserne Kreuz wurde dem Gefreiten Arnold Strauß, Sohn des Lehrers M. Strauß in Gelnhausen, verliehen. Bei den Kämpfen um Ypern hat er sich derart durch Tapferkeit hervorgetan, dass er sowohl vom Regiments- als auch vom Brigadekommandeur zu dieser Auszeichnung vorgeschlagen wurde."  


Auszeichnung für Lehrer Meier Strauß anlässlich seiner Zurruhesetzung (1917)   

Gelnhausen AZJ 02021917.jpg (22521 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Februar 1917: "Lehrer Meier Strauß in Gelnhausen wurde anlässlich seines Übertritts in den Ruhestand der Adler der Inhaber des Königlichen Hausordens von Hohenzollern verliehen."
  
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26. Januar 1917: "Gelnhausen. Lehrer Meier Strauß wurde anlässlich seiner Übertritts in den Ruhestand der Adler der Inhaber des Königlichen Hausordens von Hohenzollern verliehen."    

   
40-jähriges Lehrerjubiläum von Lehrer Meier Strauß (1923)   
 

Adelsberg Israelit 17091923.jpg (58841 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1923: "Würzburg, 15. September (1923). Ihr 40jähriges Lehrer-Jubiläum begingen im Hotel Goldschmidt dahier die Lehrer: Ehrenreich - Langenselbold, Fröhlich - Gießen, Goldstein - Würzburg, Klein - Gießen, Levi - Burgpreppach, Rau - Hirschaid, Rosenthal - Worms, Schloss - Langen, Stern - Echzell, Strauß - Gelnhausen, Weichselbaum - Adelsberg. Gleichzeitig übergaben sie dem hiesigen israelitischen Seminare ein ahnsehnliches Geschenk. Von den 15 Absolventen des Jahrganges 1883 sind leider drei mit Tod abgegangen und einer in einer Nervenanstalt untergebracht."

  
Zum Tod von Lehrer Meier Strauß (1924)  

Gelnhausen Israelit 30101924.jpg (192125 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Oktober 1924: "Gelnhausen, 6. Oktober (1924). Lehrer Meier Strauß ist uns im 59. Jahre seines Lebens durch den Tod entrissen worden. Aus der Trauerkundgebung kann man auf die Charaktereigenschaften des Entschlafenen schließen. Der Tod dieses Mannes hinterlässt eine schmerzlich fühlbare Lücke, nicht nur in unserer Gemeinde, sondern auch in unserer Stadt. Den Reigen der Redner eröffnete Herr Rechtsanwalt Dr. Koref - Hanau als Vertreter der Loge. Herr Lehrer Marx hier erging sich in längerer Ausführung über die Bedeutung des Heimgegangenen als Lehrer und Vorbeter in hiesiger Gemeinde, in der er länger als drei Jahrzehnte segensreich gewirkt hatte. Herr Gemeindeältester Lorsch gab dem Schmerz der Gemeinde über das Hinscheiden des verdienten Führers, Beraters und Menschenfreundes beredten Ausdruck. Für die israelitische Lehrerkonferenz Hessens sprach Herr Lehrer Levi - Bierstein ergreifende Worte. Herr Lehrer Ehrenreich - Langenselbold nahm als Klassenbruder im Namen der Klassenbrüder von dem treuen Freunde schmerzbewegt Abschied. Herr Rechtsanwalt Dr. Goldschmidt hier widmete dem Verblichenen im Namen der ehemaligen Schüler rührende Dankesworte. Herr Lehrer Schmey hier, als Vertreter des Kreislehrervereins, rühmte die Tugenden des Heimgegangenen in erhebender Weise. Als Vertreter des Zentralvereins deutscher Staatsbürger und Freund der Familie Strauß entbot Herr Lehrer Halberstadt - Büdingen dem wackeren Vorkämpfer für Wahrheit und Recht, dem vorbildlichen Familienvater den letzten Gruß. Herr Lehrer Wingerton - Hanau, der unmittelbare Amtsnachfolger des Verklärten  schilderte ihn als warmherzigen Freund und treuen Berater. Der Führer der Sanitätskolonne pries die Opferfreudigkeit und Hilfsbereitschaft des einstigen Vorsitzenden der Kolonne in den sturmbewegten Tagen der Kriegszeit. Ergriffen und ergreifend dankte der Schlussredner der Schwiegersohn des Verstorbenen, Herr Stern, dem geliebten Vater für die der Familie stets bewiesene Liebe und Güte. Die Sonne hatte bereits den Zenith überschritten, als wir die stille Stätte des Friedens verließen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."  

  
  
Aus der Geschichte der weiteren Kultusbeamten        
Ausschreibung der Stelle des Schochet und Synagogendieners (1871)   

Gelnhausen AZJ 12121871.jpg (39907 Byte)Gelnhausen Israelit 27121871.jpg (49573 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. Dezember 1871 und in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Dezember 1871 (rechts): "Vakanz. Ein religiöser, unverheirateter, als Schochet (Schächter) geprüfter Mann kann sofort als Schochet uBodek eintreten. Derselbe hat gleichzeitig die Stelle als Schamasch (Synagogendiener) in der Gemeinde zu versehen. Es wird durch beide Funktionen eine Einnahme von jährlich 300-350 Gulden erzielt. Viel freue Zeit zum Betriebe eines Nebengeschäftes bleibt übrig. Offerten mit etwaigen Zeugnissen beliebe man baldigst portofrei einzusenden an die Synagogenältesten in Gelnhausen Regierungsbezirk Kassel."

Auf obige Ausschreibung hin bewarb sich erfolgreich Emanuel Somborn, der in der Folgezeit über 30 Jahre als Synagogendiener und Schochet in der Gemeinde wirkte:
  
Auszeichnung für Emanuel Somborn für 30 Jahre Dienst in der Synagoge (1912)   

Gelnhausen Frf IsrFambl 30081912.jpg (28534 Byte) Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 30. August 1912: "Gelnhausen. Herrn Emanuel Somborn, der seit 30 Jahren in seltener Pflichttreue in hiesiger Kultusgemeinde das Amt des Synagogendieners ausübt, wurde durch den Landrat in Gegenwart der Synagogenältesten und des Kreisvorstehers das ihm von Seiner Majestät verliehene Allgemeine Ehrenzeichen in Silber überreicht."

     
     
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben 
Vortrag von Provinzialrabbiner Dr. Bamberger zwecks Gründung einer Ortsgruppe des Verbands der Sabbatfreunde (1906)
  

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 22. Juni 1906: "Gelnhausen, 17. Juni (1906). Heute hielt Herr Provinzialrabbiner Dr. Bamberger - Hanau zwecks Gründung einer Ortsgruppe des Verbands der Sabbatfreunde dahier eine Versammlung ab. Der Redner wusste die Zuhörer derart für die Sache zu begeistern, dass sofort 25 Herren sich zum Beitritt meldeten. - Als Vorstand der neuen Ortsgruppe wurden gewählt: die Herren Arthur Meyer, Jakob Moritz und Michael Lorsch."   

    
200-jähriges Jubiläum der Israelitischen Beerdigungsbruderschaft und des Wohltätigkeitsvereins (1911)  

Gelnhausen Frf IsrFambl 30061911.jpg (307865 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 30. Juni 1911: "Gelnhausen. Zu einer glänzenden, allen Teilnehmern unvergesslichen Feier gestaltete sich das 200jährige Jubiläum der israelitischen Beerdigungsbrüderschaft und des Wohltätigkeitsvereins (Chewraus Gemilus Chasodim w’Kabronim), zu der sich außer der gesamten Gelnhäuser Judenheit zahlreiche Gäste von auswärts eingefunden hatten. Zwei der Einladung versandte hübsch ausgestattete Büchlein – die von unserem Lehrer Strauß verfasste, durch die Munifizenz des Ehepaares M. Tannenbaum und Frau Klara geb. Sichel – Frankfurt herausgegebene Festschrift und das gleichfalls von Lehrer Strauß verfasste, durch die Munifizenz der Frau Johanna Bobrecker – Kansas City gedruckte Weihespiel – hatten schon vorher die Erwartungen aufs höchste gespannt. 
Ernst begann die Reihe der Veranstaltungen. Auf dem Friedhofe, der sich stimmungsvoll an den Ufern der Kinzig erstreckt und dessen bis 400 Jahre alten Steine in beredter Sprache von der Geschichte der Gelnhäuser Judenheit erzählen, galt es, der verstorbenen Mitglieder zu gedenken. Provinzialrabbiner Bamberger – Hanau, Lehrer Strauß und Arthur Meyer hielten der Nachdenklichkeit des Ortes gemäße Ansprachen. Ganz besonders die Worte des Herrn Meyer griffen in da Tiefste der Herzen und erpressten aus zahlreichen Augen Tränen. Die üblichen Gebete, Rundgang und Chorgesang beendeten den Akt auf der Stätte der Vergangenheit, dem sich nun der Festgottesdienst in der altehrwürdigen Synagoge, deren wundervoller Oraun-hakaudesch (Toraschrein) ein Genuss für jedes künstlerisch geschulte Auge ist, anschloss.  
Das festlich geschmückte Gotteshaus war bis aufs letzte Plätzchen besetzt. Der Bürgermeister, Vertreter der Stadt und zahlreicher jüdischer Gemeinden der näheren Umgebung saßen als Ehrengäste in den vorderen Reihen. Provinzialrabbiner Dr. Bamberger hielt eine groß angelegte, meisterhafte Festpredigt. Der Chor der Gelnhäuser jüdischen Gemeinde zeigte das musikalische Können seines auf so vielen Gebieten erprobten Leiters Lehrer Strauß. Eine neue Ewige Lampe, gestiftet von Frau Wolf Stern – Hanau und ausgeführt von der Kunstwerkstätte der bekannten Silberwarenfirma Felix Horovitz – Frankfurt, wurde entzündet; - möge sie stets über eine Gemeinde scheinen, in der traditionelles jüdisches Leben Stätte hat! 
Nachmittags 4 ½ Uhr versammelten sich 104 Teilnehmer in der Turnhalle zu dem Festmahle. Jakob Moritz, der Vorsteher der Kabronim-Chewra, eröffnete die Tafel mit einer begeisterten, inhaltsreichen Ansprache und zahlreiche geistvolle Toaste würzten das Mahl.
Dem Festmahle schloss sich eine Abendunterhaltung an. Mit einem flotten Marsch und der Ouvertüre der Norma, gespielt von der Gelakapelle, begann das Programm. Sodann ging das von Lehrer Strauß gedichtete Weihespiel ‚Judäa’ über die Bretter. Seine Darstellerinnen – Sophie Hecht, Erna und Jenny Heilmann, Sitta Lorsch, Karla Moritz, Flora Scheuer und Henny Strauß – waren verständnisvolle Interpreten der feinsinnigen Dichtung. Elli Strauß (Klavier) und Sitta Lorsch spielten das Bruch’sche ‚Kolnidrei’ mit lebhaftem Beifall. Ein schönes Bild bot der von den Schülerinnen aufgeführte Blumen- und Schleierreigen. Ausgezeichnet war das Liederspiel ‚Die wilde Toni’ mit Frl. Strauß in der Titelrolle und Frl. Selma Moritz als Mitspielenden. Die Ouvertüre zu ‚Nebukadnezar’ bildete den Schluss der Abendunterhaltung, der sich noch ein Ball anschloss.
Gelnhausen Frf IsrFambl 30061911a.jpg (52626 Byte)Die Feier gab vielen früheren und jetzigen Mitgliedern der beiden Vereine und ihren Freunden Anlass zu Stiftungen. So stifteten die beiden Vereine und frühere Mitglieder einen kostbaren Vorhang aus weißem Samt und die beiden Fenster an der Ostseite der Synagoge, Juda Heilmann eine künstlerisch gearbeitete Altardecke, Levi Abraham – Kassel eine hübsche Pultdecke, Max Stern – Darmstadt einen Kidduschbecher, Nathan und Hermann Goldschmidt – Frankfurt am Main je einen sehr kostbaren Becher, Louis Stern – Auerbach einen Almemorschmuck." 
Weiterer Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juni 1911:   
Gelnhausen Israelit 29061911.jpg (193456 Byte) "Gelnhausen, 27. Juni (1911). Das 200jährige Jubiläum der hiesigen israelitischen Beerdigungsbrüderschaft und des Wohltätigkeitsvereins wurde unter allgemeiner Beteiligung der hiesigen jüdischen Gemeinde, sowie auswärts wohnender früherer Mitglieder der Gemeinde und vieler Gäste aus den benachbarten Gemeinden am Sonntag gefeiert. 
Um 9 ½ Uhr fand ein Besuch des Friedhofes statt, wo die zahlreichen Steine, darunter solche, die 300-400 Jahre alt sind, mit ihren Inschriften eine lebendige Sprache von der Vergangenheit unserer Gemeinde und der beiden Vereine führen. Herr Provinzialrabbiner Dr. Bamberger aus Hanau, Herr Lehrer Strauß und Herr Artur Meyer hielten Ansprachen, und die vorgeschriebenen Gebete der Brüderschaften wurden gesprochen. Rundgang und Psalmengesang schlossen die ernste Feier. In seiner Ansprache ging Herr Lehrer Strauß besonders auf die Geschichte des Friedhofes ein, der Privateigentum des Deutschen Kaisers war und ein Verpfändungsobjekt bildete, wie manche der jüdischen Gemeinden. Der hiesige jüdische Friedhof war zumeist den Bischöfen zu Mainz verpfändet. Da die Juden ihr Territorium nicht vergrößern durften, so waren sie immer wieder genötigt, denselben kleinen Raum zur Bestattung ihrer Leichen zu benützen. Immer wieder musste der Friedhof mit hoher Erdschicht bedeckt werden, um aufs Neue benützt werden zu können. Dadurch entstand die hügelige Form des Friedhofes.
Eine im Archive gefundene Notiz besagt, dass der Friedhof eben wegen seiner Erdaufschüttung im Siebenjährigen Kriege von den Franzosen zu einer Schanze benutzt werden sollte, was aber die jüdische Gemeinde durch Zahlung von 200 Gulden verhindern konnte. 
Dem Festgottesdienst in der reich geschmückten und vollgefüllten Synagoge wohnen Herr Bürgermeister Dr. Schmidt und Herr Voit als Vertreter des Magistrats und Stadtverordnetenvorsteher Sonnenmayer bei, sowie Delegierte vieler Gemeinden aus den Kreisen Hanau, Schlüchtern und Gelnhausen. Die Festpredigt hielt Herr Provinzialrabbiner Dr. Bamberger aus Hanau; mit dem Gottesdienste wurde die feierliche Einweihung des von Frau Wolf Stern gestifteten Ner Tamid (Ewiges Licht) verbunden.
Nachmittags um 4 ½ Uhr versammelten sich 104 Teilnehmer in der Turnhalle zu einem Festmahl und im Anschluss daran fand eine Abendunterhaltung statt, die von den Mitgliedern der Gemeinde, vielen auswärtigen Gästen und hiesigen Bürgern aller Konfessionen sehr zahlreich besucht war.

Den Reigen der Toaste eröffnete der verdiente Vorsitzende der Chewra Kadischa Kabornim, Herr Jakob Moritz, mit einer begeisterten Ansprache. Darauf hing nach einigen musikalischen Darbietungen ein symbolisches Festspiel des Herrn Lehrer Strauß über die Bretter, das in den Mitwirkenden Flora Scheuer, Sophie Hecht, Karla Moritz, Henny Strauß, Erna Heilmann, Jenny Heilmann und Sitta Lorsch vorzügliche Interpretinnen fand und den Glanzpunkt des Abends bildete.
Instrumentale und Gesangsvorträge folgten nun aufeinander und hielten die Festgäste in höchst animierter Stimmung. Auch viele wertvolle Stiftungen wurden bei diesem Anlasse von hiesigen und auswärtigen Freunden den Jubelvereinen gemacht." 

   
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde    

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Oktober 1861: "Dr. jur. utr. Kunreuther zu Gelnhausen hat nach glänzenden Marburger und Kasseler Prüfungsresultaten (die Marburger Fakultät stempelt ihn, den Protektionslosen, mit einer glänzenden Note zum Doktor beider Rechte; die Staats-Prüfungskommission zu Kassel, zusammengesetzt aus den Zierden deutscher Jurisprudenz und individueller Unantastbarkeit: Oberamtsgerichtspräsidenten Schellenberg. Obergerichtsdirektor Endemann und Oberamtsgerichtsrat Gleim, qualifiziert ihn auf Grund seiner schriftlichen wie mündlichen Leistungen zum Obergerichts-Referendar) in einer Eingabe vom 16. November 1860 auf Grund seiner Qualifikation zum Zulassung n den juristischen Vorbereitungsdienst gebeten. Es vergehen Tage, Wochen, Monate - keine Antwort. Dieser wird schließlich des Wartens müde und bittet in einer höchst bündigen, an das Justizministerium gerichteten Eingabe, datiert 26. März 1861, also nach 136 Tagen, um endliche Resolution. Jetzt erst wird ein allerhöchstes Reskript geboren und dem jüdischen Doktor durch das Justizamt Gelnhausen unterm 20. April 1861 eröffnet, 'dass seinem Gesuche um Zulassung in den Vorbereitungsdienst 'nicht allergnädigst' stattgegeben worden sei,' Hiermit schließt der erste Akt eines unserer zahlreichen Dramen, welches somit einen Zeitraum von einhundertvierundfünfzig Tagen umfasst. - Der zweite Akt beginnt mit einer Vergnügungsreise des 'Vielgeprüften' nach Kassel. Zwischen Akt 1 und 2 liegt die kurze Spanne von drei Tagen, denn - das Schicksal schreitet schnell und Privatangelegenheiten bedürfen bekanntlich, im Vergleich zu offiziellen, nur gleich viele Minuten. Der Tourist bewundert das rege Leben Kassel, die im Frühlingssturme bedeutsam rauschenden Wipfel auf Wilhelmshöhe       
Gelnhausen AZJ 22101861a.jpg (156796 Byte)  - dem ehemaligen Trarion des höchstseligen Königs Jerome von Westfalen - und richtet schließlich, dazu von berufener, also offiziöser Seite beraten, unterm 27. April dieses Jahres, eine zwar, in den herkömmlichen Formen sich bewegende, ihrem Inhalte nach jedoch nichts weniger als kriechende Eingabe an die landesfürstliche Gnade. Unter vielen andern erheblichen und der Veröffentlichung würdigen Punkten dieser Eingabe, ja ich darf sagen: dieses staatsrechtlichen Aktenstückes, will ich hier vorerst nur einen Passus einfließen lassen. '....Sache eines Charakterlosen kann es nur sein, mit erheuchelten Religionsansichten täuschen zu wollen; Sache eines redlichen Mannes hingehen, eher zu leiden und zu dulden, als seiner eigenen und der allgemeinen Achtung in einem nachteiligen Lichte zu erscheinen.' Solche Stilistik mag Ihnen die Überzeugung geben, dass der 'Bittsteller', seiner geistigen Selbstständigkeit selbst in dem entscheidenden Momente in vollstem Maße bewusst gewesen sei. Unterm 5. dieses Monats eröffnet das Justizamt Gelnhausen dem Dr. Kunreuther, 'dass auch sein jetziges Gesuch um Zulassung zu den Arbeiten des Justizamtes Gelnhausen allerhöchste Gewährung nicht gefunden habe.' Als Eingeweihter kann ich Ihnen verbürgen, dass Dr. Kunreuther die Episoden seiner religiös-politischen Kämpfe in Kurhessen, die bis auf das Jahr 1854 zurückführen, zunächst zu veröffentlichen beabsichtigt. Der Betreffende wird kein erlaubtes Mittel unversucht lassen, sein ihm vorenthaltenes Recht zu erringen. Er wird weder anonym auftreten, noch wird er sich begnügen, jene Persönlichkeiten, und wären es selbst 'Excellenzen', mit welchen er zu verhandeln veranlasst worden, nur andeutungsweise zu nennen. Er wird vielmehr mit offenem Visier ohne allen Rückhalt in die Schranken treten; nicht Eine Szene, nciht Ein Dialog wird unterdrückt werden. Frei wie der Mann wird auch seine Rede sein. Vorerst protestierend, wird er den Zeitpunkt zu erfassen wissen, autorisierte Organe für seine gerechte Sache zu interessieren."     

   
Dr. jur. Kunreuther aus Gelnhausen wird ihn Gotha als Rechtsanwalt zugelassen (1862)   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. November 1862: "Gotha, im Oktober (1862). Wie bereits in diesem Blatte angedeutet worden, hat die herzogliche sächsische Staatsregierung den aus seinem Vaterlande Kurhessen durch die ihm als Juden trotz glänzend bestandener Examina geschehene Verweigerung der Anstellung vertriebene Dr. jur. utr. Kunreuther zum Rechtsanwalt und Notar mit dem Wohnsitze Gotha ernannt und ist derselbe bereits in Geschäftstätigkeit getreten."      

 
Rettungsmedaille für Simon Reis (1894)   

Gelnhausen Israelit 12071894.jpg (68352 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Juli 1894: "Gelnhausen. Seine Majestät der König verlieh dem Simon Reis, Sohn des Handelsmannes Marcus Reis in Gelnhausen die Rettungsmedaille. Dieselbe wurde dem 16jährigen jungen Manne von dem Landrat Freiherren von Riedesel mit etwa folgenden Worten überreicht: Ich freue mich lebhaft, dass Sie als Sohn unserer Stadt eine derartige Auszeichnung erhalten und nicht minder wird sich die hiesige jüdische Gemeinde mit Ihrer Tat und deren Allerhöchsten Anerkennung freuen. Der junge Mann rettete einen Menschen vom Tode des Ertrinkens, indem er bei reißender Strömung in die hoch angeschwollene Kinzig sprang und mit unendlicher Mühe und Gefahr den Ertrinkenden rettete. Reis ist Jude, der Gerettete Christ."  

   
Verlobungsanzeige von Sidonie Frank und Max Wallach (1903)    

Gelnhausen FrfIsrFambl 30101903.jpg (20804 Byte)Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 30. Oktober 1903: "Sidonie Frank – Max Wallach. Verlobte. Oktober 1903. Gelnhausen – Quedlinburg"

    
Ein jüdisches Mädchen (Sophie Hecht) rettet einen christlichen Jungen vor dem Ertrinken (1908)        

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. Juni 1908: "Gelnhausen. Bravour eines jüdischen Mädchens. - Der kleine Junge des Wegewärters Müller fiel an der vorderen Burgbrücke in die angeschwollene und an dieser Stelle reißende Kinzig und wäre unrettbar verloren gewesen, wenn ihm nicht die zehnjährige Tochter Sophie des Handelsmannes Markus Hecht unverzüglich nachgesprungen wäre, die ihn packte und ans Ufer brachte."      

    
90. Geburtstag von Kreisvorstehers J. D. Goldschmidt (1908)  

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 10. Juli 1908: "Gelnhausen. Der Senior aller im Ehrendienste des jüdischen Gemeinwesens Tätigen dürfte der hiesige Kreisvorsteher J. D. Goldschmidt sein, der in einigen Monaten bereits sein 90. Lebensjahr vollendet und trotzdem seines Amtes als Kreisvorsteher noch mit Umsicht waltet."    
 
Gelnhausen Israelit 03121908.jpg (96186 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Dezember 1908: "Gelnhausen, 25. November (1908). Am 24. dieses Monats beging der noch als Kreisvorsteher fungierende Herr J.D. Goldschmidt die Feier seines 90. Geburtstages. Der alte, noch rüstige Herr erfreut sich in allen Kreisen großer Verehrung, die an diesem Tage sich besonders zeigte. Der Landrat des Kreises Gelnhausen, Herr von Gröning, überreichte persönlich im Namen Seiner Majestät den Kronenorden 4. Klasse. Herr Provinzial-Rabbiner Dr. Bamberger aus Hanau brachte die Glückwünsche des Vorsteheramtes und des Rabbinats und hob in einer herzlichen Ansprache die Verdienste des Gefeierten hervor. Der Magistrat unter Führung des Bürgermeisters Dr. Schmidt sowie das Stadtverordnetenkollegium, sogar das Presbyterium - durch Herrn Metropolitan Schäfer vertreten - boten ihre Glückwünsche dar. Die jüdische Gemeinde gratulierte unter Übergabe einer kunstvoll ausgearbeiteten Adresse. Die Chewra Bikur Cholim (Kranken-Besuchsverein), welcher der alte Herr 66 Jahre und die Chewra Kadischa Lekewarim (Friedhofsverein), welcher er 64 Jahre angehört, waren durch Deputationen vertreten und ehrten ihr pflichttreues Mitglied ebenfalls durch Darreichung von künstlerisch ausgeführter Adressen.  

 
Zum Tod des israelitischen Kreisvorstehers Jsrael David Goldschmidt (1911)   

Gelnhausen FrfIsrFambl 07041911.jpg (19839 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. April 1911: "Gelnhausen, 3. April (1911). Der älteste Einwohner unserer Stadt, israelitischer Kreisvorsteher J.D. Goldschmidt, bis heute im Alter von 93 Jahren verschieden."  
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. April 1911: "Am 3. dieses Monats starb in Gelnhausen, 93 Jahre alt, der Kreisvorsteher der israelitischen Gemeinden des Kreises Gelnhausen und Gemeindeälteste der israelitischen Gemeinde, Israel David Goldschmidt. Der Verstorbene war eine in den weitesten Kreisen bekannte und geachtete Persönlichkeit. Mit ihm ist der älteste Einwohner Gelnhausens gestorben."   

    
Zum Tod von Hermann Frank (1914)   

Gelnhausen Frf IsrFambl 24121914.JPG (248718 Byte) Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. Dezember 1914: "Gelnhausen. Einen herben Verlust haben wir erlitten! Der Beste aus unserer Mitte, Herr Hermann Frank, ist uns durch des Allmächtigen unerforschlichen Ratschluss entrissen worden. Im Alter von beinahe 73 Jahren ist er am vergangenen Schabbos einem Schlaganfall plötzlich erlegen und schmerzlos in den ‚Jaum schekulau schabbos unmuchoh’ eingegangen.
Wie sein ganzes Leben nur von ‚Mizwaus’ (Geboten) und ‚Maasim tauwim’ (guten Taten) ausgefüllt war, so war auch das Sterben dieses wahrhaftigen Zaddik (Gerechten) umringt von Mizwaus (gemeint: nachdem er die Pflichten dieses Tages vom Synagogenbesuch bis zum Anzünden der Chanukka-Lichter erfüllt hatte), im Strahlenglanz der Schabbos-Lampe und der Chanukka-Lichtlein, nachdem er vom Gottesdienst in der Synagoge kommend die Chanukkahymne gesungen, die ‚Malachei hascholaum’ in seinem trauten Heim willkommen geheißen, im Kiddusch in seiner ihm eigenartigen weihevollen Weise zur Heiligung des Sabbats ausgerufen, kehrte seine reine Seele in die Höhen des Lichtes zum Urquelle des Lebens zurück.
Neschomoh schenosato bi betouroh hi!’ (die Seele, die du gegeben hast, war in mir in der Tora’). – Mit diesen Worten darf er seine Seele mit Recht zurückerstatten. Lauter in seinem Charakter, redlich und ehrlich in Handel und Wandel, in Gottesfurcht allen Zeitgenossen mustergültig voranleuchtend, in jedem Menschen, ob reich oder arm, ob hoch oder niedrig das Ebenbild Gottes achtend und ehrend, bescheiden und zuvorkommen gegen Jedermann, war Hermann Frank von allen, die das Glück hatten, mit ihm in Verkehr zu kommen, geliebt und geachtet.
Mehr als ein Menschenalter war der Entschlummerte Parnes (Vorsteher) unserer Gemeinde, länger als ein Jahrzehnt Mitglied der obersten jüdischen Behörde unserer Provinz, des israelitischen Vorsteheramtes zu Hanau, seit etwa vier Jahren auch noch Vorsteher des ganzen Kreises. In allen diesen Ämtern war es seine vornehmste Aufgabe, für die Erhaltung der jüdischen Institutionen ‚Kedas’ und ‚Kedin’ (gemäß der Erkenntnis und gemäß des Gesetzes) zu wirken.
Doch nicht nur für seine eigene Gemeinde und deren Bezirk hatte er Interesse, er brachte es auch allen Vorkommnissen des ‚Kellal’ (Gesamtheit) entgegen und unterstützte die der Gesamtheit dienenden Vereinigung mit reichlich bemessenen Beträgen.
Mit welcher Hingabe er sich der Mizwoh von ‚Hachnosas aurchim’ (Gebot der Gastfreundschaft) hingab, lässt sich in wenigen Worten nicht schildern. Unserem Ahnherrn Abraham gleich bewirtete er selbst seine Gäste, das Beste, was Küche und Keller boten, trug er auf, um die Müden, Geplagten, von Ort zu Ort Wandernden zu laben. Wir werden sie jammern diese armen Menschenkinder, wenn sie von dem Heimgang ihres Wohltäters hören, dessen Wohl tun keine Grenzen kannte!
Mit seinem Heimgang ist der Familie der Glanz, unserer Gemeinde ihr Stolz, dem toratreuen Judentum einer seiner besten Söhne genommen. Von der allgemeinen Liebe und Verehrung legte die Bestattung beredtes Zeugnis ab. Aus allen Richtungen waren Verwandte, Freunde und Bekannte herbeigeeilt, um dem Heimgegangenen den Beweis der Liebe und Wertschätzung zu zollen. Auf unserem durch Geschichte und Alter besonders geheiligtem Friedhof entwarf in formvollendeter Rede Provinzialrabbiner Dr. Bamberger – Hanau ein Lebensbild des Entschlafenen. Im Namen der Familie rief der älteste der Schwiegersöhne, Julius Bickhardt – Frankfurt, dem Familienoberhaupt ein ‚Leich lescholaum’ (geh in den Frieden) nach. Nach der Beisetzung sprach Provinzialrabbiner Dr. Cahn – Fulda als Freund des Frankschen Hauses Worte des Gedenkens. Ihm folgte mit einem tief empfundenen Hesped (Trauerrede) Lehrer Strauß. Zum Schluss ergriff unser verehrter Provinzialrabbiner Dr. Bamberger nochmals das Wort, um dem Heimgegangenen den Chower-Titel (Titel eines besonders Gelehrten) zu verleihen."

  
Martha Strauß erhält die Rote Kreuz-Medaille (1918)  

Gelnhausen FrfIsrFambl 11101918.jpg (19413 Byte)Meldung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 11. Oktober 1918: "Gelnhausen. Martha Strauß, Tochter des Lehrers Strauß, seit Beginn des Krieges Hilfsschwester vom Roten Kreuz, erhielt die Rote Kreuz-Medaille 3. Klasse."

 
Zum Tod des Gemeindeältesten Jakob Moritz (1920)  

Gelnhausen Israelit 05081920.jpg (68459 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. August 1920: "Gelnhausen, 26. Juli (1920). Unsere Gemeinde traf durch das Hinscheiden ihres Synagogen-Ältesten, des Herrn Jakob Moritz, ein schwerer, kaum zu ersetzender Vertust. Am 1. Aw beim Morgengebet, die Tefillin an Haupt und Arm, schloss er die Augen zum ewigen Schlummer, zum unsäglichen Schmerze seiner engeren und weiteren Familie. Der Dahingeschiedene zeichnete sich durch strenge Pflichttreue und echte, tiefe Religiosität aus, er wirkte vorbildlich und aneifernd für die ganze Gemeinde. An seinem Sarge sprach im Trauerhause der älteste Sohn, Herr Ludwig Moritz aus Berlin, in schmerzerstickter Stimme Worte des Abschieds. Am Grabe sprach Herr Lehrer Weingarten und hob die schwere Trauer hervor, welche Familie, Gemeinde und Stadt betroffen." 


Zum Tod von Nanni Strauß geb. Heidelberger, Gattin des Lehrers Meier Strauß (1923)  

Gelnhausen Israelit 15031923.jpg (147135 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. März 1923: "Gelnhausen, 12. März (1923). Am Dienstag nach Purim geleiteten wir eine Frau, Nanni Strauß geb. Heidelberger, die Gattin unseres pensionierten allverehrten Lehrers Strauß zur letzten Ruhe. Frau Strauß, deren arbeitsreiches Leben im Alter von 62 Jahren ein Ziel gesetzt wurde, war vorbildlich als Gattin und als Mutter hilfreich und gut allen, die in ihren Kreis traten. Am Grabe schilderte Herr Lehrer Marx das Leben der Heimgegangenen, das von Wohltätigkeit erfüllt war, wie sie dem Gattin in allen Lagen des Lebens, besonders in seinen vielseitigen Anforderungen eine wahre ‚Hilfe als sein Gegenüber’ (sc. Formulierung aus der Schöpfungsgeschichte 1. Mose 1) in des Wortes schönster Bedeutung  gewesen und dadurch ihr Heim zum Mittelpunkte der ganzen Gemeinde gestaltete. Was die Verstorbene für den hiesigen israelitischen Frauenverein, dessen Vorsitzende sie viele Jahre gewesen und für die übrigen Wohlfahrtseinrichtungen unserer Kehillo (sc. Gemeinde) geleistet hat, wird stets in dankbarer Erinnerung bleiben. Im Namen des schmerzgebeugten Gatten, der Kinder und Geschwister, dankte in bewegten Worten der älteste Schwiegersohn, Herr Lehrer Stein – Bleicherode, der teuren Mutter für all die Liebe, mit der sie ihre Lieben betreute. Herr Lehrer Halberstadt, Büdingen, pries als Freund des Hauses die wackere Frau als Muster uneigennütziger Freundschaft. Das große Leichenbegängnis legte Zeugnis ab, welch große Verehrung die wackere Frau auch bei den Andersgläubigen genossen hatte.
Im Sinne so vieler jüngerer Lehrer, die während der Zeit ihrer Ausbildung zum Schochet (Schächter) im Hause der Verstorbenen ein gastliches Heim gefunden, sprach Waisenhausverwalter Marx, Frankfurt, während der Schiwa im Trauerhause geistvolle Worte ehrenden Gedenkens. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens".

    
Zum Tod von Moses Halle (1924)
  

Hardheim Israelit 25121924.jpg (131873 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Dezember 1924: "Gelnhausen, 11. Dezember (1924). Am Schabbatausgang des Schabbat Paraschat Toledot verschied nach mehrwöchentlicher Krankheit im Alter von 67 Jahren Moses Halle. Einer gut jüdischen Familie aus Hardheim (Baden) entsprossen, war derselbe allzeit bestrebt, die Traditionen des Elternhauses in seinem Kreise zu hüten und zu pflegen. Er gehörte zu den regelmäßigen Teilnehmern der Abendgebete und nur selten fehlte er beim Gottesdienste. Seine Wohltätigkeit war weit über das Weichbild unserer Gemeinde bekannt. Mit vollen Händen spendete er, wenn es galt, Not und Elend zu lindern. Als die Inflationszeit auch sein Vermögen um einen wesentlichen Teil verringerte, bedauerte er lebhaft, seiner Wohltätigkeit Schranken ziehen zu müssen. Das Leichenbegängnis dieses vollkommenen und aufrechten Mannes gestaltete sich zu einer erhebenden Trauerkundgebung. Am Eingang des Friedhofs widmete Herr Rechtsanwalt Dr. Koref, Hanau, namens des ‚Israelitischen Vorsteheramtes der Provinz Hanau’ dem Heimgegangenen einige Worte des Abschiedes, für die vierundzwanzigjährige treue Arbeit als Mitglied des Kollegiums dankend. Herr Lehrer Marx schilderte in seiner Rede das Leben und Wirken des Verstorbenen als Familienvater, als Mitglied unserer Gemeinde, als Förderer der die Allgemeinheit dienenden Institutionen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

  
Zum Tod von Fanny Frank geb. Stern (1925)  

Gelnhausen Israelit 12021925.jpg (129070 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Februar 1925: "Gelnhausen, 8. Februar (1925). Im Alter von 84 Jahren starb nach kurzem Krankenlager Frau Fanny Frank geb. Stern, die würdige Gattin unseres unvergesslichen langjährigen Vorstehers Hermann Frank - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -. Bis in die letzten Tage ihres Lebens erfreute sie sich einer seltenen körperlichen und geistigen Rüstigkeit und mit großem Interesse verfolgte sie alle Ereignisse in unserer Gemeinde. In einem unerschütterlichen Gottvertrauen fand sie Stab und Stütze in allen Lagen des Lebens, ganz besonders in den schicksalsschweren Stunden, die auch ihrem Leben nicht erspart blieben, dadurch Kindern, Kindeskindern, sowie ihrem großen Bekanntenkreis, das mustergültige Beispiel wahrhaft echter Gottesfurcht gebend. Die vorgeschriebenen täglichen Gebete, die nie versäumt wurden, die herrlichen Psalmen, welche ihr seelenerquickende Lektüre waren, bildeten die Quellen, aus denen sie die Kraft schöpfte, Freud und Leid in Dankbarkeit und Ergebenheit zu ihrem Schöpfer zu tragen. Es würde den Rahmen einer kurzen Berichterstattung überschreiten, wollte man ausführlich von ihrem Gemilus Chesed (Wohltätigkeit) den fast täglich bei ihr zu Gast weilenden Wanderarmen gegenüber sprechen, oder von ihrer peinlichen Gewissenhaftigkeit in allen Kaschrusangelegenheiten erzählen. Einem Wunsche der Verstorbenen entsprechend, durfte an ihrem Grabe kein Hesped (Trauerrede) gehalten werden. Der älteste der Schwiegersöhne, Herr Julius Bickhardt, Frankfurt am Main, dankte im Namen der Familie der Mutter und Großmutter für die Fülle der erwiesenen Liebe."

 
Zum Tod von Jacob S. Goldschmidt (1925)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juli 1925: "Gelnhausen, 6. Juli (1925). Schon wieder hat die hiesige Gemeinde den Tod eines ihrer besten Mitglieder zu beklagen. An den Folgen einer Operation verschied am 3. Tamus (= 25. Juni 1925) im Alter von 75 Jahren Herr Jacob S. Goldschmidt. Mit ihm ist eine Zierde unserer altehrwürdigen Gemeinde dahingegangen, ein Jehudi alten Schlages, dessen Bekenntnis Ausfluss innerster Überzeugung, echt und wahr gewesen. 13 Jahre lang hat der Heimgegangene als Gemeindevorsteher unserem Gemeindewesen vorgestanden. Seine dem Streite abholde, friedliebende Natur stempelte ihm zu einem Friedensfürsten, der mit allen ihm zu Gebote stehenden Kräften nach Versöhnung der Gegensätze strebte, wann und wo auch immer diese auftauchten. Bewundernswert war sein Gottvertrauen, das ihn in keiner Lage des Lebens verließ. Die Liebe und Verehrung zu diesem Manne kam bei seiner am Freitag vor Schabbat Chukkat uBalak vormittags erfolgten Bestattung zum Ausdruck. Herr Lehrer Marx entwarf ein getreues Lebensbild des Entschlafenen. Herr Synagogenältester Josef Lorsch dankte namens des Kollegiums dem Heimgegangenen für die langjährige treue Mitarbeit in schwerer Zeit unter häufig schwierigen Verhältnissen. Tief bewegt nahm als letzter Redner der Sohn, Herr Rechtsanwalt Dr. S. Goldschmidt Frankfurt am Main, Abschied von dem geliebten Vater, dankend für die aufopfernde Liebe, mit welcher derselbe die engere und weitere Familie stets beglückte. Wie als höchste Lobeskundgebung das heilige Schriftwort von unserem Stammvater Jakob erwähnte, er sei ein gerader und aufrichtiger Mann gewesen, so könne er diese Prädikate auch auf seinen Vater Jakob anwenden und sagen: er war ein einfacher, rechtlich denkender, rechtlich handelnder Mensch, dem selbst im Scherz das Wort der Lüge nie über die Lippen gekommen. - Als wir den frischen Grabeshügel verließen, erklangen in uns die Worte des heidnischen Sehers Bileam: 'Es sterbe meine Seele den Tod der Frommen und sei ein solcher mein Ende' (4. Mose 23,10 - aus der Parascha Balak)."   

  
Zum Tod von Hermann Schmidt und Leopold Herz (1925)
  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Oktober 1925: "Gelnhausen, 7. Oktober (1925). Am zweiten Tag des Neujahrsfestes (= 20. September 1925), kurz nach Beginn des Schacharit-Gebetes wurde unser allbeliebtes Mitglied Hermann Schmidt von einem Unwohlsein befallen, welches ihn zum Verlassen des Gotteshauses zwang, das wieder zu betreten ihm nicht vergönnt war. Nach kurzem Krankenlager, im Alter von 72 Jahren, stattete er seine reine Seele am Erew Schabbat Teschuba (Freitag, 25. September 1925) dem himmlischen Vater zurück. Vor etwa 12 Jahren nach dem Ableben seiner Gattin kam der Verstorbene aus Karlstadt bei Würzburg hierher, um im Kreise seiner Kinder und Geschwister seinen Lebensabend in Ruhe und Behaglichkeit zu verbringen. Der Weltkrieg brach aus und forderte von ihm seinen einzigen Sohn zum Opfer. Schwer traf ihn dieser Schlag; doch noch inniger als zuvor, schloss er sich seinem Gotte an. Morgens und abends konnte man ihn bei Tefilloh bezibur (öffentliches Gebet in der Synagoge) antreffen, mit jugendlicher Behändigkeit eilte er zur Erfüllung von Mizwaus (religiösen Vorschriften), wo sich ihm Gelegenheit bot; um Worte der Tora zu hören, versäumte er keinen Schiur (Lehrvortrag). Seinem Leben, glich sein Sterben. Bei vollem Bewusstsein sagte er wenige Minuten vor seinem Verscheiden mit laut vernehmbarer Stimme Widuj und... Am Tag vor Jom Kippur (Sonntag, 27. September 1925) trugen wir in in stummer Wehmut zur letzten Ruhestätte.  
Acht Tage später, am 2. Tag von Sukkot (= Sonntag, 4. Oktober 1925) betteten wir an seine Seite das älteste männliche Mitglied unserer Kehillo, Leopold Herz, Bergen, der einer alteingesessenen gutjüdischen hiesigen Familie entstammte. Plötzlich, ohne vorheriges Kranksein, ereilte ihn mitten in der Unterhaltung im Hause eines seiner Schwiegersöhne im Alter von 79 Jahren am Rüsttage des Laubhüttenfestes der Tod. In ihm verliert unsere Gemeinschaft ebenfalls einen Mann, der für die Erhaltung des Kultus in traditionellem Sinne nach bestem Können bestrebt war, der Pflege jüdischen Geistes Interesse entgegenbrachte und über den religiösen Abfall der Jugend häufig Worte der Klage und des Tages fand. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."         

    
50-jähriges Geschäftsjubiläum des Manufakturwarengeschäftes K. Moritz (1927)    

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 6. Mai 1927: Gelnhausen. Das Manufakturwarengeschäft des hochbetagten Kaufmanns K. Moritz konnte das fünfzigjährige Bestehen feiern."         
  
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 20. Mai 1927:  "Gelnhausen. Sein 50-jähriges Geschäftsjubiläum beging Kaufmann K. Moritz dahier."     

   
Beleidigungsklage gegen den Schächter Sigmund Marx und Metzgermeister Ludwig Reis vor den Gerichten (1927)        

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 4. Oktober 1927: 
"Die Legende vom Kalb in Gelnhausen vor dem Reichsgericht. 
Gelnhausen.
Wie seinerzeit berichtet, hatte der Tierarzt Dr. Lindemann in Gelnhausen eine Beleidigungsklage gegen  den israelitischen Schächter Sigmund Marx und den Metzgermeister Ludwig Reis angestrengt, weil diese eine Schilderung Lindemanns über den Verlauf einer Schächtung in Gelnhausen in einer öffentlichen Erklärung als eine bewusste Verleumdung bezeichnet hatten. Das Schöffengericht Hanau hatte die Beklagten freigesprochen, die Strafkammer sie zu je 150 Mark Geldstrafe verurteilt. Das Reichsgericht hat das Urteil der Strafkammer aufgehoben und an die frühere Instanz zurückverwiesen."        

   
75. Geburtstag von Kreisvorsteher K. Moritz (1928)       

Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 23. März 1928:  "Gelnhausen. (75. Geburtstag). Kreisvorsteher K. Moritz konnte vorletzten Sonntag in körperlicher und geistiger Frische unter Anteilnahme der ganzen Gemeinde seinen 75. Geburtstag feiern. Als ehemaliger Gemeindevorsteher und seit 13 Jahren als Kreisvorsteher der jüdischen Gemeinde des Kreises hat der Jubilar, der außerdem seit mehr als 50 Jahren Mitglied der Chewra Kadischa ist und dieserhalb kürzlich besonders geehrt wurde, den gemeinnützigen Institutionen mit großem Eifer und vorbildlicher Selbstlosigkeit gedient."       

 
Zum Tod von Frau Bankier Halle (1929)  

Gelnhausen Israelit 07031929.jpg (96931 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1929: "Gelnhausen, 3. März (1929). Im Alter von nur 62 Jahren verstarb Frau Bankier Halle von hier im Hause ihrer Tochter zu Köln, wo sie auf Besuch geweilt hatte. Am Mittwoch, den 20. Februar betteten wir sie hier, an der Seite ihres vor vier Jahren verstorbenen Gatten, zur letzten Ruhe. Sie war lange Jahre 2. Vorsitzende des Israelitischen Frauenvereins Gelnhausen und hat durch ihr vorbildliches, soziales und tief religiöses Wirken unendlich viel Gutes geschaffen. Gar manches Leid und manche Tränen hat sie gestillt. Ihr Haus stand in vorbildlicher Gastfreundschaft jedermann offen und ihr wahrhaft vornehmen Wesen brachte ihr die ungeteilte Verehrung der ganzen Gemeinde ein. An ihrem Grabe zeichnete Herr Lehrer Marx das Bild des Hauses Halle, das einstmals Zierde und Vorbilde der Gemeinde gewesen, weil es erfüllt war von Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit. Er (?) nahm in bewegten Worten Abschied von der Entschlafenen und dankte ihr namens des Israelitischen Frauenvereins und der ganzen Gemeinde für ihr segensreiches Wirken. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."   

    
Zum Tod von Johanna Moritz (1931)  

Gelnhausen Israelit 09071931.jpg (128189 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juli 1931: "Gelnhausen, 3. Juli (1931). Am 2. Tammus ist eine der besten jüdischen Frauen Gelnhausens in ein besseres Jenseits abberufen worden. Frau Johanna Moritz ist nach längerer schwerer Krankheit im 70. Jahre ihres nach der Tora und den Mizwaus (Geboten) gewidmeten Lebens ihrem vor 11 Jahren dahingegangenen Manne Jakob Moritz – er ruhe in Frieden – gefolgt. Einem echt jüdischen Hause Langenselbolds entstammend, gründete sie vor 50 Jahren mit ihrem Manne in Gelnhausen ihre Familie und betrachtete sie es als ihre vornehmste Pflicht, ihre Kinder zu echten Jehudim zu erziehen. Mit ihr ist uns eine jener gerechten Frauen genommen worden, wie sie besonders in den Kleingemeinden immer seltener werden. Tiefe Frömmigkeit, fest gegründet auf Vertrauen zu ihrem Schöpfer, zeichnete diese Frau aus. Noch in den letzten Wochen ihrer schweren Krankheit begab sie sich mit großer Mühe ins Gotteshaus, um dort noch einmal mit der ganzen Gemeinde zu ihrem Schöpfer beten zu können. Beispielgebend war ihr Verhalten Armen gegenüber, denn kein Armer durfte ohne eine Liebesgabe ihr offen stehendes Haus verlassen. Groß war das Gefolge, das ihr die letzte Ehre erwies. Herr Provinzialrabbiner Dr. Gradenwitz, Hanau, schilderte in ergreifender Weise das vorbildliche Leben der Verstorbenen; im Namen der Familie gab der älteste Sohn, Herr Ludwig Moritz, Berlin, dem heißen Dank und der tiefen Trauer in bewegten Worten Ausdruck. Möge ihr Verdienst ihren Kindern beistehen und ihnen Kraft geben, in ihrem Sinne weiter zu leben. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."  

 
Zum Tod von Jettchen Moritz geb. Glauberg (1934)  

Gelnhausen Israelit 12071934.jpg (119142 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Juli 1934: "Gelnhausen, 8. Juli (1934). Am 18. Tammus (1. Juli 1934) hauchte Frau Jettchen Moritz geb. Glauberg nach kurzer Krankheit im 69. Lebensjahre ihre Seele aus. Mit ihr ist eine jener frommen Frauen von uns gegangen, wie sie besonders in den Kleingemeinden immer seltener werden. Einem echt jüdischen Hause Langenselbolds entstammend, gründete sie vor über vier Jahrzehnten in Gelnhausen ihr eigenes Heim und gestaltet ihr Haus zu einem kleinen Heiligtum in des Wortes schönster Bedeutung. Ihre größte Freude war es, ihre Kinder, von welchen ein Sohn nach Erez Jisroel übergesiedelt ist, zu wahrhaft frommen Jehudim und tüchtigen Menschen heranwachsen zu sehen, wofür sie auch das schöne Verdienst genoss, dass diese, selbst schon Eltern, an ihr die Pflicht des 'ehre Vater und Mutter' in der edelsten Form bis in die letzten Stunde ihres gottgefälligen Lebens ausübten. Das Üben von Wohltätigkeit war ihr selbstverständliche Pflicht, die sie in reichem Maße zu erfüllen stets bestrebt war.
Groß war das Gefolge derer, die ihr die letzte Ehre erwiesen. Herr Religionslehrer Lang schilderte am Grabe in ergreifenden Worten das vorbildliche Leben der Verblichenen. Ferner widmete ihr Herr Lehrer Weingarten, Hanau, als Freund der Familie warme Dankes- und Abschiedsworte. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

   
Zum Tod von Karoline Stern geb. Schmitt (1934)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. August 1934: "Gelnhausen, 25. Juli (1934). Am 29. Tamus (= 12. Juli 1934) haben wir Frau Karoline Stern geb. Schmitt zu Grabe getragen. Durch das Hinscheiden einer seiner Gründerinnen erleidet unser Israelitischer Frauenverein einen großen Verlust. Vierzehn Jahre lang gehörte sie dem Vorstande des Vereins an. Wo es galt, Not zu lindern, Arme zu unterstützen, wo Waisen der Annehmer bedurften, wo es galt, Gemilus Chesed (Wohltätigkeit) an Toten zu üben, immer war sie im Verein mit den anderen Damen des Vorstandes zur Stelle. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Israelitischen Frauenvereins wurden ihr in einer wohlverdienten Ehrenurkunde der Dank und die Anerkennung des Vereins ausgesprochen. - Aber nicht nur dem Verein, sondern in erster Linie galt ihr Schaffen und Wirken ihrer Familie. Wenn ihr auch das Glück versagt blieb, eigene Kinder zum Guten zu erziehen, so hat sie dies durch Annahme verwandter Kinder, durch deren sorgfältige Pflege und Erziehung, aufs schönste und beste geübt. So hat sich die Heimgegangene durch ihr Streben und Wirken ein ehrenvolles und dauerndes Gedächtnis geschaffen. Nach 23 Jahren Witwentums ist sie ihrem Gatten in die Ewigkeit gefolgt. - Herr Religionslehrer Lang würdigte am Grabe in herzlichen Worten den vorbildlichen Lebenswandel der Verblichenen. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."  

    
Zum Tod von Sara Wolf geb. Strauß (1935)    

Gelnhausen Israelit 07031935.jpg (93103 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1935: "Gelnhausen, 5. März (1935). Am 19. Schebat (= 23. Januar 1935) haben wir Frau Sara Wolf geb. Strauß zu Grabe getragen. Mit ihrem Hinscheiden erleidet unser Israelitischer Frauenverein einen großen Verlust. Über zwei Jahrzehnte gehörte sie dem Vorstand des Israelitischen Frauenvereins an, in den letzten Jahren übte sie das Amt der Kassiererin in vorbildlicher Weise aus. Mit großer Vornehmheit verstand sie es, ihre Sorgebefohlenen zu behandeln und jeder, der sich an sie wandte, wusste, dass er es mit einer wahren Freundin zu tun hatte, der er ganz sein Herz ausschütten konnte. Wo immer eine Liebespflicht am Nächsten zu üben war, war sie stets zur Stelle und wirkte unermüdlich um Ausüben an Wohltaten an Lebenden und Toten. So hat die Heimgegangene in ihrem Wirken und Streben ein ehrenvolles, dauerndes Denkmal in unserer Gemeinde zurückgelassen. Bei der Beerdigung würdigte Herr Lehrer Lang ihre Verdienste, indem er in ergreifenden Worten ihr Lebensbild entwarf. Möge ihr Verdienst den trauernden Geschwistern beistehen. Ihre Seele sein eingebunden in den Bund des Lebens." 

     
     
Weitere Meldungen
Missstimmungen im christlich-jüdischen Miteinander anlässlich des "Sedanfestes" (1876)   

Gelnhausen Israelit 19091876.jpg (277949 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. September 1876: "Gelnhausen (Oberhessen), im September (1876). Man schreibt von hier: ‚Unser diesjähriges Sedanfest hat leider zu recht unangenehmen Misshelligkeiten Veranlassung gegeben. Es war hier der Gebrauch bei dem Feste, dass nach der Schulfeier früh morgens sich die Bevölkerung auf dem Obermarkt versammelte, um mit den Behörden an der Spitze und sämtlichen Vereinen mit ihren fliegenden Fahnen, unter dem Geläute der Glocken in feierlichem Zuge zum Festgottesdienst nach der Kirche zu ziehen. Drei hiesige Gesangvereine pflegten zusammenzutreten, um den Gottesdienst durch Festgesänge zur großen Befriedigung von jedermann umso feierlicher zu machen, und erst nach diesem Gottesdienst ging der Festzug zu den weiteren Feierlichkeiten nach dem Kriegerdenkmal! – Nun haben wir in unserer Stadt nur wenige Personen, welche die Befähigung haben, solche Gesangsproduktionen zu dirigieren. Es sind dies der katholische und der jüdische Lehrer und zwei von den zwölf protestantischen Lehrern. Letztere hatten sich nun im vorigen Jahre ablehnend zur Übernahme verhalten, dem katholischen Lehrer wurde diese von seinem Pastor nicht gestattet, und so war man sehr froh, als sich der jüdische Lehrer, Herr Gutkind, eine hier allgemein geachtete und beliebte Persönlichkeit, dazu finden ließ, den Vereinen aus der Verlegenheit zu helfen. Unter seiner Leitung ging auch Alles vortrefflich, dass die Befriedigung allgemein wurde, und man gern hörte, dass in diesem Jahre die Übungen schon seit Monaten stattfänden, um noch Besseres zu leisten. Da verbreitete sich mit einem mal das Gerücht, dass die Geistlichkeit Schwierigkeiten mache, und es entstand eine große Aufregung in der Stadt. Es stellte sich heraus, dass Herr Metropolitan Manz (evangelisch), während der Herr Bürgermeister krank war, dem Bürgermeisteramt auf seine Anfrage, welcher von den beiden Herren Geistlichen die Festpredigt halten würde, habe mitteilen lassen: er dulde den Gesang der Vereine nicht in der Kirche, denn er wolle keinen Juden unter dem Kreuz sehen, dies störe die Andacht. Die Entrüstung in der Bevölkerung war um so größer, als, mit Ausnahme eines kleinen Häufleins von Fanatikern, die übergroße Mehrzahl unserer Einwohner aus aufgeklärten Leuten besteht, und vielleicht nirgends so wie hier, die verschiedenen Konfessionen im größten Frieden miteinander leben. – Auf die Erklärung sämtlicher Vereine, dass sie sich unter diesen Umständen dem Gottesdienst, wie dem Festzug nach der Kirche entziehen müssten, trat das Festkomitee zusammen und fasste einstimmig den Beschluss, Herrn Bürgermeister Schöner zu ersuchen, persönlich dem Herrn Metropolitan vorzustellen, dass es sich hier um keinen konfessionellen Gottesdienst, sondern um ein ganz allgemeines nationales Dankfest handle für alle Deutschen, einerlei welcher Konfession sie angehören! So auch werde das Fest von oben herab aufgefasst und gewünscht! Die Mitglieder des Kriegervereins sagten mit Recht, vor den französischen Kanonen habe man auch nicht gefragt, wer Christ oder Jude sei, und sie müssten dagegen protestieren, dass ihre jüdischen Kameraden bei dem Erinnerungsfest in ihren Gefühlen verletzt würden! Auch wurde angeführt, die protestantische Geistlichkeit werde sich in der Toleranz nicht von den Juden beschämen lassen wollen! Hier handle es sich bloß darum, dass ein unbescholtener Mann jüdischen Glaubens den Takt still zu den Gesängen schlage. Der Herr Bürgermeister unterzog sich den Vorstellungen bereitwillig, allein ganz ohne Erfolg. So blieb dem Festkomitee nichts übrig, das das bereits publizierte Programm abzuändern. Der Festzug geht nicht nach der Kirche, wird erst nach dem Gottesdienst aufgestellt und die Festgesänge sollen am Kriegerdenkmal gehalten werden. Das Protokoll der Komiteesitzung, worin Alles enthalten ist, liegt zu jedermanns Einsicht auf dem Rathaus offen, und ist die Abschrift dem königlichen Landratsamt mitgeteilt worden. Recht schmerzlich ist es, in unserer aufgeklärten Zeit und bei Gelegenheit unseres großen deutschen Nationalfestes so Bedauerliches melden zu müssen. (Man sieht wieder einmal, dass in unserer Zeit die eigentliche Feinde der Kirchen deren eigenen Geistliche sind, die sich den edelsten Richtungen und Erfolgen der Neuzeit hartnäckig entgegenstellen. Redaktion)."

 
Tödliches Duell (1880)   

Gelnhausen AZJ 23111880.jpg (185864 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. November 1880: "Hanau, 9. November (1880). So hat denn diese fluchwürdige Judenhetze bereits ein Menschenleben gekostet! Vergangenen Sonntag fand in einem Walde bei Hanau ein Pistolenduell statt zwischen dem Referendar Hugo Goldschmidt von Gelnhausen und dem Leutnant Freiherrn von Kapphengst vom Infanterie-Regiment No. 32. Der erster, welcher nach bestandenem Offiziersexamen zu einer achtwöchentlichen Übung nach Hensfeld einberufen war, hatte den Offizier wegen einer, seine Israelitische Konfession betreffenden injuriösen Äußerung sofort nach seiner Entlassung aus dem Dienste gefordert. Von Kapphengst wurde gleich beim ersten Gange durch einen Schuss in die Brust schwer verwundet und wird an seinem Aufkommen gezweifelt. Wie weiter mitgeteilt wird, hatte das Ehrengericht die Berechtigung der Forderung anerkannt und bestimmt, dass das Duell stattzufinden habe. Das Nähere wird so berichtet: 
Ein Einjährig-Freiwilliger jüdischer Konfession, seinem bürgerlichen Berufe nach Jurist und war Referendarius, stand eben im Begriffe, das Offiziers-Examen zu machen, als er bei irgend einer dienstlichen Gelegenheit von seinem Hauptmann in einer Weise brüskiert wurde, die dem jungen Manne eine Remedur, nachdem der Dienst beendet war, notwendig erscheinen ließ. Der Hautmann hatte nämlich zum Feldwebel geäußert: 'Den Judenjungen machen wir nicht zum Offizier', und über diese Äußerung, die ihm mitgeteilt wurde, erbat sich der Freiwillige von seinem Hauptmann eine Erklärung, die dieser verweigerte. Das militärische Ehrengericht, an das sich der Beleidigte wandte, entschied dahin, dass der Hauptmann gehalten sei, dem Einjährig-Freiwilligen Genugtuung zu geben. Zu einer andern Zeit, als es sich um die Quartierverteilung der Einjährig-Freiwilligen bei dem Manöver handelte, hat der Premierleutnant von Kapphengst dem Feldwebel die Order erteilt: 'Die jungen Männer bringen Sie mir gut unter, was den Judenjungen betrifft, so möge er sehen, wo er bleibt'. Herr Goldschmidt hatte dabei gestanden und als Untergebener des Leutnants von Kapphengst die Äußerungen anhören müssen, ohne mit der Wimper zu zucken. Er hat sie angehört, - aber er hat sie nicht vergessen."


Zum Hanauer Eisenbahnunglück 1884, bei dem zwei jüdische Gemeindeglieder aus Gelnhausen starben (1884)  

Gelnhausen Israelit 20111884.jpg (123774 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. November 1884: "Gelnhausen, 16. November (1884). Die Kunde von dem entsetzlichen Hanauer Eisenbahnunglück ist in die weitesten Kreise gedrungen, und ihren Lesern wird auch die Tatsache bekannt sein, dass sich unter den vielen unglücklichen Opfern desselben auch vier brave Jehudim befinden. 
Auch unsere Gemeinde wurde leider sehr hart betroffen. Es verunglückten Herr Nathan J. Goldschmidt von hier und Frl. Regina Rosenthal aus Burg-Gelnhausen: Die Leichen wurden hierher überführt und heute Nachmittag unter ganz großartiger Beteiligung fast aller hiesiger Einwohner und der der benachbarten Plätze der Erde übergeben.
Es war ein erschütterndes, seit Menschengedenken hier nicht da gewesenes Ereignis, zwei Tote in einem Leichenbegängnisse der Erde überführen zu sehen; Der Heilige – er sei gepriesen – möge unsere Zukunft in Gnaden vor solchen Aufregungen bewahren.
Unter militärischen Ehrenbezeugungen seitens des hiesigen Kriegervereines wurde Herr Nathan J. Goldschmidt, der die beiden Feldzüge 1866 und 1870/71 unversehrt mitgemacht, zuerst in die Gruft gesenkt.
Beide waren rechtschaffene, brave, allgemein beliebte Charaktere, die die allseitig größte Sympathie mit ins Grab genommen haben.
Es wurde lebhaft bedauert, dass unser Provinzialrabbiner Herr Dr. Koref aus Hanau bei der Beerdigung nicht zugegen war, um der tiefen Trauer des nach Tausenden zählenden Menge beredten Ausdruck zu geben. Der Allmächtige möge den Hinterbliebenen den Trost senden, dessen sie so sehr bedürfen!"
 

 
Schwerer Auto-Unfall (1914)   

Gelnhausen Frf IsrFambl 09041914.JPG (69582 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 9. April 1914: "Gelnhausen. Sonntagnachmittag hat sich an der ‚Abtshecke’ auf der Straße von Langenselbold nach Rothenbergen ein schweres Unglück ereignet. Das mit fünf Personen besetzte, der hiesigen Firma Heilmann Söhne, Metzgerei und Viehhandlung, gehörige Auto nahm anscheinend eine Kurve zu kurz, wodurch es ins Schleudern kam und die Insassen herausgeworfen wurden. Hermann Heilmann erlitt eine schwere Schädelverletzung, während die übrigen Fahrtteilnehmer, darunter seine Frau und Kind, mit unbedeutenden Hautabschürfungen davon kamen. Ein Automobil des Kaiserlichen Automobilklubs war recht bald an der Unfallstelle. Die Insassen, mehrere Offiziere, leisteten die erste Hilfe. Der herbeigeholte Arzt aus Langenselbold konnte nur den inzwischen eingetretenen Tod feststellen." 

   
   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen  
Anzeige des Manufaktur- und Bankgeschäftes Albr. Lismann Sohn (1872)        

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. April 1872: "Commis-Gesuch. Ein gewandter junger Mann findet in meinem Manufaktur- und Bankgeschäft, das an Sonn- und Feiertagen geschlossen, sofort Engagement. Gefällige Offerten werden erbeten. 
Albr. Lismann Sohn
in Gelnhausen."   

 
Anzeige des Tuch-, Manufaktur- und Modewaren-, sowie Herren- und Damenkonfektionsgeschäft H. Moritz (1890)  

Gelnhausen Israelit 27111890.jpg (52738 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. November 1890: "Ich suche für mein Tuch-, Manufaktur- und Modewaren-, sowie Herren und Damenkonfektions-Geschäft nach Maß, welches samstags und an Feiertagen streng geschlossen ist, einen tüchtigen, zuverlässigen Detail-Reisenden für eingeführte Touren. Reflektanten bitte Photographie, Zeugnisse und Gehaltsansprüche bei freier Station einzusenden. 
H. Moritz, Gelnhausen."  

    
Anzeigen des Manufaktur- und Konfektionsgeschäftes J. Moritz (1897 / 1922)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1897: "Für mein Manufaktur- und Konfektions-Geschäft, welches Samstags und israelitische Feiertage streng geschlossen ist, suche ich zum sofortigen Eintritt einen Detailreisenden und einen angehenden Commis. Offerten mit Gehaltsansprüchen, Zeugnissen und Photographien erbeten. 
J. Moritz, Gelnhausen."   
  
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. April 1922: "Lehrling per sofort gesucht. Kost und Logis wird im Hause gewährt. 
J. Moritz, Manufakturwaren, Gelnhausen, Langgasse 4."     

 
Lehrlingssuche und Commissuche des Manufakturwarengeschäftes S. H. Scheuer (1900 / 1901)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Juli 1900
"In meinem Samstags und Feiertage geschlossenen Manufakturwarengeschäft suche ich zum baldigen Eintritt einen 
Lehrling
 
mit schöner Handschrift. 
S. H. Scheuer, Gelnhausen."     
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Oktober 1901
"Suche für mein Samstags und Feiertage geschlossenes Manufakturwaren-Geschäft einen jüngeren 
Commis
 
auf sofort. Freie Station im Hause. Offerten mit Gehaltsansprüchen an 
S. H. Scheuer,
 
Manufakturwaren - Detail, Gelnhausen."    

   
Neujahrsgrüße von Arthur Meyer und Frau sowie H. Frank und Familie (1903)
  

Anzeigen im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. September 1903: 
"Verwandten, Freunden und Bekannten wünschen 
Chesiwo wechesimo tauwo (= Einschreibung und gute Besiegelung). 
Arthur Meyer und Familie, 
Gelnhausen.
  
Freunden und Bekannten wünschen 
Chesiwo wechesimo tauwo. 
H. Frank und Familie, 
Gelnhausen
."   

   
Anzeige von Heinrich Casparius (1903)    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juli 1903: "Zum sofortigen Eintritt, suche eine tüchtige 
Verkäuferin
,
sowie eine angehende Verkäuferin aus der Kurz-, Weiß- und Wollwarenbranche. Offerten nebst Gehaltsanssprüchen, Zeugnissen und Photographie umgehend erbeten. Ferner findet ein Lehrling oder Lehrmädchen Aufnahme. Station im Hause. 
Heinrich Casparius
, Gelnhausen."            

 
Lehrlingssuche des Manufaktur- und Damenkonfektionsgeschäftes K. Moritz (1905)
   

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. Februar 1905: "Für mein Manufaktur- und Damenkonfektionsgeschäft, am Samstag und Feiertagen streng geschlossen, suche ich alsbald einen Lehrling mit guter Schulbildung. Kost und Logis im Hause unter günstigen Bedingungen. 
K. Moritz,
Gelnhausen."   

    
Lehrlingssuche des Kolonial- und Materialwaren-en gros-Geschäftes Arthur Meyer & Co. (1905)  

Gelnhausen FrfIsrFambl 03111905.jpg (50676 Byte)Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 3. November 1905: "Lehrling mit guter Schulbildung per sofort für unser Kolonial- und Materialwaren - en gros - Geschäft gesucht. Junge Leute, im Besitz des Zeugnisses für den einjährig-freiwilligen Dienst erhalten den Vorzug. Schabbos und Jontof (Feiertag) geschlossen. 
Arthur Meyer & Co., Gelnhausen."

  
Lehrmädchensuche des Kurzwarengeschäftes Max Stern (1905)   

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Dezember 1905: "Zum Eintritt nach Weihnachten suche ich für mein Kurzwaren-Geschäft, Samstags und Feiertage geschlossen, 2 Lehrmädchen 
mit guten Schulkenntnissen. Station im Hause. Selbstgeschriebene Offerten an  
Gelnhausen. Max Stern
."  

     
Anzeige der Firma Arthur Meyer & Co. für koschere Pflanzenmargarine (1907)      

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 5. Juli 1907:  "Koscher Planta Koscher
Beste gelbe, geschmeidige Pflanzenmargarine, zu Milch- und Fleischspeisen verwendbar, übertrifft an Fettgehalt und Haltbarkeit Butter und Gänseschmalz. Versand in Eimern von 10, 30 und 40 Pfd. à Pfund 65 Pfennig franko gegen Nachnahme. Jeder Eimer ist mir Koscher-Plombe versehen. 
Arthur Meyer & Co., Gelnhausen

Referenz: Seiner Ehrwürden Herr Provinzialrabbiner Dr. Bamberger in Hanau".         

  
Anzeige der Mehl- und Futterartikelhandlung en gros H. Frank (1907)    

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 5. Juli 1907:  
"Mehl und Futterartikel en gros
Militärfreier junger Mann für Kontor, Lager und Reise per 1. Juli dieses Jahres gesucht. Nur Branchekundige wollen sich melden. Solche, die gereist haben, bevorzugt. Samstags streng geschlossen. Offerten nebst Gehaltsansprüche an 
H. Frank, Gelnhausen."      

 
Verlobungs- oder Hochzeitsanzeige von Hedwig Halle und Moritz Isaac (1912)      

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 11. Oktober 1912: 
"Statt Karten!  
Hedwig Halle - Moritz Isaac.  
Gelnhausen - Köln".          

 
Verlobungsanzeige von Betti Ansbacher und Willi Lang sowie eine Geburtsanzeige (1931 / 1933)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1931:
"Gott sei gepriesen. 
Betti Ansbacher - Willi Lang. Verlobte. 
Nürnberg - Kartäusergasse 10 - Gelnhausen / Frankfurt am Main. 
Empfang: Schabbat Bereschit (= 10. Oktober 1931) in Nürnberg."  
    
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. März 1933: 
"Gott sei gepriesen. 
Die glückliche Geburt eines gesunden Jungen zeigen hocherfreut an 
Willy Lang und Frau Betty geb. Ansbacher. 
Gelnhausen, 2. Adar 5693 (= 28. Februar 1933)".  

  
Verlobungsanzeige von Thekla Lang und Heinrich Scheuer (1934)
  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. September 1934: 
"Gott sei gepriesen
Thekla Lang - Heinrich Scheuer. Verlobte.  
Frankfurt am Main - Grünestrasse 34  -  Gelnhausen - Schmidtgasse 17.   
Tischri 5695 - September 1934."   

    
Nach der Emigration: Hochzeitsanzeige von Walter Goldschmidt und Hilda geb. Weis (früher Gelnhausen) (1944)    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 11. Februar 1944:
 "Cpl. Walter Goldschmidt - Hilda Goldschmidt geb. Weis. Vermählte. 
Die Trauung findet statt in der Synagoge Congregat. Ahuvath Thora  2024 Amsterdam Av., zu. 160.-161. St. am Samstag, 12. Febr. 1944, 8.30 p.m.  
Kennedy General Hospital Memphis, Tenn., U.S. Army  (frueher Oberlistingen Bez. Kassel) -
 95 Thayer Street  New York City  (früher Gelnhausen)."   

     

  

      

    

    

    

     

     

 

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Stand: 02. Dezember 2014