Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


Eingangsseite

Aktuelle Informationen

Jahrestagungen von Alemannia Judaica

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft

Jüdische Friedhöfe 

(Frühere und bestehende) Synagogen

Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale in der Region

Bestehende jüdische Gemeinden in der Region

Jüdische Museen

FORSCHUNGS-
PROJEKTE

Literatur und Presseartikel

Adressliste

Digitale Postkarten

Links

 

    
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"  
zurück zur Übersicht "Synagogen in Unterfranken"
     

Waltershausen (Gemeinde Saal an der Saale, Kreis Rhön-Grabfeld)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Persönlichkeiten  
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde       
   
In Waltershausen bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 1799 wurden 38 jüdische Einwohner gezählt. 

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1810 38 jüdische Einwohner, 1813 34, 1830 39, 1839 54, 1848 46, 1871 14, 1880 8, 1890 3 jüdische Einwohner. Bei der Volkszählung 1900 wurde kein jüdischer Einwohner mehr gezählt.
  
Zur Entstehung der Familiennamen liegt ein Bericht des evangelischen Pfarrers von Waltershausen, Johann Friedrich Nenninger, der in der Einleitung zu den von ihm zu führenden "Judenregistern" 1811 geschrieben hat: "Gegenwärtig sind 7 Familien hier, denen heute, um sie in diesem Buche bei der öfteren Gleichförmigkeit ihrer Beschneidungsnamen nicht zu verwechseln, folgende Geschlechtsnamen auf des Unterzeichneten Vorschlag beigelegt worden:  Männlein Schlomm Anfänger, weil seine Voreltern den Anfang der hiesigen Judenschaft [haben] machen helfen. Schmul, Salomons Sohn, Bienenfreund, weil diese Familie die Bienenpflege betreibt. Elieser, Salomons Sohn, Dachsgruber, weil seine Stube so finster als eine Dachsgrube sein soll.  Elieser, Salomons Sohn, Cammerfüller, weil er keinen Keller hat und alles in seiner Kammer niederlegen muss.  Yehuda, Eliesers Sohn, Ellermann, weil er auf der Eller wohnt.  Wolf, Moses Sohn, Fleischbringer, weil er Metzger ist.  Herz, Mantels Sohn, Gänsekäufer, weil er sich ihren Kauf oft zum Geschäft machen soll".   
   
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Waltershausen auf insgesamt 10 Matrikelstellen die folgenden jüdischen Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Wolf Fleischbringer (Schlachter), Hirsch Ellermanns Witwe (Kleinhandel), Mantel Dachsgruber (Unterhändler), Salomon Bienenfreund (Warenhandel), Loeb Bienenfreund (Warenhandel), Menachem (Mennla) Anfänger (Lederhändler), Elieser (Loeser) Kammerfüller (Unterhändler), Herz Gänsekäufer (Schlachter), Lazarus Ellermann (Ellenhandel) Salomon Anfänger (Lederhandel).  
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule und ein rituelles Bad (im Gebäude der Synagoge). Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in Kleinbardorf beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts - zumindest zeitweise - ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Genannt wird Ende der 1830er-Jahre Lehrer Abraham Ebert (siehe unten).   
   
Von den in Waltershausen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Julie Karoline Anfänger (1870), William Anfänger (1865). 
Drei weitere im Gedenkbuch unter "Waltershausen" genannte Personen dürften aus dem thüringischen Waltershausen (Kreis Gotha) stammen.       
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde      
     
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer    

Zum Tod des Religionslehrers und Kantors Abraham Ebert (1894 in Fürth, war Ende der 1830er-Jahre Lehrer in Waltershausen)    
Anmerkung: nach den Recherchen von Elisabeth Böhrer ist Abraham Ebert nicht am 24. Dezember, sondern am 4. Dezember 1823 in Neuhaus geboren.     

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. Oktober 1894: "Fürth, 30. September (1894). Am 23. September dieses Monats verschied nach längerem Leiden der Religionslehrer und Kantor der hiesigen Kultusgemeinde, Herr Abraham Ebert. Am 24. Dezember 1823 in Neuhaus bei Neustadt a. Saale geboren, fungierte er im Alter von 15 Jahren bereits in Waltershausen und Thundorf, bezog 1840 das Schullehrerseminar in Würzburg, machte 1841 das Examen als Religionslehrer, bestand 1845 die staatliche Anstellungsprüfung in Würzburg mit Note 1 in Musik und Lehrfach und fungierte dann in Brückenau und Bayreuth. In Bayreuth gehörte er einem aus ihm, einem protestantischen, katholischen und reformierten Geistlichen bestehenden Vokalquartett an, das einst vor dem König Max II. singen durfte. Im Jahre 1852 wurde der Verstorbene gleichzeitig nach Köln, Frankfurt am Main und Fürth berufen, nahm die Stelle hier an und wirkte seitdem, also 42 Jahre, an der hiesigen Gemeinde. Er pflegte die reinen, traditionellen Tempelmelodien und führte die Sulzer'schen Gesänge in der hiesigen Hauptsynagoge ein, welche desto mehr zur Geltung kamen, als der Verblichene über eine prächtige, lyrische Tenorstimme verfügte. Als Religionslehrer erteilte er den Unterricht in der hiesigen städtischen Volksschule und der königlichen Realschule. Zu dem erhebenden Bewusststein strenger Pflichterfüllung gesellte sich die Freude eines glücklichen Familienlebens. Der Verstorbene war ein ehrenwerter Charakter von reichem Gemüte und warmem Herzen. Von der Liebe und Achtung zeugte die außerordentlich große Anzahl von Trauergästen, die seinem Leichenbegängnisse am 28. dieses Monats folgten. Herr Rabbiner Dr. Neubürger hielt die Leichenrede, Herr Justizrat Gunzenhäuser sprach namens der Kultusgemeinde, Herr Dr. Hutzelmann namens der königlichen Realschule. das Andenken des Verblichenen wird in Ehren fortleben."          

   
   
Persönlichkeiten    

Leopold Anfänger, geb. 9. August 1868 in Waltershausen als Sohn von Jakob Anfänger und der Rosa geb. Fleischmann. Leopold Anfänger war nach der Ausbildung an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg (Examen 1888), Religions- und Volksschullehrer in Schonungen, Willmars und Memmelsdorf, bis er 1905 als Nachfolger von Jakob Weißbart an die Israelitische Lehrerbildungsanstalt nach Würzburg berufen wurde. Hier wirkte er fast drei Jahrzehnte (zuletzt als Seminar-Oberlehrer), bis er 1933 pensioniert wurde und nach Köln verzog, wo er am 24. Juli 1936 verstorben ist. Er wurde in Köln beigesetzt. 
Leopold Anfänger war seit 1895 (in Schonungen) verheiratet mit Hedwig geb. Steinberger (geb. 6. Dezember 1875 in Schonungen als Tochter des Viehhändlers Lazarus Steinberger und der Eva geb. Linz). Aus der Ehe stammten die Kinder Karl Anfänger (geb. 21. April 1896 in Willmars, später als Kaufmann in Halberstadt, Stockholm, ab 1924 in Köln tätig, emigrierte in die USA, gest. Juli 1979 in Miami Beach), Herbert Anfänger (geb. 26. Juli 1897 Willmars, gefallen 17. April 1917 in Frankreich), Ludwig Anfänger (geb. 1899 in Willmars, nach Studium der Medizin ab 1926 als Arzt in Berlin tätig, emigrierte 1933 oder danach nach Zürich), Berta verh. Kaufmann (geb. 1901 in Memmelsdorf, lebte mit ihrem Mann Moritz Kaufmann später in Dortmund, emigrierte in die USA), Rosa verh. Grünert (geb. 16. September 1908 in Würzburg).        
   
Salomon Anfänger, geb. 4. März 1862 in Waltershausen (Angabe von Elisabeth Böhrer; er war jedoch kein Bruder von Leopold Anfänger): war nach Abschluss seiner Lehrerausbildung am Israelitischen Lehrerseminar in Würzburg 1880 Lehrer in Altenstein, dann in Willmars und von 1895 bis 1939 Lehrer, zuletzt Oberlehrer in Heßdorf. Er war verheiratet mit Regina geb. Bierschild. Weiteres siehe auf der Seite zu Heßdorf.    
   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge       
    
Eine Synagoge in Waltershausen wurde 1731 erbaut. Sie wurde wahrscheinlich spätestens 1895 auf Abbruch verkauft. Im Gebäude war möglicherweise auch ein Schulraum und mit Sicherheit ein rituelles Bad (Mikwe) 
   
   
Adresse/Standort der Synagogeunbekannt.  
   
   
Fotos

Es sind noch keine Fotos zur jüdischen Geschichte in Waltershausen vorhanden; 
über Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster der Alemannia Judaica; Adresse siehe Eingangsseite.
 
     

    
     

Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Saal an der Saale    

Literatur:  

bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 123.  1992² S. 132-133.
bulletDirk Rosenstock (Bearbeiter): Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg. Bd. 13. Würzburg 2008. S. 188 (von hier auch das Zitat des evangelischen Pfarrers Nenninger von 1811). 

      
      n.e.     

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge   

              

 

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an Alemannia Judaica (E-Mail-Adresse auf der Eingangsseite)
Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020