Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Kleinsteinach (Gemeinde Riedbach, Landkreis Hassberge) 
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
bulletLinks und Literatur   

     
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)    
     
In Kleinsteinach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1940/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 15. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1453 Juden am Ort genannt. 1699 lebten 43 jüdische Personen am Ort. Im 17. Jahrhundert war Kleinsteinach Sitz eines Bezirksrabbinates. Damals wirkten einige berühmte Toragelehrte am Ort, darunter Schimschon Schlomo Aleksander (Ben Rabbi) Schimon (um 1650 bis 1670) oder der auf Grund des Chmielnicki-Pogroms aus Polen hierher geflüchtete Rabbi Schmuel Sohn des David Moshe Halevi aus Miedzyrzecz (Rabbiner in Kleinsteinach 1670 bis 1681). 
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1814 159 jüdische Einwohner (41,3 % von insgesamt 385), 1871 128 (28,4 % von 451), 1880 110 (22,0 % von 500), 1890 131 (27,1 % von 483), 1900 129 (26,4 % von 488), 1910 75 (16,6 % von 452). Die jüdischen Familien lebten überwiegend vom Handel mit Waren und Vieh, teilweise auch als Schlachter und von der Landwirtschaft. 
   
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Kleinsteinach die folgenden jüdischen Familienvorstände genannt (mit bereits neuem Familiennamen und Erwerbszweig): als unmittelbare Schutzjuden: Haium Jakob Lichtenstädter (Ellenwarenhandel), Michel Seligmann Kaufmann (Privatlehrer), Isak Wolf Langer (Ellenwarenhandel), Joseph Samuel Maas (Högner, d.h. Seifensieder, Lichterziehen), Callmann Löw Dülsheimer (Högner), Simon Löw Dülsheimer (ohne Gewerbe, Privatlehrer), Witwe von Löw Jacob Uhlfelder (Warenhandel), Moises Salomon (Bauer, seit 1820), Bonfet Raphael Rau (Schneider, seit 1824); als mittelbare Schutzjuden des Freiherrn von Truchseß: Abraham David Schloß (Kramhandel), Bär Moses Grünebaum (Schmusen), Löw Hirsch Hajum Straus (Schnitthandel), Fratel, Witwe von Jakob Weidenbusch, Elka, Witwe von Marx Dessauer (Handel und Feldbau), Elka, Witwe von Hirsch Moses Schwab (Handarbeit), Joseph Abraham Brill (Brillenhandel), Salomon Baruch Zuckermann (Auszüger), Isak Wolf Wolfermann (Handel), Isak Männlein Gutmann (Handel), Num Schmul Neumann (Viehhandel und Feldbau), Schmul Num Neumann (Viehhandel), Salomon Hajum Lichtenstetter (Warenhandel), Schmul Nathan Adler (Kramhandel, Judenvorsteher), Selig Nathan Adler (Warenhandel), Raphael Nim Neumann (Handel); als mittelbare Schutzjuden der Freiherren von Altenstein: Simon Samuel Bärniger (Schlachter und Lichterziehen), Hajum Löw Oppenheimer (Warenhandel), Michael Hirsch Hebel (Schmusen) Löw Hirsch Hebel (Warenhandel), Jantorf Salomon Troller (Schmusen), Isak Jakob Schwab (Schlachten), Joseph Jakob Schwab (Schlachten), Wolf Samuel Rosenfeld(er) (Viehhandel), Mayer Salomon Walther (Warenhandel), Abraham Löw Sänk (Wangenhandel), Witwe von Baruch Samuel Frankenberger (Warenhandel), Raphael Samuel Schönmann (Hopfenhandel). 

Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehörten jüdischen Familien zahlreiche für das wirtschaftliche Leben im Ort wichtige Geschäfte und Läden, darunter Textilgeschäfte mit Schuhwaren, zwei Viehhandlungen, zwei Rindsmetzgereien, eine Pferdehandlung, eine Herrenschneiderei, eine Matzenbäckerei, eine Fellhandlung, ein Schuhgeschäft, ein Kolonialwarengeschäft. 

An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad sowie ein Friedhof (Verbandsfriedhof für die umliegenden Gemeinden). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schächter fungierte. 1817 wird als Lehrer Jacob Moses Mix genannt; er hatte sich in Werneck verheiratet und ist dann zur "Übernahme des jüdischen Lehrerdienstes in der Freiherrlich von Altensteinisch lehenbaren Judenschule zu Kleinsteinach gezogen". In besonderer Erinnerung blieben um 1870 H. Heinemann (danach in Mittelsinn), Ascher Eschwege (Lehrer 1872 - 1879, Berichte zu ihm siehe unter Thuengen, wo Lehrer Eschwege von 1879 bis 1920 als Lehrer tätig war), Nathan Sichel (Lehrer 1879 - mindestens 1911), Hirsch Wolfrom (1914 bis 1919 und 1922 bis 1924; vergleiche die Berichte zu den Lehrern unten). Die Gemeinde gehörte zum Distriktsrabbinat Burgpreppach

Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Max Neumann (geb. 4.12.1894 in Kleinsteinach, gef. 23.2.1916). Sein Name steht auf dem Kriegerdenkmal für die Gefallenen der Weltkriege in der Ortsmitte direkt vor der Kirche sowie auf dem Kriegerdenkmal im jüdischen Friedhof. 

Um 1925, als zur Gemeinde 47 Personen gehörten (10 % von insgesamt etwa 470 Einwohnern), war Vorsteher der Gemeinde Emanuel Gutmann. Als Kantor, Lehrer und Schochet war Hirsch Wolfrum angestellt. Er erteilte damals in Kleinsteinach sechs Kindern den Religionsunterricht. An jüdischen Vereinen gab es einen Wohltätigkeits- und Begräbnisverein Chewra Kadischa (1924 unter Leitung von Isak Sacki, 18 Mitglieder, 1932 Leitung Seligmann Grünbaum), einen Krankenpflegeverein Bikkur Cholim (1924 Leitung Meier Walter, 10 Mitglieder) und eine Chewra Maariw-Bisman (1924 Leitung Meier Walter, 10 Mitglieder). 1932 waren die Gemeindevorsteher Emanuel Grünbaum (1. Vors.), Sali Lichtenstädter (2. Vors.) und Jakob Wolfermann (3. Vors.). 

Zu Beginn der NS-Zeit 1933 lebten noch 33 jüdische Personen am Ort. 19 jüdische Personen konnten zwischen 1936 und 1940 noch den Ort verlassen, darunter sind 12 in die USA emigriert, je einer nach England, Brasilien und Ecuador; vier Gemeindeglieder verzogen in andere deutsche Orte. Beim Novemberpogrom 1938 kamen SA-Leute aus Hassfurt nach Kleinsteinach. Sie drangen in die jüdischen Häuser ein, zerschlugen die Fenster und zerstörten die Einrichtungen. Danach wurde die Synagoge geschändet und die Inneneinrichtung völlig zerstört (s.u.). Da die jüdischen Männer gewarnt und vor der Aktion geflohen waren, begann eine Jagd nach ihnen, bei der auch Bauern des Ortes angegriffen wurden, die im Verdacht standen, einzelne Männer in Scheunen versteckt zu haben. 

1942 wurden die letzten jüdischen Einwohner deportiert. Am 22. April hatten sich vier Personen an der Sammelstelle "Platzscher Garten" in Würzburg einzufinden; von dort ging es am 25. April 1942 weiter bis nach Krasnystaw. Wer in das Durchgangslager Krasniczyn kam, wer weiter nach Izbica, ist nicht bekannt. Die letzten sechs jüdischen Einwohner Kleinsteinachs mussten im Juni 1942 nach Schweinfurt ziehen. Wenige Tage später starb Frau Saly Wolfermann (Grab im jüdischen Friedhof Schweinfurt). Die übrigen fünf Personen wurden zusammen mit anderen am 9. September über Würzburg (10. September) und Nürnberg in das Ghetto Theresienstadt deportiert (Mitteilung von Frau Elisabeth Böhrer). Keiner überlebte. 

Von den in Kleinsteinach geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Israel Hirsch Adler (1875), Jakob Adler (1876), Jeanette Adler (1873), Moritz Dessauer (1868), David Hirsch Droller (1875), Gustav Droller (1876), Julius Droller (1878), Regine (Rachel) Eisenheimer geb. Grünbaum (1863), Simon Eschwege (1879), Cäcilie Fichtelberger geb. Lichtenstädter (1861), Meta Friedmann geb. Neumann (1875), Emanuel Grünbaum (1874), Lina Grünbaum geb. Blum (1874), Rina (Riwa) Grünbaum (1911), Sophie Grünbaum geb. Hofmann (1871), Kolaja Gutmann (1870), Julius Gutmann (1874), Klara Gutmann (1866), Klara Gutmann (1889), Jakob Heinemann (1870), Max (Moses) Hellmann (1875), Karoline (Lina) Kahn geb. Gutmann (1869), Rosalie (Sally) Levi geb. Sacki (1868), Esther Lieber geb. Adler (1871), Fanny Marx geb. Walter (1896), Erich Neumann (1931), Irmgard Neumann (1924), Meta Neumann geb. Grünbaum (1896), Moritz Neumann (1892), Moritz (Moses) Neumann (1889), Klara Reis geb. Schloss (1894), Clara Schloss geb. Sammer (1872), Leopold Schloss (1898), Karoline (Kela) Sichel geb. Neumann (1854), Klara Sichel (1886), Jette Sonder geb. Lichtenstädter (1868), Berta Tannenberg (1883), Jakob Wolfermann (1874), Klara Wolff geb. Adler (1885), Lina Wolff geb. Gutmann (1870).   
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Religionslehrer-, Vorsänger und Schächterstelle 1872, 1879 und 1924

Kleinsteinach Israelit 10071872.jpg (53569 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juli 1872: "Die israelitische Religionslehrer- und Vorsängerstelle zu Kleinsteinach, Kgl. Bezirksamt Haßfurt, ist durch Beförderung des bisherigen Lehrers erledigt und soll alsbald wieder besetzt werden. 
Nebst freier Wohnung erhält der Lehrer 300 Gulden fixe Besoldung, 100 Gulden an Akzidenzien und kann, wenn darauf reflektiert wird, auch die Schächterfunktion übertragen werden, die mindestens 100 Gulden abwirft. Nebstdem sind noch bedeutende Nebenverdienste durch Privatunterricht und dergleichen zu gewärtigen. Reflektanten belieben sich recht bald zu wenden an. 
Simon Schloß
, Kultusvorstand."
Auf diese Ausschreibung hin bewarb sich erfolgreich Ascher Eschwege, der bis 1879 blieb, als er die Stelle in Thüngen übernahm.
  
Kleinsteinach Israelit 03121879.jpg (97292 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Dezember 1879: "Die israelitische Religionslehrer- und Vorsängerstelle, verbunden mit Schächterfunktion dahier, ist durch Beförderung des bisherigen Lehrers Herrn A. Eschwege als Elementarlehrer in Thüngen in Erledigung gekommen und soll baldmöglich wieder besetzt werden. Die Erträgnisse bestehen nebst freier Wohnung in dem sehr geräumigen schönen Schulhause in 600 Mark an ständigem Gehalt inkl. Entschädigung für Beheizung des Lehrzimmers, 250 Mark Anschlag des Schlächterverdienstes, 250 Mark Anschlag der Nebenverdienste, welch letztere sich bei gutem Einvernehmen beträchtlich erhöhen und auch die Sicherheit besteht, dass sich ein Lehrer dahier durch Erteilung von Privatunterricht einen namhaften Verdienst verschaffen kann. 
Gutbefähigte Bewerber wollen ihre diesbezüglichen Gesuche mit Zeugnissen bis zum 20. Dezember diesen Jahres an den Unterfertigten gelangen lassen. 
Kleinsteinach bei Haßfurt am Main, 28. November 1879. Samuel Lichtenstetter, Kultusvorstand."
Auf diese Ausschreibung hin bewarb sich erfolgreich Lehrer Nathan Sichel. 
   
Kleinsteinach Israelit 03071924.jpg (40001 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juli 1924: "Ab 1. September ist in hiesiger Gemeinde die Stelle eines Religionslehrers, Kantors und Schochets zu besetzen. Besoldung erfolgt nach staatlichen Grundsätzen. Bewerber wollen sich melden an Herrn E. Gutmann, Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde in Kleinsteinach, Unterfranken."

    
Anzeigen des Lehrers Nathan Sichel 1886 / 1903 / 1909

Anmerkung: Lehrer Nathan Sichel war seit 1884 verheiratet mit Karolina geb. Neumann. 

Kleinsteinach Israelit 20091886.jpg (43452 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. September 1886: "Bei mir finden Knaben, auch solche, die noch schulpflichtig sind, Aufnahme, Unterricht in den kaufmännischen Fächern. Auf Verlangen auch im Hebräischen, als Chaje Adam usw., Wohnung im Hause, gute Kost, gewissenhafte Pflege und strenge Aufsicht. 
N. Sichel,
Lehrer in Kleinsteinach bei Haßfurt am Main (Unterfranken)."
(Anmerkung: viele jüdische Lehrer unterhielten in ihren Häusern noch eine kleine Pension für schulpflichtige jüdische Knaben, was bei dem knappen Lehrergehalt einen Nebenverdienst einbrachte". 
  
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. April 1903: "Knaben, die sich dem Kaufmannsstande widmen wollen, finden in meinem Hause Aufnahme. Lehrgegenstände: Kaufmännisches Rechnen, Handels-Korrespondenz, Kontokorrent, Buchführung, Wechsellehre, Stenographie etc. etc.: auf Verlangen auch Talmud, Mischna und Ritual. Kost, Wohnung und Wäsche im Hause. Gewissenhafte, religiöse Erziehung, vorzügliche körperliche Pflege. Pensionspreis äußerst billig.  
N. Sichel, Lehrer, Kleinsteinach bei Hassfurt (Unterfranken)."   
 
 
Neujahrsanzeige 1909  
Kleinsteinach Israelit 09091909.jpg (20267 Byte) Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. September 1909: "Allen Freunden und Bekannten herzlichen ...Wunsch entbietet Lehrer N. Sichel und Familie Kleinsteinach." 

       
Dienstjubiläum des Lehrers Nathan Sichel (1911)

Kleinsteinach Israelit 11051911.JPG (68435 Byte)Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Mai 1911: "Kleinsteinach (Unterfranken), 30. April. Am 1. Mai konnte Herr Lehrer Sichel hier auf eine 50jährige Amtstätigkeit zurückblicken. Zuerst wirkte derselbe 13 Jahre in Ober-Seemen (Oberhessen), sodann 6 Jahre in Dornheim (Mittelfranken). Seit 31 Jahren waltet Herr Sichel in der hiesigen Gemeinde mit großer Pflichttreue seines Amtes und hat während dieser langen Zeit eine segensreiche Tätigkeit entfaltet. Dessen Verdienste um die hiesige Gemeinde und Schule wurden hier durch Veranstaltung einer größeren Feier anlässlich seines 25jährigen Dienstjubiläums geziemend gewürdigt. Um seinem Wirkungskreise keine Gelegenheit zu einer zweiten Jubiläumsfeier zu geben, beging Herr Sichel in aller Stelle den wichtigen Tag seines Lebens. Möge dem allseits beliebten Lehrer ein recht hohes, gesegnetes Alter beschieden sein!"  
   
Kleinsteinach FrfIsrFambl 12051911.jpg (13746 Byte)Meldung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. Mai 1911: "Kleinsteinach. Am 1. Mai beging Lehrer N. Sichel sein 50jähriges Amtsjubiläum."
Anmerkung: Lehrer Sichel sprach bei der Beisetzung von Emma Flamm geb. Eisenmann 1911 in Nenzenheim. 

          
Zum Tod von Lehrer Hirsch Wolfrom (1927, Lehrer in Kleinsteinach 1914 bis 1919 und 1922 bis 1924)  

Ermershausen BayrGZ 15071927.jpg (140131 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Juli 1927: "Nach langem und schwerem Leiden starb am 11. Juni in Reichenhall, wohin er sich zum Kurgebrauch  begeben hatte, Lehrer Hirsch Wolfrom von Ermershausen im 46. Lebensjahre. Bei der Beerdigung, die in München stattfand und zu der sich neben zahlreichen Gemeindemitgliedern sämtlich Kollegen von hier eingefunden hatten, schilderte Herr Rabbiner Dr. Ehrentreu das entsagungsreiche und opfervolle Leben des jüdischen Lehrers, dessen ganz auf das Ideelle gerichtete Streben oft genug nicht die Würdigung findet, die es verdient. Herr Oberlehrer Dingfelder sprach im Namen des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden und des Israelitischen Lehrervereins den Hinterbliebenen das herzlichste Beileid aus. Er gab dabei die Versicherung ab, dass beide Organisationen bemüht sein werden, das Los der schwer geprüften Witwe nach Möglichkeit zu erleichtern. Kollege Wolfrom hatte ein wechselvolles und schicksalsschweres Leben hinter sich. Nachdem er im Jahre 1900 das Jüdische Lehrerseminar in Köln absolviert hatte, wirkte er in verschiedenen norddeutschen Gemeinden, und zwar in Gemen, Labes, Konitz und Stallupönen. Bei dem Einfall der Russen im Jahre 1914 musste er, seine ganze Habe zurücklassend, flüchten und kam dann nach Kleinsteinach in Unterfranken. Nach zweieinhalbjährigem Kriegsdienst kehrte er im Jahre 1919 wieder nach Stallupönen zurück, nahm im Jahre 1922 neuerdings die Stelle in Kleinsteinach an und wirkte schließlich bis zu seinem Tode in Ermershausen. Wir werden dem in so jungen Jahren abberufenen Kollegen ein treues Andenken bewahren."    

     
75. Geburtstag der Lehrerwitwe Sichel (1929)   

Kleinsteinach Israelit 03051929.jpg (15426 Byte)Mitteilung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Mai 1929: "Kleinsteinach (Unterfranken), 22. April (1929). Frau Lehrer Sichel, Witwe, Kleinsteinach (Unterfranken), beging ihren 75. Geburtstage am 22. April 1929."   

       
     
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben 
Zum Tod von Heßlein Lonnerstädter aus Haßfurt (1924)
Der Wohltätigkeits- und Bestattungsverein Chewra Kadischa in Kleinsteinach war für den Verbandsfriedhof in Kleinsteinach zuständig. Daher gehörten der Chewra Kadischa auch Mitglieder aus den Gemeinden des Friedhofverbandes an. So wurde zum Tod von Heßlein Lonnerstädter aus Haßfurt auch ein Nachruf aus Kleinsteinach veröffentlicht:

Kleinsteinach Israelit 20111924.jpg (83558 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. November 1924: "Kleinsteinach, 18. November (1924). Aus Kleinsteinach wird uns geschrieben: In dankbarer Erinnerung an sein hingebungsvolles Wirken in der Chewra Kadischa gedenken wir des Heimganges unseres langjährigen Mitglieder, Herrn Heßlein Lonnerstädter, Haßfurt. Er übte Barmherzigkeit stets mit mustergültiger Gewissenhaftigkeit und Hilfsbereitschaft. Im 74. Lebensjahre beendete er seine Laufbahn hienieden. 
An der Bahre fand Herr Lehrer Hammelburger, Haßfurt, Worte des Abschiedes von einer innigen Wehmut, wie sie nur der Schmerz ob des Hinscheidens eines schwer zu missenden herzlichen Freundes hervorzubringen imstande ist. Nachdem er die glänzenden Eigenschaften und die Größe des Verlustes, der nicht nur die Familie, sondern auch die Gesamtheit betroffen hat, in treffender Weise geschildert hatte, nahm unser altehrwürdiges Beit Hachajim (Friedhof) die irdischen Reste dieses aufrechten Mannes auf."

    
      
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Abraham Adler aus Kleinsteinach wurde als Rabbiner in Burgpreppach gewählt (1838)    
Anmerkung: der aus Kleinsteinach stammende Abraham Adler war von 1838 bis 1845 Rabbiner in Burgpreppach, danach bis 1882 Distriktrabbiner in Aschaffenburg.

Burgpreppach AZJ 20091838.jpg (13339 Byte)Meldung in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. September 1838: "Für das Rabbinat Burgpreppach ist nunmehr in der Person des Herrn Abraham Adler aus Kleinsteinach gewählt."

  
Zum Tod der Brüder Liebmann und Isak Gutmann (1901)
  

Kleinsteinach Israelit 15051901.jpg (30044 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Mai 1901: "Kleinsteinach. Hierselbst starben kurz nacheinander die Brüder Liebmann und Isak Gutmann, beide in ihrer Gemeinde und Umgegend hochgeschätzte Männer. Letzterer war an 50 Jahre Chasan an den Jomim Hanoroim (sc. ehrenamtlicher Vorbeter an den Hohen Feiertagen im Herbst) und ebenso lang Baal Tokeah (sc. Schofarbläser). Ihre Seelen seien eingebunden in den Bund des Lebens."  

            
Über den aus Kleinsteinach stammenden Präparandenlehrer Max Gutmann (geb. 1876 in Kleinsteinach, gest. 1926)  

Kleinsteinach Bayr GZ 07101926.jpg (293777 Byte) Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 7. Oktober 1926: "Präparandenlehrer Max Gutmann. Am ersten Abend des Rosch-Haschonoh, dessen Festtagsliturgie in erschütternder Weise die Gebundenheit des Menschenschicksals an den göttlichen Richterspruch uns zum Bewusstsein bringt, hauchte Max Gutmann seine edle Seele aus. Am zweiten Tage des Rosch-Haschonoh wurde, was sterblich an ihm war, auf dem Beis hachajim (Friedhof) zu Fulda der Erde übergehen. Mit Max Gutmann ist ein frommer Jude, ein ideal gesinnter Lehrer, ein guter Mensch ins Grab gesunken. Geboren im Jahre 1876 in Kleinsteinach und aufgewachsen in einem von tiefem religiösem Ernst durchwehtem Elternhause, wurde Gutmann schon in früher Jugend auf das alte jüdische Ideal eines Lehrers hingewiesen. Die in bayerischen Lehrerkreisen bekannten und geschätzten Jugendbildner, Lehrer Sichel s.A. (Kleinsteinach) und Lehrer Eschwege (Thüngen) waren die geistigen Führer seiner Jugend. Die Präparandenschule zu Höchberg und das Jüdische Lehrerseminar zu Würzburg zählten Gutmann mit zu ihren strebsamsten Absolventen. Seine Laufbahn als jüdischer Lehrer begann der junge Kollege in mehreren kleinen Gemeinden Unterfrankens, dann folgte er einem Rufe an die höhere Mädchenschule nach Hamburg. Seine reichen pädagogischen Erfahrungen, die er in 5jähriger Tätigkeit in Hamburg sich erwarb und als Hörer an der dortigen Hochschule erweiterte, konnte er als Lehrer an der Präparandenschule zu Burgpreppach vom Jahre 1908 an als Nachfolger des verewigten Hauptlehrers Neumann s.A. in reichem Maße verwerten. In 17jähriger Tätigkeit als Lehrerbildner hat sich Gutmann durch treue Hingabe die Dankbarkeit von Hunderten seiner Schüler, die Anerkennung und Achtung seiner Kollegen an der Schule und des Bezirks, sowie den Dank der Verwaltung und Leitung seiner Schule erworben. Fast untragbar erschien zeitweise das Maß der Arbeit, das in der Kriegs-, besonders aber in der Inflationszeit als Pflegevater, als Hausverwalter und als Lehrer auf seinen Schultern lastete. War er doch zuletzt fast der einzige und alleinige Träger der gesamten Schul- und Internatsaufgaben, welche aus dem Betrieb der zur Bürgerschule umgewandelten Burgpreppacher Anstalt erwuchsen. Seine Körperkraft, welche den großen Anstrengungen des ihm im letzten Jahrzehnt gestellten Aufgabenkreises nicht mehr gewachsen war, brach unter der Last zusammen, musste umso eher zusammenbrechen, als unerquickliche Verhältnisse an der Schule durch seelische Aufregungen seine ohnehin schon geschwächte Gesundheit stark beeinträchtigen. Obgleich erst am Ende der vierziger Jahre stehen, musste Gutmann jede weitere Berufstätigkeit aufgeben. Aber gerade jetzt musste er noch einmal die Tragik des jüdischen Lehrerstandes erfahren. Es zeigte sich, dass trotz der in Bayern gegebenen Versorgungsmöglichkeit für seine Ruhestands- und Hinterbliebenenbezüge nur unzulänglich gesorgt war. Dem Eintreten seiner Kollegen im Bayerischen Lehrerverein ist es noch in letzter Stunde dank der Fürsorgetätigkeit des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden in Verbindung mit den Opfern aus der Hilfskasse des Lehrervereins und aus der Kasse der Burgpreppacher Schule gelungen, die Ruhestandsversorgung im Rahmen der einmal gegebenen Verhältnisse noch einigermaßen befriedigend zu lösen. Aber nicht lange sollte Gutmann der Ruhe sich erfreuen. Nach etwas mehr als einjährigem Ruhestand machte ein Schlaganfall seinem leben ein Ende. An seinem Grabe trauert eine junge Witwe mit fünf Waisen. Möge es gelingen, die Hinterbliebenen für Not und Sorge zu bewahren. Wie sich der verewigte Jugendbildner in Hunderten von Herzen dankbarer Schüler ein Denkmal bleibender pietätvoller Verehrung gesetzt hat, wird sein Andenken in den Kreisen seiner Kollegen, die ihn als einen aufrechten Mann und freuen Freund schätzten, in liebevoller Erinnerung fortleben. Das Andenken an den Gerechten ist zum Segen! J.St."

   
Zum 70. Geburtstag des in verschiedenen Ämtern tätigen Meier Walter (1937)   

Kleinsteinach BayrGZ 15031937.jpg (40384 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. März 1937: "Kleinsteinach (Unterfranken). Am 27. Februar beging Herr Meier Walter seinen 70. Geburtstag. Schon mehr als 20 Jahre ist er Vorstand des hiesigen Begräbnisvereins und über 30 Jahre setzt er sich als Mitglied des Chewra Kadischa für sie in uneigennütziger Weise ein. An den hohen Feiertagen ist er als Bal-tefilloh (ehrenamtlicher Vorbeter) in idealer Weise tätig. Möge es Herrn Walter vergönnt sein, noch lange Jahre an der Seite seiner Gattin und im Kreise seiner Kinder in Glück und Gesundheit zu verbringen."  
 
Kleinsteinach Israelit 25021937.jpg (46529 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Februar 1937: "Kleinsteinach (Unterfranken), 20. Februar (1937). Am kommenden Schabbat (27. Februar 1937) begeht Herr Meier Walter seinen siebzigsten Geburtstag. Schon mehr als 20 Jahre ist er Vorstand des hiesigen Begräbnisvereins und seit über 30 Jahren setzt er sich als Mitglied der Chewra Kadischa in uneigennützigster Weise für deren Belange ein. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass der Jubilar an den hohen Feiertagen als Baal Tefilla (ehrenamtlicher Vorbeter) in idealer Weise tätig ist. (Alles Gute) bis 120."

      
   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Hochzeitsanzeige von Brunette geb. Schüler und Salomon Adler (1912)  

Kleinsteinach FrfIsrFambl 12041912.jpg (48830 Byte)Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. April 1912: "Herr Rabbiner S.H. Schüler und Herr und Frau Nathan Adler beehren sich, von der - so Gott will - am Mittwoch, den 17. April (Rosch Chodesch Ijjar) im Hotel Schwan in Würzburg stattfindenden Trauung ihrer Kinder Brunette und Salomon Kenntnis zu geben. 
Bollweiler im Elsass - Kleinsteinach / Frankfurt am Main." 

    
Postkarte von S. Wolfermann von 1902  

Postkarte von 1902, versandt von Kleinsteinach nach Ichenhausen
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries)
Ichenhausen PK 110.jpg (98950 Byte) Ichenhausen PK 110a.jpg (103295 Byte)
  Die Postkarte wurde am 20. Oktober 1902 in Kleinsteinach abgestempelt und an Moritz Bernheimer in Ichenhausen gesandt; Absender: S. Wolfermann (vermutlich Sali Wolfermann, geb. 27. März 1877 in Mainbernheim, letzter Wohnort Kleinsteinach)  

  
  
  
Zur Geschichte der Synagoge           
   
Die Gemeinde erbaute 1736 auf Initiative des damals Rabbiner Jechiel Heitzfeld eine Synagoge. Zur Finanzierung trugen Spenden von Abraham und Jakob Hassfurt bei. 1903 wurde die Synagoge renoviert. 
 
1925 wurde in der Synagoge eine Gedenktafel für 17 jüdische Gefallene des Ersten Weltkrieges aus Kleinsteinach und den Orten der Umgebung eingeweiht (beim Novemberpogrom 1938 zerstört).  
       
Am Pessachfest 1932 besuchte der später als Widerstandsbischof gegen das NS-Regime bekannt gewordene Würzburger Bischof Dr. Matthias von Ehrenfried (1871-1948) die Synagoge:  
   
Besuch des Würzburger Bischofs in der Synagoge in Kleinsteinach am Pessachfest 1932  

Kleinsteinach BayrGZ 15051932.jpg (75115 Byte)Bericht in der Bayrischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 15. Mai 1932): "Kleinsteinach i. Unterfr. Eine hohe Ehre wurde der Kultusgemeinde Kleinsteinach in Unterfranken am zweiten Tage des Pessachfestes zuteil. Anlässlich der Kirchenvisitation durch Seine Eminenz Bischof Dr. von Ehrenfried aus Würzburg erhielten die dortigen jüdischen Mitbürger seitens der Gemeinde und Kirchenverwaltung ebenfalls Einladung zum offiziellen Empfang des hohen Kirchenfürsten. Nach einer Ansprache in der Kirche, in welcher Seine Eminenz insbesondere auf das schöne harmonische Verhältnis unter den Konfessionen in Kleinsteinach hinwies, berief er den Gemeinde- und Kirchenrat in den Gemeindesitzungssaal. Im Laufe der Unterhaltung stellte Seine Eminenz fest, dass sich im Gemeinderat auch das demselben schon 27 Jahre angehörende jüdische Kultusmitglied Maier Walter befand, gegenüber welchem er den Wunsch äußerte, auch die Synagoge besichtigen zu wollen. Er fand sich dann dort in Begleitung von fünf anderen geistlichen zu einem nahezu halbstündigen Aufenthalte ein und ließ sich alle Einrichtungen eingehend erklären. Zum Schluss sprach der Herr Bischof der Israelitischen Kultusgemeinde seinen Dank aus, mit dem Bedauern wegen Zeitmangel nicht auch den historisch berühmten israelitischen Bezirksfriedhof besichtigen zu können. Dieses bedeutsame Ereignis ist für die Kleinsteinacher Kultusgemeinde um so erfreulicher und ehrenvoller, als der ganze Aufenthalt des Bischofs in der dortigen Kirchengemeinde nur eineinhalb Stunden dauerte.  
Kleinsteinach Israelit 12051932.jpg (72562 Byte)Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Mai 1932: "Kleinsteinach, 1. Mai (1932). Anlässlich der Kirchenvisitation durch Seine Exzellenz Bischof Dr. von Ehrenfried aus Würzburg, erhielten die jüdischen Mitbürger unseres Ortes seitens der Gemeinde und Kirchenverwaltung ebenfalls Einladung zum offiziellen Empfang des Hohen Kirchenfürsten. Nach einer in der Kirche gehaltenen sehr toleranten Ansprache, in welcher Seine Exzellenz insbesondere auf das schöne harmonische Verhältnis unter den Konfessionen in Kleinsteinach hinwies, berief er den gemeinde- und Kirchenrat in den Gemeinde-Sitzungssaal. Er äußerte dem schon seit 27 Jahren dem Gemeinderate angehörenden jüdischen Kultusmitglied Maier Walter den Wunsch, auch die Synagoge besichtigen zu dürfen. Er erschien in Begleitung von noch fünf anderen Geistlichen und ließ sich alle Einrichtungen eingehend erklären. Seine Exzellenz sprach sodann der israelitischen Kultusgemeinde seinen Dank aus, mit dem Bedauern wegen Zeitmangels nicht auch den historisch berühmten israelitischen Bezirksfriedhof besichtigen zu können."

Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge (und mehrerer jüdischen Häuser) durch SA-Leute aus Hassfurt zerstört. Torarollen und andere Ritualien wurden auf einem Haufen vor der Synagoge verbrannt. Dabei wurde auch die 1925 an der Synagoge angebrachte Gedenktafel für 17 jüdische Gefallene des Ersten Weltkrieges aus Kleinsteinach und den Nachbargemeinden zerschlagen. In den 1950er-Jahren wurde das Synagogengebäude durch Blitzschlag zerstört. Danach wurde die Ruine abgebrochen. Heute sind nur noch die ca. 30 cm hohen Grundmauern auf dem ansonsten leeren Grundstück neben Haus Nr. 89 erhalten. Eine Gedenktafel ist neben dem Grundstück angebracht mit der Inschrift: "In Kleinsteinach bestand eine Jüdische Kultusgemeinde, deren Synagoge am 10. November 1938 durch die damaligen Machthaber verwüstet wurde. Zur Erinnerung und Mahnung".

Erhalten ist das Gebäude der ehemaligen jüdischen Schule, das sich im Besitz der evangelischen Kirchengemeinde befindet (Haus Nr. 47). In ihm befinden sich eine Wohnung und ein Gottesdienstraum der Kirchengemeinde. Eine Gedenktafel ist vorhanden: "Evang. Gemeindeheim - früher jüdische Schule - Gottes Wort bleibt in Ewigkeit".   
  
  
  
Fotos 

Historisches Foto
(Quelle: www.riedbach.de).
Kleinsteinach Synagoge 001.jpg (32724 Byte) Kleinsteinach Memorbuch 01.jpg (85803 Byte)
  Die Synagoge in Kleinsteinach: im Vorbau
 der Eingang für die Männer, links der 
für die Frauen. Im Holzhäuschen rechts
 war der Leichenwagen  
Titelbild des Kleinsteinacher 
Memorbuches (Sefer HaMemor
aus dem Jahr 1873 
   
     
Neuere Fotos des Synagogengrundstückes Kleinsteinach Synagoge 131.jpg (73886 Byte) Kleinsteinach Synagoge 132.jpg (130378 Byte)
  Das Synagogengrundstück mit der Hinweistafel 
     
Ehemalige jüdische Schule    
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Die ehemalige jüdische Schule, jetzt evangelisches Gemeindeheim   Hinweistafel  
     
Fotos von 2007 
(Hahn, Aufnahmedatum 27.5.2007)
   
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Andernorts entdeckt   Bad Kissingen Friedhof R 7-14.jpg (172546 Byte)  
  Grabstein im jüdischen Friedhof Bad Kissingen für Nanni Reich geb. Sacki (geb. 5. April 1840 in Kleinsteinach, gest. 20. September 1908 in Berlin)      

     
     
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 

2009ff: In Kleinsteinach entsteht ein jüdisches Dokumentationszentrum 
Mitteilung aus der Website der Gemeinde Riedbach (Link zur Mitteilung): "Jüdisches Dokumentationszentrum und Judenfriedhof
Das Dokumentationszentrum über die jüdische Vergangenheit in Kleinsteinach ist in Planung.

Dargestellt werden soll ein historischer Rückblick über das Leben der jüdischen Bürger in Kleinsteinach und über die einstige Synagoge im Ort.
Zur Geschichte des jüdischen Friedhofes in Kleinsteinach: Laut der Überlieferung wurde er angeblich im Jahre 1453 angelegt. Da erst mehr als 100 Jahre später, also 1596 das erste Begräbnis vermeldet wurde, ist davon auszugehen, dass die Zeitangabe "1453" doch nicht ganz stimmen kann. Der erste Tote war ein berühmter Thoragelehrter. Gleichzeitig wurde der Friedhof zur zentralen Begräbnisstätte von Hassfurt für die Orte Aidhausen, Haßfurt, Hofheim, Kleinsteinach, Lendershausen, Westheim, Wonfurt, Zeil und sogar Schonungen ernannt. 
Der letzte, dessen Begräbnis man anhand eines Grabsteines nachweisen kann, ist Daniel Mahler, der im Januar '42 verstarb. Die letzte hier begrabene Tote jedoch war wahrscheinlich die in Haßfurt 86-jährig verstorbene Rosa Lonnerstätter (Todestag: 29.03.1942). 
Die Begräbnisstätte ist heute geschlossen und untersteht nun dem Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. Dieser Landesverband stellte im Jahre 1960 Mittel für die Instandsetzung des Judenfriedhofes bereit. 
Zudem signalisierte 1989 die Gemeinde Riedbach ihre Unterstützung für die Aufbereitung der Geschichte des Judenfriedhofs und dafür, diese Dokumentation für Jedermann zugänglich zu machen."  
 
Artikel von Ulrich Kind in der "Main-Post" vom 21. Juli 2009 (Artikel): 
"KLEINSTEINACH. Einblick in jüdische Geschichte. Das Lehrerwohnhaus soll saniert und zu einem Informationszentrum werden Die alte Schule in Kleinsteinach soll zu einem Dokumentationszentrum für jüdisches Leben werden. Dazu gibt es hohe Fördergelder.
Für Bürgermeisterin Birgit Bayer war es die erste Ortsversammlung im Gemeindeteil Kleinsteinach. Zur Premiere hätte sie mehr Bürger erwartet. Gerade mal 17 Kleinsteinacher sind in das Gemeindehaus in der Alten Schule gekommen.
Auf der Wunschliste der Gemeinde Riedbach, so die Bürgermeisterin, stehe die Sanierung des ehemaligen Lehrerwohnhauses neben der Sankt Bartholomäus Kirche. Das unter Denkmalschutz stehende, etwa 250 Jahre alte Fachwerkwohnhaus, soll nach seiner Sanierung öffentlich genutzt werden. Mit den vorbereitenden Untersuchungen wurde Architekt Dag Schröder (Schweinfurt) beauftragt. Er schlägt vor, im alten Lehrerwohnhaus ein Dokumentationszentrum zur jüdischen Gemeinde in Kleinsteinach, die durch das NS-Regime ausgelöscht wurde, einzurichten.
Schröder führte weiter aus, dass das Dach und Fassade des Gebäudes erneuert werden müssen und auch der Innenausbau auf dem Sanierungsplan stehe. Im Erdgeschoss sieht die neue Raumaufteilung drei Räume vor, im Obergeschoss ist ein ausstellungstauglicher Rundgang durch vier Räume möglich. Später könnten dort sogar Wanderausstellungen zu verschiedenen Themen präsentiert werden.
Mit allen Nebenkosten ist im Kostenvoranschlag ein Betrag in Höhe von rund 279 000 Euro vorgesehen. Bürgermeisterin Birgit Bayer hatte dann noch gute Nachrichten vom Amt für Ländliche Entwicklung in Würzburg der Gemeinde im Vorgespräch. 'Die Behörde hat einen höheren Zuschussbetrag für diese Einzelmaßnahme signalisiert', sagte sie. Weitere verbindliche Zusagen für Zuschüsse erwarte die Gemeinde von der Kulturstiftung und von der Bezirksregierung, die im fünf- bis sechsstelligen Eurobereich liegen dürften.
Bis zur nächsten Gemeinderatssitzung, so die Bürgermeisterin abschließend, liegen dem Gemeindegremium dann die aktuellsten Informationen vor."   
   
September 2019: Vortrag über jüdisches Landleben in Bayern 
Artikel von Ulrich Kind in der "Main-Post" vom 30. September 2019: "Kleinsteinach. Wie die 'Judenschul' zum Synonym für Synagoge wurde.
Die jüdische Bevölkerung in Deutschland hat vom Spätmittelalter bis ins 19. Jahrhundert mehrheitlich auf dem Land gelebt. Ein wichtiges Zentrum dieser Ausprägung jüdischen Lebens war in Unterfranken.
Wer heute aufmerksam durch Unterfranken fährt, stößt in vielen Kleinstädten und Dörfern auf ehemalige Synagogen und Mikwen (rituelle Tauchbäder) oder jüdische Friedhöfe. Diese baulichen Spuren zeugen facettenreich vom einstigen jüdischen Leben in dieser Region.
Auf Einladung des ehrenamtlichen Arbeitskreises 'Landjudentum' des Museums 'Jüdische Lebenswege' sprach am Mittwoch im Gemeindesaal der 'Alten Schule' Rebekka Denz zum Thema 'Judenschul im Dorf'. Kernthema ihrer Ausführungen ist der Umgang mit den ehemaligen Synagogen im ländlichen Raum in Unterfranken.
In ihrem gut besuchten Vortrag widmete sich Rebekka Denz den baulichen Spuren jüdischen Lebens. Der Fokus ihrer Untersuchungen lag auf den ehemaligen Synagogen und deren heutige Nutzung als Orte des Gedächtnisses. Seit Jahrzehnten engagieren sich Einzelpersonen und Institutionen dafür, die Erinnerung an das jüdische Leben als bedeutenden Bestandteil der fränkischen Landesgeschichte lebendig zu halten. Hierbei hat sich neben der jüdischen Familienforschung als Interessenschwerpunkt der Erhalt von baulichen Spuren herauskristallisiert.
Die 'Judenschul' im Dorf', 'Judenschule' oder kurz 'Schul' leitet sich vom jiddischen Begriff 'shul' ab, der bereits im Mittelalter als Synonym für Synagoge Verwendung fand. Sie dient sowohl dem Gebet, dem religiösen Lehren und Lernen als auch der Versammlung und Rechtsprechung. Wenn eine Gemeinschaft klein war, kein Geld oder keine Erlaubnis für den Bau einer Synagoge hatte, richteten Juden einen privaten Betraum ein.
Unterfranken wies bis ins 19. Jahrhundert hinein eine der höchsten Dichten an jüdischen Gemeinden und Ansiedlungen auf. Vermutlich um das Jahr 1100 wurden in Aschaffenburg, Miltenberg, Schweinfurt und Würzburg erste eigenständige Synagogen errichtet. Nach erneuten Vertreibungen spielte sich jüdisches Leben zusehends auf dem Land ab. Man richtete Betstuben ein, baute Synagogen, eröffnete Schulen und Mikwen (rituelles Tauchbad) und legte Friedhöfe an.
Kleinsteinach ist in gewisser Weise ein Paradebeispiel für die Entwicklung einer religiösen Infrastruktur: Es gebe die 1736 erbaute und 1903 renovierte Synagoge, eine Mikwe, die erhaltene jüdische Schule – heute in Nutzung der evangelischen Kirchengemeinde – und der regional bedeutende Verbandsfriedhof, so Rebekka Denz.
Plötzlich mehr Möglichkeiten. In den Hungerjahren von 1816/17 wurde im Königreich Bayern das so genannte 'Judenedikt' eingeführt, welches unter anderem Juden auf dem Land verbot, den Wohnort zu wechseln. Doch es brachte auch positive Änderungen mit sich: Sie konnten nun das Bürgerrecht und Grundbesitz erwerben, auch ihre beruflichen Möglichkeiten wuchsen. Teil des Edikts war der 'Matrikelparagraph', mit dem die Zahl der an einem Ort zugelassenen jüdischen Familien festgelegt wurde. Für 1817 lassen sich 203 unterfränkische Orte mit jüdischer Bevölkerung ermitteln. In 69 Prozent der Ortschaften bestand die jüdische Ansiedlung nur aus vier bis 24 Haushalten und blieb aber insgesamt gering, nicht überall bestand auch eine jüdische Gemeinde. Etwa 30 Ansiedlungen waren so klein, dass es keine jüdische Gemeinde am Ort gab. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schlossen sich mehrere kleine zu einer größeren Gemeinde zusammen und gaben ihre Landsynagogen auf, verkauften die Gebäude und führten sie damit einer neuen Nutzung zu. Kleinstädtische Gemeinden wiederum bauten ihre Infrastruktur aus, größere Stadtsynagogen wurden errichtet.
Nach der 'Reichspogromnacht' im November 1938 ging – wer konnte – ins Exil. Ab 1941 bis Mitte des Jahres 1943 wurden mehr als 2000 jüdische Menschen, denen die Auswanderung nicht mehr gelungen war, aus Unterfranken deportiert. Von ihnen überlebten nur 60 die Vernichtungslager. In der Nachkriegszeit gründete sich die 'Jüdische Gemeinde Würzburg und Unterfranken', die bis heute die einzige der Region ist und ihren Sitz in Würzburg hat. 1970 wurde die neu erbaute Synagoge als Teil des Jüdischen Gemeindezentrums in Betrieb genommen, sie ist heute ein Element des 2006 neu eingerichteten Kulturzentrums 'Shalom Europa'." 
Link zum Artikel   

   
     

Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite Gemeinde Riedbach (mit ausführlichen Informationen und zahlreichen Fotos zur jüdischen Geschichte
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Kleinsteinach (interner Link) 

Literatur:  

bulletIsrael Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988. S. 79-80.
bulletMichael Trüger: Der jüdische Friedhof Kleinsteinach. In: Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. Jg. 1994 9. Jg. Nr. 64 vom Dezember 1994 S. 23.
bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 340-341. 
bulletDirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 142-145. 

    
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Kleinsteinach. Jews are first mentioned in 1453. From the late 16th century, the Jewish cemetery there served numerous communities and in the 17th century, Kleinsteinach was the seat of the Grabfeld district rabbinate. The Jewish population was 159 in 1814 and 129 in 1900 (total 488). In 1933, 33 Jews were left, mainly trading in cattle and farming. On Kristallnacht (9-10 November 1938), Jewish homes were vandalized and the synagogue's contents destroyed. Nineteen Jews left Kleinsteinach in 1936-40, including 12 for the U.S. In 1942, four were deported to Izbica in the Lublin district (Poland) on 25 April and five to the Theresienstadt ghetto on 10 September. 
     
      

                   
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Stand: 30. Juni 2020