Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Ingolstadt (Kreisstadt, Bayern)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Überblick:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletAus der Geschichte der jüdischen Gemeinde    
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
-  "Zur Geschichte der Juden in Ingolstadt" - Artikel des Lehrers Arno Friedmann (1926)    
Artikel aus der Entstehungszeit der jüdischen Gemeinde im 19. Jahrhundert (1878/1884)  
Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde     
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
bulletZur Geschichte der Synagogen  
bulletFotos  
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte     
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)      
    
In Ingolstadt bestand eine jüdische Gemeinde bereits im Mittelalter. Erstmals werden in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts Juden genannt. Unter Herzog Ludwig II. (1255-1294) sollen erstmals jüdische Familien in der Stadt gelebt haben. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts verpflichteten sich die Juden Jakob, Lamb, Göschel und Genenl namens sämtlicher Juden in Ingolstadt, sich an den Arbeiten für die Stadtbefestigung zu beteiligen oder Gelder dafür beizusteuern (1322). Die jüdischen Familien lebten vor allem von der Geldleihe. 1340 wurde von Herzog Ludwig dem Bayer als Höchstzinssatz für Anleihen an Bürger 43 1/3 % und für Anleihen an Auswärtige 65 % festgelegt. Das mittelalterliche jüdische Wohngebiet befand sich im "Judenhof" neben der Alten Veste und entland der "Judengasse" an der südlichen Stadtmauer (Viktualienmarkt, Josef Ponschab-Straße) mit dem "Judentörl", im Westen begrenzt durch den "Judenturm" (Schäffbräustraße 13). 
Die Judenverfolgung in der Pestzeit 1348/49 traf auch die jüdische Gemeinde in Ingolstadt. 1352 wurden durch Herzog Ludwig den Bürgern der Stadt die Schulden bei Juden erlassen. 1348 beziehungsweise 1355 werden wieder jüdische Personen in der Stadt genannt. 1358 waren es vier jüdische Personen oder Familien, 1416 zehn, 1449/50 mindestens sechs. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts werden Ingolstädter Juden auch in Neumarkt, Gelnhausen, Frankfurt am Main, Augsburg, Nürnberg und Regensburg genannt. Auch in dieser Zeit lebten die jüdischen Familien vor allem von Darlehensgeschäften. Das Schutzgeld, das die Juden an den Herzog zu bezahlen hatte, betrug mindestens 10 Gulden pro Jahr, dazu kamen weitere Abgaben. 1384 kam es zu einer ersten Vertreibung der Juden aus Ingolstadt. 1405 konnten sich Juden wieder in der Stadt niederlassen. Die nächste Vertreibung war 1450, als alle Juden des Herzogtums Bayern-München ausgewiesen wurden. Zur Erpressung einer Auslösesumme waren einige Juden damals gefangen gesetzt worden.  
   
   
Erst 1861 erhielten jüdische Personen Niederlassungsrecht, 1871 das volle Bürgerrecht in Ingolstadt. In den Jahrzehnten zuvor waren allerdings regelmäßig zahlreiche jüdische Handelsleute zeitweise in der Stadt. Die Zahl der jüdischen Einwohner nahm zu von 21 (1867) auf 34 (1871), 60 (1880), 90 (1900). Seit den 1870er- und 1880er-Jahren gab es mehrere jüdische Geschäfte im Stadtzentrum (Tuchhandel, Weiß- und Kurzwarengeschäfte, Herren- und Damenkonfektion, Wolle, Leder- und Schuhwaren, Maschinen, Eisen- und Haushaltswaren, Öl-, Fett- und Farbenhandel sowie Banken).     
   
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, eine Religionsschule und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe Ausschreibungen der Stelle unten). 
  
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Adolf Kuhn (geb. 17.2.1897 in Ingolstadt, gef. 10.6.1918).         
  
1924/25
zählte die jüdische Gemeinde etwa 110 Personen (0,4 % von insgesamt etwa 27.600 Einwohnern). Dem Synagogenvorstand gehörten B. Weinbaum, J. Leiter, F. Lauchheimer, Max Kohn und Simon Freimann an. Als Lehrer, Kantor und Schochet war Jakob Leopold tätig. Er erteilte damals 17 jüdischen Kindern Religionsunterricht. 1932, als 104 jüdische Einwohner gezählt wurden (von insgesamt knapp 30.000 Einwohnern), war 1. Vorsitzender der jüdischen Gemeinde David Schloß, 2. Vorsitzender Karl Kissinger. Ingolstadt gehörte damals zum Bezirksrabbinat in München. Als Lehrer war Max Rosenbaum tätig. An jüdischen Vereinen gab es den Wohltätigkeitsverein Chewra Gemillus Chassodim (gegründet 1924), den Israelitischen Frauenverein (gleichfalls gegründet 1924), eine Ortsgruppe des Centralvereins, eine Ortsgruppe des Jüdischen Jugendvereins sowie eine Ortsgruppe des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten. Zur jüdischen Gemeinde in Ingolstadt zählten auch die in Buxheim und Neuburg an der Donau lebenden jüdischen Einwohner (1924 6 beziehungsweise 5 Personen).

1933 lebten noch 100 jüdische Personen in der Stadt. Letzter jüdischer Lehrer war Kalman Oppenheimer, der bis Juli 1938 den jüdischen Religionsunterricht erteilte. Bis November 1938 zogen auf Grund der zunehmenden Repressalien und der Folgen der Entrechtung und des wirtschaftlichen Boykotts 55 jüdische Einwohner aus der Stadt fort beziehungsweise wanderten aus (acht in die USA, fünf nach Palästina, sieben in andere Länder), zehn starben in der Stadt. Im November 1938 wurden noch 35 jüdische Einwohner gezählt. Nach den Ereignissen beim Novemberpogrom 1938, bei dem neben der Synagoge auch die beiden letzten jüdischen Geschäfte demoliert worden waren, zogen die meisten Juden fort.  
  
Von den in Ingolstadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch Angaben bei Th. Straub):  Zilla Abstein geb. Theilhaber (1875), Klara Adler (1875), Klara Freimann geb. Sämann (1896), Max Freimann (1926), Simon Freimann (1895), Maria Gips geb. Nussbaum (1878), Josef Gunzenhäuser (1896), Edgar Gutmann (1884), Julie Gutman geb. Gunz (1865), Benno Hammelbacher (1858), Gerda Hermann (1909), Julius Hermann (1878), Sophie Hermann geb. Klein (1884), Emanuel Herz (1921), David Hubert (1869), Hedwig Hubert geb. Guldmann (1878), Cäcilie Kiesel geb. Hamburger (1867), Julius Kohn (1891), Max Kohn (1871), Franziska Krämer geb. Reinemann (1883), Jakob Kreuzberger (1917), Karl Kupfer (1878), Gertrud Lauchheimer (1920), Hans Leiter (1923), Jakob Leiter (1893), Meta Leiter geb. Gutmann (1888), Elfriede Leopold (1911), James Lippmann (1883), Harry Lisberger (1924), Heinz Löwenfels (1899), Louise Löwenfeld (1915), Mathilde Luchs geb. Ney (1879), Rafael Luchs (1871), Siegfried Luchs (1880), Adolf Mannheimer (1878), Gustav T. Mannheimer (1876), Siegbert Meyersohn (1886), Helene Möllerich geb. Neuburger (1861), Gustav Neustädter (1892), Josef Neustädter (1885), Aron Orzegow (1862), Ida Orzegow (1890), Auguste Pappenheimer geb. Lindauer (1869), Rosa Pollak geb. Tag (1881), Berta Prölsdorfer (1890), Max Rosenbaum (1878), Selma Rosenbaum geb. Adler (1885), Bernhard Sämann (geb. ?), Berta Sämann geb. Weissmann (1869), Hedwig Schachno geb. Östreicher (1884), Josef Schachno (1876), Amalie (Malchen ) Schülein (1879), Max (Moses) Schülein (1877), Moritz Silberschmidt (1867), Henriette Sonn geb. Adler (1870), Simon (Samson) Sonn (1870), Meta Sternglanz geb. Gift (1884), Anna Theilhaber (1884), Blanka Weinstock (1922), Selma Weinstock geb. Hammelbacher (1896).   
 
An die Schicksale ehemaliger jüdischer Einwohner erinnern seit 2012 "Stolpersteine" in Ingolstadt. Im März 2012 wurden vor folgenden Gebäuden "Stolpersteine" verlegt: Paradeplatz 5, Theresienstraße 13, Neubaustraße 9, Donaustraße 6, Unterer Graben 20, Schmalzingergasse 1.   
     
1945/46 kehrten nur wenige Überlebende der früheren jüdischen Gemeinde zurück. Vorübergehend lebten möglicherweise einige jüdische Displaced Persons (Überlebende von Konzentrationslagern / Flüchtlinge aus dem Osten) in der Stadt, doch gab es in Ingolstadt kein jüdisches DP-Lager oder eine Community (das nächstliegende große DP-Lager war in Eichstätt). Es wurden in Ingolstadt nichtjüdische polnische, ukrainische und DPs aus dem Baltikum untergebracht.
  
1968 lebten 16 jüdische Personen in Ingolstadt.  
   
   
   
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1876 / 1878 / 1885 / 1889 / 1893 / 1895 / 1901 / 1925   

In den 1870er-Jahren war es der Bankier Adolph Schülein, der die Initiative zur Gründung einer  jüdische Gemeinde in Ingolstadt ergriff. Über die Zeitschrift "Der Israelit" suchte er seit 1876 - zunächst ganz privat für seine Familie - nach einem Schochet und Hauslehrer; 1876 hatte er einen Betsaal in seinem Haus eingerichtet.  
Ingolstadt Israelit 21061876.jpg (38901 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juni 1876: "Bis Mitte Oktober wird ein Hauslehrer gesucht, welcher der hebräischen, deutschen, französischen und englischen Sprache vollkommen mächtig ist. Derselbe muss auch Schechita o fos, aber nur im Hause, versehen! Bewerber mögen sich an das Bankgeschäft, Gebrüder Schülein in Ingolstadt, Oberbayern, wenden." 
 
Ingolstadt Israelit 30101878.jpg (42064 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Oktober 1878: "Schochet und Hauslehrer gesucht. Zu 3 Knaben wird ein tüchtiger Lehrer gesucht; derselbe muss den Elementar- sowie den Religionsunterricht leiten und hat speziell für das Haus große und kleine Schechita zu versehen. Wohnung mit voller Pension im Hause. Der Eintritt müsste sofort erfolgen können. Offerten ersucht man mit Angabe der Referenzen und Gehaltsansprüche, sowie mit abschriftlicher Beilage allenfallsiger Zeugnisse an den Bankier Adolph Schülein in Ingolstadt zu richten."
  
Ingolstadt Israelit 14051885.jpg (44009 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Mai 1885: "Schochet gesucht
Ein Schochet, die die Kabala (Autorisation) von einem streng religiösen Rabbiner hat und der auch befähigt ist, Kindern jüdischen Unterricht zu erteilen, wird gesucht. Eintritt kann sofort erfolgen. Offerten mit Gehaltsansprüchen sind an Herrn Adolph Schülein in Ingolstadt (Bayern) zu richten."
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1889: "Vakante Stelle. 
Es erledigt sich per 1. September bei dem unterfertigten Verein die Stelle eines 
Religionslehrers, Schächters und Vorbeters
mit einem fixen Gehalt von Mark 800, freier Wohnung und Heizung und circa Mark 200 Nebenverdienste. 
Bewerber um diese Stelle haben ihre Offerten mit Zeugnisbeilage bis längstens 15. Juli einzusenden und wird bemerkt, dass Ausländer nicht berücksichtigt werden. 
Der Synagogen-Verein Ingolstadt.
Vorstand Max Nußbaum."       
 
Als die folgenden Anzeigen in der Zeitschrift "Der Israelit" erschienen (1893/1895), war die Gemeinde gegründet und verfügte über einen gemeindeeigenen Betsaal mit einer Lehrerwohnung.
Ingolstadt Israelit 19061893.jpg (50508 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Juni 1893: "Auskündigung. Bei der unterfertigen Gemeinde erledigt sich per 1. September dieses Jahres die Stelle eines Religionslehrers, Vorsängers und Schochets. Mit dieser Stelle ist verbunden: 
a. freie Wohnung, b. ein fixes Gehalt von 800 Mark, c. Beheizungsentschädigung von 200 Mark, d. Schechita ca. 200-250 Mark, e. sonstige Nebenverdienste ca. 200-300 Mark. 
Bewerber wollen ihre Offerten mit Zeugnisabschriften und Photographie bis längstens 15. Juli einreichen. Russen und Polen werden nicht berücksichtigt. 
Die Verwaltung der israelitischen Kultusgemeinde Ingolstadt: M. Nussbaum, Vorstand."
  
Ingolstadt Israelit 24011895.jpg (49166 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Januar 1895: "Auskündigung. Wegen Übersiedelung des bisherigen Lehrers nach München erledigt sich bei der unterfertigten Gemeinde per 1. April eventuell 1. Juni die Stelle eines Religionslehrers, Vorsängers und Schächters. 
Mit dieser Stelle ist verbunden: a) 800 Mark fixes Gehalt bei freier Wohnung, b) 100 Mark Beheizungsentschädigung, c) 150 Mark Staatszuschuss für Religionsunterricht an der königlichen Realschule,   d) 200-300 Mark sonstige Nebenverdienste.
Ferner hatten die bisherigen Lehrer außerdienstlich Gelegenheiten zu größeren Nebenverdiensten durch Agenturen und Halten von Pensionären. Bewerber wollen ihre Offerten mit Zeugnisabschriften und Photographie baldigst einsehen.
Die Verwaltung der israelitischen Kultusgemeinde Ingolstadt. Nußbaum."
  
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. September 1901: "In unserer Gemeinde erledigt sich per 1. November dieses Jahres die Stelle eines Religionslehrers, Vorbeters und Schächters. Mit derselben ist ein Fixum von 900 Mark verbunden, außerdem freie Wohnung und Nebenverdienste. Reflektanten wollen ihre Meldungen und Zeugnisse baldgefälligst einsenden an 
Die Verwaltung der israelitischen Kultusgemeinde Ingolstadt: Moritz Süß-Schülein."     
 
Ingolstadt Israelit 02071925.jpg (52752 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Juli 1925: "Kantor, Religionslehrer und Schochet wird von der unterzeichneten Gemeinde per sofort gesucht. In hiesiger Stadt befindet sich Oberrealschule, Realsuche und Gymnasium. Seminaristische Vorbildung erforderlich und Herren mit guter Stimme werden bevorzugt. Gehalt regelt sich nach den Satzungen des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden. 
Israelitische Kultusgemeinde Ingoldstadt. J.B.: J. Hofmann."

   
Erinnerung an Lehrer Moritz Maier (um 1891/92 Lehrer in Ingolstadt)     

Postkarte von Lehrer Moritz Maier in Ingolstadt (1891)  
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries)  
Ingolstadt Dok 1891.jpg (109099 Byte) Ingolstadt Dok 1891a.jpg (149855 Byte)

Obige Karte wurde geschrieben am 13. Oktober 1891 in Schwäbisch Gmünd, einen Tag nach Jom Kippur 5652 der jüdischen Zeitrechnung, von Lehrer Moritz Maier, Ingolstadt (siehe Stempel auf Anschriftenseite). Empfänger waren wohl die Eltern und Geschwister von Moritz Maier (vgl. letzte Textzeile). 
Text der Karte: "Meine Lieben. Ich kam in Besitze des lieben Benno´s seines Briefes und freute mich von Euch Gutes zu hören. Für  ... besten Dank. Habt Ihr Jom Kippur gut gefastet ? Ich ging Montag morgen um 1/2 sieben Uhr in Betsaal und ging nicht vor Abends 6 Uhr aus demselben heraus. Könnt nun hieraus schließen daß ich sehr gut gefastet habe. Meine Wäsche werde über Sukkot hier behalten. Seit also an den kommenden Feiertagen recht vergnügt, dies wünscht Euer Euch liebender Sohn Sohn und Bruder Heinrich Gmünd, den 13. Oktober 91"    

  

Briefumschlag von Moritz Maier, Ingolstadt (1892) 
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries) 
Fischach Dok 14025.jpg (148938 Byte)  

Der obige Brief an die Cigarrenhandlung Salomon Maier in Fischach wurde am 9. Januar 1892 aus Schwäbisch Gmünd von Moritz Maier, Lehrer, Ingolstadt verschickt. Es konnte noch nicht in Erfahrung gebracht werden, in welchem Zeitraum Moritz Maier damals als jüdischer Religionslehrer in Ingolstadt tätig war (vgl. Ausschreibungen oben von 1889 und 1893, die den maximalen Zeitraum der Ortsanwesenheit von Moritz Maier nahe legen.     

     
Zum Tod von Lehrer Leopold Regensburger (1931, von 1901 bis 1912 Lehrer in Ingolstadt)  

Kriegshaber BayrGZ 15091931.jpg (64720 Byte)Artikel in der "Bayrischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. September 1931: "Vereinsmitteilungen (sc. des Lehrervereins). 1. Am 12. August verstarb Kollege Leopold Regensburger in Kriegshaber bei Augsburg. Geboren im Jahre 1867 in Sulzbürg, waltete er in Treue und Gewissenhaftigkeit in den bayerischen Gemeinden Ermetzhofen bis 1901, Ingolstadt bis 1912 und bis zu seinem Tode in Kriegshaber seines Amtes. Er gehörte zu jenen stillen Naturen, die fern von dem Getriebe der Öffentlichkeit ihren geraden Weg gehen. Unserem Vereine war er seit 1893 ein treues Mitglied. An seinem Grabe sprach Rosenfeld im Namen des Vereines Worte der Liebe und des Gedenkens. In Vertretung des abwesenden Rabbiners zeichnete Kollege Heimann (Augsburg) in formvollendeter Rede ein Lebensbild des Heimgegangenen. Im Namen der Kultusgemeinde Augsburg sprach Kommerzienrat Dann. Wir werden dem treuen Kollegen ein ehrendes Andenken bewahren."  

     
Erinnerung an Lehrer Leopold Regensburger 
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries)   

Postkarte von Lehrer 
Leopold Regensburger (1910) 
Ingolstadt Dok 3402.jpg (201952 Byte) Ingolstadt Dok 3402a.jpg (143235 Byte)

Lehrer Leopold Regensburger fragte mit obiger Postkarte - versandt am 17. März 1910 - bei einem Konkursverwalter nach den Preisen von Hosen aus gutem schwarzen Kammgarn (Seitenlänge von 1 m 5 cm und 1 m 7 cm) mit Zusage zum Kauf derselben bei zusprechendem Preisangebot. Als Adresse gibt Lehrer Regensburger die Theresienstraße 23 an, wo sich auch die Synagoge befand (siehe unten); der Konkursverwalter in München hat sein Geschäft in der Dachauerstraße 6 in München.  

   
   
Zur Geschichte der Juden in Ingolstadt
  - von Arno Friedmann, Ingolstadt (ehemaliger Lehrer, in Ingolstadt als Schuhhändler tätig, siehe unten, Artikel von 1926

Ingolstadt BayrGZ 08061926a.jpg (124155 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 8. Juni 1926: "Wie aus noch vorhandenen Urkunden hervorgeht, kamen kurz vor dem Jahre 1300 erstmals Juden zum dauernden Aufenthalt nach Ingolstadt. Diese waren natürlich, wie überall, auf den Handel und auf Geldgeschäfte angewiesen. Sie durften ja keinen Grund und Boden erwerben, keine christlichen Dienstboten halten, sie wurden in keine Zunft aufgenommen, konnten kein Handwerk ausüben und keine Beamte werden, es blieb ihnen kein anderer Erwerbszweig als der Handel; und wie viele Leiden und Gefahren brachte dieser mit sich.
Seit dem Jahre 1215 bestand nämlich das von Papst Innozenz III. erlassene Gebot einer besonderen Judenkleidung, und die Bischöfe waren angewiesen, diese Anordnung mit allen Zwangsmitteln durchzusetzen. Diese Bestimmung wurde sogar in den Schwabenspiegel, der seit 1275 als Rechtsbuch galt, mit aufgenommen. Dort heißt es: "Die Juden sollen Hüte tragen, die spitz sind, damit sind sie ausgezeichnet von den Christen, dass man sie für Juden halten soll." – Zu diesen Hüten kamen noch später gelbe Ringe auf dem Oberkleid für die Männer, Schleier mit gelben Strichen für die Frauen. Durch ihre Abzeichen waren die Juden einerseits die Zielscheibe roher Scherze und Quälereien, andererseits waren sie bei ihren Wanderungen die Köder der zahlreichen Strauchritter und Strolche, die natürlich jeden Juden für vogelfrei hielten. Noch schädlicher wirkte aber das Abzeichen auf die Träger selber, da es von diesen als Entehrung empfunden wurde; dadurch wurde ihre Haltung, ihr Selbstbewusstsein und ihr Mut gelähmt.
Ferner gehörte zu den vielen Einschränkungen, die der Jüdischheit – wie der Körperschaftsname lautet – seit der Breslauer Synode vom Jahre 1267 auferlegt wurden, dass diese gesondert wohnen mussten; Juden durften also nicht unter der nichtjüdischen Bevölkerung Wohnung nehmen, sondern sie mussten in besonderen Vierteln – Ghettos oder Gasse – zusammen wohnen. Darum bekam auch Ingolstadt seine Judengasse. Diese erstreckte sich vom Judenturm, das ist von dort, wo heute das Haus Schäffbräustraße 13 ist, bis zum Judenhof, das ist der Platz, auf dem heute die Franziskanerkirche steht. Das enge Gässchen lief also durch die heutige Höllbräu- und Franziskanergasse, der südlichen Stadtmauer entlang. Damals zog sich die Stadtmauer in einem unregelmäßigen
Ingolstadt BayrGZ 08061926b.jpg (382089 Byte)Viereck von sehr bescheidenem Umfang – es waren weniger als 2.000 Meter – um die Stadt.
Sie lief vom Ostentor – heute Ludwigsstraße 29 – zum Klostertor – heute Am Stein 12 -, von da zum Westertor – jetzt Theresienstraße 31 -, und endete am Südtor, da, wo jetzt das neue Sparkassengebäude ersteht. Zu ihrer Sicherung diente im Nordosten der Striegelsturm, jetzt Holzmarkt 6, im Nordwesen der Glockenturm, jetzt Schulstraße 29, im Südwesten der Judentum, jetzt Schäffbräustraße 13, im Südosten das Schloss und der Herzogskasten. 
Das Zentrum der Stadt bildete der alte Kornmarkt, das ist die heutige Schäffbräustraße. Im Schlossmuseum befindet sich ein sehr schönes Modell der Stadt aus dem Jahre 1573, auf dem diese Einteilung noch gut zu sehen ist. 
Im Jahre 1307 wütete ein gewaltiger Brand, durch den der südwestliche Teil der Stadt zerstört wurde; auch die Judengasse, die in diesem Teile lag, muss stark gelitten haben. Wohl deshalb gestattete Herzog Ludwig der Bayer durch den Erlass vom Jahre 1322, dass die Juden mit der Stadt graben, mauern, zimmern, arbeiten und steuern sollten. Den Wortlaut dieser und aller anderen angedeuteten Erlasse bringe ich in meiner Geschichte der Juden in Ingolstadt. Bei dem großen Risiko, das die Juden bei ihren Geschäften hatten und den vielen Steuern und Schutzgeldern, die sie zu erlegen hatten, mussten sie natürlich einen relativ hohen Prozentsatz in Anrechnung bringen.
Im Jahre 1340 wurde dieser durch kaiserliche Verordnung festgesetzt; es sind dies etwa 43 Prozent. Wenn der Zins wöchentlich bezahlt wurde, dann kam er nicht so zur Geltung; wenn er aber zum Kapital geschlagen wurde, so wuchs natürlich die Schuld rapid, und die Folge war, dass der Schuldner über jüdische Wucher klagte; die weiteren Folgen waren dann administrative oder Gewaltmaßnahmen. Im ersteren Falle wurden eben die Schuldscheine der Juden für kraftlos erklärt, wie dies zum Beispiel die Erlasse von 1316, 1349, 1352 u.a. zeigen, im anderen Falle wurden sämtliche Juden ausgewiesen und damit die lästigen Gläubiger beseitigt.
So wurden im Jahre 1349 zum ersten Male die Juden aus Ingolstadt vertrieben. Es waren über 30 Familien, die sich größtenteils nach Regensburg wandten: dorthin hatten sie auch ihre Toten begraben.
Da nach der Entfernung der Juden bald der Handel stockte und die Geldknappheit immer fühlbarer wurde, entschloss sich der Herzog Ludwig der Brandenburger im Jahre 1358, wieder Juden in Ingolstadt aufzunehmen.
Das alte Spiel wiederholte sich bald wieder und im Jahre 1384 wurden die Juden zum zweiten Male aus Ingolstadt verwiesen. Dieses Mal wandten sich die meisten der Vertriebenen nach Nürnberg. Herzog Stephan der Knäufel schenkte im Jahre 1397 die Judenschule und den Judenhof der Stadt und diese errichtete auf dem Platz eine Kapelle, aus der später die heutige Franziskanerkirche entstanden ist.
Die Sage, die aus dieser Schenkung hervorging, und die an der Decke der Franziskanerkirche und an der Wand des Nachbarhauses – Schutterstraße 2 – bildlich dargestellt ist, ist wohl bekannt. Der Chronist schreibt: "Die ob ihrer Vertreibung wütigen Juden stahlen aus der Kapelle, welche an Stelle ihrer Synagoge entstand, das wunderreiche Gnadenbild, insgemein die Schuttermuttergottes genannt, und versteckten es, nachdem sie ihm den Kopf abgeschnitten, die Donau aufwärts an einem heimlichen Ort am Gestade. Nach nicht langer Zeit aber, siehe, da schwamm das Muttergottesbild mit abgeschnittenem Kopfe von freien Stücken die Donau herab, in die Schutter hinein, sich nächst der Kapelle anlegend. Darob entstand ein Jubelgeschrei in der ganzen Stadt, so man seit Menschengedenken sich nicht erinnern konnte. Es flossen reichliche Gaben und Opfer. Die Kapelle ward nun zur Kirche erweitert. An der Decke aber ist die ganze Geschichte des Wunders abgebildet zu schauen."
Nachdem im Jahre 1409 eine große Judenausweisung aus Nürnberg stattgefunden und unter den Vertriebenen laut Aufzeichnung der Nürnberger Ratsbücher auch die aus Ingolstadt zugezogenen Juden benannt sind, und nachdem im Jahre 1413 wieder Juden in Ingolstadt ansässig sind, ist anzunehmen, dass die Vorgenannten in ihre früheren Wohnstätten zurückgekehrt sind.
Im so genannten Salbuch, in dem die Einkünfte des Herzogs Ludwigs des Bärtigen (1413-1443) aufgezählt sind, findet sich u.a. auch das Judengeld als Einnahmeposten. Nach demselben wurden im Jahre 1416 von 31 Juden insgesamt 384 rheinische Gulden als Schutzgeld vereinnahmt.
Der erwähnte Eintrag lautet: "Mittwoch nach Pantaleonis anno 1416. Juden Geld. Item mein Herr hat die Juden gefreit und in seinen Schirm genommen, also welcher in seinem Land sitzen will, dass ihm der zum mindesten 10 ungarische Gulden geben (soll), welcher aber mehr vermecht nach der zweier Juden erkennen, die mein Herr darüber gesetzt hat, der soll auch mehr geben nach seinen Statten und darauf ist angeschlagen, dass davon in allen meines Herrn landen im Jahr minder oder mehr gefallen sollen bei 384 rheinische Golden. Item: es soll ein Pfleger zu Ingolstadt alle Jahre von jedem Juden daselbst ein Gulden haben und von jeder Witwe ½ Gulden."
Es folgen dann die Namen von 31 Juden, die je 10 ung. Gulden und die Namen von zwei Gulden, die je ung. Gulden, das sind 330 ungarische Gulden oder 384 rheinische Gulden an die herzogliche Kasse bezahlt haben (davon wohnen drei in Weiden: Schmuel, Ahron, Michel; drei in Neunburg: Veits Jud, Jakob, Isaak; zehn in Ingolstadt: Nassan, Jakob von Freising, Mair von Schrobenhausen, Süssel Jud, Lasarus Josep, Manuel, Mair sein Sohn, Manikin hat den Pfleger vertrost, Salomon hat Gelait nach München. Einer in Monheim: Symon; drei in Donauwörth: Liebermann, Salomon Josep sein Sohn; einer in Höchstädt: Jäckl; drei in Lauingen: Josep, Salmon, Liebermann; zwei in Aichach: Mosse, Isaak; einer in Reichertshofen: Jakob; drei in Freystadt: Nattan, Mosse, Leo und sein Schwester, 15 ungarische Gulden; drei in Hilpoldstein: Symon, Jakob, Isaak und sein Mutter, 16 ungarische Gulden = 31 Juden, jeder zehn Gulden, zwei jeder 15 Gulden).
Wegen der vielen Abgaben, die die Juden pünktlich zu entrichten hatten, mussten sie auch bei ihren Schuldnern auf Bezahlung drängen. Deshalb liefen beim Herzog fortwährend Klagen ein über die Hartherzigkeit und dem Wucher der Juden. Der Herzog Ludwig der Reiche (1450-1479) von Niederbayern, dem Ingolstadt nach dem im Jahre 1445 erfolgten Tode Herzog Ludwig des Höckerigen zufiel, wollte durch ein Radikalmittel diese Klagen aus der Welt schaffen. Auf seinen Befehl wurden in den Frühstunden des 5. Oktober 1450 alle Juden seines Landes gefangen gesetzt. Vermutlich kamen die hiesigen Juden in den Judenturm. Nasch vier Wochen erhielten sie dann den Befehl, binnen drei Tagen das Land zu räumen. Gnädig ward ihnen gestattet, ihren Hausrat und die Einrichtung ihrer Synagogen mitzunehmen. Ihre Schuldbriefe wurden annulliert, ihre Schütze wurden für die herzogliche Kasse eingezogen. – So wurden also die Juden zum dritten Male aus Ingolstadt vertrieben. 
Als der edle und aufgeklärte österreichische Kaiser Josef II. als erster deutscher Fürst durch das Toleranzedikt vom 13. Oktober 1781 nicht nur den christlichen Konfessionen völlige Gleichberechtigung gewährte, sondern auch den Juden bürgerliche Rechte verlieh, den Leibzoll und etliche Einschränkungen aufhob, widmete Klopstock in seiner Ode "An den Kaiser", dem, "der den Juden wieder zum Menschen macht," die Verse: 
"Wen fasst des Mitleids Schauer nicht, wenn er sieht,
Wie unser Pöbel Kanaans Volk entmenscht!
Und tut der’s nicht, weil unsere Fürsten
Sie in zu eiserne Ketten schmieden?
Du lösest ihnen, Retter, die rostige,
eng angelegte Fessel vom wunden Arm;
sie fühlen’s kaum, glauben’s kaum. So lange
hat’s um die Elenden hergeklirret." -
Vorurteile und Gewaltmaßnahmen haben 300 Jahre lang Juden von Ingolstadts Grenzen fern gehalten; wir wollen über die Leiden und Verfolgungen hinweggehen, die sie und ihre Nachkommen in diesen drei Jahrhunderten zu erdulden hatten. In Ehrfurcht blicken wir aber auf die verklärten Gestalten, welche allen Grausamkeiten zum Trotze dem Gotte Israels treu geblieben sind! Ihr Andenken gereiche uns zum Segen!"
     

    
    
Artikel aus der Entstehungszeit des Gemeinde im 19. Jahrhundert  
Klage über die noch nicht bestehende Gemeinde in Ingolstadt (1878)  

Ingolstadt Israelit 27021878.jpg (139746 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Februar 1878: "Ingolstadt. Aus einer der jüngsten Nummern des "Israelit" habe ich erfahren, dass in Bornheim bei Frankfurt am Main mehrere israelitische Familien sich angesiedelt, die auch bereits ein gemeinschaftliches Betlokal gemietet, um gemeinschaftlichen Gottesdienst daselbst abzuhalten. 
Unwillkürlich erinnerte mich dies an die traurigen religiösen Zustände in der alten Festungsstadt Ingolstadt. Bei uns ist leider das Gegenteil der Fall. Im vorigen Jahre ließ sich ein streng-orthodoxer, reicher Mann in unserer Stadt nieder, der auf eigene Kosten einen Betsaal mit allem nötigen Komfort eingerichtet, seinen eigenen Schochet und für seine Kinder einen Religions- und Elementarlehrer aus der israelitischen Lehrerbildungsanstalt zu Würzburg besoldet. Trotzdem schenken die hiesigen Israeliten, mit Ausnahme eines einzigen jungen Mannes, all diesen Einrichtungen so wenig Aufmerksamkeit, dass bis jetzt auch noch nicht Einer von ihnen die Schwelle unseres Gotteshauses betreten. Obgleich an den verflossenen ehrfurchtgebietenden Tagen schriftliche und mündliche Einladungen an dieselben ergangen sind, besuchten sie weder am Rosch Haschana (Neujahrsfest) noch am Jom Kippur unseren Gottesdienst, und waren wir gezwungen, sechs junge Leute aus München kommen zu lassen, um die Gebete mit Minjan (Zehnzahl der Männer) verrichten zu können. 
Von der ihnen unentgeltlich gebotenen Schechita nehmen sie keine Notiz; fast sämtliche Familien essen nicht koscheres Fleisch
Allen jenen Glaubensgenossen, namentlich aus Franken und Schwaben, die schön öfters den Wunsch geäußert haben, dass sie wegen der günstigen Geschäftslage in hiesiger Gegend die Stadt Ingolstadt zu ihrem bleibenden Domizil erwählen würden, wenn für das jüdisch-religiöse Leben mehr Sorge getragen wäre, kann ich versichern, dass sowohl für geregelten Gottesdienst und Religions- und Elementarunterricht als auch für die Schechita hinreichend genug gesorgt ist, und können alle diese Institutionen unentgeltlich benützt werden."  

     
     
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Gründung eines Synagogenvereins (1884)  

Ingolstadt Israelit 20111884.jpg (192549 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. November 1884: "Ingolstadt. Mit dem 1. November dieses Jahres Schabbat Paraschat Lech Lecha (am Schabbat mit der Toralesung Lech Lecha) ist hier ein Verein ins Leben getreten, wie ein solcher seit nahezu einem halben Jahrtausend seit dem Jahre 1397 hier in Ingolstadts Mauern nicht mehr zustande gekommen ist. Es hat sich nämlich hier ein Synagogenverein als Vorstufe zu einer Synagogengemeinde gebildet, der es sich zur Aufgabe macht:
a) einen Fond zu gründen, behufs Erbauung einer Synagoge am hiesigen Orte und Beschaffung aller zum Kultus erforderlichen Utensilien etc. 
b) das Gefühl der religiösen Zusammengehörigkeit der israelitischen Elemente hiesigen Ortes zu heben und zu fördern zum Zwecke gegenseitiger Unterstützung in religiöser Beziehung, wie solches auch in anderen israelitischen Religionsvereinen oder Gemeinden der Fall ist.
Samstag Paraschat Lech Lecha beging der Verein sein Stiftungsfest, das zwar einer einfachen, aber der Heiligkeit der Sache gemäß, der würdigen Verlauf nahm. Samstag Vormittag fand in der festlich geschmückten Schülein'schen Synagoge der Stiftungsgottesdienst statt, zu welchem fast alle Mitglieder mit ihren Familienangehörigen erschienen waren, und welcher durch eine, von Herrn Lehrer Hugo Lion gehaltenen Festpredigt verherrlicht wurde. Nach der Predigt folgt das vom Vereinsvorstande, Herrn Bankier Adolph Schülein, in deutscher Sprache rezitierte Gebet für den Landesvater. 
Samstag, abends 8 Uhr, fand in der Sälen des Hotel Adler eine Familienunterhaltung statt. Die Abendfeier wurde mit einer würdigen, gediegenen Ansprache des Herrn Vorstandes, durch dessen aufrichtig religiösen Eifer der Synagogenverein ins Leben getreten ist, eingeleitet. In dieser Ansprache betonte derselbe besonders die Wichtigkeit dieses Vereins zur Wahrung der israelitischen religiösen Interessen am hiesigen Orte, fernerhin ermahnte er die Mitglieder, die Einigkeit und das Gefühl der religiösen Zusammengehörigkeit fortan, so, wie sie es heute bei der Stiftung getan, zu bewahren und zu bewähren. 
Während des ganzen Abends herrscht eine sehr animierte Stimmung und erst nach Mitternacht war die schöne Stiftungsfreier beendet. Möge nun der Synagogenverein Ingolstadt, die heilige und wichtige Aufgabe, die er sich gestellt, zum Segen und Heile seiner Glaubensgenossen, Mitbürger und Mitmenschen zu lösen suchen und möge dem Synagogenvereine nun bald auch eine Synagogengemeinde erblühen!"   

    
Beleidigungen des jüdischen Lehrers Arno Friedmann (1901)   
Anmerkung: Arno Friedmann - weitere Informationen zu ihm siehe unten - publiziert im Jahr 1900: "Die Geschichte der Juden in Ingolstadt (1300-1900)"; online zugänglich. Arno Friedmann war vor Ingolstadt Lehrer in Dettensee.     

Ingolstadt Israelit 11031901.jpg (90223 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. März 1901: "München, 7. März (1901): Der israelitische Lehrer Friedmann in Ingolstadt hatte vor einigen Monaten eine kurze Geschichte der Juden in Ingolstadt herausgegeben. Über dieses Werkchen, das einen Teil des 24. Heftes des Sammelblattes des historischen Vereins für Ingolstadt bildete, erschien in der Nummer 249 des 'Bayerischen Vaterland' ein längerer Artikel. In demselben war Friedmann als 'Geschichtsjud' bezeichnet und mit Bezug auf ihn gesagt, 'das bringe wirklich nur jüdische Frechheit und Unverschämtheit fertig.' Durch schöffengerichtliches Urteil ist nun dieserhalb der Redakteur Otto Schoy des 'Bayerischen Vaterland' wegen öffentlich verübter Beleidigung des Lehrers Friedmann zu einer Geldstrafe von fünfzig Mark verurteilt worden, und die Veröffentlichung des Urteils in dem 'Bayerischen Vaterland' und den 'Münchener Neuesten Nachrichten' angeordnet worden."    

   
Anschlag auf die Eisenhandlung Cohn und Halberstadt (1924)   

Ingolstadt Israelit 28081924.jpg (28531 Byte)Meldung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1924: "In Ingolstadt wurde von antisemitischer Seite ein Bombenattentat gegen die Eisenhandlung Cohn und Halberstadt verübt, das noch rechtzeitig vereitelt werden konnte. Die Täter sind noch nicht entdeckt."  

 
Das Gebiet der jüdischen Gemeinde wird erweitert (1927)   

Ingolstadt BayrGZ 15071927.jpg (78642 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Juli 1927: "Bekanntmachung über die Erweiterung des Gebietes der Israelitischen Kultusgemeinden ... Ingolstadt... :  
Die nachstehend aufgeführten Kultusgemeinden haben beschlossen, ihr Gebiet wie folgt auszudehnen: 
Die Israelitische Kultusgemeinde Ingolstadt auf die Finanzamtsbezirke Ingoldstadt, Pfaffenhofen, Neuburg a.d.D. und Schrobenhausen."   

   
Publikation des jüdischen Lehrers Arno Friedmann (1929)  
Anmerkung: Zu Aron Fried Friedmann weitere Informationen siehe unten. 

Ingolstadt BayrGZ 01021929.jpg (111880 Byte)Artikel in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 1. Februar 1929: "A. Friedmann: Bilder aus meiner Heimatgeschichte. Ingolstadt 1929. Das soeben erschienene Büchlein enthält eine Fülle von Einzelbildern aus der bayerisch-jüdischen Geschichte. Fast alle größeren und älteren Judengemeinden in allen bayerischen Landesteilen finden eine mehr oder minder ausführliche Darstellung. Manchmal sind es nur einzelne Momente des geschichtlichen Lebens, die festgehalten sind, manchmal ist es eine vollständige Geschichtsdarstellung auf engstem Raum. Deshalb ist das Büchlein nicht nur reichhaltig im Inhalt, sondern auch kurzweilig in seiner zwanglosen Darstellungsweise. Ein 'Fachmann' hätte Geschichte in dieser leichten Form nicht dargestellt, aber ebenso wenig irgendein großstädtischer 'Geschichtsfreund'; dem letzteren hätte die Muße dazu gefehlt. Geschichtsfreunde dieser beschaulichen Art trifft man öfters unter den heimatlichen 'Geschichtsvereinen', sei es in Passau, in Neuburg oder in Schweinfurt. Der Rückgang der jüdischen Provinzbevölkerung hat es bewirkt, dass ein Jude nicht so leicht auf den Gedanken kommt, 'seine'  Heimatgeschichte zu schreiben. So ist also der Verfasser dieses Buches selbst schon eine Art 'historische' Erscheinung. Wenn die Abwanderung der Juden in die Großstädte weitergeht, dann wird es solche Erscheinungen bald nicht mehr geben. Damit aber wenigstens seelisch der Zusammenhang soweit wie möglich gewahrt bleibt, wäre es gut, wenn die jüdische Jugend als die Trägerin der Zukunft dieses Büchlein in die Hand bekäme. St."   
  
Ingolstadt Israelit 20031930.jpg (111337 Byte)Buchbesprechung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. März 1930: "Bilder aus meiner Heimatgeschichte. Ein Beitrag zur Geschichte und Heimatkunde der Juden in Bayern. Von A. Friedmann, Ingolstadt. Der Titel dieser Sammlung ist nicht glücklich gewählt, da er den Anschein erweckt, es handle sich um einen Auszug aus einem größeren Werke. Der Verfasser hat mit großem Fleiße eine Reihe von Berichten aus Werken älterer und neuerer Zeit, aus Lokalchroniken und Zeitungsartikeln über Judenverfolgungen in Bayern zusammengestellt, ohne chronologische oder sonstige Ordnung, anscheinend nur so, wie sie ihm zur Hand gekommen sind. Die große Zahl von 36 Nummern, obgleich sie sich leider ins Unendliche vermehren ließen, wirkt ermüdend, zumal noch einige Sagen von geringem Werte eingeflochten sind, und der Anfang: 'Was wir selbst erlebt haben' nicht sehr überzeugend wirkt. Auch dienen solche Übertreibungen, wie die, dass man zum Schluss des Weltkrieges mit 'Türklinken und Gardinenstangen geschossen habe', der Sache nicht, für die der Verfasser sich einsetzt. Lobend ist anzuerkennen, dass Verfasser seine Quellen sehr sorgfältig angegeben hat. Als aktuelle Kuriosität sei erwähnt, dass in dem Schutzbrief für einen Juden in Kitzingen aus dem Jahre 1511 ausdrücklich zugesichert wird, dass 'das Fleisch nach ihren (der Juden) Sitten gegeben werde'. Damals gab es allerdings noch keinen Tierschutzverein, und der Machthaber erkannte das Schächten als religiöse Vorschrift an."   

        
 Vortrag von Rabbiner Dr. Bärwald (München) vor dem Jugendverein über "Die Pharisäer" (1929)    

Ingolstadt BayrGZ 01041929.jpg (271979 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. April 1929: "Ingolstadt. In unserem aufstrebenden Jugendverein sprach am Sonntag, dem 17. März, Herr Rabbiner Dr. Bärwald, München, über 'Die Pharisäer' und zeichnete in meisterhafter Weise ein glänzendes Bild der Rechtfertigung dieser Talmudgelehrten. Außer der Jugend hatten sich die meisten Mitglieder der hiesigen Kultusgemeinde zu dem Vortrage eingefunden und alle folgten mit regem Interesse den Ausführungen des Referenten. Dieser entwickelte ungefähr folgende Gedanken. Beinahe 2.000 Jahre schon dauert die Verunglimpfung, die sich mit Vorbedacht an den Namen Pharisäer heftet. Forscher neuerer Zeit, an ihrer Spitze Herford, haben die Falschverdächtigten von denen ihnen zugedichteten Makeln befreit. Wie der Bibelkritik noch heute meist die Ergebnisse der christlichen Forschertätigkeit zugrunde gelegt werden, so hat sich die Welt gewöhnt, nach christlichem Muster die Pharisäer als Heuchler einzuschätzen. Und doch verdienen sie nichts weniger als diesen Schandnamen. Die würdigen Schüler und Nachfolger eines Esra, des Mannes von so überragender Bedeutung für die Erklärung der jüdischen Geschichte und für die Gestaltung des religiösen Lebens, haben die Pharisäer auf dem von ihrem großen Lehrer gelegten Grundstein weitergebaut. Esra schuf das statische und dynamische Element im Judentum, seine Schüler pflegten mit aufopfernder Liebe und Begeisterung die Toraforschung, Haggada und Halacha, Talmudstudium. Dabei lag den frommen Gelehrten jede Heuchele, jede unlautere Absicht durchaus fern, sonst hätte sich ihr Werk nicht durch die Jahrzausende der tiefsten Bedrängnis erhalten können...."
   
Ingolstadt BayrGZ 01041929.jpg (271979 Byte)Derselbe Bericht erschien in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. April 1929.

     
Chanukkafeier des "Reichsbundes Jüdischer Frontsoldaten" (Dezember 1930)   

Ingolstadt BayrGZ 15011931.jpg (35758 Byte)Artikel in der "Bayrischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Januar 1931: "Ingolstadt. Die Ortsgruppe des Reichsbundes Jüdischer Frontsoldaten hielt am 20. Dezember 1930 eine Chanukkafeier ab, die sich nicht nur auf den kleinen Kreis unserer Frontkämpfer beschränkte, sondern zu der auch die jüdische Gemeinde und die anderen jüdischen Vereine eingeladen waren. Wohl selten noch hatte sich eine jüdische Veranstaltung in unserer Stadt eines solchen zahlreichen Besuches zu erfreuen. Der Abend verlief dank einer Reihe ausgezeichneter Darbietungen angeregt und würdig."   

     
     
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Zum Tod von Fanny Nußbaum, Gattin des Gemeindevorstehers (1925)  

Ingolstadt BayrGZ 06061925.jpg (37642 Byte)Artikel in der "Bayrischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 6. Juni 1925: "Am 17. Mai wurde in Ingolstadt Frau Fanny Nußbaum, die Gattin des dortigen Gemeindevorstehers, unter großer Anteilnahme der Gesamtbevölkerung der Stadt zu Grabe getragen. Frau Nußbaum ist kurz nach Vollendung ihres 70. Lebensjahres einem schweren Leiden erlegen. Das Andenken der in weiten Kreisen hochgeachteten und beliebten Frau, die sich auch um das Gemeindeleben in Ingolstadt sehr verdient gemacht hat, wird gesegnet bleiben."   

   
Über Arno Friedmann (1867-1934; Lehrer, später Schuhhändler in Ingolstadt und Heimatforscher)    

Arno Friedmann ist am 24. Februar 1867 in Hainsfarth geboren als Sohn des dortigen Lehrer Marcus Friedmann (1835-1910) und seiner Frau Babette geb. Hollerbaum (1844-1883). Arno ließ sich zum Lehrer ausbilden und war als solcher seit 1888 tätig in Dettensee, ab 1896 in Kiel. Hier heiratete er im Juli 1898 die aus Dettensee stammende Josephine geb. Oppenheimer (1868 - 1924 in München). Nach seiner Heirat zogen die beiden nach Ingolstadt, wo er 1901 einen Schuhwarenladen eröffnete. Dieser befand sich nach dem Ersten Weltkrieg im Haus Ludwigstraße 10. Zeitweise scheint Arno Friedmann auch als Kantor für die jüdische Gemeinde gewirkt haben. Arno und Josephine Friedmann hatten eine Tochter Paula (geb. 1900, gest. 1985 in Miami FL), die 1923 Karl Kissinger heiratete (geb. 1898 in Ermershausen als Sohn des Lehrers David Kissinger* und der Karoline geb. Zeilberger; Hochzeitsanzeige von Karl Kissinger und Paula geb. Friedmann siehe unten). Karl Kissinger wurde Geschäftspartner seines Schwiegervaters Arno Friedmann und war um 1924 zweiter Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Ingolstadt. Arno Friedmann starb am 27. November 1934 in Ingolstadt und wurde im jüdischen Friedhof ebd. beigesetzt. Karl Kissinger führte das Geschäft bis zur erzwungenen "Arisierung" 1937 fort.  
*Hinweis: der genannte Lehrer David Kissinger war auch der Vater von Louis Kissinger, dessen 1923 in Fürth geborener Sohn Heinz Alfred war der später US-Politiker Henry Kissinger.      
       
 Familienfotos und Grabstein 
von Arno Friedmann 
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  Die Brüder Siegbert (1880-1943, Lehrer in Schwanfeld), Isidor (1873-1949, Rabbiner) und Arno Friedmann  Lehrer Arno Friedmann (1867-1934; 
Fotos links und oben erhalten von Liz Levy)   
Grabstein für Arno Friedmann im jüdischen 
Friedhof Ingolstadt
 (Foto: Yehuda Shenef, Augsburg)   
       
Das Schuhgeschäft Friedmann
 in Ingolstadt 
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  Historisches Foto: Königliche Filialbank Ingolstadt,
 links Gebäude mit dem 
Schuhgeschäft Friedmann 
Schuhhaus Friedmann - vermutlich 
Anfang der 1930er-Jahren 
(Foto erhalten von Liz Levy)  
Das Gebäude des früheren 
Schuhgeschäftes Friedmann 2015
(Foto Rolf Hofmann, Stuttgart)  
 
Quellen: Rolf Hofmann: Arno Friedmann in Ingolstadt. Erstellt mit Unterstützung von Dr. Theodor Straub, Edmund Hausfelder und Elizabeth Levi. 2015 
(eingestellt in deutsch als pdf-Datei - English Version by Yehuda Shenef and Elizabeth Levy)  
Rolf Hofmann: Friedmann + Kissinger Ahnenreihe, bezogen auf die Lehrer der israelitischen Elementarschule in Hainsfarth und den US-Außenminister Henry Kissinger (pdf-Datei)    
Rolf Hofmann: Family Sheet Marcus Friedmann of Poppenlauer + Hainsfarth (pdf-file)    

 
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    
Anzeige von Fa. Holzer & Neumeier (1900)   

Ingolstadt Israelit 26111900.jpg (41847 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. November 1900: "Wir suchen per 1. Januar eine tüchtige selbständige Haushälterin bei guter Bezahlung, angenehmer und dauernder Stellung. Offerten nebst Photographie und Zeugnisabschriften erbitten 
Holzer & Neumeier. Ingolstadt an der Donau (Bayern)."

   
Hochzeitsanzeige von Karl Kissinger und Paula geb. Friedmann (1924) 
Anmerkung: zu den beiden siehe im Text oben zu Arno Friedmann     

Ingolstadt Israelit 26071923.jpg (35642 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Juli 1923: "Karl Kissinger - Paula Kissinger geb. Friedmann
Vermählte. Ingolstadt Ludwigstraße 10 - Charlottenburg  Fritschestraße 43. 
Trauung: Montag, 30. Juli 1923, 1 Uhr nachmittags im Hotel Cirkel, Ansbach."    

    
    
    
Zur Geschichte der Synagogen      
    
Eine mittelalterliche Synagoge ("Juden Schul") und der "Judenhof" werden 1397 erstmals genannt. Sie lagen unweit des Alten Schlosses und der Schutter. Die Synagoge war vermutlich bereits in der Zeit vor der Judenverfolgung 1348/49 erbaut worden. Im Jahr 1397 (nach der Vertreibung der Juden 1384 und einer zugleich anzunehmenden Zerstörung der Synagoge) hatte Herzog Stephan III. das Synagogengrundstück und den Judenhof konfisziert und der Stadt zur Bebauung mit einer Kapelle geschenkt. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde von den Augustinermönchen im Zusammenhang mit der benachbarten Klosteranlage eine neue Augustinerkirche erstellt. Diese Kirche wurde im Frühjahr 1945 bei einem Flieger-Bombardement zerstört. Dabei kamen in ihrem Keller über 100 Flüchtlinge ums Leben. Eine Tafel erinnert daran. Auf dem Platz sind die Umrisse der Augustinerkirche des frühen 18. Jahrhunderts eingelassen. 

Im 19. Jahrhundert wurde zunächst um 1876 durch den zugezogenen Bankiers Adolph Schülein (Milchstraße 9) ein privater Betsaal in seinem Haus eingerichtet. Er stellte auch einen Lehrer und Schochet an, bedauerte aber sehr, dass der Betsaal zunächst kaum von den anderen zugezogenen jüdischen Familien mit benutzt wurde. 1884 wurde ein Synagogenverein als Vorstufe zu einer Synagogengemeinde gegründet (Vorsitzender Adolph Schülein). 1890 konnte ein gemeindeeigener Betsaal mit einer Lehrerwohnung in der Milchstraße 8 eingerichtet werden. 1907 wurde das Hinterhaus (ehemaliger Illuminationsbau) zur Theresienstraße 23 zu einer Synagoge umgebaut. Der Betsaal ging über zwei Stockwerke; eine Frauenempore war vorhanden. 

Nur etwa 30 Jahre blieb die in der Theresienstraße eingerichtete Synagoge religiöser Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde in Ingolstadt. Beim Novemberpogrom 1938 wurden die Synagoge geschändet; dabei wurden Türen, Fenster und Möbel zertrümmert. Holztrümmer, Teppiche, Torarollen, Bücher und Ritualien wurden auf die Theresienstraße getragen und dort angezündet. Das Gebäude selbst blieb bestehen. Nach Kriegsende ließ die Stadtverwaltung die Schäden am Synagogengebäude beseitigen. Das Gebäude konnte 1946 wieder als Synagoge eingeweiht und bis 1952 als solche genutzt werden. Da auf Dauer jedoch nicht ausreichend jüdische Familien in Ingolstadt blieben beziehungsweise zuzogen, wurden in der Folgezeit keine jüdischen Gottesdienst mehr gefeiert und die Synagoge geschlossen. Sie kam in Privatbesitz und wird seitdem als Werkstatt/Lager verwendet. 

Die Inneneinrichtung der ehemaligen Synagoge ist bis heute teilweise erhalten. Das Gebäude befindet sich jedoch in Privatbesitz und kann nicht besichtigt werden. Eine Hinweistafel befindet sich am Vordergebäude Theresienstadtraße 23 mit der Inschrift: "Im Rückgebäude 1782-1785 Illuminatensaal, 1907-1938 Synagoge der Israelitischen Kultusgemeinde Ingolstadt. In der Reichspogromnacht 1938 verwüstet. 1946 wiederhergestellt, 1952 aufgegeben".   
      
Adressen / Standorte der Synagogen:    

bulletMittelalterliche Synagoge: Schäffbräustraße
bulletBetsaal 1876: Milchstraße 9 
bulletBetsaal 1890: Milchstraße 8 
bulletSynagoge 1907-1938: Hinterhof Theresienstraße 23   

    
   

Fotos  
(Fotos der Ritualien von Theodor Harburger März 1927, veröffentlicht in: Th. Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, Hg. von den Central Archives Jerusalem und dem Jüdischen Museum Franken in 3 Bänden 1998, Bd. 3 S. 317f; Farbfotos: Angela Hager, Aufnahmedatum April 2006, die beiden Fotos in der linken Spalte: Hahn, Aufnahmedatum 21.8.2007)

Historische Aufnahmen  Ingolstadt Synagoge 010.jpg (78512 Byte) Ingolstadt Synagoge 011.jpg (98552 Byte)
Ritualien, die im Besitz von Justin Hofmann in Ingolstadt waren: links: Tora-Aufsätze (Rimmonim).
 Rechts: Tora-Schild (Tass) und Tora-Zeiger. Fotos vom 16.3.1927); die Gegenstände befanden sich
 nicht in der Synagoge.
   
Ingolstadt Synagoge 251.jpg (83977 Byte) Ingolstadt Synagoge 200.jpg (80488 Byte) Ingolstadt Synagoge 201.jpg (79992 Byte)
Theresienstraße. Hinter dem abgebildeten bläulichen Gebäude befindet sich im Hinterhof das
 Gebäude der 1907 eingerichteten Synagoge; eine Gedenktafel ist auf Augenhöhe rechts zu sehen
Die ehemalige Synagoge (dunkles Gebäudeteil) 
im Hinterhof der Theresienstraße
   
Ingolstadt Synagoge 250.jpg (80450 Byte) Ingolstadt Synagoge 202.jpg (51994 Byte) Ingolstadt Synagoge 203.jpg (63891 Byte)
Gedenktafel Ausschnittvergrößerungen des Fotos oben rechts

     
     
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   

Juli 2010: Eine Dokumentation über die Schicksale der Juden aus Ingolstadt wird an Yad Vashem in Jerusalem übergeben   
Artikel von Michael Stadik im "Donau-Kurier" vom 8. Juli 2010 (Artikel): "Auf den Spuren der Nazi-Opfer. 
Ingolstadt (DK) Etwa 100 Juden lebten bis zur Machtübernahme der Nazis in Ingolstadt. Historiker und Schüler haben nun neue Erkenntnisse über den Leidensweg der jüdischen Opfer gewonnen und dem israelischen Gedenkzentrum Yad Vashem übergeben.
 
Dr. Rafael Luchs war ein geschätzter Mediziner, der im 1. Weltkrieg deutsche Soldaten an der Front pflegte und als Stabsarzt nach Ingolstadt verschlagen wurde. Der Geburtshelfer und Frauenarzt eröffnete Ende 1918 in der Schanz eine Praxis und gewann vor Ort schnell Vertrauen. Vor allem die armen Patientinnen achteten Dr. Luchs, der sich unter anderem in der Arbeiterwohlfahrt engagierte. Dabei unterschätzte er jedoch den Hass der Machthaber auf die Juden: Noch 1938 kehrte der deutsche Jude freiwillig aus einem Urlaub in Israel in die Nazi-Diktatur zurück. "Dem Dr. Luchs tut doch niemand was", soll er vor der Heimreise noch gesagt haben..."  
Es sind nur die ersten Zeilen des Artikel wiedergegeben.  
    
Mai 2011: In Ingolstadt sollen "Stolpersteine" verlegt werden    
Artikel von Bernd Limmer im "Donau-Kurier.de" vom 11. Mai 2011 (Artikel): "Stolpersteine sollen an NS-Opfer erinnern 
Ingolstadt (dk) Auf Zustimmung und lobende Worte ist das Schülerprojekt Stolpersteine im Kultur- und Schulausschuss der Stadt gestoßen. Die kleinen Pflastersteinen sollen in Ingolstadt an die Opfer des Nazi-Regimes erinnern

Der Kölner Bildhauer Gunter Demnig hatte die Idee, mit Gedenktafeln aus Messing an die Opfer der NS-Zeit erinnern. Die Tafeln werden vor deren letzten Wohnort ins Trottoir verlegt. Diese Idee, die Demnig schon in anderen deutschen Städten umgesetzt hat, griff eine Schülergruppe aus Ingolstadt auf. Jetzt gab auch der Kultur- und Sportausschuss grünes Licht.
Gudrun Rihl freute sich über das Engagement der jungen Menschen. Sie sah in dem Projekt eine Ergänzung zu der Gedenkstätte im Luitpoldpark. Es sei ein uralter Anspruch, dass der Mensch mit seinem Namen erkennbar sei. Wo die Steine verlegt werden, hätten die Schüler noch nicht entschieden, informierte Kulturreferent Gabriel Engert."   
  
Oktober 2011Elf "Stolpersteine" werden in 2012 verlegt  
Artikel von Christian Silvester im "Donau-Kurier.de" vom 19. Oktober 2011: "'Stolpersteine' gegen das Vergessen: Scheiner-Schüler erinnern an Opfer der Nationalsozialisten. Ingolstadt (IN). In mehreren 100 Orten erinnern Pflastersteine mit Messingkappen vor Häusern an Opfer des Nationalsozialismus, die dort vor ihrer Emigration oder Deportation gewohnt hatten. Ingolstadt fehlt auf dieser Kart. Das ändern jetzt Schüler des Scheiner-Gymnasiums. Sie werden im kommenden Jahr elf 'Stolpersteine' aus der Werkstatt des Künstlers Gunter Demnig in der Altstadt verlegen. Am Mittwoch präsentierten die Zwölftklässler ihr Projekt..." 
Link zum Artikel.      
 
Januar 2012: Gedenken am Holocaust-Gedenktag  
Artikel von Thomas Michel in der "Augsburger Allgemeinen" vom 30. Januar 2012: "Geschichte - Bewegendes Gedenken. Schüler erinnern an NS-Opfer. 
Ingolstadt.
Keine Worte, keine Requisiten und auch keine Hilfsmittel - es war schon beeindruckend, wie die neun SChülerinnen der Theatuergruppe des Christoph-Schreiner-Gymnasiums es schafften, eine derartig beklemmende Szenerie zu erschaffen..."  
Link zum Artikel     
 
März 2012: "Stolpersteine" werden verlegt  
Artikel von Christian Silvester im "Donaukurier.de" vom 20. März 2012: "Schicksale pflastern den Weg. 
Ingolstadt
(sic). Die Familie Loewenfels wohnte am Paradeplatz, Hausnummer 5. Den Nationalsozialisten entkamen die Ingolstädter jüdischen Glaubens gerade noch rechtzeitig. Sie emigrierten in die USA. Ab heute erinnert ein kleiner mit Messing beschlagener Stein an die Familie...".
Link zum Artikel      
Artikel von Christian Silvester im "Donaukurier.de" vom 21. März 2012: "Eine Verbeugung vor den Opfern. 
Ingolstadt
. Die Stadt ist die 738. Kommune Europas, in der Gunter Demnigs 'Stolpersteine' an geflohene und von den Nazis ermordete Bürger erinnern. Gestern verlegte der Künstler Steine in der Altstadt - zum Auftakt vor applaudierendem Publikum..." 
Link zum Artikel     
Artiktel in der "stattZeitungplus" vom 22. März 2012: "Achtung! Stolpersteine!..."  
Link zum Artikel      
  

       
         

Links und Literatur   

Links:

bulletWebsite der Stadt Ingolstadt   
bulletSeiten der Stadtmuseums Ingolstadt 
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Ingolstadt (interner Link) 
bulletSeite zur jüdischen Geschichte in Ingolstadt in der Website des Jüdisch Historischen Vereins Augsburg       

Literatur:  

Ingolstadt Buch 01.jpg (18046 Byte) Ingolstadt Buch 02.jpg (40625 Byte)
bulletGermania Judaica II,1 S. 375-376; III,1 S. 582-583. 
bulletArno Friedmann: Die Geschichte der Juden in Ingolstadt. Ingolstadt 1900. Online zugänglich.     
bulletders.: Bilder aus meiner Heimatgeschichte. Ein Beitrag zur Geschichte und Heimatkunde der Juden in Bayern. Ingolstadt 1929. Online zugänglich in der Website der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main (Freimann-Sammlung)   
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 103-104.
bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 32-33.
bulletTheodor Straub: Juden in Ingolstadt - eine Gedenkschrift. Ingolstadt 1988.
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 301-302.
bulletIngolstädter Gesichter. 750 Jahre Juden in Ingolstadt. Ausstellung des Stadtmuseums Ingolstadt 27. Mai bis 30. Oktober 2000. Kuratorin und Fotografin: Alisa Douer. Texte: Theodor Straub.
bulletPresseartikel von Bernhard Pehl im "Donaukurier" vom 26. September 2017: "Für ein würdiges Gedenken. Der Historiker Theodor Straub plädiert für eine jüdische Ausstellung im Taharahaus am Westfriedhof..." (eingestellt als pdf-Datei).    

    
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Ingolstadt  Upper Bavaria. Jews fleeing a Munich blood libel (1285) and the Rindfleisch massacres (1298) arrived in the late 13th century. In 1322 the community of 30 had a synagogue. In the Black Death persecutions of 1348-49 debts to Jewish moneylenders were canceled and the Jews expelled. Over the next century, periods of ducal protection alternated with periods of persecution until the final expulsion in 1450. Jewish merchants only appeared again in 1784 to participate in the fairs. Permanent residence was only permitted in 1848. From the eve of Worldwar I, the Jews maintained a population of around 100 (total 23,745), engaged mainly in the cattle, textile, and oil product trade. The community ended between 1933 and 1939; 70 Jews left for other cities in Germany, mainly Munich; 20 emigrated from the country; and ten died.   
           
            

                   
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Stand: 30. Juni 2020