Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Rohrbach (Stadt Heidelberg, Rhein-Neckar-Kreis) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Auflösung der jüdischen Gemeinde (1937) 
Weitere Dokumente    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 
bulletLinks und Literatur   

         

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde                  
    
In Rohrbach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1937, deren Entstehung in das 17. Jahrhundert zurückgeht. 1689 wird Moses Mayer genannt, der zur Zeit des pfälzischen Erbfolgekrieges mit seiner Familie von Rohrbach nach Mannheim geflüchtet war. Vielleicht lebten er und andere jüdische Familien in der Rohrbacher "Judengasse" (seit 1921 in Blumenstrasse, 1927 in Weingasse umbenannt). 
 
Im 18. Jahrhundert werden 1712 die beiden jüdischen Familienvorsteher Wolf und Kübele genannt; 1722 und 1743 gab es je vier jüdische Familien am Ort. Im letztgenannten Jahr waren es die Familien von Wolf Moyses, Moyses Wolf, Seligmann Kieffe und Joel Wolff. Als "Konzessionsdiener" werden zusätzlich Nathan Moyses und Moyses Nathan aufgeführt.  
 
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1832 113 jüdische Einwohner, 1836 103, 1839 101; höchste Zahl um 1865 mit 122 Personen. Danach ging die Zahl durch Abwanderung der jüdischen Familien zurück: 1875 93, 1880 87, 1885 69, 1890 54, 1895 44 jüdische Einwohner, 1905 42, 1910 39.  
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule und ein rituelles Bad. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe unten die Notiz zu den Lehrern Isack Billigheimer und Lehrer Benedikt Rosenhain; 1899 wird Lehrer Heinemann genannt bei der Trauerfeier für Rabbiner Dr. Sondheimer in Heidelberg). Die Gemeinde gehörte seit 1827 zum Bezirksrabbinat in Heidelberg.  
  
Um 1924, als zur Gemeinde noch etwa 40 Personen gehörten, waren die Gemeindevorsteher Karl Mayer und Oskar Ehrmann. Als Lehrer kam Lehrer Raphael Jacob aus Heidelberg regelmäßig nach Rohrbach (zu ihm siehe Seite zu den Lehrern in Heidelberg). Er unterrichtete an der Religionsschule der Gemeinde zwei Kinder. An der Volksschule in Rohrbach erhielten fünf jüdische Kinder Religionsunterricht durch Lehrer Jacob. Drei Kinder erhielten ihren Religionsunterricht durch Rabbiner Dr. Pinkuß (Heidelberg) und durch Lehrer Krämer.       
  
1927 wurde der Ort Rohrbach nach Heidelberg eingemeindet. 
  
Zum 1. April 1937 wurde die noch rund 30 Personen umfassende Gemeinde mit Genehmigung des Staatsministeriums mit der Heidelberger Gemeinde vereinigt.
      
      
      
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
     
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
  
Lehrer Isack Billigheimer in Rohrbach und Lehrer Benedikt Rosenhain in Schmieheim tauschen ihre Stelle (1849)  
Anmerkung: Lehrer Isaak Billigheimer war ein Sohn des Theodor Billigheimer, Schutzbürger in Adelsheim und der Mathilde geb. Isaak. Er war in erster Ehe verheiratet mit Karolina geb. Steinhardt (Tochter des Ascher Steinhardt in Dittigheim und der Magdalena geb. Steinhardt; geb. um 1801 in Dittigheim, gest. 26. Dezember 1849 in Schmieheim), mit der er eine Tochter Sara hatte (geb. 1849, gest. 1850). In zweiter Ehe war er verheiratet mit Jette geb. Schnurmann, mit der er zwei Kinder hatte: Hanna (1851) und Rosa (1853).  
Lehrer Benedikt Rosenhain (bzw. Rosenhaim) war verheiratet mit Maria geb. Geismar. Zwei seiner Kinder sind aus dem Ortssippenbuch Schmieheim (S. 405) bekannt: Karolina (geb. 25. Oktober 1847) und Jette (geb. 8. Februar 1849). 1849 wechselte Lehrer Rosenhain von Schmieheim nach Rohrbach.    

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 14. Juli 1849 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Der zwischen dem Isack Billigheimer, Inhaber der mit dem Vorsängerdienste verbundenen Hauptlehrerstelle an der öffentlichen israelitischen Schule in Rohrbach bei Heidelberg und dem Hauptlehrer an der öffentlichen israelitischen Schule in Schmieheim Benedikt Rosenhain zustande gekommene Diensttauschvertrag hat die diesseitige Genehmigung erhalten."      

     
     
Auflösung der jüdischen Gemeinde (1937)     

Rohrbach HD CV-Zeitung 01041937.jpg (57055 Byte)Artikel in der "CV-Zeitung" - Zeitschrift des "Central-Vereins" vom 1. April 1937: "Baden. Der Oberrat der Israeliten Badens gibt bekannt, dass mit Genehmigung des Staatsministeriums und des Synodalausschusses die israelitischen Gemeinden in Östringen, Eberstadt und Odenheim aufgelöst und die noch verbleibenden Mitglieder anderen Gemeinden zugeteilt werden. Die Religionsgemeinden Heidelberg und Rohrbach sind zu einer Gemeinde mit der Bezeichnung Israelitische Religionsgemeinde Heidelberg mit Wirkung vom 1. April 1937 vereinigt worden."    

    
   
Weitere Dokumente 

 Brief von J. (Joel?) Wolf aus Rohrbach
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
 Kirchheim/Ries)
Philippsburg Dok 010.jpg (134071 Byte) Philippsburg Dok 010a.jpg (97994 Byte)
     Der Brief wurde am 13. September 1867 von J. (Joel?) Wolf aus Rohrbach bei Heidelberg 
an Seligmann Gutmann in Philippsburg geschickt. 

   
   
   
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge              
    
Ein erstes Betzimmer hat man schon im Bereich der ehemaligen "Judengasse" vermutet, wofür es jedoch keine näheren Hinweise gibt. Jedenfalls war 1835 eine Synagoge bzw. ein größerer Betsaal der jüdischen Gemeinde vorhanden, in dem in diesem Jahr eine "Konfirmationsfeier" der jüdischen Gemeinde (Bar-/Bat-Mizwa Feier für mehrere Jugendliche) stattfinden konnte:  

     
Konfirmationsfeier in der Rohrbacher Synagoge (1835)     

Artikel in der "Karlsruher Zeitung" vom 22. Juni 1835: "Eingesandt. Am Sabbat, den 13. dieses Monats, fand in der hiesigen Synagoge ein heiliger Akt statt, welchen zu veröffentlichen wir uns verpflichtet fühlen. Nach hoher Verordnung der großherzoglichen Regierung des Niederrheinkreises vom 23. Oktober 1832, Nr. 13161, sollen feierliche Schulentlassungen durch die Rabbiner vorgenommen werden. Demzufolge wurden an besagtem Tage, im Beisein aller hiesigen Israeliten, dann des hochverehrten evangelischen Herrn Pfarrers Ripstein, des Ortsvorstandes und mehrerer ehrenwerten christlichen Mitbrüder, zwei Knaben (Mädchen hatten in diesem Jahre das Entlassungsalter nicht erreicht) in der hiesigen israelitischen Gemeinde durch den hochwürdigen Bezirksrabbiner Salomon Fürst in Heidelberg auf die feierlichste Weise der Schule entlassen.  
Der von dem würdigen, fleißigen, in seinem Berufe gewissenhaften Lehrer Billigheimer geleitete und von der Schuljugend abgehaltene, diese heilige Handlung eröffnende Choralgesang; das darauf von dem hochgeschätzten Rabbiner mit Inbrunst und sichtbarer Rührung verrichtete Gebet; der dann wiederholte Choralgesang; die von dem Geistlichen gehaltene Predigt, worin dessen Streben, Tugend und Gottesfurcht, religiöse Bildung und wahre Aufklärung mit dem Lichte der mosaischen Religion zu verbreiten, sich aussprach; die von Wohldemselben an die zu Entlassenden gestellten, von demselben zu ihrer und ihres Lehrers Ehre richtig und pünktlich beantworteten Fragen über die Pflichten gegen Gott, gegen den Nächsten, gegen Fürst und Staat; das darauf von den Entlassenen in rührender kindlicher Einfachheit verrichtete Gebet; der herrliche Nachruf des mehrgedachten ehrwürdigen geistlichen an dieselben; der ihnen mit Würde erteilte Segen; das mit Wärme und Ergießung des Herzens vom erwähnten Geistlichen verrichtete Gebet, und der mittelst eines, die ganze heilige Handlung schließenden Choralgesanges ausgesprochene Abschied der Entlassenen von der Schuljugend, bildeten ein harmonisches Ganzes, das nichts zu wünschen übrig ließ, und in der zahlreichen Versammlung fand sich auch kein Herz ungerührt, kein Augen ohne Tränen und Niemand unbefriedigt. wie höchst erfreulich es war, nach beendigter Feier aus dem Munde aller Anwesenden den ungeteilten Beifall und die volle Anerkennung des Verdienstes des hochwürdigen Rabbiners und würdigen Lehrers zu vernehmen. Möge diese wahrhaft religiöse Feier Aufmunterung und Nachahmung in vielen anderen Gemeinden finden, und so wäre der Zweck dieser Zeilen vollkommen erreicht. 
Rohrbach, bei Heidelberg, den 16. Juni 1835.
Der Synagogenrat: Abraham Wolff, Vorsteher und Bezirksältester Nathan Lobmann, Isaac Maier, J
."    

Diese Synagoge/ der Betsaal, in der/dem die Konfirmationsfeier (Bar-Mizwa-Feier) 1835 stattfand, war im "Würtelischen Haus" eingerichtet, dem damaligen Haus des Nathan Wolf in der Rathausstrasse 54. Ein "menschenfreundlicher, frommer Glaubensgenosse" hatte ihn seinerzeit der jüdischen Gemeinde unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Freilich herrschte Anfang der 1840er-Jahre eine drückende Enge in diesem Betsaal. Bis zu 70 Personen waren zu den Gottesdiensten in dem 3,0 m hohen, 6,60 langen und 7,20 breiten Raum versammelt. In einem Bericht von 1842 heißt es: "Dass dieses Zusammenzwängen so vieler zum Teil oft sehr unreinlicher Menschen in solch engem Raum besonders bei warmer Witterung höchst unangenehm, der Gesundheit nachteilig, Krankheit erzeugend ist, sogar sein muss, bedarf wohl keiner weiteren Ausführung". Die Betstühle und Pulte verbrauchten sowieso schon viel Platz. Die Berichterstatter meinten, innerhalb weniger Jahre müsste man "die Betenden den Heringen gleich aufschichten", wenn nicht bald ein größerer Betsaal in Rohrbach eingerichtet werden könnte. Das Oberamt Heidelberg, an den dieser Bericht der Gemeindeglieder Joel Wolf und Simon Maier gerichtet war, ließ sich von der Notwendigkeit überzeugen, dass die jüdische Gemeinde Rohrbachs Bedarf zur räumlichen Erweiterung ihres Betsaales hatte. Eine solche Erweiterung im Haus des Nathan Wolf wurde auch zunächst überprüft, jedoch erklärte dieser, dass "wegen Mangels an Raum" eine Erweiterung in seinem Haus nicht in Frage käme.  
  
Eine bald eingerufene Gemeindeversammlung drückte einstimmig den Wunsch aus, dass baldmöglichst ein Grundstück erkauft und eine Synagoge nebst einem Schulhaus darauf erbaut werden soll. Der Synagogenrat ließ sich zum Ankauf eines Platzes ermächtigen. Im Mai 1842 konnte man zum Preis von 1.000 Gulden einen Platz von Martin Kaltschmidt unmittelbar beim Rohrbacher Rathaus erwerben. Nachdem ein Kostenvoranschlag eingeholt war, beriet eine weitere Gemeindeversammlung im Juni 1842 darüber, wie die finanziellen Mittel beigebracht werden konnten. Man beschloss, dass jeder israelitische Bürger Rohrbachs 47 Gulden 29 Kreuzer im Laufe von zwei Jahren entrichten musste. Am 4. Mai 1845 stimmten das Oberamt Heidelberg und der Oberrat der Israeliten dem Synagogenbau zu. In den folgenden beiden Jahren wurde mit einem Kostenaufwand von etwa 8.000 Gulden die Rohrbacher Synagoge erbaut. Sie konnte am 26. und 27. Dezember 1845 feierlich eingeweiht werden. Mit den Baukosten hatte sich die jüdische Gemeinde eine hohe Schuld aufgebürdet. 1847 musste man im Blick auf die Restschuld von Hofrat Wilhelmi in Heidelberg ein Darlehen in Höhe von 3.700 Gulden aufnehmen
.    
    
Zur Einweihung der Synagoge (1845)  

Rohrbach Israelit 29011846.jpg (128964 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. Januar 1846: "Heidelberg, 31. Dezember 1845. Bei Gelegenheit der Feier der Einweihung der neuen Synagoge zu Rohrbach erschien im hiesigen Journal folgender Artikel, der um so mehr der Beachtung verdient, als er aus der Feder des dortigen katholischen Geistlichen floss. 'Rohrbach, 16. Dezember 1845. Heute wurde die feierliche Einweihung der neuen Synagoge dahier nach der im Programm gegebenen Andeutung durch den Bezirksrabbiner Fürst von Heidelberg vorgenommen. Die Feier war erhebend und erbauend sowohl durch den schönen Gesang, um welchen sich die beiden Schullehrer von hier und Reilingen sehr verdient gemacht haben, als auch durch die vom Rabbiner gesprochene Weihepredigt. Nciht nur der deutliche würdevolle Vortag und die durchsichtige, wohl gelungene Durchführung des Themas, sondern auch vor allem der reine Gottesdienst und die vortreffliche sittliche Anwendung der Zeremonie war es, was der seltenen Feier eine wahrhaft religiöse Weihe verlief, und selbst die Gemüter der mit dem Judentum sonst nicht Befreundeten nicht unbewegt und unerbaut ließ. Öftere Predigten in diesem Geiste würden wohl einen noch lebendigen und nachhaltigeren Eindruck machen, als selbst der Anblick der mit Kunst befertigte Coteret Tora, d.i. der goldgestickten Gesetzeskrone. Möchte, dem Wunsche Vieler gemäß, die Rede nebst Nachgebet und Weihegedicht im Druck erscheinen!'" 

Fast 100 Jahre war die Synagoge in Rohrbach Zentrum des jüdischen Lebens am Ort. 1896 war sie von einem Brand in einer benachbarten Scheune bedroht:
  
Die Synagoge entging nur mit Mühe einem Brand (1896) 

Artikel in der "Badischen Presse" vom 23. September 1896: "Rohrbach (Amt Heidelberg), 22. September 1896. In der mit Stroh gefüllten Scheuer des Metzgers Scherz brach vorgestern Mittag ein heftiges Feuer aus, dem die ganze Scheuer zum Opfer fiel. Mit Mühe gelang er der Feuerwehr, die starb bedrohte Synagoge zu retten."      

  
In der Pogromnacht im November 1938 wurde die Synagoge zerstört. Angehörige des SA-Studentensturms waren, nachdem sie die Heidelberger Synagoge niedergebrannt hatten, am frühen Morgen des 10. November von der Altstadt zur Synagoge in Rohrbach gezogen. Ihnen hatten sich Mitglieder des Pioniersturms der SA angeschlossen. Gemeinsam schlugen sie die Tür der Synagoge ein, zertrümmerten im Innern mit ihren Äxten die Bänke und anderes Holzwerk, schichteten es zusammen mit Büchern und Akten und steckten es in Brand. Das Deckengebälk und das Gebäude selbst wurden vom Feuer nur wenig angegriffen, da die Rohrbacher Feuerwehr zum Schutz der Nachbargebäude rechtzeitig eingreifen durfte. Brandstiftung und Löscharbeiten wurde von etwa 15 bis 20 Zuschauern und Passanten verfolgt. Als der Kreisleiter zwischen 7 und 8 Uhr an der Rohrbacher Synagoge eintraf, war die SA bereits mit einem Lieferwagen abgefahren und der Brand fast gelöscht. Das Synagogengebäude wurde in den folgenden Monaten (vor Mai 1940) abgebrochen. Nach anderen Angaben ist das Gebäude erst nach 1945 beseitigt worden. Doch ist in einem Plan vom Mai 1940 (Archiv Nr. R 8/001) das Grundstück Rathausstraße 35/37 bereits mit "abgebrochener Synagoge" bezeichnet.   
     
Seit dem 27. April 1985 erinnert ein Gedenkstein am Platz der Synagoge (Rohrbacher Rathausplatz) an deren Schicksal. Der Davidstern des Gedenksteins ist aus rotem Balmoral-Granit, während die Granit-Basisplatte aus dem Steinbruch aus Flossenbürg in der Oberpfalz stammt (ehemaliges KZ und Hinrichtungsstätte zahlreicher Widerstandskämpfer). Die Inschriften des Gedenksteines sind: ein großes "chai" (lebe!), auf den Sockelplatten der Text  "Hier stand von 1845-1938 die Synagoge der jüdischen Gemeinde Rohrbach. Sie diente dem Lobe Gottes, bis sie in der Nacht zum 10. November von frevelhafter Hand zerstört wurde", und ein Zitat aus Jesaja 51,1: "Schaut auf den Fels, aus dem ihr gegraben, und auf den Brunnen, aus dem ihr gegraben".  
       
Im Synagogengebäude war bis 1876 auch eine jüdische Konfessionsschule. Unweit der Synagoge stand die Mikwe auf dem Grundstück Rathausstraße 49/51 (heute ein schmaler, tangential zulaufender Platz zwischen den Häusern Nr. 47 und 53). Alte Aufnahmen zeigen ein kleines Gebäude, das schon vor 1833 als Kaltwasser-Mikwe existierte und dann auf Druck der Behörden umgebaut werden musste. Das Gebäude der Mikwe stand noch bis in die 1950er-Jahre und diente zuletzt einer benachbarten Schreinerei als Lagerplatz. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden in Wiesloch, nach der Eingemeindung von Rohrbach nach Heidelberg (1927) in Heidelberg (Bergfriedhof) beigesetzt. 
     
2013/2015 wurde der Rathausplatz neu gestaltet und die Infrastruktur erneuert. Der neu gestaltete Platz bietet seitdem einen offenen Bereich im Westen im Bereich der ehemaligen Synagoge und einen zurückversetzten, ruhig gelegenen Platz westlich und nördlich des Alten Rathauses. Der westliche Rathausplatz ist nun geprägt durch einen Baumhain aus kleinkronigen Bäumen mit Sitzmöglichkeiten und das Denkmal zur Erinnerung an die ehemalige Synagoge. Eine weiße Linie aus Granit zeichnet die Mauern der früheren Synagoge nach. Die Einweihung des neu gestalteten Rathausplatzes war am 9. Mai 2015.        
     
     
   
  
Fotos          
Historische Fotos: 
(Quelle: Heimatmuseum Rohrbach; Foto links bei hilfe-hd.de: hier anklicken)  

Rohrbach HD Synagoge.jpg (41737 Byte)

Rohrbach Synagoge 300.jpg (23561 Byte) Rohrbach Synagoge 301.jpg (17163 Byte)
Synagoge in Rohrbach (jeweils rechts). Die linke Aufnahme wurde gemacht aus 
Anlass der Lieferung neuer Glocken für die Kirche mit festlichem Umzug. 
NS-Parteigenossen in der 
zerstörten Synagoge 1938 

   
Fotos nach 1945/Gegenwart:  

Synagogenplatz vor der 
Einrichtung der Gedenkstätte

(Foto: Hahn, 1984)
Rohrbach Synagoge 102.jpg (77522 Byte)   
  Blick über den Rathausplatz      
        
Der Gedenkstein für die ehemalige 
Synagoge auf dem 
Rohrbacher Rathausplatz 
Rohrbach Synagoge 303.jpg (94362 Byte) Rohrbach Synagoge 100.jpg (66841 Byte)
(Farbfotos: Hahn; 
Aufnahmedatum 25.6.2004)  
Der Gedenkstein; im Vordergrund ist auf der Sockelplatte ein Teil des Textes lesbar  
    
       
Rohrbach Synagoge 102.jpg (87579 Byte) Rohrbach Synagoge 101.jpg (65795 Byte) Rohrbach Synagoge 103.jpg (72182 Byte)
Blick über den Rathausplatz; in der 
Mitte der Gedenkstein 
Der Gedenkstein mit der Bodeninschrift  
  

   
  
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   

Februar 2020: Neunte Verlegung von "Stolpersteinen" in Heidelberg - darunter für die Familie des letzten Gemeindevorstehers in Rohrbach Oskar Ehrmann 
Artikel von Hans Böhringer in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 10. Februar 2020: "Den 'Namen zurückgeben' - Neunte Stolpersteinverlegung in Heidelberg
Künstler Gunter Demnig erinnert an NS-Verfolgte - Nachfahren erzählen Familienschicksale

Heidelberg. 'Heimat, das ist ein Wort, das ich lange nur mit dem Herzen verstanden habe', erklärt Linda Ziskind. Im Halbkreis stehen die Zuhörer vor dem ehemaligen Wohnort ihres Großvaters nahe dem Rohrbacher Markt. Noch ist der Zement nass rings um die sechs Messingschilder vor der Türschwelle, eben erst kniete Gunter Demnig dort auf dem Boden, klopfte und strich die neu gesetzten Steine ins Lot. Jetzt hat er sich zurückgezogen, an allen Stationen an diesem Montag erledigt er seine Aufgabe sorgfältig und schnell – und überlässt anderen das Erzählen. Europaweit lässt der Künstler Demnig die Plaketten in den Boden ein. Auf einer jeden dokumentiert er die Lebensdaten einer von den Nationalsozialisten verfolgten Person. Mit den Stolpersteinen will Demnig diesen Menschen 'ihren Namen zurückgeben'. Als Ort wählt er dafür die letzte selbst gewählte Wohnung der Opfer vor der Flucht oder der Deportation. An den Ort kommen dann mit den Namen auch die Geschichten zurück. Linda Ziskind ist mit ihren Cousins aus den Vereinigten Staaten angereist. Ihr Großvater war Oskar Ehrmann, er lebte mit seinen beiden Söhnen Hans und Rolf in Rohrbach. 1936 musste der jüdische Geschäftsmann unter dem Druck der Nürnberger Rassengesetze seinen Tabakladen schließen und das Haus verkaufen. Den Ehrmanns gelang die Flucht in die USA. Später lernte dort, in New Jersey, Linda Ziskind die Heimat ihres Vaters Hans kennen, im Haus der Großeltern: Denn die hatten ihren gesamten Hausrat mitgenommen – wie eine Zeitmaschine habe das einen in das Rohrbach der Dreißigerjahre transportiert, erklärt sie.
Zum neunten Mal werden Stolpersteine auch in Heidelberg verlegt, ungefähr die Hälfte von Demnig persönlich. Ziskind betont damit, wie sehr ihre Familie in Deutschland verwurzelt war: Nicht etwa Juden, die zufällig in Deutschland lebten, seien ihre Vorfahren gewesen, sondern Deutsche, die eben jüdisch waren. Sie hat einen Stammbaum dabei und erklärt, ihr Vater sei die siebte Generation gewesen, die in der Region Heidelbergs zur Welt kam. Die Brüder Hans und Rolf Ehrmann wollten der US-Armee beitreten, um die Nazis zu bekämpfen. Hans wurde abgelehnt, denn seit einem Unfall im Tabakladen seines Vaters war er auf einem Auge blind. Viele Jahre später, in den Achtzigern, kehrte er dennoch nach Heidelberg zurück, klingelte bei einem Nachbarhaus und stellte sich vor: 'Ich habe hier einmal gelebt.' Der alte Mann, der an die Tür geholt wurde, erkannte Hans: 'Ach ja, du bist der kleine Junge, der sich das Auge mit dem Messer ausgestochen hat.' Viele solche Anekdoten kann Linda Ziskind erzählen – sie alle zeigen: Die Ehrmanns waren mitten drin in ihrer Nachbarschaft..."  
Link zum Artikel 

   
   

Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der Stadt Heidelberg  
bullet Bericht mit Fotos von einer Führung auf den Spuren der jüdischen Geschichte in Rohrbach: hier anklicken   
bulletSeite der "Ehrenamtlichen Hilfe Heidelberg" mit Fotos der Synagoge Rohrbach: hier anklicken  

Quellen:    

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Rohrbach 
In der Website des Landesarchivs Baden-Württemberg (Hauptstaatsarchiv Stuttgart) sind die Personenstandsregister jüdischer Gemeinden in Württemberg, Baden und Hohenzollern einsehbar: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=5632     
Zu Rohrbach ist vorhanden:    
J 386 Bü. 632  Rohrbach  Geburten 1812 bis 1815    http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-1182153    

Literatur:   

bulletFranz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 128-129. 
bulletGeorg Ludwig Menzer: Rohrbach bei Heidelberg. Eine pfälzische Ortsgeschichte. Heidelberg 1926. 
bulletKarl Heinz Frauenfeld: Rohrbach im Wandel der Zeit. Eine Ortsgeschichte aus der Kurpfalz. 1981. 
bulletGeschichte der Juden in Heidelberg. Mit Beiträgen von Andreas Cser, Susanne Döring, Norbert Giovannini u.a. Heidelberg 1996. Hierin Näheres zu Rohrbach in den Beiträgen von Martin Krauss (Der Bevölkerungsanteil... S. 155), von Udo Wennemuth ("Die israelitische Gemeinde in Rohrbach" S. 397f), im Beitrag vom Frank Moraw (S. 506 zur Pogromnacht 1938 in Heidelberg) 
bulletUrsula Röper/Claudia Rink: Jüdisches Leben in Rohrbach. In: der punker. Leben in Rohrbach. Ausgabe 02/2003.    
bulletClaudia Rink: Jüdisches Leben in Rohrbach: In: Heidelberg - Jahrbuch zur Geschichte der Stadt. Hg. vom Heidelberger Geschichtsverein. 2003/04 Jahrgang 8 S. 65-87. 
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007. 
bulletSynagogen Lit 201305.jpg (108213 Byte)Christiane Twiehaus: Synagogen im Großherzogtum Baden (1806-1918). Eine Untersuchung zu ihrer Rezeption in den öffentlichen Medien. Reihe: Schriften der Hochschule für jüdische Studien Heidelberg. Universitätsverlag Winter Heidelberg 2012. 
Zur Synagoge in Rohrbach: S. 58-61.    

     
      

                   
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Stand: 30. Juni 2020