Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Nabburg (Landkreis Schwandorf)
 Jüdische Geschichte 

Übersicht:  

bulletZur jüdischen Geschichte in Nabburg 
bulletBerichte aus der jüdischen Geschichte in Nabburg   
bulletFotos / Darstellungen   
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur jüdischen Geschichte in Nabburg          
     
In Nabburg gab es zu keiner Zeit eine selbständige jüdische Gemeinde.  
 
Aus dem Mittelalter liegt nur ein Hinweis auf einen jüdischen Einwohner vor: 1324 gestattete Ludwig der Bayer einem Juden Jakob von Eger, sich in Nabburg zu denselben Rechten niederzulassen, die die Nürnberger Juden besaßen.    
 
Im 19./20. Jahrhundert lebten nur wenige jüdische Personen / Familien in der Stadt. Um 1910 / 1925 werden sechs jüdische Einwohner genannt, die zur jüdischen Gemeinde in Amberg beziehungsweise zum Distriktsrabbinat Regenburg gehörten. Um 1932 gab es noch fünf jüdische Einwohner in der Stadt.   
 
Die in Nabburg verstorbenen jüdischen Personen wurden im jüdischen Friedhof in Floss beigesetzt. 
 
Die jüdischen Familien der Stadt waren die miteinander eng verwandten Familien Wilmersdörfer, Baum und Bruckmann. Ende des 19. Jahrhunderts (um 1890) eröffnete am Unteren Markt 3 in Nabburg (links oberhalb des Mähntors schräg gegenüber der Polizei) Alois Baum (geb. 20. Oktober 1860 in Böhmen; gest. 14. August 1917 in München) ein Kaufhaus, in dem er Mode- und Schnittwaren verkaufte (das Geschäft war zuvor die Firma Samuel Wilmersdörfer). Zeitweise gab es eine eigene Schneiderei und Weberei im Geschäft. Alois Baum war seit 1885 verheiratet mit Klara geb. Wilmersdörfer (geb. 12. November 1861 in Floss als Tochter von Joseph Loew Wilmersdörfer und der Jeanette Schönle geb. Dinkelsbühler; gest. 27. Januar 1925 in Nürnberg), mit der er drei Kinder hatte: Josef (geb. 10. Oktober 1897 in Nabburg, später verheiratet mit der nichtjüdischen Margareta geb. Trautner; vier Kinder), Gerta (Gertrude) (geb. 1892, später verheiratet mit Sally Bruckmann, siehe unten) und Irma (geb. 1895, später verheiratet mit Walter Rosenhein, siehe unten).
 
In der NS-Zeit blieben auch die wenigen Nabburger jüdischen Einwohner nicht von antijüdischen Ausschreitungen verschont. So wurde beim Novemberpogrom 1938 das Kaufhaus Baum (- Bruckmann) von SA-Männern überfallen. Sally Bruckmann wurde verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau verbracht, wo er bis Mitte Dezember eingesperrt war. Am 1. April 1939 zog die Familie Bruckmann nach Leipzig um (Nordplatz 7), wo Sally Bruckmann eine Lehrerstelle an der dortigen jüdischen Volksschule übernehmen konnte. Danach gab es in Nabburg noch einen jüdischen Einwohner, der mit einer nichtjüdischen Frau verheiratet war. Die sechs Mitglieder der Familie Bruckmann - Baum wurden am 10. Mai 1942 in das Ghetto Belzyce deportiert und später im KZ Belzyce beziehungsweise im KZ Majdanek (Günther) ermordet. Irma Rosenhein geb. Baum, die seit 1922 in Leipzig lebte, ist im September 1943 in Riga umgekommen. Überlebt hat von der Familie nur Werner Bruckmann (geb. 1920, der 1936 nach Palästina emigrieren konnte, gest. 1979 siehe unten).  
  
Von den in Nabburg geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Gertrude (Gerta) Bruckmann geb. Baum (1892), Günther Bruckmann (1927), Sally Bruckmann (1890), Siegfried Anton (Shlomo Friedel) Bruckmann (1925), Waltraud Mirjam Bruckmann (1930), Irma Rosenhein geb. Baum (1895).  
  
Vor dem ehemaligen Kaufhaus der Familie Baum - Bruckmann (das nach 1945 von Josef Baum weitergeführt wurde) am Unteren Markt 3 in Nabburg erinnern seit 2007 "Stolpersteine" an die deportierten und ermordeten Familienmitglieder. Eine Inschrift ist an der Fassade angebracht.  
An Irma Rosenhein geb. Baum erinnert auch ein "Stolperstein" in der Zschocherschen Straße 87 in Leipzig (Biographie von Irma Rosenhein bei stolpersteine-leipzig.de).  
   
Nach 1945 gab es in Nabburg eine Jüdische DP-Gemeinde / Jewish DP Community. In der Stadt lebten ab 1946 mehrere Jahre etwa 35 jüdische Überlebende aus Konzentrationslagern beziehungsweise Flüchtlinge vor neuen Pogromen (1946) in Polen. Der Sitz des DP-Lagers war in der Hallerstraße 365. Vorsitzende waren E. Friedberg und J. Cukerfein. Im November 1946 wurden 36 jüdische Bewohner gezählt, im September 1947 34 und im Dezember 1947 29. Anfang 1948 wurde das Lager Nabburg in die jüdische Gemeinde Schwandorf integriert. Wenig später sind (nach Gründung des Staates Israel im Mai 1948) die meisten Lagerbewohner ausgewandert.  
Zur DP-Gemeinde Nabburg siehe https://www.after-the-shoah.org/nabburg-juedische-dp-gemeinde-jewish-dp-community/   
    
    
Berichte aus der jüdischen Geschichte in Nabburg           

 Berichte aus jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts liegen nicht vor 

       
       
Fotos / Dokumente   

Geschäftshaus Alois Baum 
am unteren Markt (um 1913)   
(Quelle: Website der VG Nabburg
Kaufhaus Alois Baum um 1905: Archiv Haubelt;
"Stolpersteine" aus Wikimedia Commons)
Nabburg Kaufhaus Baum 010.JPG (149144 Byte)    
     Seit 2007: "Stolpersteine" am Unteren Markt 3
     
     

Gedenkblätter in der Gedenkstätte Yad Yashem, Jerusalem (https://yvng.yadvashem.org/) und Fotos (aus geni.com und dem Gedächtnisbuch KZ Dachau)    

         
  Gedenkblätter für Sally Bruckmann, geb. 22. August 1890 in Xanten als
Sohn von Abraham und Berta Bruckmann; er ließ sich am jüdischen Lehrerseminar
Köln 1909/10 zum Volksschul- und Religionslehrer ausbilden.   
 Gedenkblätter für Gertrude (Gerta) Bruckmann geb. Baum, geb. 3. oder 13. Juni 1892
in Nabburg als Tochter von Alois Baum und der Klara (Clara) geb. Wilmersdörfer;
(Schwester von Irma Rosenheim geb. Baum siehe unten).
 Der in Xanten geborene Sally Bruckmann musste mit seinen Eltern 1891 aus Xanten auf Grund des Xantener Ritualmordvorwurfs (vgl. Wikipedia-Artikel   https://de.wikipedia.org/wiki/Xantener_Ritualmordvorwurf) nach Wesel fliehen. Sally besuchte dort die jüdische Schule. Nach seiner Ausbildung zum Lehrer am Lehrerseminar Köln studierte er 1911/12 Mathematik in Leipzig und war gleichzeitig ab 1913 Lehrer an der Religionsschule des Talmud-Thora-Vereins in Leipzig, danach an der neugegründeten allgemeinbildenden Höheren israelitischen Bürgerschule. Im Ersten Weltkrieg war er Kriegsteilnehmer und wurde mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. 1919 heiratete er in Leipzig Gerta geb. Baum. Noch im selben Jahr ist er nach Nabburg umgezogen und wurde Mitinhaber im Geschäft seines Schwiegervaters Alois Baum. In Nabburg sind die Kinder Werner (1920), Siegfried (1925), Günther (1927) und Waltraud (1930) geboren. Sally Bruckmann und seine Schwiegereltern engagierten sich stark im Leben der Stadt Nabburg, für das Rote Kreuz und andere gemeinnützige Institutionen. So richteten Alois und Klara Baum zur Linderung des Elends Nabburger Bürger im Ersten Weltkrieg im Juni 1917 die Stiftung 'Alois und Clara Baum'sche Kriegsstiftung 1914/17' ein.
Nach 1933 ist der Sohn Werner nach Palästina emigriert. Sally Bruckmann ist mit der Familie nach seiner Entlassung aus dem KZ Dachau nach Leipzig gezogen, um dort Lehrer an der jüdischen Volksschule zu werden. Erfolglos bemühte sich die Familie um Einwanderungspapiere für die USA, Argentinien und Palästina. Am 10. Mai 1942 wurde die - ohne Werner - noch fünfköpfige Familie in das Ghetto Belzyce deportiert. Alle fünf wurden - wahrscheinlich in Belzyce - ermordet. 
 
         
Der Sohn Werner Bruckmann ist am 25. Mai 1920
in Nabburg geboren und konnte nach 1936 nach Palästina
 emigrieren (gest. 2. September 1979 in Kfar Saba;
Foto rechts aus geni.com)  
       Der Sohn Siegfried (Friedel) Bruckmann ist am 24. Mai 1925
in Nabburg geboren; 
ermordet nach der Deportation
  wahrscheinlich in Belzyce
 Der Sohn Günter Bruckmann ist am 30. November 1927
(oder 1928) in Nabburg geboren  
   ermordet nach der Deportation in Majdanek
 
     
          Zwei der Fotos links
aus dem Gedächtnisblatt
Sally Bruckmann (siehe unten
 Gedächtnisbuch KZ Dachau)
  Die Tochter Waltraud Miriam Bruckmann ist am 30. Januar 1930 in Nabburg geboren; 
ermordet nach der Deportation 
 Familie Bruckmann
um 1936
 Auf der Stadtmauer von Nabburg (Foto unten aus geni.com)  
     
     
  Gedenkblatt für Irma Rosenheim geb. Baum, geb. 30. Mai 1895 in Nabburg als Tochter von Alois Baum und
der Clara geb. Wilmersdörfer, war seit 1922 (in Nabburg) verheiratet mit Walter Rosenheim (geb. 1884, war Schreib-
und Papierwarenhändler in Leipzig; gest. August 1940 in Leipzig; fünf Kinder). 
(Schwester von Gertrude Bruckmann geb. Baum, siehe oben) 
Biographie zu Irma siehe http://www.stolpersteine-leipzig.de/index.php?id=266  
 

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

März 2007: Vortrag zur Geschichte der jüdischen Familien in Nabburg 
Artikel im "onetz.de" vom 12. März 2007: "Nabburg Oberpfalz. Dr. Gabriele Ziegler rekonstruiert Leben jüdischer Familien - Infoabend mit Edith Römer Motto: "Gedenke und erzähle"
"Gedenke und erzähle" - das ist nicht nur ein uralter jüdischer Traditionsbegriff, sondern auch das Motto, unter dem Dr. Gabriele Ziegler ihre Recherchen zu dem Leben der jüdischen Familien im ehemaligen Baumhaus in Nabburg stellen will. Am Freitagabend wurde im Nabburger Jugendwerk über das Projekt "Stolpersteine" informiert.
Anhand von Bildern, Dokumenten und Briefen wurde zum ersten Mal das Leben dreier Generationen jüdischer Familien in Nabburg rekonstruiert. Zudem stand Edith Römer, geborene Baum, als eine der letzten Hinterbliebenen Rede und Antwort zu den Fragen der interessierten Bevölkerung.
Seit 1826. Seit 1826 wurde das Haus am Unteren Markt 3 von jüdischen Familien bewohnt. 1885 heiratete der aus Böhmen stammende Alois Baum die Nabburgerin Klara Wilmersdörfer. 1892 übernimmt das Ehepaar die Firma Samuel Wilmersdörfer am Unteren Markt. Das Geschäft floriert. Zur Hundertjahrfeier der Firma im Jahre 1926 können sich die Baums über einen festen Kundenkreis und hohe gesellschaftliche Beliebtheit erfreuen. Im ersten Weltkrieg richten sie sogar für Hilfsbedürftige die "Alois und Klara Baum'sche Kriegstiftung" ein, deren Verbleib ungeklärt ist. Aus der Ehe kamen drei Kinder hervor. Die älteste Tochter, Gerta, heiratete Salomon, kurz Sally, Bruckmann, der 1919 nach Nabburg übersiedelte und in die Firma des Schwiegervaters einstieg. Die Ehe brachte vier Kinder hervor: Werner-Abraham, Friedel-Salomo, Günther-Gabriel und Waltraud-Miriam. Die zweite Tochter von Alois und Klara Baum, Irma, bleibt zunächst ledig. Über sie ist weiterhin eher wenig bekannt. Das dritte Kind, Sohn Josef, übernimmt das Geschäft des Vaters. 1929 heiratet er die Christin Margaretha Trautner. Mit ihr bekommt er drei Kinder: Helmut, Gabriele und Edith Baum. Das Geschäft, das er zusammen mit seinem Schwager Sally Bruckmann führt, floriert immer noch gut. im Herbst 1942 verliert sich die Spur. Es wird angenommen, dass sie im Frühjahr 1943 vergast oder im Konzentrationslager Majdanek, nahe Belzyce, umgekommen sind. Was letztlich wirklich geschehen ist, wird man wohl nie endgültig klären können.
Nach Nabburg zurück. Josef Baum, der die Jahre gegen Kriegsende in Berlin als Arbeiter unter Gestapoaufsicht überlebte, kehrte zum Ende des Kriegs nach Nabburg zurück. Schon 1945 nahm die Familie das Geschäft in Nabburg wieder auf. Es erwies sich jedoch als nicht einfach, da fast alles Hab und Gut vergangener Tage weg war und die Wiedergutmachungszahlungen fast zu gering als Eigenkapital für ein derartiges Geschäft waren. Trotz der schlechten wirtschaftlichen Bedingungen der Nachkriegsjahre führte Josef Baum das Geschäft bis 1963. Alle drei Kinder der Baum leben bis heute noch. Helmut Baum blieb in der Oberpfalz, Gabriele Baum und ihre Schwester Edith Römer, geborene Baum, leben heute in München. Ihre Tante Irma Baum wurde noch im Krieg von Leipzig ins Ghetto Riga gebracht. Ihre Tochter konnte sie nach England retten. Werner-Abraham Bruckmann, der letzte Hinterbliebene der Familie, lebte noch viele Jahre in Israel. Als britischer Soldat kam er noch einmal nach Nabburg, wollte sich nach dem Verbleib der Familie erkundigen und besuchte auch einige Klassenkameraden. Er war es auch, der die Dokumente der Familie für die Holocaustgedenkstätten Yad Vashem und Jerusalem dokumentierte." 
Link zum Artikel  
 
September 2013: Erinnerung am "Tag des offenen Denkmals"   
Artikel von Bianca Hofmann in der "Mittelbayerischen Zeitung" vom 6. September 2013 (Artikel wird nur teilweise wiedergegeben): 
"'Erzählen ist unsere Pflicht'. Am Tag des offenen Denkmals soll den jüdischen Familien gedacht werden, die einmal ein Nabburger Kaufhaus führten. Viele kamen im KZ um.
Nabburg. In dieser Woche hat die MZ täglich ein Denkmal vorgestellt, das am Sonntag, 8. September, besucht werden kann. Heute geht es im letzten Teil der Serie um ein Gebäude, dem man auf den ersten Blick nicht ansieht, wie sehr seine Bewohner während der NS-Zeit gelitten haben.
'Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale?', so lautet das Motto für den Tag des offenen Denkmals am 8. September. In der Region passt dieses Statement wohl sehr gut zu dem ehemaligen jüdischen Geschäftshaus in der Nabburger Altstadt, links oberhalb des Mähntors schräg gegenüber der Polizei. Am Denkmaltag werden Franz Grundler und Dr. Gabriele Ziegler einen Vortrag über das Leben und Wirken der jüdischen Familien Wilmersdörfer, Baum und Bruckmann halten und den Besuchern dazu aussagekräftige Fotos zeigen..." 
Link zum Artikel  
 
September 2013: Vortrag zur Geschichte der jüdischen Familien in Nabburg  
Artikel im "onetz.de" vom 17. September 2013: "Vortrag von Dr. Gabriele Ziegler beleuchtet Schicksale und Situation der Nazizeit Jüdische Familien in Nabburg
Der Tag des offenen Denkmals 2013 zum Motto 'Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale' stand auch Pate für die Veranstaltung in der Kleinbühne 'Remise'. Dr. Gabriele Ziegler gab in einer beeindruckenden und ergreifenden Powerpoint-Präsentation Einblicke in Schicksale der jüdischen Kaufmannsfamilien Baum, Wilmersdörfer und Bruckmann in Nabburg während der Zeit unterm Hakenkreuz. Franz Grundler begrüßte die zwanzig interessierten Besucher, dankte der Stadt Nabburg für das Säubern der sieben 'Stolpersteine' und bat die Zuhörer, sich 'von den Inhalten des Vortrages berühren zu lassen'. Zweiter Bürgermeister Kurt Koppmann freute sich über die Anwesenheit der Eheleute Barbara und Helmut Baum. Die Stolpersteine sind Gedenktafeln gegen das Vergessen und erinnern an Ermordung, Verschleppung und Vertreibung von Menschen während der schlimmen Zeit des Nationalsozialismus, unterstrich der Repräsentant.
Haus am Unteren Markt. Auf der Leinwand erscheint das Wohn- und Geschäftshaus der Familien Baum, Bruckmann und Wilmersdörfer in Nabburg am Unteren Markt um das Jahr 1913 mit dem Zusatz 'Gedenke und erzähle'. Im Vorspann führte die Referentin bewegende Aufnahmen der bedeutendsten Holocaust-Gedenkstätte 'Yad Vaschem' in Jerusalem vor Augen. Dieses große Archiv dokumentiert die nationalsozialistische Judenvernichtung wissenschaftlich. Ein weiteres Bild zeigte eine Klasse des Gymnasiums in Nabburg im ehemaligen Konzentrationslager Dachau. An diesem Ort des Schreckens und Leids verfassten die Schüler ein mitfühlendes Gebet, das die Zuhörer tief beeindruckte. Zur Zeit der Etablierung der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten um 1932 gehörten Josef Baum und seine Frau Margaretha, geb. Trautner aus Nabburg, mit ihrem Sohn Helmut sowie Gerta Bruckmann, geb. Baum, Schwester Josefs, mit ihrem Mann Sally und vier Kindern zur jüdischen Kaufmannsfamilie der Firma Alois Baum Samson Wilmersdörfer am Unteren Marktplatz in Nabburg. Zur Linderung des Elends Nabburger Bürger im Ersten Weltkrieg richteten Alois Baum und Gattin Clara, Josefs Eltern, im Juni 1917 die Stiftung 'Alois und Clara Baum'sche Kriegsstiftung 1914/17' ein. Durch das 'Dritte Reich' kam es 1938 zur Auflösung jüdischer Stiftungen und der Verbleib der Schenkung der Nabburger Kaufmannsfamilie ist bis heute nicht geklärt. Der Einfluss der Nationalsozialisten nimmt in den Jahren vor 1938 in Nabburg verstärkt zu und sie kontrollieren das Leben der Juden. Zum Beispiel infolge des Boykotts schrumpfen die Einnahmen des jüdischen Kaufhauses merklich. Die beabsichtigte Übergabe der Firma durch Josef Baum an seine katholische Ehefrau Margaretha wird mit beißendem Hohn auf den Juden abgelehnt. Auch Schikanen von Bürgern gegenüber der jüdischen Familie in der Öffentlichkeit werden in der Erinnerungsschrift 'Gedenke und erzähle' (Urheberrecht bei Gabriele Ziegler und Franz Grundler, Nabburg 2007) angeführt. 'Gretl, ich möchte Dir nur sagen: Ich grüße dich nicht mehr', teilte ihr eine Freundin auf der Straße mit. Ebenfalls wird einem Nabburger Kindermädchen gegen gerichtliche Bestrafung verboten, bei den 'Juden', den Familien Baum und Bruckmann, Dienste zu leisten.
Eigentum gestohlen. Durch die Arisierung, die Enteignung des jüdischen Besitzes, geht das Kaufhaus 1938 an einen neuen Besitzer über, öffentlich in der Presse als 'käuflich erworben' bekannt gemacht. Ab diesem Zeitpunkt müssen die jüdischen Familien in ihrem eigenen Haus auf engstem Raum zur Miete wohnen. Mit weiteren Bildern und anschaulichen Schilderungen zeigte Referentin Dr. Gabriele Ziegler Wege ins jüdische Getto Belzyce und ins Konzentrationslager Majdanek (beide Polen) und vermittelte Eindrücke von Schicksalschlägen. Nach dem Vortrag erläuterte Franz Grundler die themenbezogene Illustration in der Remise. Laut Hinweis ist eine Neuauflage der Gedenkschrift 'Gedenke und erzähle' beabsichtigt." 
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November 2015: Veranstaltung zum Gedenken an den Novemberpogrom 1938 und an die Geschichte der jüdischen Familien der Stadt  
Artikel von in der "Mittelbayerischen Zeitung" vom 17. November 2015: "Geschichte Stolpersteine am Tag der Erinnerung.
Professor Erika Rosenberg sprach an der Nabburger Naabtal Realschule. Die Stadt erinnert an drei jüdische Familien.
Nabburg. Bereits zum dritten Mal besuchte Professor Erika Rosenberg, renommierte Schriftstellerin und Journalistin, die Naabtal-Realschule in Nabburg, um über die Verbrechen der Nationalsozialisten im Dritten Reich zu referieren. Anlass war der Gedenktag des 9. November, ein Tag, der in die Geschichte als 'Reichspogromnacht' einging. Getreu dem Leitsatz 'Es ist unsere Pflicht zu erzählen' unternimmt die Publizistin und selbst Tochter deutscher Juden, die 1936 aus Nazi-Deutschland flohen und nach Argentinien immigrierten, seit vielen Jahren Vortragsreisen weltweit, um über die Verbrechen der Nazi-Diktatur zu berichten und gegen das Vergessen anzukämpfen. Am liebsten referiert sie an Schulen, wie sie selbst sagt, um junge Menschen aufzuklären und zu warnen, damit sich diese schrecklichen Verbrechen nie mehr wiederholen. 'Helden gab es in dieser Zeit kaum', erklärt Erika Rosenberg den gespannten Zuhörern in Nabburg. 'Deshalb ist es umso wichtiger, über die wenigen zu berichten und zu zeigen, dass man als Mensch immer eine Wahl hat', sagte Rosenberg. In ihren Büchern beschreibt sie die mutige Tat des Unternehmers Oskar Schindler. Erika Rosenbergs Buch 'Ich, Emilie Schindler, Erinnerungen einer Unbeugsamen', beschreibt die Rolle und Courage der Unternehmerfrau im Dritten Reich, auf Basis vieler persönlicher Gespräche mit ihr. In ihrem Vortrag vor den Schülern der Naabtal Realschule schilderte Erika Rosenberg eindrucksvoll ihr Kennenlernen mit der stillen Heldin. In einem weiteren Buch mit dem Titel 'Schindlers Schatten' veröffentlichte die Autorin über 70 Stunden Tonbandmaterial, die aus den Gesprächsaufzeichnungen mit der Unternehmerfrau hervorgingen. 'Die Erzählungen von Emilie Schindler sind ein weiterer Beweis für die menschenverachtenden Taten der Nationalsozialisten', resümiert Erika Rosenberg ihren Vortrag. 'Diese schrecklichen Verbrechen dürfen sich nie wieder in der Geschichte wiederholen.'
Nach dem Vortrag gingen die Gedenkfeierlichkeiten weiter: Die Schülersprecher Lisa Weber und Johannes Bauer begleiteten ihre Lehrkräfte Gerda Bayer und Bernd Schöttl, die Referentin und ihren Ehemann zu den 'Stolpersteinen' am Unteren Markt, wo bereits Bürgermeister Armin Schärtl und der dritte Bürgermeister Josef Götz warteten. In den Bürgersteig der Nabburger Altstadt eingelassen, sollen die Steine an die jüdischen Familien Baum, Wilmersdörfer und Bruckmann aus Nabburg erinnern. Ihre Familienmitglieder wurden von den Nazis deportiert und ermordet. Gemeinsam mit den Vertretern der Stadt und der Schule legten Erika Rosenberg und ihr Mann weiße Chrysanthemen als Zeichen der Trauer und der Verbundenheit nieder."  
Link zum Artikel   

   
    


Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der Stadt Nabburg  mit Seite "Jüdische Familie Bruckmann"  
bulletBericht über den Besuch der KZ-Gedenkstätte Dachau durch Schülerinnen und Schüler des Johann-Andreas-Schmeller-Gymnasiums Nabburg (März 2010)   
bulletGedächtnisbuch KZ Dachau - Seite für Sally Bruckmann: in einem Projekt der Historikerin und Theologin Dr. Gabriele Ziegler zeichneten Schüler des Johann-Andreas-Schmeller–Gymnasiums Nabburg den Stammbaum der jüdischen Familien Bruckmann und Baum nach. Direkt zum Gedächtnisblatt Sally Bruckmann (pdf-Datei, von den Schülern erarbeitet). So erinnern neben den Stolpersteinen vor dem früheren Haus der Familie Baum (Unterer Markt 3 in Nabburg) auch diese Gedächtnisblätter an die Schicksale jüdischer Familien. 
bulletWikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Nabburg   
bulletGenealogie zu den Familien bei geni.com: Einstieg über Clara Baum geb. Wilmersdörfer  https://www.geni.com/people/Clara-Baum/6000000072648919849  oder über Gerta Bruckmann geb. Baum https://www.geni.com/people/Gerta-Bruckmann/6000000063213509066  oder über Werner Abraham Bruckmann  https://www.geni.com/people/Werner-Bruckmann/6000000063288914821  

Literatur / Quellen:  

bulletGermania Judaica II,2 S. 568. 
bulletHandbücher der jüdischen Gemeindeverwaltung Berlin 1925/25 und 1932. 
bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 83. 
bulletGedenke und erzähle. Die jüdischen Familien Baum, Wilmersdörfer und Bruckmann in Nabburg. Nabburg 2007.
bulletMichael Brenner / Renate Höpfinger (Hrsg.): Die Juden in der Oberpfalz. Reihe: Studien zur Jüdischen Geschichte und Kultur in Bayern Band 2. De Gruyter. München 2009. Darin ab S. 197: Was haben gerade wir verbrochen? die Vertreibung der jüdischen Familie Bruckmann aus Nabburg.   https://www.degruyter.com/view/title/315054  
bulletÜber Sally Bruckmann: Barbara Kowalzik: Lehrerbuch: die Lehrer und Lehrerinnen des Leipziger jüdischen Schulwerks. S. 133-135.  vgl. Link zu Google Books   
bullet Thema. M7. Spuren jüdischen Lebens in Leipzig. Sammlung, Dokumentation und Projekte im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig. Veröffentlichungen des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig. Im Auftrag der Stadt Leipzig herausgegeben von Volker Rodekamp. 2007.   https://www.stadtgeschichtliches-museum-leipzig.de/fileadmin/inhalte/pdf/Spuren_juedischen_Lebens_thema.M7.pdf 
Links: S. 81 aus der Publikation zu "Die Deportationsopfer aus Leipzig: Fallbeispiele. Familie Bruckmann".

   
   

                   
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Stand: 18. Mai 2020