Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


Eingangsseite

Aktuelle Informationen

Jahrestagungen von Alemannia Judaica

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft

Jüdische Friedhöfe 

(Frühere und bestehende) Synagogen

Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale in der Region

Bestehende jüdische Gemeinden in der Region

Jüdische Museen

FORSCHUNGS-
PROJEKTE

Literatur und Presseartikel

Adressliste

Digitale Postkarten

Links

 

  
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"  
zurück zur Übersicht "Synagogen in Hessen" 
Zur Übersicht "Synagogen im Main-Kinzig-Kreis"  
    

Hochstadt mit Bischofsheim und Dörnigheim (Stadt Maintal, Main-Kinzig-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
bulletLinks und Literatur   

        

Hinweis: Zur Erinnerungsarbeit vor Ort siehe die Aktivitäten des  "Brüder-Schönfeld-Forums e.V. Maintal" mit eigener Website  

  
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
          
    
In Hochstadt bestand - in Verbindung mit den in den Nachbarorten Bischofsheim und Dörnigheim lebenden jüdischen Personen - eine jüdische Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. In Hochstadt werden bereits Ende des 16. Jahrhunderts Juden genannt: 1585 gab es vier Familien am Ort, die "Statutengeld" an die Herrschaft zu bezahlen hatten. Auch 1614 waren vier jüdische Familien am Ort; zwischen 1615 und 1634 werden zwei Judenfamilien angegeben. In dieser Zeit lebten die Juden am Ort vor allem vom Geldverleih. In Bischofsheim gab es seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts jüdische Familien am Ort. 1673 gab es acht jüdische Familien in Hochstadt, 1674 fünf, 1697 nur noch eine, 1707 wieder zwei. 1707 wird eine jüdische Familie in Dörnigheim genannt. 1754 lebten in Hochstadt 10 jüdische Personen, 18 in Dörnigheim. 
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: in Hochstadt 1825 fünf jüdische Familien (des Abraham Stern, Baruch Goldschmidt, Samuel Stiebel, Jacob Siegel und Benjamin Appel), 1835 35 jüdische Einwohner, 1861 42, 1905 43. In Dörnigheim lebten 1835 28 jüdische Einwohner, 1861 63, 1905 14. In Bischofsheim waren es 1835 29, 1861 22, 1905 34. Die jüdischen Familienvorsteher waren vor allem als Viehhändler tätig. Einige handelte auch mit Stoffen ("Ellenwaren") und Altwaren. Ab 1868 wird als Metzger Nathan Stern in Hochstadt genannt. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts gab es auch einzelne jüdische Handwerker und Arbeiter. Nach 1887 gab es eine jüdische Gastwirtschaft (von Salomon Stern). In allen drei Orten gab es seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einige offene Handlungen und Läden im Besitz jüdischer Familien.   
   
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule (die Schule war im 1868 erbauten Gebäude Hauptstraße 43 vor der Synagoge) und ein rituelles Bad (neben der Synagoge). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe Ausschreibungen der Stelle unten). Im 19. Jahrhundert waren in der Gemeinde tätig: um 1837 Lehrer Gersfeld, seit 1841 Lehrer Joseph Preßburger, um 1852/58 war vermutlich Provinzial-Rabbiner T. Berliner Lehrer in Hochstadt, um 1858 Lehrer Salomon Neumark, von 1869 bis 1887 Lehrer Leon Krauß in der Gemeinde tätig (siehe unten verschiedene Anzeigen und Bericht zu seinem Tod 1889); sein Nachfolger war ein Lehrer Abraham Nußbaum, der um 1890 nach Wiesbaden wechselte (siehe Beitrag zur Einweihung einer neuen Torarolle unten);  zwischen etwa 1890 und 1895 war Simon Glauberg als Lehrer tätig (siehe Bericht unten). Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Hanau beigesetzt; im 17./18. Jahrhundert gab es jedoch auch einen Friedhof in Hochstadt südlich der Ringstraße im Bereich Brunnenstraße (alte Flurbezeichnung "Judenkirchhof"). Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Hanau.     
  
Um 1924, als noch 35 jüdische Gemeindeglieder in Hochstadt gezählt wurden (dazu 27 in Bischofsheim und 10 in Döringheim), war Gemeindevorsteher Salomon Goldschmidt. Als Lehrer, Vorbeter und Schochet war Sally Stern angestellt (vermutlich seit der Ausschreibung der Stelle 1921). Er unterrichtete an der Religionsschule der Gemeinde noch fünf Kinder. An jüdischen Vereinen gab es einen Israelitischen Wohltätigkeitsverein (gegründet 1889 durch Lehrer Nußbaum). 
 
Um 1933 lebten die jüdischen Familien in den folgenden Häusern: in Hochstadt in der Bogenstraße 1 (Familie Stern), Bogenstraße 6 (Familie Appel), Hauptstraße 26 (u.a. Familie Goldschmidt), Hauptstraße 41 (Familie Straus), Ritterstraße 9 (Familie Katz), Am Rathaus 3 (Familie Hartoch); in Dörnigheim in der Frankfurter Straße 9 (Familie Schönfeld), Frankfurter Straße 27 (Familien Schönfeld und Marx). Schwanengasse 4 (Familien Stern und Strauß), in Bischofsheim in der Niedergasse 1 (Familie Blumenthal), Niedergasse 22 (Familie Wolff), Obergasse 14 (Familie Stern), Schäfergasse 10 (Familie Leopold), Schäfergasse 13 (Familie Baier), Zwerchgasse 1 (Familie Hirsch). Detaillierte Angaben auf der Website von Peter Heckert siehe unter den Links.        

1933 lebten noch etwa 30 jüdische Personen in Hochstadt, dazu etwa 25 in Bischofsheim und etwa 10 in Döringheim. In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen (vor allem nach Frankfurt) beziehungsweise ausgewandert (aus Hochstadt Familie Goldschmidt teilweise in die USA und Argentinien, Familie Appel teilweise in die USA). Letzter jüdischer Gemeindevorsteher war der 1936 nach Frankfurt verzogene Salomon Goldschmidt (gest. 1938 in Frankfurt siehe Bericht unten). 1938 gab es noch drei jüdische Gewerbebetriebe: Nathan Appel (Althandel in der Bogenstraße 6), Sally Katz (Manufakturwarenhandel in der Nordstraße 7) und Lina Straus (Milchhandel in der Hauptstraße 41). Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört (s.u.). 1939 lebten noch fünf jüdische Personen in Hochstadt.  Dörnigheim war am 9. August 1940 nach dem "Hanauer Anzeiger" "endlich judenfrei, nachdem nunmehr auch der letzte hier ansässig gewesene Jude seinen Auszug gehalten (hat). Das in seinem Besitz befindliche Anwesen ist in das Eigentum der Gemeinde übergegangen". Von Hochstadt aus wurden die letzten hier noch lebenden fünf jüdischen Personen 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Eine Person kehrte nach 1945 wieder zurück.   
   
Von den in Hochstadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", abgeglichen mit der Liste auf der Website von Peter Hecker, siehe unter Links ): Bernhard Appel (1875), Gottfried Appel (1900), Hannchen Appel geb. Lind (1863), Melitta Appel (1898), Nathan Appel (1873), Alfred Hartoch (), Heinrich Hartoch (1910), Jeanette Hartoch geb. Appel (1871), Paula Hofmann (1898), Hildegard Hofmann (1922), Lina Kahn (1899), Sara Kahn geb. Katz (1896), Recha Katz (1886), Sally Katz (1887), Bertha Lilie (1872), Heinz Nebel (1938), Elsa Stern (1908), Gustav Stern (1905), Hedwig Stern (1910), Hilde Johanna Stern (1904), Lina Straus (1881).      
      
Aus Bischofsheim sind umgekommen:  Bertha Blumenthal geb. Goldschmidt (1878), Hugo Blumenthal (1907), Leopold Blumenthal (1878), Bertha (Babette) Häusler geb. Kaufmann (1872), Oskar Hirsch (1866), Pauline Kaufmann (1883), Siegfried Kaufmann (1881), Frieda (Fanny) Lion geb. Grünewald (1876), Clara Schloss geb. Stern (1882), Johanna Stern geb. Kaufmann (1876), Markus Stern (1874), Moritz Stern (1865), Hermann Wolff (1912), Ludwig Wolff (1915), Max Wolff (1910), Pauline Wolff geb. Korn (1912).  
Hinweis: es kommt immer wieder zu Verwechslungen mit Bischofsheim (Mainspitze); obige Liste wurde auf Grund von Hinweisen von Brigitte Begemann, Verein Brüder-Schönfeld-Forum Maintal vom 19.5.2017 letztmals ergänzt/korrigiert). 
   
Aus Dörnigheim sind umgekommen: Johanna Brouwer (1894), Isidor von Elkan (1885), Paula Hofmann geb. Schönfeld (1898), Ferdinand Kahn (1877), Elise Nussbaum geb. Kahn (1867), Gerhard Schönfeld (1931), Hermann Schönfeld (1900), Horst Schönfeld (1930), Isaak Schönfeld (1861), Lina Schönfeld (1891), Rosi Schönfeld geb. Schuster (1906), Klara Seewald geb. Steigerwald (1874), Adolf Abraham Steigerwald (1874), Helene Steigerwald (1873), Moritz Moses Steigerwald (1870), Bertha Stern geb. Kahn (1871), Jeanette Strauss (1874), Selma Strauß geb. Stern (1900).    
   
Zur Erinnerung an einen Teil der aus den Orten umgekommenen Personen wurden in den vergangenen Jahren "Stolpersteine" verlegt: in Hochstadt für vier Personen der Familie Katz (Ritterstraße 11), in Dörnigheim u.a. Angehörige der Familie Schönfeld (Frankfurter Straße 9), in Bischofsheim für Angehörige der Familie Blumenthal/Goldschmidt (Niedergasse 1).    
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1887 / 1894 / 1899 / 1900 (gemeinsam für Hochstadt - Bischofsheim - Dörnigheim)  

Hochstadt Israelit 08121887.jpg (91912 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Dezember 1887: "Bekanntmachung
Durch Pensionierung des Lehrers ist die israelitische Elementarlehrerstelle zu Hochstadt und den Filialgemeinden Bischofsheim und Döringheim, mit welcher der Vorsängerdienst in Hochstadt, wo der Wohnsitz des Lehrers ist, verbunden ist, vakant geworden und soll demnächst wieder besetzt werden. Das Gehalt pro anno beträgt nebst freier Wohnung und Feuerung 750 Mark. Bewerber haben ihre Gesuche unter Hinzufügung von Zeugnissen in Abschriften binnen 4 Wochen anher einzusenden. 
Hanau, 1. Dezember 1887. Das israelitische Vorsteheramt. Dr. Koref."    
 
Bischofsheim HU Israelit 02081894.jpg (73210 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. August 1894: "In der Synagogen-Gemeinde Hochstadt- Bischofsheim- Dörnigheim ist die Stelle eines Religionslehrers, Vorsängers und Schächters mit einem jährlichen Gehalte von 600 Mark, freier Wohnung und dem Einkommen aus dem Schächterdienste mit dem Wohnsitz in Hochstadt zu besetzen. Bewerber wollen ihre Meldungen unter Beifügung von Zeugnissen bis 29. August an die unterzeichnete Stelle richten. 
Hanau, 31. Juli 1894. 
Das Vorsteheramt der Israeliten. 
Dr. Koref.
"   
 
Hochstadt Israelit 23101899.jpg (71640 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Oktober 1899: "In der Synagogengemeinde Hochstadt - Bischofsheim - Döringheim ist die Stelle eines Religionslehrers, Vorsängers und Schächters, mit einem jährlichen Gehalte von 600 Mark, ca. 400 Mark Einkommen aus dem Schächterdienste, freie Wohnung und Heizung mit dem Wohnsitze in Hochstadt, zu besetzen. Bewerber wollen ihre Meldungen unter Beifügung von Zeugnisabschriften bis 10. November anher einsenden.  
Hanau, 13. Oktober, 
Das Vorsteheramt der Israeliten: 
Dr. Koref.
"   
Bischofsheim Main Israelit 09081900.jpg (62524 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. August 1900: "In den Synagogengemeinden Hochstadt- Bischofsheim- Dörnigheim ist am 1. Oktober dieses Jahres die Stelle eines Religionslehrers, Vorsängers und Schächters mit einem jährlichen Gehalt von 700 Mark, Mark 400 Einkommen aus dem Schächtdienste, freier Wohnung und Heizung mit dem Wohnsitze in Hochstadt zu besetzen. Bewerber wollen ihre Meldungen unter Beifügung von Zeugnisabschriften bis 21. August anher einsehenden. Verheiratete Bewerber werden bevorzugt. 
Hanau, 3. August (1900). 
Das Vorsteheramt der Israeliten: 
Hirsch
."   
 
Hochstadt Israelit 20061907.jpg (90556 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juni 1907: "Die Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle bei der Synagogengemeinde Hochstadt soll wieder besetzt werden. Das Einkommen besteht bei freier Wohnung aus dem Gehalt von Mark 700.- und dem Schächtereinkommen von Mark 500.- per Jahr. Bewerber wollen sich baldigst bei uns melden. 
Hanau, 18. Juni 1907. 
Das Vorsteheramt der Israeliten. 
Dr. Bamberger
."  
 
Hochstadt Israelit 24111921.jpg (81463 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. November 1921: "In der Synagogengemeinde Hochstadt (bei Hanau) - Dörnigheim - Bischofsheim ist die Stelle eines Religionslehrers 
und Schächters zum 1. Januar 1922 neu zu besetzen. Mit der Stelle ist ein festes Gehalt von Mark 5.500.-, freie Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, Küche und Zubehör und ein Nebeneinkommen, das auf mindestens Mark 12.000.- geschätzt wird, verbunden. Bewerber, welche der orthodoxen Richtung angehören, und im Schächten schon bewandert sind, wollen ihre Gesuche bis spätestens 10. Dezember 1921 bei dem Herrn Gemeindeältesten Salomon Goldschmidt in Hochstadt (Kreis Hanau) einreichen. 
Hanau, den 18. November 1921. Das Vorsteheramt der Israeliten."     

   
Zum Tod von Lehrer Leon Krauß (1889)  

Hochstadt Israelit 21031889.jpg (71950 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. März 1889: "Hochstadt bei Hanau. Wiederum ist die Zahl der 'wahren Israeliten' um einen verringert worden. Gott dem Allmächtigen hat es gefallen, unseren pensionierten Lehrer Herrn Leon Krauß am 5. März von seinem irdischen Wandel abzurufen. Er ging nach dem benachbarten Dörnigheim, um dort seines Amtes als Schochet zu walten. Bei seinem Eintritt in das Zimmer des Metzgers stieß ihm ein Herzschlag zu, an dessen Folgen er innerhalb 5 Minuten zur Leiche wurde.   
Wenn er auch kinderlos dahinschied, so sind doch sehr viele da, die ihn beweinen; nicht nur die hiesige Gemeinde, sondern auch noch viele umliegende Gemeinden, die seine milde Hand jetzt sehr vermissen."     

  
25jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Simon Glauberg (1915; von 1890-1895 Lehrer in Hochstadt) 

Eschwege Israelit 22041915.jpg (84650 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. April 1915: "Eschwege, 19. April (1915). Sein 25jähriges Amtsjubiläum feierte am 15. April Herr Lehrer Glauberg dahier. Am 15. April 1890 trat derselbe zu Hochstadt Kreis Hanau, in den Schuldienst ein, wurde dann am 1. August 1895 an die israelitische Schule zu Zwesten Kreis Fritzlar und am 1. Januar 1907 an die hiesige Schule versetzt. Dem Ernste der Zeit entsprechend fand nur eine kurze Schulfeier statt, bei welcher dem Jubilar sowohl von Schülern als auch Gemeindemitgliedern kostbare Geschenke überreicht wurden. Das Vorsteheramt der Israeliten zu Kassel ehrte den Jubilar durch ein anerkennendes Glückwunschschreiben, ebenso der hiesige Jugendverein, zu dessen Vorstand derselbe gehörte. Auch von ehemaligen Schülern und Schülerinnen, sowie Kollegen aus nah und fern trafen Gratulationen ein."   

 
 
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben 
Aufruf zur Hilfe für eine bedrängte Familie in Hochstadt (1877)   

Hochstadt Israelit 07021877.jpg (88498 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1877: "Bitte!   
Eine bedrängte israelitische Familie in hiesiger Gegend, welche aus Rücksicht auf Familie nicht öffentlich genannt sein möchte, lässt durch die Unterzeichneten seine Glaubensbrüder um gütige Unterstützung in ihrer großen Not inständig bitten. Derselben soll nämlich wegen 300 Mark Schulden das Obdach verkauft werden. Nachdem sie sich bisher redlich, obgleich schwer, durchgekämpft hat, sieht sie sich doch jetzt genötigt, um die Gefahr, ihre Wohnung zu verlieren, mildtätige Hilfe in Anspruch zu nehmen. 
Wer von unsern Glaubensgenossen dieser ebenso durchaus würdigen als bedürftigen Familie eine freundliche Unterstätzung will zukommen lassen, beliebe dieselbe an die Unterzeichneten oder Redaktion respektive Expedition der Blätter, in welchem öffentlich quittiert werden wird, zu senden. 
Hochstadt bei Hanau, 10. Januar 1877.  Krauß, Lehrer. J. Sichel."        

  
Aufruf zur Hilfe für eine jüdische Familie in Bischofsheim (1882)  

Bischofsheim HU AZJ 05071882.jpg (103696 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. Juli 1882: "Aufruf!  
Eine sehr brave Familie aus Bischofsheim, bestehend aus vier und alsbald aus fünf noch ganz unmündigen Kindern, ist ohne ihr Verschulden in Schulden geraten, dass derselben durch Drängen eines Pfandgläubigers das einzig besitzende Obdach alsbald zum Verkaufe gebracht werden soll. Es haften nämlich auf dem fraglich Obdach 1.600 Mark Hypothek. 1.200 Mark sind derselben zur Errichtung einer neuen Hypothek durch Verwendung guter Freunde wieder verwilligt. Nun fehlen aber zur Deckung des Pfandgläubigers noch 400 Mark. Es ergeht daher an alle gutherzigen und edlen Glaubensgenossen die ergebenste Bitte, die in Rede stehende arme Familie mit ihren unmündigen Kindern vor dem Verlieren ihres Obdaches zu bewahren und durch rechtzeitige zahlreiche milde Spenden zu unterstützen.  
Der liebe Gott wird alle Geber reichlich dafür segnen.   
Hochstadt bei Hanau, am 20. Juni 1882. 
Krauß, Lehrer.  Sichel, Gemeindeältester.  Kaufmann, Gemeindeältester.   
Die in vorstehendem Schreiben enthaltenen Angaben beruhen auf Wahrheit und wäre es wünschenswert, wenn geholfen würde.  
Bischofsheim, am 23. Junbi 1882.  (L.S.)  Der Bürgermeister N.M. Ebert.  
Der mitunterzeichnete Lehrer Krauß, sowie die Expeditition des 'Israelit' sind bereit, Spenden entgegenzunehmen und an die betreffende Familie abzuliefern."         

     
Aufruf zur Hilfe für eine jüdische Familie in Bischofsheim (1887)     

Bischofsheim HU Israelit 01091887.jpg (106267 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. September 1887: "Ein Familienvater unserer Filialgemeinde Bischofsheim ist durch Krankheiten seiner kürzlich verstorbenen Frau so weit zurückgekommen, dass ihm sein Obdach nebst einigen Ländereien wegen Nichtzahlung seiner Kapitalzinsen zum Verkaufe gebracht werden soll. Ich bitte deshalb unsere Glaubensgenossen um Hilfeleistung, damit der Familie das Obdach erhaltne werde. Möge sich keiner entziehen, sein Scherflein zu dieser Unterstützung beizutragen. Jede, selbst die kleinste Gabe ist willkommen. - Ich hoffe, dass diese Bitte bei unseren Glaubensgenossen in ihren mitleidsvollen Herzen Eingang finden wird und sich wie immer so auch jetzt als wahre barmherzige und Gefallen tuende Menschen bewähren.  
Hochstadt bei Hanau, 24. August 1887.  
Krauß
, Lehrer. 
Spenden nehmen entgegen die Expedition dieses Blattes, wie auch der Unterzeichnete."       

        
Vortrag des Judenhetzers Dr. Otto Böckel in Hochstadt (1891)  

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Januar 1891: "In Hochstadt bei Hanau fand am 8. Januar eine Böckel-Versammlung statt. Wie berichtet wird, beleuchteten die Antisemiten ihrem Häuptling nach dessen Vortrag mit Fackeln den Heimweg, nachdem ihm in der Versammlung selbst von den Frankfurter Demokraten bereits gründlich heimgeleuchtet worden war."      
 
Hochstadt Israelit 22011891.jpg (136269 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Januar 1891: "Hochstadt bei Hanau, 8. Januar (1891). Heute hatte unser Ort die Ehre und das Vergnügen, den Generalfeldmarschall der deutschen Judenhetze, Dr. O. Böckel, als Gast zu beherbergen. Zweck der Anwesenheit des illustren Mannes war natürlich das Hineintragen konfessionellen Unfriedens in unsere bis dahin des Friedens sich erfreuende Gegend. Wie wir hören, was der 'Mitteldeutsche Bauernverein' der Veranstalter der 'Feier'. Man hatte nicht bloß hier, sondern auch in der Umgegend vorher eifrig für den großen Abend geworben und so war denn der Weber'sche Saal, in dem die Sache vor sich gehen sollte, bereits lange vor der für den beginn der Versammlung festgesetzten Zeit, 7 Uhr Abends, bis auf den letzten Platz gefüllt. Allerdings, wie sich später zeugen sollte, keineswegs nur von Freunden der 'heiligen Sache' Böckel's. Polizei war natürlich ebenfalls in höchst beruhigender Stärke vertreten. Ein in unserer Gegend gänzlich unbekannter, den gebildet gekleideten Ständen angehöriger, jugendlicher Herr führte den Vorsitz. In etwa einstündiger Rede entwickelte Herr Böckel sein 'Programm', auf dessen Einzelheiten wir nicht einzugehen brauchen, denn die Hauptsache ist ja doch die Judenhetze. Herr Böckel verwahrte sich allerdings feierlichst dagegen, eine solche Hetze treiben zu wollen; was es aber mit dieser Verwahrung auf sich hat, geht zur Genüge daraus hervor, dass der Ausdruck 'Schmuser' in der Böckel'schen Rede etwa ein Dutzend Mal vorkam und der Herr unter anderem vorschlug, auf das Frankfurter Börsengebäude eine große krumme Nase als oberste Zier zu setzen. Schließlich forderte Böckel auf, einen Bauernverein zu gründen, beziehungsweise dem Mitteldeutschen Bauernverein anzuschließen. Der Beifall, den die Rede Böckel's fand, war keineswegs ein sehr lebhafter, und während der Rede hatte es nicht an kräftigen       
Hochstadt Israelit 22011891a.jpg (272954 Byte)Missfallensbezeugungen gefehlt, was dem Vorsitzenden wiederholt Gelegenheit gab, seine Unfähigkeit für die Führung des Vorsitzes eklatant darzutun. Unter mehr oder minder lärmendem Verhalten der Versammlung trat dann zunächst Herr Gastwirt Gert Fechenheim in kurzen Worten Herrn Böckel entgegen, indem er darauf hinwies, dass in hiesiger Gegend zwischen Christen und Juden immer ein gutes Verhältnis geherrscht habe und hoffentlich auch ferner herrschen werde. Nach einer Entgegnung Böckels erwiderte diesem darauf Herr Emmel - Frankfurt vom sozialdemokratischen Standpunkt aus, öfters in wenig parlamentarischer Weise von Böckel selbst und außerdem von einem Polizeiwachtmeister unterbrochen, der die Versammlung mit der Versicherung beruhigen zu müssen glaubte, dass Herr Böckel sich auf die Angriffe schon revanchieren werde. Diese Einmischung des Polizeibeamten wurde von dem sozialdemokratischen Redner gebührend kräftig zurückgewiesen, ebenso eine stark an Agents provocateurs erinnernde Anfrage Böckels an den Redner beziehungsweise die Auslegung der Antwort desselben. Nach der Erwiderung Böckels auf diese Ausführungen erhielt das Wort Redakteur Schreiber - Frankfurt, der sich schon unmittelbar nach Böckels erster Rede zum Wort gemeldet, es aber nicht erhalten hatte. Er gab zunächst seiner Verwunderung über die große Zahl von Widersprüchen und die kaum glaubliche volkswirtschaftliche Unwissenheit Ausdruck, die in Böckels Rede zu Tage getreten seien, und ging dann in längerer Ausführung auf die Widerlegung der einzelnen Punkte derselben ein, wobei die Versammlung mit lautloser Aufmerksamkeit folgte. Nur Herr Dr. Böckel machte mehrere Male erregte Zwischenrufe, erhielt aber in jedem Falle vom Redner die entsprechende, sehr deutliche Antwort. Mit ganz besonderem Nachdruck betonte Schreiber die Unehrlichkeit der Kampfesweise Böckels, der immer versichere, keine Judenhetze zu treiben und sich dabei in solch unerhörten Ausfällen, wie heute Abend, gegen die Juden ergehe. Ein überaus stürmischer Beifall eines großen Teiles der Versammlung folgte den Schlussworten Schreibers, etwa lautend: 'Unserer Zeit, insbesondere dem deutschen Volke, sind gewaltige Aufgaben gestellt, lassen Sie also Ihre Kraft nicht für eine so klägliche Bewegung wie die Böckel'sche Hetze missbrauchen. Unsere Juden sind gewiss ebenso gute Deutsch, wie etwa der Herr Dr. Böckel. Wir alle sind Söhne Eines Vaterlandes, das wir innig lieben. Meinungsverschiedenheit muss es geben, aber die Duldung und Toleranz gegen fremde Meinungen ist der beste Gradmesser des Kultur- und Bildungsstandes eines Volkes. Würde das deutsche Volk sich in weiterem Umfange der Böckel'schen Hetze anschließe, so verdiente es nichts Besseres, als von einem Dr. Böckel geführt zu werden.' Böckel war in seiner Erwiderung recht kleinlaut; sie beschäftigte sich hauptsächlich mit den 'eleganten Herren' der 'Frankfurter Zeitung' und einem Feuilleton Karl Vogts, welches letzte vor Jahren gebracht hat. Nach Böckels Replik schloss der Vorsitzende sofort die Versammlung, es wurde nicht einmal die übliche Aufforderung zur Vereinsgründung oder dergleichen erlassen. Die Herren wollten offenbar keine Gegner mehr zum Wort kommen lassen. Herr Böckel ließ sich von Hochstadt bis an die Station von einer Schar halbwüchsiger Burschen begleiten, welche brennende Fackeln trugen, ein billiger Schwer, der auch von den 'Judenfreunden' angesichts der nächtlichen Zeit und des schneebedeckten Wegs dankbar empfunden wurde und insofern als ein Akt ausgleichender Gerechtigkeit angesehen werden kann, als in der Versammlung selbst seitens der Gegner mit Herrn Dr. Böckel keineswegs 'gefackelt' worden war."          

  
Der Dörnigheimer Pfarrer lehnt die schriftliche Nennung jüdischer Kriegsteilnehmer in der Kirche ab (1896)    

Doernigheim AZJ 13111896.jpg (57052 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. November 1896: "Auf Veranlassung des Bürgermeisters von Dörnigheim, Lapp, sollte in der Kirche seines Ortes eine Tafel aufgehängt werden, welche die Namen Derer verzeichnete, die um letzten französischen Kriege teilgenommen hatten. Unter den sich anmeldenden Kriegern befanden sich auch die Herren Wolf Steigerwald und Löser Steigerwald, beide jetzt in Frankfurt wohnhaft. Der Geistliche verbot aber die Anbringung der beiden israelitischen Namen. Die Herren beruhigten sich nicht bei diesem Bescheide. Nun ging dem Dörnigheimer Pfarrer seitens des Landratsamtes in Hanau die Aufforderung zu, beide Herren zu benachrichtigen, dass die Gedenktafel mit ihren Namen in der Kirche aufgestellt wird, was auch bereits geschehen ist."     

  
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 

Süßmann Sichel rettet zwei Menschen das Leben (1882)  

Hochstadt Israelit 13121882.jpg (109771 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Dezember 1882: "Hochstadt, den 28. Februar (1882). Bei der heutigen Wassernot gelang es unserem Glaubensgenossen, Herrn Süßmann Sichel, mit eigener Lebensgefahr zwei Menschenleben zu retten. Ein Geometer von Frankfurt und sein Gehilfe stürzten von dem improvisierten Floße, das mit sechs Passagieren beschwert war, ins Wasser und ragte nur noch ihr Kopf aus dem reisenden Strome heraus, sie wären rettungslos verloren gewesen, wenn nicht der Handelsmann Süßmann Sichel von den Brettern in die Fluten gesprungen wäre und so mit Hilfe der anderen die beiden Unglücklichen wieder auf das Floß gebracht hätte. Letzteres wurde aber weiter getrieben und der Lebensretter Sichel schwebte nun selbst in der größten Gefahr. Er arbeitete sich mit übermenschlicher Anstrengung nach einem Apfelbaume und suchte sich durch Erklettern desselben Heil. Nachdem er sich neue Kräfte gesammelt hatte und ihm von den massenhaft am Ufer stehenden Personen keine Hilfe zuteil werden konnte, machte er mit Anstrengung seiner letzten Kräfte den gefährlichen Weg nach der Eisenbahnstation, bis an die Brust in dem tobenden Wasser, erreichte er das Land und Dank dem freundlichen Entgegenkommen des Stationsverwalters Hanstein, der ihn vollständig umkleidete und erwärmte, wird dem edlen Manne hoffentlich kein weiterer Nachteil, als der Verlust seiner Brieftasche mit Geld und seiner Kappe erwachsen. Der gerettete Geometer und sein Gehilfe wurden bei Gastwirt Weber vollständig umgekleidet. Vorerwähnter Vorfall erregte allgemeine Angst und Teilnahme."       

   
Zum Tod von Witwe Jette Sichel geb. Schuster (1907)  

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4. Januar 1907: "Hochstadt bei Hanau. Am 10. Teweth wurde hier eine in unserer Gegend sehr bekannte Frau begraben: Frau Jette Sichel geb. Schuster. Frau Sichel gehörte zu jenen echt jüdischen Frauen, die, besonders auf dem Lande, immer seltener werden. Ihr Haus wurde und war erfüllt vom Geiste des 'Hachnosath Orchim' (Gastfreundschaft) und 'Gmilluth Chesed' (Wohltätigkeit), und die Liebe, die sie ausstreute, hat sie auch schon zu ihren Lebzeiten in reichem Maße geerntet. Nicht nur von ihrer Familie, sondern von jedermann, Juden und Nichtjuden, wurde sie geachtet und verehrt. Das zeigte sich auch bei ihrem Leichenbegängnis. Ein großer Zug, Juden und Nichtjuden, wie man ihn selten in einem kleinen Dorfe sieht, folgte der Bahre, um der Verklärten die letzte Ehre zu erweisen. Am Grabe in Hanau sprach Herr Provinzialrabbiner Dr. Bamberger bewegte Worte des Trostes".    
 
Hochstadt Israelit 17011907.jpg (121519 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Januar 1907: "Hochstadt (Kreis Hanau), 10. Januar (1907). Einen herben Verlust hat die hiesige Gemeinde erlitten. Frau Witwe Jette Sichel, die ein ganzes Menschenleben hindurch allen jüdischen Frauen der hiesigen Gemeinde und darüber hinaus das Leben einer wackeren Frau in musterhafter Weise vorlebte, haucht am 9. Tebeth nach kurzer Krankheit im 45. Lebensjahre ihre reine Seele aus. Diese Edle, eine jener hehren auf dem Lande immer seltener werdenden,  für Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit begeisterten Frauengestalten verdient es, in diesen Blättern gewürdigt zu werden. Dreißig Jahre lang war die Heimgegangene ihrem Gatten, der das Amt eines Vorstehers der hiesigen Gemeinde verwaltete, Gefährtin im Sinne unserer heiligen Tora und hat, da sie auch nach dem Tode des Gatten den würdigen Söhnen, die treue Beraterin geblieben war, durch ihre seltene Gemütstiefe und außergewöhnliche Herzensgüte viel zum Frieden und der Wohlfahrt unserer Gemeinde beigetragen. Durch ihre ungewöhnlich große Gastfreundschaft gegen Reiche und Arme in der ganzen Gegend berühmt, betätigte sie den Ausspruch der Mischnah:  'es soll sein dein Haus weit geöffnet und es sollen sein die Armen die Kinder deines Hauses'. 
Sie linderte Not, rechnete nicht, wenn es der Wohltätigkeit galt und gab über ihre Verhältnisse hinaus. Ein überaus großes Leichenbegängnis, an dem sich auch sehr viele christliche Einwohner beteiligten, legte Zeugnis von der Beliebtheit der Verschiedenen ab. Am Grabe entwickelte unser hochverehrter Herr Provinzialrabbiner Dr. Bamberger, Hanau, in einem ergreifenden Hesped (Trauerrede) ein Lebensbild der Entschlafenen."     

     
Zum Tod von Lehrer Baruch Strauß (geb. in Hochstadt 1844, gest. 1931 in Mannheim)    
Anmerkung: die Datierungen enthalten einen Fehler: statt 14. und 15. Nissan muss es 14. und 15. Kislew heißen.
Als Herkunftsort ist "Hochstadt am Main" genannt, womit nicht Hochstadt am Main bei Lichtenfels gemeint sein kann, da dort Mitte des 19. Jahrhunderts keine jüdischen Personen lebten. Nach https://www.geni.com/people/Baruch-Strauss/6000000014622872505 stammte Baruch Strauß aus Höchstadt, was auch nicht sein kann, da dort Mitte des 19. Jahrhunderts nach vorliegenden Informationen auch keine jüdischen Familien lebten und Höchstadt an der Aisch und nicht am Main liegt.     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Dezember 1931: "Mannheim, 7. Dezember (1931). Am Heiligen Schabbat Paraschat Wajeze (= 21. November 1931) sagten die Klausbesucher zueinander: Es ist doch eine besondere Gnade von Gott, wenn ein 88-jähriger, wie Herr Baruch Strauß, mit solcher Kraft, mit solcher Wärme, die Haftara (Lesung des Prophetentextes) sagen kann. Sie rühmten die Energie des jugendlichen Greises, der im Winter wie im Sommer morgens und abends, den Weg zum Gotteshaus fand... Bis zwei Tage nach dem Schabbat (23. November 1931) die Kräfte versagten. Noch einmal konnte er am 14. Nissan (gemeint 14. Kislew = 24. November 1931) zu Mincha gehen, aber schon am 15. Nissan (gemeint 15. Kislew = 25. November) war es nur mehr ein Flüstern, als er die letzte Mincha-Tefilloh verrichtete... Am Erew Schabbat (27. November 1931) geleiteten ihn viele, viele Menschen auf den Friedhof in Frankfurt, an der Seite der Gattin, die ihm nach 53-jähriger Ehe vor einigen Jahren im Tode vorausgegangen war, zu Grabe, wo Herr Rabbiner Dr. Hoffmann das Bild des Greises an den Trauernden vorüberziehen ließ und den Dank sagte an den echten Jehudi alten Schlages, dem wo er immer wirkte, Ehrerbietung zuteil ward bei den Menschen. Fast nur aus sich selbst heraus hatte Baruch Strauß sich jüdisches Wissen angeeignet und es weitergegeben, als er, der aus Hochstadt am Main stammte, in Sprendlingen, in Darmstadt und, von 1867 an, in Gensingen bei Bingen als Lehrer tätig war. Im Jahre 1900 musste er die Auflösung der kleinen Gemeinde erleben; er verlegte seinen Wohnsitz nach Frankfurt, wo er als Haschkomo-Chasen an der Börneschul bald bekannt, beliebt und geehrt wurde, geehrt besonders, als ihm Rabbiner Nobel seligen Andenkens 1918 zum 75. Geburtstage den Chawer-Titel (Ehrenrabbiner) verlieh. Als die Gattin, die mit ihm in vorbildlichster Weise die Kinder zu echten jüdischen Menschen erzogen hatte, ihm entrissen wurde, bereiteten ihm die Kinder in Liebe und Verehrung ein neues Heim, und als er vor wenigen Jahren im Hause des Sohnes und der Schwiegertochter in Mannheim das Heim des Lebensabends fand, da fand er zugleich auch die Klausgemeinde als neue Heimat, und hier wurde er nochmals dem Alter und der Jugend Vorbild des Jehudi, dem keine Stunde zu früh und zu spät, kein Wetter zu stürmisch war, wenn es galt, eine Mizwa (religiöse Weisung) zu erfüllen. Und so war es auch ein Ausdruck größter Verehrung, wenn Herr Rabbiner Dr. Unna im Namen der Mannheimer Freunde Baruch Strauß das Geleite gab zum Grab und ihm dort herzliche Worte des Gedenkens widmete, Worte, wie sie auch während der Trauerwoche im Trauer-Hause von einem der Söhne in kindlicher Liebe, von Freunden des Heimgegangenen in bewegtem Erinnern gesprochen wurden."        

  
83. Geburtstag von Jettchen Goldschmidt geb. Strauß (1929)  

Hochstadt Israelit 11041929.jpg (14198 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. April 1929: "Hochstadt, 4. April (1929). Frau J. Goldschmidt Witwe, Hochstadt (Kreis Hanau), feierte am 4. April in voller Rüstigkeit ihren 83. Geburtstag."         

   
85. Geburtstag von Jettchen Goldschmidt geb. Strauß (1931)  

Hochstadt Israelit 01041931.jpg (19501 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. April 1931: "Hochstadt (Kreis Hanau), 29. März (1931). Ihren 75. Geburtstag begeht am 4. April in völliger geistiger und körperlicher Frische Frau Jettchen Goldschmidt geb. Strauß dahier."      

  
Zum Tod von Salomon Goldschmidt (1938)  

Hochstadt Israelit 17021938.jpg (97488 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Februar 1938: "Salomon Goldschmidt - seligen Andenkens
Nach kurzem schweren Leiden verschied das frühere Vorstandsmitglied der Gemeinde Hochstadt Kreis Hanau, Salomon Goldschmidt. Her Heimgegangene, der vor zwei Jahren nach Frankfurt übersiedelte, war ein von tiefer Frömmigkeit erfüllter Jehudi, der an vielen Schiurim mit Hingabe teilnahm und kaum einen Vortrag versäumte. Jahrzehntelang war Goldschmidt den umliegenden Landgemeinden seines früheren Wohnsitzes ein beratender, helfender und schützender Freund besonders in jüdischen Angelegenheiten. Dies brachte in einem ergreifenden Hesped (Trauerrede) in der Synagoge des Gumpertz'schen Siechenhauses - deren treuer Besucher der Verklärte war - Herr Provinzialrabbiner Dr. Gradenwitz zum Ausdruck, der ihn als rechtschaffenen Mann und aufrechten Juden bezeichnete, der stets in stilles Wohltätigkeit Erfüllung das Erhabenste und Beste erstrebte. Die Herren Rabbiner Wolpert, Rabbiner Korn und Hermann Seckbach schilderten ihn dann noch insbesondere in seiner Verbundenheit mit 'seiner' Kehilloh Gumpertz und fanden hierbei innige Worte der Trauer. Möge sein Verdienst seiner gleichgesinnten Familie beistehen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."      

  
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen 
Verlobungsanzeige von Hedwig Stern und Arthur Wertheimer (1922) 

Hochstadt Israelit 07091922.jpg (24597 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. September 1922: "Hedwig Stern - Arthur Wertheimer
Verlobte. Hochstadt Kreis Hanau - Höchst im Odenwald. 8. September 1922."

        
        
  
      
Zur Geschichte der Synagoge       
    
Zunächst war ein Betraum in einem der jüdischen Häuser vorhanden (1773 und 1792 als "Judenschule" genannt). 
  
Um 1850
wurde eine Synagoge erbaut. Sie hatte 55 Plätze für Männer und 53 für Frauen. Es handelte sich bei der Synagoge um einen einfachen, zweistockigen Steinbau mit einem Satteldach aus Fachwerk, dessen First in gleicher Richtung wie die Ringmauer verlief.  
  
1873 wollten die 13 in Dörnigheim lebenden jüdischen Familien eine eigene Gemeinde gründen. Seit Jahren würden bereits am Ort Gottesdienste abgehalten. Der Antrag wurde jedoch vom Vorsteheramt abgelehnt.   
  
Aus der Geschichte der Synagoge in Hochstadt erfährt man im Jahr 1900 von der Einweihung einer durch den Wohltätigkeitsverein gespendeten neuen Torarolle: 
   
Einweihung einer neuen Tora-Rolle (1900)  

Hochstadt Israelit 13121900.jpg (69265 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Dezember 1900: "Hochstadt bei Hanau. Der im Jahre 1889 von unserem damaligen Lehrer, Herrn Nußbaum (jetzt in Wiesbaden) gegründete Verein: Chewrat Gemillut Chassodim (Wohltätigkeitsverein) hatte ein neues Sefer Tora schreiben lassen, welches er der hiesigen israelitischen Gemeinde zum Geschenke machte. Am Schmini Azeret wurde diese neue Torarolle unter den üblichen Festlichkeiten eingeweiht. Um das Gelingen des Festes hatten sich die Herren Kantor Nußbaum, die Gemeindevorsteher Saly Sichel und Josef Goldschmidt sowie die Mitwirkenden im Synagogenchor besonders verdient gemacht. Herr Kantor Nußbaum wurde zum Ehrenpräsident des Vereins ernannt."          

Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge durch SA-Leute innen völlig demoliert. Das Gebäude wird nicht angezündet, weil die unmittelbar angrenzenden Scheunen in Gefahr gekommen wären. 
 
1940
ging das Synagogengebäude in den Besitz der Ortsgemeinde über. Das heute auf dem Grundstück der Synagoge Hauptstraße 43 stehende Wohnhaus mit einem Gewölbekeller unter dem nördlichen Teil war die jüdische Schule (1868 erbaut). Die Synagoge stand hinter dem Schulhaus (reichte bis an den Wehrgang hinter der Ringmauer). Daneben befand sich das Badehäuschen mit der Mikwe (Gebäude erhalten, das Tauchbecken wurde jedoch zugeschüttet und mit einem Zementboden überzogen).      
  
  
Adresse/Standort der Synagoge hinter dem heutigen Gebäude Hauptstraße 43   
   
   
Fotos   
(Quelle: Stadtarchiv Maintal; übersandt von Peter Heckert)

     
 Lageplan der Synagoge zwischen
Hauptstraße und Ringstraße (1910)
 "Zeichnung über Erneuerung eines Stück
Wand in der Synagoge" (1910) 
 
     
 
 Schnitt durch das Synagogengebäude
(eingetragen ist die Empore)
Grundriss der
ehemaligen Synagoge
 

   
  
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   

Juni 2014: Besuch von Nachkommen des jüdischen Metzgers Leopold    
Artikel in vorsprung-online.de vom 3. Juni 2014: " Kalifornier vermissen Bischofsheimer Haus der Großeltern
Dass eine moderne Navigation genau zum Ziel, aber nicht unbedingt zum gesuchten Haus führt, stellten Besucher aus Kalifornien fest, als sie in Maintal das Haus ihrer Großeltern in Augenschein nehmen wollten.
Das kleine Geschäftshaus des jüdischen Metzgers Leopold und seiner Frau Herta aus der Bischofsheimer Schäfergasse hatte zwar den Krieg schadlos überstanden, war aber längst einem größeren Neubau gewichen.
Jeffrey Leopold aus San Francisco, begleitet von seiner Frau Michelle sowie seiner Schwester Sandra Sarnoff aus Los Angeles weilten auf Einladung der Stadt Frankfurt in Deutschland. Jedes Jahr treffen dort Angehörige jüdischer Familien ein, die nach 1933 von aus Frankfurt geflohen sind oder von dort deportiert wurden. Darunter sind viele Familien aus der ländlichen Umgebung, die zuvor in die nahe Großstadt vertrieben worden waren..."  
Link zum Artikel    

   

   
Links und Literatur

Links: 

bulletWebsite der Stadt Maintal  
bulletWebsite von Peter Heckert zur jüdischen Geschichte in Maintal  
bullet "Brüder-Schönfeld-Forums e.V. Maintal"   
bulletWebsite von Peter Heckert mit Informationen zur jüdischen Geschichte https://www.peterheckert.de/juden/ sowie ausführlich über "Juden in Maintal" https://www.peterheckert.de/juden/juden-maintal/  

Quellen:  

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Hochstadt 
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Hochstadt sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,445   Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Hochstadt  1825 - 1874:  Geburtsregister 1825 - 1851, Trauregister 1825 - 1874, Sterberegister 1825 - 1874; enthält auch Angaben zu Bischofsheim, Dörnigheim und Wachenbuchen   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v5494590         
HHStAW 365,446   Geburtsregister der Juden von Hochstadt   1851 - 1875; enthält auch Angaben zu Bischofsheim und Dörnigheim   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3553160       

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II (unter Wachenbuchen) S. 332-333. 
Anmerkung: da in dem für Arnsberg maßgeblichen Verzeichnis 1932 (Handbuch der Gemeindeverwaltung...) die jüdische Gemeinden Hochstadt vergessen wurde (auch nicht unter Hanau genannt), hat Arnsberg keinen eigenen Artikel zu Hochstadt geschrieben. Ihm folgen Pinkas Hakehillot und die Encyclopedia of Jewish Life.
Innerhalb des Artikels zu Hanau finden sich bei Arnsberg Bd. I S. 319-336 jedoch Angaben zu Hochstadt mit Bischofsheim und Dörnigheim
bulletKeine Artikel zu Hochstadt bei Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 und dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994 und dies. Neubearbeitung der beiden Bände. 2007².    
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 217-218. 
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. (nach Vorgang bei Arnsberg nur innerhalb des Abschnittes zu Wachenbuchen). 
bulletPeter Heckert: Jüdisches Leben im Maintal. o.J. 

   
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Kein Artikel zu Hochstadt auf Grund der Lücke bei Arnsberg.    
   
    

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge   

            

 

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an Alemannia Judaica (E-Mail-Adresse auf der Eingangsseite)
Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020