Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
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Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  (english version)     
          
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zur Kurpfalz gehörenden Ilvesheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden um 1700 Juden am Ort genannt (1709 kaufte Simon, Schutzjude der Freiherren von Hundheim, in Ilvesheim ein Haus). Das jüdische Wohngebiet konzentrierte sich zunächst auf die Hauptstraße.  
 
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1825 150 jüdische Einwohner (14,5 % von insgesamt 1.034 Einwohnern), 1842 gleichfalls 150, Höchstzahl um 1864 mit 156 jüdischen Einwohnern, 1871 122, 1875 107 (7,5 % von 1.435), 1887 95, 1892 63 (in 16 Familien), 1894 65 (in 14 Familien), 1897 73 (in 14 Familien; von insgesamt 1584 Einwohnern), 1899 64 (in 12 Familien), 1900 53 (2,9 % von 1.832), 1902 57 (in 15 Familien), 1910 38 (1,9 % von 1.985).   
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde  eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (von 1835 bis 1876 öffentliche israelitische Elementarschule im Synagogengebäude, danach Religionsschule), ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war im 19. Jahrhundert ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Zum Tod des früh verstorbenen jüdischen Lehrers Jacob Bernheim 1841 siehe den Bericht unten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Religionsunterricht der jüdischen Kinder teilweise durch auswärtige Lehrer erteilt, zeitweise aus Feudenheim, zeitweise aus Mannheim. So kam bis 1887 Lehrer Bessels aus Feudenheim zum Religionsunterricht nach Ilvesheim; er wird jedoch noch 1864 als jüdischer Lehrer in Ilvesheim genannt. Um 1888 unterrichtete Karl Billigheimer aus Feudenheim in Ilvesheim; um 1892 unterrichtet der inzwischen in Mannheim tätige Lehrer Bessels in Ilvesheim (damals 16 Kinder, den Religionsunterricht zu erteilen war; 1894 unterrichtete Bessels 11 Kinder); um 1899/1903 unterrichtete wieder Lehrer Billigheimer aus Feudenheim in Ilvesheim, nachdem - vermutlich vergeblich - die Stelle 1897 noch einmal ausgeschrieben worden war (siehe Anzeige unten).
Als Kantor und Schochet war um 1894/1903 B. Bär tätig. 
 
1827 wurde die Gemeinde dem Rabbinatsbezirk Ladenburg, der seit 1884 von Heidelberg  Heidelberg aus betreut wurde. 
   
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1892/93 M. Kuhn, J. Kahn und G. Kaufmann; um 1894/1897 J. Kahn, S. Wolf und G. Kaufmann, um 1899 H. Bär, S. Wolf und G. Kaufmann, um 1903 H. Bär, D. Kaufmann und G. Kaufmann.
  
An jüdischen Vereinen werden genannt: der Israelitische Unterstützungsverein (um 1892/93 unter Leitung von J. Kahn, B. Bär und M. Kuhn); um 1897/1903 - der Israelit. Unterstützungsverein wird nicht mehr genannt - ein Israelitischer Männerkrankenverein und ein Israelitischer Frauenkrankenverein (1903 unter Leitung von D. Kaufmann und H. Bär).
   
Im 19. Jahrhundert hatten die jüdischen Gewerbetreibenden des Dorfes als Handelsleute, Makler und Trödler größere wirtschaftliche Bedeutung für den Ort. 
   
Bis nach 1933 waren noch folgende Gewerbebetriebe im Besitz jüdischer Familien / Personen:  Praktischer Arzt Dr. Sigmund Friedlein (Praxis Deidesheimer Straße 8; Dr. Friedlein verließ am 23. Januar 1933 Ilvesheim um eine Stelle in einem Mannheimer Krankenhaus zu übernehmen), Viehhandlung Julius Kahn (Verbindungsstraße 1), Landesproduktenhandlung Leo Kaufmann (Hauptstraße 31 mit Magazin Gässel 3), Textilhaus Moritz Kaufmann (Schloßstraße 16), Tabakhandlung Max und Adolf Kuhn (Hauptstraße 29 mit Magazin in der Neuen Schulstraße). An der Blindenschule Ilvesheim war von 1905 bis 1935 als Arbeitslehrer Herbert Hammel tätig; er war selbst blind.
Dazu waren noch nach 1933 am Ort (Hinweise aus der Gedenktafel beim Gurs-Denkmal): Ludwig Bär und Selma geb. Doiny (Neue Schulstraße 36/Ludwig-Schäfter-Str. 4), Regina Hochstädter geb. Kaufmann (Pfarrstr. 10 / Hauptstraße 35), Leopold Knöpfmacher (Heddesheimerstraße 18, Gebäude ist abgebrochen), Otto Kuhn und Alma Kuhn (Hauptstraße 33), Hilda und Fanny Löb (Hauptstraße 23). 
    
Um 1925
, als noch 23 jüdische Einwohner gezählt wurden (1,0 % von insgesamt 2.411 Einwohnern), war Vorsteher der jüdischen Gemeinde Adolf Kuhn. Damals gehörten zur Ilvesheimer Gemeinde auch die in Seckenheim lebenden jüdischen Personen (1925 12, 1932 13). Auch 1932 war Adolf Kuhn noch Vorsteher der Gemeinde. Schriftführer war der in Mannheim-Seckenheim lebende J. Marx.
      
1933 lebten 28 jüdische Personen am Ort (1,0 % von 2.866 Einwohnern). Auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmen Repressalien und der Entrechtung verließen die meisten von ihnen in den folgenden Jahren den Ort. Ab 1936 waren die jüdischen Geschäftsinhaber gezwungen, ihre Geschäfte zu liquidieren und auszuwandern. Neun Gemeindeglieder konnten in die USA emigrieren, anderen verzogen zunächst nach Mannheim. Vier der jüdischen Einwohner verstarben noch in Ilvesheim. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.), sechs jüdische Männer wurden in das KZ Dachau eingeliefert. Die letzten sieben jüdischen Einwohner wurden am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert, wo Adolf Kuhn und Fanny Löb verstorben; Julius Kahn ist im Lager Nie umgekommen.  

Von den in Ilvesheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch Gedenkbuch Baden-Württemberg): Ludwig Bär (1878), Selma Bär geb. Doiny (1906), Berta Grünebaum geb. Kaufmann (1885), Isidor Hirsch (1863), Regina Hochstädter geb. Kaufmann (1877), Albert Jakoby (1855), Julius Kahn (1867), Bernhard Kaufmann (1881), Johanna Kaufmann geb. Haas (1884), Leo Kaufmann (1883), Werner Gustav Kaufmann (1925), Leopold Knöpfelmacher (1863), Adolf Kuhn (1861), Alma Kuhn (1891), Barbara (Nanette) Kuhn (1882), Max Kuhn (1887), Otto Kuhn (1888), Wilhelm Samuel Kuhn (1887), Hilde (Hilda) Löb (1893), Fanny Selma Löb (1890), Sessy Mayer geb. Kuhn (1875), Johanna Reichert geb. Kuhn (1899), Minna Rosenthal geb. Löb (1856), Elise Sauter geb. Kuhn (1880), Karoline Simon geb. Löb-Kahn (1859).   
 
Aus Seckenheim ist umgekommen: Manfred Oppenheimer (1907; wohnte bei seinen Eltern im nicht mehr bestehenden Gebäude Seckenheimer Hauptstraße 105, seit September 1938 in der Mannheimer Innenstadt in U 1,20a).  
     
     
     
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
   
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers (1836)        

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" von 1836 S. 44  (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Erledigte Stelle.  
Bei der israelitischen Gemeinde Ilvesheim ist die Lehrstelle für den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 80 Gulden nebst freier Kost bei den dortigen israelitischen Gemeindemitgliedern und freier Wohnung verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer Genehmigung zu besetzen. 
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert, unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunden und der Zeugnisse über ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei der Bezirks-Synagoge Ladenburg zu melden. 
Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach erstandener Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen werden. 
Ladenburg, den 4. Januar 1836. 
Großherzogliche Bezirks-Synagoge. J. Ettlinger. J. Lippmann."   

 
Zum Tod und der Beisetzung des im Alter von 25 Jahren verstorbenen Lehrers Jacob Bernheim (1841)   

Ilvesheim AZJ 01011842.jpg (273732 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar 1842: "Ilvesheim, im November (1841). Am 30. September dieses Jahres verschied der verdienstvolle und allgemein geachtete Lehrer an der Israelitischen öffentlichen Schule zu Ilvesheim, Bezirksamt Ladenburg, Jacob Bernheim von Wangen im Seekreis, an den Folgen der Ruhr in einem Alter von 25 Jahre,   
Ein Mann jeder Aufopferung fähig, jedermann durch einen Charakter Vertrauen, wie durch sein ausgezeichnetes Talent im Lehrfache Achtung einflößend, von warmer Liebe zu seiner Gemeinde und seinen Amtsbrüdern und der ihm anvertrauten Jugend beseelt, war er ganz der Mann dazu, sein Scherflein zum Heil des Judentums beizutragen.  
Von seinen Vorgesetzten und Freunden mit den Zeichen ehrender Anerkennung seiner Verdienste geschmückt, und von allen seinen Kollegen, israelitischer und christlicher Konfession, so von allen Redlichen, die ihn kannten, hoch verehrt, erweckte sein Hintritt allgemeine Trauer.  
Die letzte Ehre, die dem Hingeschiedenen zuteil ward, ist der beredeste Beweis von Verehrung, Liebe und Teilnahme die seinem Andenken gezollt werden konnte. 
Am Morgen des 3. Oktober sah man den ganzen Straßenraum vor dem Sterbehause des Verewigten von einer ungewöhnlichen Menschenmasse, aller Konfessionen angefüllt. Um 8 Uhr setzte sich der Leichenzug in Bewegung. Die 24 Mitglieder des von dem Verblichenen gestifteten Wohltätigkeits-Vereins umgeben den Leichenwagen; diesem folgten die leidtragenden Brüder des Hingeschiedenen, sodann die israelitische Schuljugend von Ilvesheim und Feudenheim, der Bezirksrabbine Herr Traub, der Rabbinatskandidat Herr Lindemann von Mannheim, der katholische Pfarrer Herr Neumayer von Ilvesheim und der evangelische Pfarrer, Herr Hecht von Seckenheim; sodann sämtliche Lehrer aller Konfessionen aus dem Bezirke, endlich die sämtlichen Mitglieder der israelitischen Gemeinde, an die sich auch viele Mitglieder der nahe gelegenen israelitischen Gemeinden Ladenburg und Feudenheim, nebst sehr vielen Christen anschlossen.  
Da wo der Leichenwagen, und die, ihn nach der 4 Stunden entlegenen Begräbnisstätte zu Hemsbach begleitenden 24 Vereinsmitglieder sich vom Kondukte trennten, trotz des in Masse herabstürzenden Regens, von den beiden israelitischen Geistlichen und Herrn Pfarrer Neumayer als Lokalschulinspektor der israelitischen Schule dortselbst, höchst ergreifende Leichenreden gehalten. Kein Auge blieb trocken, vielfaches Schluchzen ließ sich vernehmen. Es waren die zwei tief gebeugten Brüder des Verblichenen, die den Versorger ihrer Familie beweinten. Es waren die Zöglinge der Israelitischen Schule, die den Verlust ihres Lehrers und Freundes betrauerten; es waren seine Amtsbrüder, die in ihm einen tüchtigen Mitarbeiter im Weinberge des Herrn verloren; es waren die Mitglieder seiner Religionsgemeinde, allen jene, denen er so oft mit Rat und Tat beistand, und die ihm jetzt eine Träne der Dankbarkeit nachweinten. 
Für den Freund der fortschreitenden Humanität aber war es ein herzerhebender Anblick, zu sehen, wie die Bekenner zweier verschiedener Religionen ihre Tränen vereint mischten an dem Sarge eines jungen Mannes, dessen leben und Streben war, Licht und Liebe zu verbreiten. Das sicherste Kennzeichen wahrer Religion. So ist der Staub nun zum Staube zurückgekehrt, aber der Geist hat sich emporgeschwungen zu Gott, der ihm zum ewigen Leben berufen hat.
 
Neuausschreibung der Stelle des Lehrers und Vorsängers nach dem Tod von Lehrer Jacob Bernheim (1842)   
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 9. Februar 1842 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):  "Vakante Schulstellen. Durch das erfolgte Ableben des Schullehrers Bernheim in Ilvesheim ist die mit einem festen Gehalte von 140 fl. nebst freier Wohnung und einem jährlichen Schulgelde von 45 kr. für jedes Schulkind bei einer Zahl von ungefähr 25 Schulkindern, mit dem Vorsängerdienste verbundene Lehrstelle an der öffentlichen israelitischen Schule in Ilvesheim, Amtsbezirk Ladenburg, erledigt worden.  
Zu deren Wiederbesetzung werden daher die Bewerber aufgefordert, mit ihren Gesuchen, unter Anfügung ihrer Aufnahmescheine und der Zeugnisse über ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, nach Maßgabe der Verordnung vom 7. Juli 1836 Reg. Bl. Nr. 38 durch die betreffenden großherzoglichen Bezirksschulvisitaturen bei der großherzoglichen Bezirksschulvisitatur Ladenburg in Badenburg binnen 6 Wochen sich zu melden."    

   
Lehrer Bessels wird als Lehrer in Ilvesheim genannt (1864)    

Mitteilung in "Der Israelitische Lehrer" vom 28. April 1864: "Subskriptionen. Herr Lehrer und Kantor Oppenheimer in Darmstadt vorläufig 20 Jahrbücher, 20 Kalender; Lehrer Weil in Feudenheim bei Mannheim 1 Jahrbuch; Lehrer Bessels in Ilvesheim 1 Jahrbuch..."     

     
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers, Vorsängers und Schächters (1897)    

Anzeige in "Der Israelit" vom 10. Juni 1897: "Auskündigung einer Religionsschulstelle.
Die israelitische Religionsschul-, Vorsänger- und Schächterstelle Ilvesheim bei Ladenburg, mit welcher ein fester Gehalt von 600 Mark, freie Wohnung und Gefälle in Höhe von etwa 350 Mark verbunden sind, ist auf 15. September laufenden Jahres zu besetzen. Berechtigte Bewerber belieben ihre mit Zeugnisabschriften versehenen Meldungen einzureichen bei der Bezirkssynagoge Heidelberg.

"      

  
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 

Aus Ilvesheim stammt der Bankier Heinrich Kaufmann in Mannheim. 
Aus Ilvesheim ist um 1925 Max Kaufmann nach Amerika ausgewandert; er brachte es in New York zum Bankdirektor. 
 
Über Dr. Siegfried Wolff: Siegfried Wolff ist am 16. Juni 1880 in Ilvesheim geboren als Sohn des Handelsmannes Salomon Wolff und seiner Frau Henriette geb. Bodenheimer. Ab 1904 war er Wirtschaftsredakteur der Frankfurter Zeitung; er wurde 1912 in Tübingen zum Dr. rer.pol. promoviert und war später im Vorstand mehrerer Berliner Banken tätig (u.a. im Vorstand des A. Schaafhausenschen Bankvereins, Depositen-Kasse, Filiale Steglitz-Berlin; dann in der Direktion der Berliner Zentrale der Disconto-Gesellschaft, wohnhaft damals in Berlin-Charlottenburg). Im Frühjahr 1915 wurde er im Kriegseinsatz verwundet. Wolff starb 1952 in Haifa.     
Suchanzeige in "Yediot shel Irgun Ole Breslau" 1981 Nr. 48-49 S. 59: "Gesucht werden Zeugen, die Einzelheiten wissen über das Leben von Dr. Siegfried Wolf, geboren am 16.6.1880 in Ilvesheim in Baden (Postleitzahl 6804) gestorben am 2. Januar 1952 in Haifa. Es handelt sich um eine Arbeit über seine Tätigkeit. Zuschrift an Herrn Erich M. Lehmann, Naharia, Israel P.O.B. 167."     
Vgl. einen Leserbrief von Siegfried Wolff an Franz Kafka:  https://www.franzkafka.de/fundstuecke/kafka-bekommt-post-von-einem-leser, dazu auch http://www.aktiencheck.de/forum/Diese_Suppe_hat_ihm_Kafka_eingebrockt-_ariva_all-t261998    

     
     
Sonstiges 
In Ilvesheim erschien ein antisemitisches Hetzblatt (1892)
Anmerkung: der "Bürger- und Bauernfreund" Ilvesheim erschien offenbar nur kurze Zeit im Jahr 1890 in Ilvesheim. Vgl. Link.    

Artikel in "Der Israelit" vom 14. Januar 1892: "Wenn wir gerade uns mit den Antisemiten beschäftigen, so will ich nicht unerwähnt lassen, dass auch wir in Baden einen Ahlwardt in dem früheren Redakteur des in Ilvesheim erschienenen 'Bürger- und Bauernfreund' besaßen.
Genannter Herr bewarb sich zuerst um die Redaktion der sozialdemokratischen 'Volksstimme' Mannheim. Als man ihm solche nicht anvertraute, gründete er in Ilvesheim das bekannte Hetzblättchen, das von Anfang an Abonnentenschwindsucht erkrankte und schließlich verkrachte.
Also nicht aus Überzeugung, sondern nur um ein Geschäft zu machen geriert sich genannter Herr als Antisemit. "     

        
Suchanzeige nach einer in die USA ausgewanderten Familie aus Ilvesheim (1938)  
Anmerkung: vermutlich wurde Verwandtschaft gesucht, um Unterstützung für eine bevorstehende Emigration zu bekommen (Affidavit).  

Suchanzeige in "Jüdische Rundschau" vom 29. Juli 1938: "Nr. 671. Die Nachkommen von Leopold Oppenheimer aus Hemsbach bei Weinheim in Baden, gestorben 1871 in Memphis (Tennessee), verheiratet mit Emma geb. Kuhn aus Ilvesheim (Kinder: Lewis, Heddy und Henry Oppenheimer), werden gesucht von Isidor Oppenheimer, Darmstadt, Herdweg 58."      

   
    
    
 
Zur Geschichte des Betsaales/der Synagoge        
   
Bereits um 1700 hatten die Ilvesheimer Juden eine Synagoge beziehungsweise einen Betsaal, dessen Standort nicht mehr bekannt ist. Das jüdische Gotteshaus war nach dem Dreißigjährigen Krieg das erste in Ilvesheim (vor dem Neubau einer evangelisch-reformierten und einer katholischen Kirche).   
      
1810 wurde nach Angaben von Hansjörg Propst (s. Lit.) eine neue Synagoge in der Hauptstrasse 35 erbaut. Sie befand sich unmittelbar hinter einem der Hochwasserdämme (im Bereich der Synagoge auch "Juddedamm" = Judendamm genannt), die um 1818 nochmals erhöht wurden. Durch diese Erhöhung der Dämme kam es auf Grund von Hochwasserschäden 1824 zu einem Streit zwischen der Synagogengemeinde und der politischen Gemeinde. Damals ging der Neckar auch über den erhöhten Damm und setzte die Synagoge unter Wasser. Das Problem war, dass gerade auf Grund des Dammes das Wasser lange nicht abfließen konnte und Fundamente und Mauern immer feuchter wurden. Alle Balken seien nach einem Bericht von 1826 morsch und faul geworden. Durch den Damm stand die Synagoge zusätzlich im Schatten und erhielt keinen Luftzug mehr, sodass insgesamt der Damm der Synagoge "anstatt zum Schutz und Vorteil", nun "zum Ruin und Verderben" gereichte. Der Zustand des Gebäudes war 1826 so schlecht, dass die jüdische Gemeinde sich "nur mit Lebensgefahr" in ihrer Synagoge versammeln konnte. Die Großherzogliche Baukommission und in ihrem Gefolge das Direktorium des Neckarkreises vertraten jedoch im Februar 1827 die Ansicht, dass der Damm nicht an dem schlechten Zustand des Gebäudes Schuld sei. Der Grund liege bei der Fahrlässigkeit der jüdischen Gemeinde, die sich schon vor neun Jahren hätte beschweren sollen. So bekam die jüdische Gemeinde jedenfalls keinerlei Schadensersatz und musste die Reparatur des Gebäudes in Höhe von 163 Gulden selbst bezahlen.   
      
In der Nacht vom 14. auf den 15. Juni 1846 wurde nach einem Bericht des damaligen Vorstehers Salomon Kaufmann ein Synagogenfenster mit dem Rahmen gewaltsam beschädigt.  
     
1851 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen der jüdischen Gemeinde und Rabbiner Löb Ettlinger aus Mannheim, der die Aufgaben des Bezirksrabbinates Ladenburg versah. Der Synagogenrat hatte mit Zustimmung der Gemeinde, aber ohne Genehmigung des Rabbinates das Gitter der Frauenempore entfernen lassen, wodurch diese nun von der Männersynagoge eingesehen werden konnte. Der Ilvesheimer Synagogenrat vertrat den Standpunkt, dass diese Entfernung "nicht zum Kultus" und damit nicht zum Wirkungskreis des Rabbiners gehöre und meinte: "In keinen Kirchen und neu erbauten Synagogen werden derartige Gitter angebracht, und es geschah die Wegbringung nur im Interesse der Synagogenverzierung". Dem freilich widersprach Rabbiner Ettlinger. Seiner Meinung nach sei ein Gitter "nach israelitischen Dogmen erforderlich". Er bat das Bezirksamt, den Synagogenrat Ilvesheim bei Strafe von fünf Gulden zu zwingen, das Gitter wieder anzubringen. Dem konnten jedoch die Ilvesheimer nicht mehr nachkommen, weil sie das Gitter bereits "zu etwas anderem verwendet" hatten. Nachdem sich Ettlinger im Oktober 1851  versichern ließ, das die Brüstung der Frauenempore in Ilvesheim auch nach Entfernen des Gitters noch so hoch sei, dass man von den Frauen nicht sehr viel sehen würde, gab er nach und akzeptierte die Entscheidung der Ilvesheimer Gemeinde. 1882 wurden einige Reparaturen in der Synagoge nötig, nachdem verschiedene Hölzer wurmstichig geworden waren.  
      
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge von SA-Leuten demoliert. Wegen der Enge der Wohnbebauung und der damit verbundenen Gefahr für die Häuser in der unmittelbaren Nachbarschaft wurde das Gebäude weder niedergebrannt noch gesprengt. Nach 1945 kam das Gebäude zunächst in den Besitz der jüdischen Vermögensverwaltung JRSO (Jewish Restitution Successor Organization) und wurde von ihr 1951 weiter verkauft. Das Gebäude ist danach zu einem bis heute erhaltenen Wohnhaus umgebaut worden.  
 
Um die Zukunft des ehemaligen Synagogengebäudes zu sichern, wurde es 2019 unter Denkmalschutz gestellt.  
  
  
  

Fotos 
Historische Pläne des Synagogengebäudes: 

Ilvesheim Synagoge 030.jpg (52460 Byte) Ilvesheim Synagoge 031.jpg (67626 Byte)
Grundrisspläne des Synagogengebäudes Ilvesheim um 1850. Der linke Plan zeigt das Erdgeschoss mit der Synagoge (b) und der Küche der Lehrerwohnung (d). Der rechte Plan zeigt die Synagoge auf Höhe der (nicht eingezeichneten) Frauenempore) und dem Schulzimmer (a) sowie beim Wohn- und Schlafzimmer des Lehrers (c). (Quelle: GLA Karlsruhe 362/881)

     
Fotos nach 1945/Gegenwart:  

Das Gebäude der ehemaligen Synagoge  

   
Foto um 1965
(Quelle: Hundsnurscher/ Taddey 
s. Lit. Abb. 96)
Ilvesheim Synagoge 005.jpg (63377 Byte)   
   Ansicht der ehemaligen Synagoge - 
Fenster des Betsaals sind noch erkennbar
  
       
Fotos um 1985
(Fotos: Hahn)
Ilvesheim Synagoge 006.jpg (55378 Byte) Ilvesheim Synagoge 004.jpg (54628 Byte)
  Die sichtbaren Erinnerungen an die
 jüdische Geschichte sind hinter 
einem neuen Verputz verschwunden
Haus der ehemaligen  Synagoge - 
 Straßenseite - der Eingang ist noch an 
der früheren Stelle. In der Haushälfte
 rechts davon waren die israelitische 
Schule und die Lehrerwohnung
 
     
Fotos Sommer 2003
(Aufnahmedatum 30.7.2003: Hahn)
Ilvesheim Synagoge 151.jpg (43837 Byte) Ilvesheim Synagoge 150.jpg (48026 Byte)
  Es sind kaum Veränderungen erkennbar  Blick von der Straßenseite 
      
Fotos Frühjahr 2010 
(Aufnahmen Mai 2010: Michael Ohmsen)
       
 Ilvesheim Synagoge 192.jpg (91782 Byte)  Ilvesheim Synagoge 190.jpg (40046 Byte)  Ilvesheim Synagoge 191.jpg (67578 Byte)
Gartenseite  Blickrichtung wie oben  Straßenseite 
     
Ilvesheim Synagoge 205.jpg (121462 Byte)    
Gartenseite - inzwischen ohne Sträucher - 
im Frühjahr 2011 (Aufnahme Mai 2011: 
Michael Ohmsen)  
   
     
 Fotos Frühjahr 2021
(Aufnahmen 29.3.2021: Hahn)
   
     
     Straßenseite
     
   
 Gartenseite  Gartenseite mit dem Anbau links  
     

Denkmal zur Erinnerung an die Deportation nach Gurs 

 
 Ilvesheim Denkmal 150.jpg (84172 Byte) Ilvesheim Denkmal 151.jpg (154551 Byte)  Ilvesheim Gedenkstein 175.jpg (107785 Byte)
    Das Denkmal (Fotos oben von Michael Ohmsen, Aufnahmen vom Oktober 2010) wurde am 22. Oktober 2010 an der Bibliothek, der ehemaligen evangelischen Kirche, 
in der Verbindungsstraße eingeweiht. Inschrift auf dem Mahnmal "Was haben wir Euch denn getan?"  
     
     
Das Gurs-Denkmal im April 2021 (Fotos: Hahn, Aufnahmen vom 30.4.2021): Inschriftentafel mit Text: "Mahnmal für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. 13 Stelen erinnern an insgesamt 13 jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger, die Opfer des Nationalsozialismus wurden. An dieser Stelle erfolgte am 22. Oktober 1940 die Deportation der letzten sieben in Ilvesheim verbliebenen Jüdinnen und Juden in das Lagers Gurs in Südfrankreich. Mit der Anordnung in Form eines Fragezeichens greift das Mahnmal die vom Tag des Deportation überlieferte Frage eines der Opfer an die Umstehenden auf: 'Was haben wir euch denn getan?'
Die Gemeinde Ilvesheim gedenkt der Opfer: - Ludwig Bär; Neue Schulstr. 36 / Ludwig-Schäfer-Str. 4 - Selma Bär, geb. Doiny; Neue Schulstr. 36/Ludwig-Schäfer-Str. 4 - Regina Hochstädter, geb. Kaufmann; Pfarrstr. 10 / Hauptstr. 35 - Werner Kaufmann; Hauptstr. 31 / Gässel 3 - Leo Kaufmann, Hauptstr. 31 / Gässel 3 - Johanna Kaufmann, geb. Haas; Hauptstr. 31 / Gässel 3 - Leopold Knöpflmacher; Heddesheimerstr. 18 (abgerissen) - Julius Kahn; Verbindungsstraße 1 - Adolf Kuhn; Hauptstr. 29 - Otto Kuhn; Hauptstr. 33 - Alma Kuhn; Hauptstr. 33 - Fanny Löb; Hauptstr. 23 - Hilda Löb; Hauptstr. 23."    
     

Stolpersteine in Ilvesheim 

   
   
 Vor dem Haus Hauptstraße 29 für Adolf Kuhn (1861),
 Otto Kohn (1888) und Alma Kuhn (1891)
 Vor dem Haus Hauptstraße 23 für
Fanny Löb und Hilda Löb
 Vor dem Haus Verbindungsstraße 1 für Julius Kahn
 (1867) und Thekla Kahn geb. Hirsch (1877)

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

Oktober 2010: Einweihung des Denkmals zur Erinnerung an die Deportation nach Gurs  
Mitteilung auf der Website der Gemeinde Ilvesheim: "Einweihung Mahnmal. 'Was haben wir Euch denn getan?' 
Zum 70. Jahrestag der Deportation der Jüdinnen und Juden aus Baden nach Gurs gedenkt die Gemeinde Ilvesheim mit der Einweihung eines Mahnmals dieser seit dem 22. Oktober 1940 unbeantwortet gebliebenen Frage. Die Gemeinde Ilvesheim erinnert sich zudem an über 300 Jahre, in denen jüdische Mitbürger ein Teil der Ilvesheimer Bevölkerung und Geschichte waren. 
Zur Einweihung dieses Mahnmals sind alle Bürgerinnen und Bürger am Freitag, den 22. Oktober 2010, um 15.00 Uhr 
an der Bibliothek, der ehemaligen evangelischen Kirche, in der Verbindungsstraße eingeladen. 
Im Anschluss daran besteht die Möglichkeit, im Bürgerhaus Hirsch dem Zeitzeugen und Holocaust-Überlebenden Dr. Kurt Maier bei einem Vortrag und im persönlichen Gespräch zu begegnen. 
Bürgermeister Andreas Metz Pfarrerin Eva Weisser Pfarrer Lukas Glocker."  
  
Juli 2011: Besuch von Nachkommen früherer jüdischer Familien am Ort 
Leutershausen PA 072011an.jpg (20999 Byte)Foto links: Das Ehepaar Obstfeld (links) besuchte mit Verwandten die Region und machte bei der ehemaligen Synagoge in Leutershausen Station. 
Artikel vom 11. Juli 2011 in den "Weinheimer Nachrichten" (Artikel): "Spuren der Vergangenheit.  
Leutershausen/London.
In diesen Tagen besuchte das in London lebende jüdische Ehepaar Obstfeld mit einem weiteren verwandten Ehepaar aus den USA Leutershausen. Sie kamen von einem Treffen eines anderen Zweigs der Familie von der Pfalz in den Geburtsort der Ur-Großmutter Rosalie/Röschen Mayer und der Ur-Ur-Großmutter Esther Kaufmann von Frau Obstfeld nach Leutershausen. Während ihres Aufenthalts waren sie auch auf dem Hemsbacher Friedhof.
Rosalie Mayer (1853-1906) und Esther Kaufmann (1818-1880) hatten sich im 19. Jahrhundert nach Ilvesheim in verschiedene Familien verheiratet. Eine ihrer Nachkommen, Martha Kaufmann (1879-1929) aus Ilvesheim, war die Großmutter von Frau Obstfeld.
Zusammen mit Helga Klein und Professor Erhard Schnurr, Mitglieder des Arbeitskreises Ehemalige Synagoge, besuchte die Familie zunächst die ehemalige Synagoge in Leutershausen, die 1886 eingeweiht worden war. Schnurr gab einen kurzen Überblick über die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Leutershausen und die Baugeschichte der Synagoge. Danach suchte man die Geburtshäuser der Vorfahren in der Hauptstraße und der Mittelgasse auf.
Rosalie Mayer kam aus der gleichen Familie wie der spätere Pferdehändler Sigmund Mayer in der Hauptstraße 3 und Esther Kaufmann kam aus der im 19. Jahrhundert in Leutershausen ansässigen und in der Mittelgasse wohnenden Familie Kaufmann.
Hemsbacher Friedhof besichtigt. Beim Besuch des jüdischen Friedhofs in Hemsbach konnten viele Gräber der Leutershausener Vorfahren und ihrer Familien auch deshalb identifiziert werden, weil Obstfeld mit seinen Hebräisch-Kenntnissen die Inschriften vieler Grabsteine übersetzen konnte.
Die Eltern von Dorothy Obstfeld verließen in der Nazi-Zeit Deutschland und wanderten aus. Dorothy Obstfeld wurde in Süd-Afrika geboren. Jetzt lebt sie mir ihrem Mann in London. Die Familie war bei einer Suche im Internet auf den Arbeitskreis Ehemalige Synagoge aufmerksam geworden und hatte dann Kontakt aufgenommen. mp"  
  
Oktober 2011: Gedenkstunde am Mahnmal  
Artikel von Franz-Albert Senzig im "Morgenweb.de" vom 25. Oktober 2011: "Ilvesheim: Bürgermeister Andreas Metz hält Gedenkrede am Mahnmal. Erinnerung an das Unrecht eine bleibende Verpflichtung.
 Das im Jahre 2010 eingeweihte jüdische Mahnmal an der Gemeindebücherei in Ilvesheim erhielt am Samstagnachmittag eine besondere Aufmerksamkeit. Erstmals fand am Mahnmal eine Gedenkfeier zum 71. Jahrestag der Deportation der Jüdinnen und Juden aus Baden nach Gurs (Südfrankreich) statt. Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkfeier von einem Saxophontrio der Musikschule Mannheim-Ilvesheim..."  
Link zum Artikel - auch eingestellt als pdf-Datei.    
 
März 2019: In Seckenheim wird ein "Stolpersteine" für Sigmund Lewin verlegt   
Artikel in "Stadtteil-Portal.de" vom 27. März 2019: "Stolperstein und Ausstellung erinnern an Sigmund Lewin. Der Künstler lässt Stein in den Boden ein.
Seckenheim.
In der Offenburger Straße 23 erinnert seit Dienstag, 26. März, ein Stolperstein an Sigmund Lewin. Der Kölner Künstler Gunter Demnig hat diesen zusammen mit weiteren Steinen im Mannheimer Stadtgebiet zum Gedenken an die Opfer des NS-Regimes ins Straßenpflaster eingelassen. Stets an Orten, an denen diese Menschen damals gelebt oder gearbeitet haben. Die Steine tragen eine Messingplatte, in der Namen und Lebensdaten der NS-Opfer eingraviert sind. So auch in Seckenheim, wo Lewin am 10. November 1938 mit weiteren Seckenheimer Juden nach Dachau verschleppt wurde. Am 1. April 1945 wurde er nach Theresienstadt deportiert, überlebte und kehrte am 25. Juni 1945 von dort nach Seckenheim zurück. Lewin verstarb Ende der 1950er Jahre. Angeregt wurde der Gedenkstein für Lewin durch Ralf Lottermann beim AK Stolpersteine Mannheim. Die Familie Lottermann hat auch die Kosten der Verlegung übernommen. Im Anschluss hielt der Historiker Markus Enzenauer im Heimatmuseum eine Kurzreferat zum Thema 'Judentum in Seckenheim'. Dort stellten Ralf Lottermann und Wolfgang Vogler auch die Fotoausstellung zu Sigmund Lewin vor, die seine Arbeit als Fotograf mit eigenem Atelier würdigt. Die Ausstellung ist am Sonntag, 28. April, um 15 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet. Gezeigt werden Fotoarbeiten, die dem Heimatmuseum von privat als Leihgabe zur Verfügung gestellt wurden ebenso wie Postkarten. Die Familie Lottermann hat sich bereit erklärt, davon Kopien herzustellen, die zum Preis von 1,50 Euro pro Stück verkauft werden. Dazu wird eine Bestellliste ausgelegt. Der Überschuss kommt dem Heimatmuseum zugute. pbw."  
Link zum Artikel  
 
November 2019: Auch in Ilvesheim werden "Stolpersteine" verlegt 
Artikel von Torsten Gertkemper im "Morgenweb.de" vom 23. November 2019: "Ilvesheim. Gemeinderat nimmt Antrag der Grünen an / Konkrete Umsetzung noch ungeklärt.
Stolpersteine kommen doch.

Die Freude war Michael Haug anzusehen. Der Fraktionschef der Grünen im Ilvesheimer Gemeinderat hatte soeben einen Antrag durchgebracht, der zuvor bereits zwei Mal gescheitert war. Es geht um die sogenannten Stolpersteine. Sie werden vor den Häusern im Asphalt eingelassen, in denen von den Nationalsozialisten verfolgte und ermordete Menschen gelebt haben. 'Ich freue mich total, dass es geklappt hat', sagte er. Bisher gibt es diese Steine in der Inselgemeinde nicht. Nun hat der Gemeinderat den Antrag mit den Stimmen der Grünen, der SPD und dem Votum des Bürgermeisters angenommen. Die Freien Wähler stimmten dagegen, die CDU enthielt sich. Die Christdemokraten hatten in früheren Abstimmungen noch gegen die Verlegung der Steine votiert. 'Mit das Wichtigste an unserem Anliegen ist, dass die Opfer des Nationalsozialismus einen Namen bekommen', sagte Haug während der fast eine dreiviertel Stunde dauernden Debatte am Donnerstagabend im Gemeinderat. Dieser Aussage pflichtete Bürgermeister Andreas Metz bei. Er lobte die sachliche Diskussion im Gremium. Grundsätzlich waren sich alle Fraktionen einig, wie wichtig das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus sei.
Was den weiteren Ablauf angeht, gibt es aber noch einige offene Fragen. Zum einen geht es darum, welche Opfer genau gewürdigt werden sollen. Im Antrag der Grünen war zunächst nur von den Juden die Rede. Allein unter den Juden gab es mehr als 20 Todesopfer, die bis zuletzt oder kurz vor ihrer Deportation in Ilvesheim gelebt hatten.
Katharina Kohlbrenner (CDU) regte an, andere Verfolgte mit einzubeziehen. Dazu zählen politisch Verfolgte oder Opfer der so genannten Euthanasie. Das sind Menschen, die aufgrund ihrer Krankheit oder Behinderung von den Nationalsozialisten ermordet wurden. 'Ich finde es sinnvoll, den Personenkreis zu erweitern', sagte Haug noch während der Sitzung. Auch was den Prozess bis zur Verlegung angeht, kamen aus dem Gremium weitere Wünsche. Der am meisten genannte Aspekt – sowohl von Seiten der Gemeinderäte als auch des Bürgermeisters – lautete sinngemäß: 'Einfach nur Steine zu verlegen kann nicht alles sein.'
Die Christdemokraten schlugen vor, besonders Jugendliche in den Entstehungsprozess einzubinden. Zum Beispiel könnten die jungen Menschen zuvor versuchen, noch mehr über die Biografien der Verschleppten und Ermordeten herauszufinden. 'Es ist wichtig, dass es nicht bei einer einmaligen Aktion bleibt', sagte Bürgermeister Andreas Metz. Das sah Dagmar Klopsch-Güntner (SPD) genau so, fügte allerdings hinzu: 'Stolpersteine sind wichtig, da sie den Blick schärfen. Das muss sein, um den Rechten die Stirn zu bieten.'
Freie Wähler verärgert. Gegen die Stolpersteine stimmten die Freien Wähler. 'Wir haben die Argumente sorgfältig abgewogen und lehnen das Format Stolpersteine weiterhin ab. Die Jugend beim Gedenken grundsätzlich mit einzubeziehen, halten wir für eine gute Sache', sagte Günter Tschitschke. Eine Sache stieß seinem Kollegen Bernhard Ries allerdings sauer auf. 'Uns hat der Zeitpunkt des Antrags doch sehr überrascht', sagte er. 'Ich habe das Gefühl, dass jetzt – dank der neuen Mehrheiten – mit aller Gewalt dieser Antrag durchgedrückt werden soll.' Die Grünen hatten bei der Kommunalwahl in diesem Jahr drei Sitze mehr im Gemeinderat bekommen." 
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September 2020: Stolpersteine wurden verlegt  
Am 19. September 2020 wurden im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung in Ilvesheim Stolpersteine verlegt. 

  
   

Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der Gemeinde Ilvesheim   
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Ilvesheim (interner Link)  

Literatur:

bulletFranz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 140-141.  
bulletHansjörg Probst: Ilvesheim im Wandel der Zeit. Ein historisches Bilderbuch. Ilvesheim 1983. S. 19-21, 74-75.  
bulletHans Huth: Die Kunstdenkmäler des Landkreises Mannheim, in: Die Kunstdenkmäler Badens X,3 (1967) S. 125.  
bulletJoseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern - Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem 1986. S. 240-242. 
bulletAndreas Metz / Torsten Schlusche: Ilvesheim im Nationalsozialismus. 1995. 1996². Eingestellt als pdf-Datei.    
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007.    

     
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Ilvesheim  Baden. Jews were present from the 18th century. Their population grew to 150 in 1825 (total 1,034). With liberalization in the 1850s, Jews from Ilvesheim enrolled in the medical faculty of Heidelberg University. Many of the young left for other German cities in the 1860s and for the United States. In 1933, 28 Jews remained, gradually isolated economically and socially. The synagogue was vandalized on Kristallnacht (9-10 November 1938) and six Jews were sent to the Dachau concentration camp. By 1939, 17 had left the town, ten for the United States. The last seven were deported to the Gurs concentration camp on 22 Ocotber 1940 and died in the Holocaust. 
     
      

                   
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Stand: 30. Juni 2020