In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts dem Johanniterorden gehörenden
Rexingen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1939/42. Ihre Entstehung geht in
das 17. Jahrhundert zurück, als sich während oder nach der Zeit des Dreißigjährigen
Krieges die ersten jüdischen Familien niederlassen konnten. In dem zur selben
Kommentur des Johanniterordens gehörenden Ort Hemmendorf lebten 1621 drei
jüdische Personen (mit Familien): Gußmann, Leo und LIebmann.
1748 gab es elf jüdische Hausbesitzer in Rexingen: Liebmann, Leopold
Abraham, Bär Gideon, Speritz Gideon, Jakob Veit Löwengart, Salomon Jakel,
Abraham David, Liebmann Isaak, Isaak Abraham, Wolf Isaak und Salomon Simon. Die
jüdischen Familien waren aus einer weiten Umgebung nach Rexingen zugezogen. So
stammte die Familie Levi nach einer Familienüberlieferung aus Hohenems
in Vorarlberg. Die Familie Löwengart dürfte aus Hechingen
zugezogen sein, dorthin ursprünglich auch aus Hohenems.
Die Familien Lemberger und Preßburger erinnerten mit ihren Herkunftsnamen an
ihren Ursprungsort. Aus Mühringen stammte
die Familie Hirschfelder, aus Unterschwandorf
die Familie Neuburger. Auch die Familien Neckarsulmer, Straßburger und
Zürndorfer erinnerten mit ihrem Namen an ihre Herkunftsorte Neckarsulm,
Straßburg (bzw. Umgebung) und Zirndorf. Die
Vorfahren der Familie Löwenstein sollen aus Polen oder Ungarn
stammen.
Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde 1846 mit 427 Personen bzw.
1885 mit 425 Personen erreicht.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde u.a. eine Synagoge (s.u.),
eine jüdische Schule (Elementarschule/Volksschule seit 1824), ein rituelles Bad und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Als "Vorsinger"
wurde 1780 Marx Wolf Zirndorf in Rexingen aufgenommen. Er war hier bis 1823
tätig. Sein Nachfolger Hirsch Wolf Königsberger (geb. 1803 in Weikersheim)
trat 1823 sein Amt an, das er bis 1869 innehatte (gest. 1876). Erster Lehrer an der 1824
eingerichteten israelitischen Volksschule war Isaak Bickart (geb. 1802 in
Rexingen als Sohn von Emanuel Bickart), der bis 1869 Lehrer in seinem Heimatort
blieb (dann nach Ulm verzogen) und seit 1832 gleichzeitig Vorsänger der Gemeinde war. Unter ihm wurde
die neue Synagoge erbaut. Nach Bickarts Zurruhesetzung 1869 wurde Samuel
Preßburger israelitischer Volksschullehrer (geboren am 19. März 1844 in
Rexingen). Er war Lehrer in Rexingen bis zu seinem Tod am 27. August 1887. Sein
Nachfolger war Aaron Ascher (geb. 1858 in Weikersheim). Er wurde 1904
pensioniert und starb noch im selben Jahr. 1904 trat Samuel Spatz die
Lehrerstelle an. Er blieb in Rexingen bis 1933 (gestorben in Stuttgart 1935).
1933 folgte Sev (Wolf) Berlinger (1909-1997) auf Samuel
Spatz. Er war nur bis 1934 Lehrer in Rexingen (im April 1938 hat er mit der
ersten Auswanderergruppe aus Württemberg die Siedlung Shavei Zion mit
aufgebaut).
Die Gemeinde gehörte bis 1911 zum Rabbinat Mühringen,
seit 1914 zum Rabbinat Horb.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Gefreiter Julius
genannt Jakob Gideon (geb. 24.7.1886 in Rexingen, gef. 1.4.1915), Karl Goldstein
(geb. 7.1.1875 in Untermerzbach, vgl.
Dokumente auf der Seite zu Untermerzbach, gest. 13.10.1918 in Gefangenschaft), Julius
Lemberger (geb. 29.3.1894 in Rexingen, gef. 18.8.1916), Martin Löwengart (geb.
11.3.1899 in Rexingen, gef. 25.8.1918), Viktor Löwenstein (geb. 22.1.1885 in
Rexingen, gef. 16.7.1915), Max Schorsch (geb. 21.8.1878 in Sindolsheim, gef.
16.10.1918), Ludwig Schwarz (geb. 28.6.1886 in Rexingen, gest. 16.11.1916 in
Gefangenschaft), Adolf Sinn (geb. 25.10.1882 in Neckarbischofsheim, gef.
30.10.1917), Alfred Wälder (geb. 14.1.1885 in Rexingen, gef. 12.1.1917),
Gefreiter Julius Veit Wälder (geb. 9.7.1892 in Rexingen, gef. 8.10.1915),
Salomon Weil (geb. 19.6.1892 in Rexingen, gef. 7.9.1914), Leutnant Josef Zürndorfer
(geb. 29.5.1888 in Rexingen, gef. 19.9.1915), Gefreiter Rubin Zürndorfer (geb.
27.12.1872 in Rexingen, gef. 14.10.1917). Außerdem sind gefallen: Hugo Lehmann
(geb. 4.10.1890 in Rexingen, vor 1914 in Schwäbisch Gmünd wohnhaft, gef.
25.8.1915) und Alfred Zürndorfer (geb. 21.2.1889 in Rexingen, gef. 7.4.1918).
Die Namen von 15 jüdischen Gefallenen finden sich auf einer Gedenktafel (mit
Bildern) im Rathaus (Ratssaal). Die ehemaligen aus der Synagoge erhaltenen
Gefallenen-Gedenktafeln werden im Erdgeschoss des ehemaligen Synagogengebäudes
(heute: evangelische Kirche) aufbewahrt.
Die meisten jüdischen Familien lebten vom Viehhandel oder waren als Metzger,
Wirte und Inhaber von Gemischtwarengeschäften tätig. An ehemaligen, bis
nach 1933 bestehenden, in jüdischem Besitz befindlichen Handels- und
Gewerbebetrieben sind bekannt: Lebens- und Futtermittelhandel Ferdinand
Bamberger (Bergstraße 30), Vieh- und Rohwarenhandlung Siegmund Bodenheimer
(Johanniterstraße 30), Handel mit Hosen, Seifen und Waschartikeln Willi
Bodenheimer (Kirchstraße 31), Viehhandlung Isidor David (Schöllerstraße 5),
Viehhandlung Max Fröhlich (Freudenstädter Straße, abgebrochen), Vieh-,
Pferde- und Rauchwarenhandlung Elias Gideon (Kirchstraße 27), Viehhandlung
Richard Gideon (Johanniterstraße 14), Viehhandlung Samuel Gideon (Bergstraße
29), Viehhandlung Siegmund Gideon (Kirchstraße 25), Viehhandlung und Metzgerei
Heinrich Heimann (Bergstraße 30), Vieh- und Fellhandlung Alfred Hopfer
(Freudenstädter Straße 32), Viehhandlung Hermann Hopfer (Kirchstraße 12, mit
Filiale in Wildberg),
Viehhandlung Julius Hopfer (Freudenstädter Straße 30), Altgummi- und
Autoreifenhandlung Josef Interstein (Lichtenbergstraße 3), Viehhandlung Adolf
Landauer (Lichtenbergstraße 5), Viehhandlung Max Landauer (Osterhaldeweg 19),
Viehhandlung Hermann Lemberger (Kirchstraße 29), Viehhandlung Karl und Isidor
Lemberger (Freudenstädter Straße 11), Viehhandlung Simon Lemberger
(Osterhaldeweg 13), Viehhandlung Adolf Levi (Freudenstädter Straße 5),
Kohlenhandlung Alfred Levi (Osterhaldeweg 7), Vieh- und Rauchwarenhandlung Elias
Levi (Kirchstraße 19), Viehhandlung Jacob Levi (Lichtenbergstraße 22),
Viehhandlung Samuel Levi (Kirchstraße 19), Viehhandlung Simon Levi (Freudenstädter
Straße 20), Metzgerei und Wirtschaft "Zum Deutschen Kaiser", Leopold
Liebmann (im Besitz der Fam. Gideon) Freudenstädter Straße 14), Viehhandlung
Manfred Löwengard (Lichtenbergstraße 25), Viehhandlung Max Löwengard (Schöllerstraße,
abgebrochen), Viehhandlung Rudolf Löwengard (Lichtenbergstraße 24),
Viehhandlung Walter Löwengard (Lichtenbergstraße 27), Kolonialwaren Juditha Löwenstein
(Bergstraße 37), Viehhandlung Leopold Löwenstein (Freudenstädter Straße 22),
Manufakturwaren David Neckarsulmer (Bergstraße 18), Kolonial- und
Manufakturwaren Viktor Neckarsulmer OHG (Bergstraße 7), Viehhandlung Isidor
Ottenheimer (Bergstraße 31), Fischhandel Gertrud Pollack (Kirchstraße 7),
Fellhandel Selig Poßnansky (Schöllerstraße 5), Fellhandel Alfred Pressburger
(Lichtenbergstraße 34), Viehhandlung Heinrich Pressburger (Lichtenbergstraße
26), Viehhandlung Josef Pressburger (Freudenstädter Straße 12), Viehhandlung
Josef M. Pressburger (Freudenstädter Straße 9), Lebensmittel und Futterhandel
Isak Pressburger (Freudenstädter Straße 70), Viehhandlung Julius E.
Pressburger (Bergstraße 41), Viehhandlung Julius M. Pressburger (Freudenstädter
Straße 18), Viehhandel und Rauchwaren Leopold und Willi Pressburger
(Osterhaldeweg 1), Viehhandel und Landwirtschaft Max und Adolf Pressburger (Schöllerstraße
10/12), Viehhandlung Sally Rosenfelder (Bergstraße 36, abgebrochen), Woll-Lager
Toni Schott (Freudenstädter Straße 36), Viehhandlung Elias Schwarz (Freudenstädter
Straße 29, abgebrochen), Viehhandlung Leopold Schwarz (Freudenstädter Straße
31), Viehhandlung Ludwig Schwarz (Johanniterstraße 28), Viehhandlung Leopold
Schwarz jr. (Bergstraße 36, abgebrochen), Teppichgroßhandlung Martin Schwarz
(Bergstraße 29), Viehhandlung Rudolf Schwarz (Freudenstädter Straße 17),
Textilwaren Siegfried Schwarz (Lichtenbergstraße , abgebrochen), Viehhandlung
Hirsch Straßburger (Bergstraße 35), Viehhandlung Willi Wälder (Johanniterstraße
16/18), Viehhandel und Wirtschaft "Zur Rose" Leopold Wälder
(Lichtenbergstraße 14), Mehlhandlung Simon Weil (Bergstraße 5), Viehhandel und
Rauchwaren Max Zürndorfer (Lichtenbergstraße 16), Pferdehandlung Siegmund
Pressburger (Freudenstädter Straße 45 und 48).
Auf Grund der Judenverfolgungen und -ermordungen in der NS-Zeit kamen von den
1933 noch in Rexingen wohnhaften 217 jüdischen Einwohnern mindestens 70 ums
Leben. Die Gemeinde erfuhr durch die Auswanderung eines Teils ihrer Mitglieder
1938 eine Neugründung in der israelischen Siedlung Shavei Zion nördlich von
Akko.
Von den in Rexingen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Auguste Adler geb.
Weil (1876), Mina Auerbacher geb. Schwab (1888), Feidel Bamberger (1878), Bona
Bodenheimer geb. Schwarz (1887), Josef Bodenheimer (1882), Willi Bodenheimer
(1887), Rosalie Dampf geb. Ettlinger (1869), Klara David geb. Löwenstein
(1875), Simon Eichstetter (1876), Salomon Elsässer (1874), Sara Elsässer geb.
Schwarz (1882), Selma Emanuel geb. Landauer (1891), Auguste Eppstein geb.
Schwarz (1877), Alice Esslinger geb. Stern (1905), Helmut Esslinger (1936),
Viktor Esslinger (1897), Auguste Fröhlich geb. Schwarz (1869), Martha Fröhlich
geb. Münz (1895), Simon Fröhlich (1898), Bertha Gideon geb. Schwarz (1880),
Elias Gideon (18890), Emilie Gideon geb. Bernheim (1870), Rosa Gideon (1871),
Siegmund Gideon (1872), Mina Goldberger geb. Leiter (1896), Klara Haarburger
geb. Levi (1879), Max Haarburger (1874), Rudolf Hely (1898), Erna Heß geb.
Lemberger (1903), Richard Heß (1930), OIga Hopfer geb. Landauer (1886), Julius
Hopfer (1873), Salli Hopfer (1903), Arnold Isenberg (1891), Friederike Isenberg
geb. Leopold (1889), Pauline Kahn verh. Wälder (1887), Mina Krautheim geb.
Eichstetter (1876), Ida Krailsheimer geb. Eisemann (1900), Sarah Krautmann
(1900), Klara Landauer geb. Fröhlich (1853), Erich Lemberger (1935), Agnes
Lemberger (1903), Fanny Lemberger geb. Bensinger (1893), Flora Lemberger (1890),
Hilde Lemberger geb. Schwarz (1909), Isidor Lemberger (1892), Lothar Lemberger
(1933), Rosa Lemberger geb. Gideon (1900), Siegfried Lemberger (1935), Sigwart
Lemberger (1927), Thusitte Lemberger geb. Straßburger (1870), Toni Lemberger
(1908), Elias Levi (1879) Hedwig Levi geb. Gideon (1879), Jeanette Levi geb.
Hahn (1883), Kläre Levi (1920), Laura Levi (1876), Rosa Levi geb. Hess (1881),
Salomon Levi (1874), Samuel Levi (1883), Siegfried Levi (1877), Sigmund Levi
(1873), Simon Levi (1867), Betti Löwengart geb. Löwengart (1879), Rosa Löwengart
geb. Zürndorfer (1875), Auguste Löwenstein (1892), Juditha Löwenstein geb.
Weil (1882), Blanda Meyer geb. Schwarz (1882), Selma Meyer geb. Weil (1889), Berthold Neckarsulmer (1869),
Cilly Neckarsulmer geb. Schwarz (1880), David Neckarsulmer (1874), Gretchen
Neckarsulmer geb. Kohn (1883), Peppi Oppenheimer (1865), Thekla Oppenheimer
(1869), Lina Ottenheimer geb. Löwenstein (1862), Gertrud Pollak geb. Löwenstein
(1883), Johanna Poznanski geb. Caspary (1872), Abraham Pressburger (1861),
Bertha Pressburger geb. Kahn (1876), Elsa Pressburger geb. Neckarsulmer (1879)
Fanny Pressburger geb. Landauer (1892), Isak Pressburger (1881), Josef
Pressburger (1886), Kathi Pressburger geb. Gideon (1882), Leopold Pressburger
(1867), Lina Pressburger (1889), Pauline Pressburger geb. Pressburger (1875),
Siegbert Pressburger (1923), Josef Rothschild (1873), Rosa Rothschild geb.
Lindner (1876), Rebekka Sander geb. Mayer (1870), Selma Schorsch geb. Schwarz
(1881), Elias Schwarz (1882), Gertrud Schwarz geb. Ottenheimer (1884), Isak
Schwarz (1872), Louis Schwarz (1880), Rudolf Schwarz (1894), Selma Schwarz geb.
Gideon (1877), Sofie Schwarz geb. Lämmle (1880), Thekla Schwarz geb. Schwarz
(1893), Trude Schwarz (1922), Zilli Schwarz (1906), Hedwig Sinn geb. Weil
(1888), Auguste Stern geb. Weil (1887), Margot Stern (1927), Siegfried Stern (1872, David Wälder
(1883), Ilse Wälder (1922), Wilhelm Wälder (1880), Zilli Wälder geb. Weil
(1885), Adele Weil (1885), Friederike Weil geb. Pressburger (1881), Simon Weil
(1875), Sara Weinschenk geb. ? (1877). Die Liste ist noch unvollständig.
Das Wohngebiet
konzentrierte sich auf das "Unterdorf" in der Nähe des ehemaligen
Johanniterschlosses. 1800 wurde ein großer Teil insbesondere der jüdischen Häuser
durch einen Brand zerstört.
Vor dem Bau einer Synagoge war vermutlich ein Betsaal
vorhanden. 1710 wurde eine erste Synagoge erbaut, die 1751/52
erweitert wurde. Ein halbes Jahrhundert später war auf Grund der größer
gewordenen jüdischen Gemeinde ein Neubau nötig. Dazu findet sich Näheres in
der Rabbinatsbeschreibung des Mühringer Bezirksrabbiner Dr. Michael Silberstein
(Rabbiner in Mühringen 1874-1884): "Die im Jahre 1710 erbaute Synagoge erwies
sich für die sich stark mehrende Gemeinde schon bald als zu klein; auch war
sie, da sie an einem feuchten Ort gelegen, ungesund und gewährte ein sehr ärmliches
Aussehen. Schon im Anfang dieses (sc. des 19.) Jahrhunderts trat daher die
Gemeinde mit dem Grundherrn, dem Grafen
von Thurn und Valsassina, wegen eines Bauplatzes in Verhandlungen, um eine
neue Synagoge [...} zu errichten. Die alte Synagoge sollte zu einem jüdischen
Armenhause oder Hospital umgestaltet werden, um vagierende Juden in demselben
unterzubringen. Der Grundherr erklärte sich auch, nachdem hierzu seitens des Provinzial-Kapitels
die Einwilligung erteilt war, bereit, gegen Annahme eines jährlichen
Bodenzinses zu diesem Zwecke einen Grasgarten zu gewähren. Dennoch kam es [...]
(damals) nicht zur Ausführung des Planes."
1830 bestand für die Gemeinde allerdings rascher Handlungsbedarf. Die alte Synagoge erwies sich als so baufällig, dass sie Anfang dieses Jahres auf Anweisung des Oberamtes geschlossen werden musste. Sie konnte ohne Gefahr nicht mehr betreten werden. Die Gemeinde beschloss den möglichst raschen Bau einer neuen Synagoge, doch konnte dieser erst 1836/37 durchgeführt werden, nachdem die Fragen der Bauausführung und der Finanzierung geklärt waren. Ein bereits seit einigen Jahren angelegter Synagogenbaufonds, in dem bis 1830 bereits 2.000 Gulden durch Umlagen und Spenden gesammelt waren, bildete den Grundstock. Doch wurden für den Neubau 9.000 Gulden veranschlagt. Von Seiten des Staates wurden 300 Gulden Zuschuss gewährt.
Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr 1836. Die Grundsteinlegung war am 29. Juli 1836. Gut zwei Jahre später, am
28. August 1838, konnte das Gotteshaus durch Bezirksrabbiner Dr. Moses Wassermann aus Mühringen eingeweiht werden. Rabbiner Dr. Silberstein schreibt über den Neubau: "Die Synagoge in Rexingen, unstreitig die schönste des Rabbinatsbezirkes, ist auf terrassenförmig erhöhtem Platze errichtet, zu der steinerne Stufen in zwei Abteilungen hinaufführen. Vor der Synagoge befindet sich ein schöner Säulengang, zu dem gleichfalls einige steinerne Stufen hinaufführen. Für die Frauen sind zwei Seitengalerien angebracht. Vor der heiligen Lade, die sich an der Ostseite, dem Eingang gegenüber, befindet, steht die Kanzel, wohin links und rechts wie auch zur heiligen Lade, einige Stufen führen. Unterhalb der Kanzel sieht man einen marmorierten Stein, der dem Vorsänger auch als Betpult dient. An diesen schließen sich die Subsellien für die Kinder an, jedoch derart, dass noch ein ziemlich großer Platz bis zum Ausgang hin übrig bleibt. Für die männlichen Synagogenbesucher befinden sich rechts und links Subsellien, die durch weite, wohl allzu weite Zwischenräume voneinander getrennt sind. Trotz diesen weiten Zwischenräumen fasst die Synagoge doch bequem 500 bis 600 Personen. An den Wänden, insbesondere unter der östlichen Wand, erblickt man einige Tafeln, auf denen die Namen derer, die durch Stiftungen sich verewigt haben, verzeichnet sind. Im Jahr 1862 wurde das Plafond der Synagoge recht geschmackvoll gemalt, sowie das Holzwerk frisch angestrichen. Die Synagoge befindet sich in einem guten baulichen Zustand.".
Am 13. August 1887 beging die israelitische Gemeinde feierlich das Jubiläum des 50jährigen Bestehens ihrer Synagoge. Auch damals galt das Gebäude noch als „eines der schönsten jüdischen Gotteshäuser Württembergs“ (Allgemeine Zeitung des Judentums). Eigentlich sollte Rabbiner Dr. Wassermann, der 50 Jahre zuvor das Gebäude eingeweiht hatte und zum 25jährigen Jubiläum erschienen war, die Festrede halten, jedoch war dieser dienstlich verhindert. Daher hielt Bezirksrabbiner Dr. Adolph Jaraczewsky die Festrede. Ein Festzug hatte sich zur schön geschmückten Synagoge bewegt, wo der Festgottesdienst stattfand. Um 12 Uhr schloss sich ein Festmahl im Gasthaus
"zur Traube" an, an dem auch der katholische Geistliche und der Ortsvorstand teilnahmen. Mit einem Ball wurde der Festtag beschlossen.
50-jähriges Jubiläum der Synagoge (1887)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. September 1887: "Ferner aus
Rexingen, Oberamt Horb, 14. August (1887). Die hiesige israelitische
Gemeinde beging gestern das Jubiläum des 50-jährigen Bestandes ihrer
Synagoge. Diese ist eines der schönsten jüdischen Gotteshäuser Württembergs
und wurde im August 1837 vom Kirchenrat Dr. von Wassermann, damaligem
Bezirksrabbiner in Mühringen, eingeweiht. Derselbe, der auch die Festrede
beim 25jährigen Jubiläum gehalten hatte, war von der Gemeinde zur Feier
eingeladen worden, war aber dienstlich verhindert, der Einladung Folge zu
leisten. Die Feier verlief in erhebender Weise. Ein Festzug bewegte sich
zur schön geschmückten Synagoge, woselbst Festgottesdienst stattfand und
der Bezirksrabbiner Dr. Jarazewsky von Mühringen eine mit großem Beifall
aufgenommene Festrede hielt. Um 12 Uhr war Festmahl im Gasthof zur Traube,
an dem auch der katholische Geistliche, Pfarrer Mangold und der
Ortsvorstand teilnahmen. Dr. Jarazewsky brachte den ersten, mit großer
Begeisterung aufgenommenen Toast auf Seine Majestät den König aus. Ein
Telegramm an Seine Majestät wurde huldvoll telegraphisch erwidert. Ein
Ball schloss den schönen Festtag."
Genau 100 Jahre sollte die Rexinger Synagoge der jüdischen
Gemeinde als Zentrum des gottesdienstlichen Lebens dienen. Im Blick aus das
anstehende Jubiläum wurde die Synagoge im Winter 1933/34 und vor allem im
Sommer 1935 umfassend renoviert. Dabei wurden Säulen, Wände und Emporen in
hellem Weiß gestrichen, die mit der blauen Decke ein "freundliches Gesamtbild"
ergaben (Gemeindezeitung vom 16.12.1935). Almemor und die Ostwand über dem
Toraschrein erhielten eine "schöne Farbenabstufung". Die Gottesdienste fanden
bis September 1935 in den unteren Räumen der Wohnung von Rosa Löwengart statt.
Die Erneuerung der Synagoge wurde durch einen Zuschuss des Israelitischen
Oberrates, Opfer der Gemeinde und durch Spenden von auswärts wohnenden
Rexingern ermöglicht.
Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. August 1935: "Rexingen.
In letzter Zeit hatte unsere Gemeinde mehrere Todesfälle zu beklagen. Vor
kurzem trug man Alfred Levi, der durch seine früher betriebene
Mazzot-Bäckerei und seinen späteren Mazzoth-Versand weithin bekannt war,
zu Grabe. Kurze Zeit darauf wurde sein Nachbar, Max Landauer, zur
letzten Ruhe gebettet. Landauer, der Vorstand der 'Chewra Gemiluth Chesed'
war, wurde auf dem Markt in Saulgau mitten aus seinem Berufe heraus vom
Tode ereilt. Das große Trauergeleite zeigte, wie beliebt beide Männer,
die im Alter von 58 bzw. 65 Jahren starben, waren.
Unser Gotteshaus wird zur Zeit renoviert. Die Arbeiten werden erst
bis Mitte September beendet sein. Der Gottesdienst findet einstweilen in
den unteren Räumen der Wohnung von Frau Rosa Löwengart statt. Zur
Zeit weilen hier zahlreiche jüdische Kurgäste; auch unsere
Jugendherberge wird gut besucht."
1937 feierte man die 100-Jahr-Feier der Synagoge,
ein Jahr zu früh, doch bereiteten sich damals bereits viele Rexinger Juden zur
Auswanderung nach Palästina vor (ein 60 ha großes Stück Ödland nördlich von
Akko, später Shavei Zion, wurde aufgekauft). Am 6. Februar 1938 beging
man mit der Gruppe der Auswanderer einen feierlichen Abschiedsgottesdienst in
der Synagoge. Viel Prominenz war in der Synagoge erschienen, darunter der
Stuttgarter Rabbiner Dr. Simon Bamberger und der frühere Horber Bezirksrabbiner
Dr. Abraham Schweizer sowie Ministerialrat a.D. Dr. Otto Hirsch. In den Tagen
darauf verließ die erste Siedlergruppe von 18 Familien Rexingen.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge von
SA-Leuten demoliert und angezündet. Victor Neckarsulmer, der zur Synagoge
eilte, berichtete: "die Synagoge brannte an verschiedenen Stellen. SA-Leute
rissen Lampen, Gedenktafeln für Verstorbene von Wänden und Becken. Mit Beilen
und Äxten wurde auf Vorbeterpult, auf Bänke und Torarollen eingeschlagen. Zu
diesem Zeitpunkt war ich noch der Ansicht, es würde sich um eine Einzelaktion
handeln... Daraufhin ging ich zu Bürgermeister Gunkel. Mit allen möglichen
Ausreden suchte er die wahren Gründe zu vertuschen... Als ich zur Synagoge zurückkam,
stand das Gebäude noch, aber das Gotteshaus war vollkommen ausgebrannt. Was übrig
war, wurde in einer Ecke im Synagogenhof aufgehäuft und erneut angezündet. Zum
Beispiel die Torarollen, Gebetbücher... Auf dem Weg nach meinem Haus wurde ich
verhaftet und in das Gefängnis in Rexingen eingeliefert..." Neckarsulmer wurde
nach Dachau verbracht. Nach seiner Entlassung und Rückkehr nach Rexingen übergab
ihm der örtliche Landjäger eine Torarolle, die er aus dem Aschenhaufen vor der
Synagoge gerettet hatte: "Heute ist diese Torarolle, etwas angebrannt, etwas mit
Messern zerstochen, aber sonst gut erhalten, im Gedenkraum der Rexinger in Shavei
Zion aufgestellt".
Das Synagogengebäude wurde im Zweiten Weltkrieg als ein
Holzlager der Waffenfabrik
Mauser (Oberndorf) zweckentfremdet. 1952 wurde das Gebäude als
Gemeindezentrum mit Gottesdienstraum der evangelischen Kirche umgebaut
(1984/95/2002/03 mehrere Renovierungen). Das Gebäude gehört nach wie vor
der Stadt Horb. Sie hat es an einen 1998 gegründeten Träger- und Förderverein
verpachtet.
Das Gebäude der alten Synagoge von 1710 (1751/52)
wurde 1835 abgebrochen. Sie stand unmittelbar neben dem 1759/60 gebauten
Gemeindehaus der jüdischen Gemeinde, in der sich ein Gemeindesaal mit Wohnungen
befand. Da das Gemeindehaus beim Abriss der Synagoge gleichzeitig erweitert
wurde, konnte ein Teil der Synagoge zu dieser Erweiterung verwendet werden. Aus
diesem Teil wurde vermutlich das Armenhaus der Gemeinde. Im Bereich des
Gemeindehauses befand sich gleichfalls das rituelle Bad. Der Portalstein der
alten Synagoge wurde 1835 in das Gemeindehaus eingebaut.
1977 wurde das ehemalige jüdische Gemeindehaus
abgebrochen, der Platz zur Straßenverbreiterung der Freudenstädter Straße
verwendet (Gebiet gegenüber der neuen Synagoge/evangelische Kirche). Im
ehemaligen neuen Synagogengebäude ist ein Gedenkraum für die jüdische
Gemeinde eingerichtet (u.a. mit der Portalinschrift der alten Synagoge, den
Gefallenen-Gedenktafeln des Ersten Weltkrieges und Gedenktafeln mit den Namen
der in der NS-Zeit umgekommenen Rexinger Juden).
In Shavei Zion erinnert die 1968 von Arthur Löwengart
(1899-1973) gestiftete Gedenkhalle an die in der Verfolgungszeit umgekommenen
Rexinger Juden. In ihr wird auch die beim Novemberpogrom 1938 gerettete
Tora-Rolle aus der Synagoge Rexingen aufbewahrt.
Fotos
Historische Fotos (Quelle: Postkarte um 1900 in: Gräber im Wald s. Lit. S.
144; darunter Innenansicht SM Jerusalem; die übrigen aus Jüdische Gotteshäuser und Friedhofe in Württemberg. 1932. S.
118-119; Foto mit Lehrer Spatz aus: Mittelungen des Träger- und Fördervereins
ehemalige Synagoge Rexingen Nr. 6, Januar 2004)
Die Rexinger Synagoge auf
einer
Postkarte um 1900
Eingangsbereich der Synagoge
mit Gebotstafeln
Innenansicht
der Synagoge
Weitere Innenansicht der
Synagoge mit
den Gefallenendenktafeln rechts und
links des Toraschreines
Oben: Portalinschrift der alten Synagoge von 1752 mit Zitat aus
Psalm
118,20: Dies ist das Tor zum Ewigen; die Gerechten ziehen durch es
hinein"
Links: Jüdische
Schülerinnen und Schüler mit ihrem Lehrer Samuel Spatz (1, 1867-1935)
vor der Rexinger Schule: 2. Hans Rothschild (1917), 3. Irene Levi-Hahn
(1914), 4. Bella Schwarz Breeler (1915), 5. Gretel Gideon-Dreyfuss (1916),
6. Ludwig Heimann (1914), 7. Bruno Weil (1916), 8. Siegbert Schwarz
(1915), 9. Hanna Lemberger-Zürndorfer (1915), 10. Betti Gideon-Kleemann
(1918), 11. Kurt Klopfer (1920), 12. Kurt Löwengart (1917-1981), 13.
Martin Pressburger (1916-1992), 14. Alfred K. Pressburger (1919-1990), 15.
Trudel Schwarz (1922-1941), 16. Meta Schwarz (1920), 17. Herbert Schwarz
(1922-1984), 18. Sigrete Pressburger-Schwab (1919), 19. Hilde
Pressburger-Sternschein (1919-1988), 20. Thea Bodenheimer-Tamara Blum
(1921), 21. Hanna Rothschild (1920), 22. Heinz Hopfer (1922-2000), 23.
Margot Pressburger-Hess (1921), 24. Ilse Wälder (?, 1922-1942).
Historische
Ansichtskarte
von Rexingen (aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim / Ries)
Die (teilweise beschädigte) Ansichtskarte
von Rexingen wurde von Frau M. Preßburger am 4. Januar 1898 von
Rexingen nach Arosa im Kanton Graubünden (Schweiz) geschickt. Frau
Preßburger grüßt zum Neuen Jahr: "Noch nachträglich sage ich
Ihnen werte Familie Steger die herzlichste Gratulation zum neuen Jahr, und
wünsche Ihnen werte Frau Steger, besondern noch recht viel Glück zu
Ihrem Vorhaben, und wollen hoffe, dass Alles nach Wunsch ausfällt. Für
Ihre Gratulation sage ich meinen besten Dank..."
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Foto des jüdischen
Gemeindehauses
gegenüber der Synagoge (im Hintergrund Turm der
katholischen Kirche)
Das Gebäude des
früheren jüdischen Gemeindehauses, in der auch ein Teil
der 1835
abgebrochenen alten Synagoge aufging und deren Portalinschrift
eingemauert
wurde, 1977 abgebrochen
Fotos der ehemaligen Synagoge um 1985: (Fotos: Sammlung Hahn; Fotograf der
mit R bezeichneten Fotos: R. Rasemann,
1987; die mit H bezeichneten Fotos
von Hahn, 1983)
Ansicht der ehemaligen Synagoge
von Südwesten (R)
Ansicht
von Süden (R)
Die hebräische Inschrift über dem
Eingang aus 1.Mose 28 (R)
Darunter die deutsche
Übersetzung des Verses (H)
Der Eingangsbereich der
ehemaligen Synagoge (H)
Fotos (1988)/2003 (*Fotos: A. Winkler;
Fotos: Hahn)
Die ehemalige Synagoge im
Herbst 1988
Foto (2003) von Süden*
Eingangsbereich*
Portalinschrift*
Erinnerungstafel beim Eingang
Gefallenengedenktafeln,
heute
im Eingangsbereich
darunter: Portalinschrift
der
alten Synagoge (s.o.)
Gedenkstätte in Shavei
Zion mit
Torarolle aus Rexingen und
Namen der Umgekommenen
(Foto aus
Petzold s.Lit. S. 44)
Fotos vom
Februar 2008 (Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 15.2.2008)
Ehemalige jüdische
Häuser rechts
und links der Freudenstädter Straße
Ehemaliges jüdisches
Ladengeschäft
in der Freudenstädter Straße 13
Mesusa-Spur am
Hauseingang
Freudenstädter Straße 15
Westfassade der
ehemaligen Synagoge
Blick auf die ehemalige
Synagoge
Erinnerungstafel am
Eingang
Innenaufnahme des
Kirchenraumes
auf Höhe der ehemaligen Frauenempore
Gefallenengedenktafel und
Portalinschrift der alten Synagoge
Fotos vom September
2012 (Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 2.9.2012)
Blick in die heutige
evangelische Kirche
auf Höhe der ehemaligen Frauenempore
Ansicht des heutigen
Altarraumes über
dem Bereich des früheren Toraschreines
Die Fotos an den Seitenwänden
dokumentieren
die jüdische Vergangenheit des Gebäudes
und des Ortes
"Ort
der Zuflucht und Verheißung. Shavei Zion 1938–2008" war
2008 der Titel einer deutsch-hebräischen Ausstellung zum 70. Jahrestag der Gründung
von Shavei Zion im Norden von Israel. Zehn Familien und mehrere
unverheiratete junge Männer aus der jüdischen Gemeinde Rexingen im
Schwarzwald wurden am 6. Februar 1938 in der Rexinger Synagoge
verabschiedet. Sie standen vor ihrer Auswanderung ins britische
Mandatsgebiet Palästina. Gemeinsam wollten sie Nazideutschland verlassen
und eine neue jüdische Gemeinde im Land der biblischen Väter aufbauen.
Ihnen schlossen sich Familien aus anderen, meist süddeutschen Gemeinden
an. Am 13. April 1938 wurde in Westgaliläa, direkt am Mittelmeer, die
Siedlung Shavei Zion gegründet. Der Träger- und Förderverein Ehemalige
Synagoge Rexingen hat mit Bürgerinnen und Bürgern von Shavei Zion eine
Ausstellung erarbeitet, die die Geschichte dieser dramatischen
Auswanderung und der neuen Gemeinde bis heute erzählt. Auch die
Freundschaftsbeziehungen zwischen Shavei Zion und Menschen und Gemeinden
in Baden-Württemberg, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten,
werden dargestellt. Die Erarbeitung der Ausstellung wurde möglich durch
die Unterstützung der Landesstiftung Baden-Württemberg, des Landkreises
Freudenstadt, der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke und anderer. Die
Schirmherrschaft haben übernommen die Israelitische Religionsgemeinschaft
Württembergs und der Ministerpräsident den Landes Baden-Württemberg, Günther
H. Oettinger. Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher, zweisprachiger
Katalog mit vielen, bisher nicht veröffentlichten Fotos und Dokumenten.
Die Eröffnung der Ausstellung war am
10. Februar um 15.00 Uhr in der Johanniterhalle in Rexingen.
Die
Ausstellung selbst war in der Ehemaligen Synagoge in Rexingen, Freudenstädter
Straße 16, zu sehen.
September 2010:Barbara Staudacher und Heinz Högerle werden mit
dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Foto
links: Ein Höhepunkt ihrer ehrenamtlichen Arbeit war für Barbara Staudacher und Heinz Högerle (Mitte) die Eröffnung der Ausstellung zu Shavei Zion. Archiv-Fotos: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote.
Artikel von Christof Schülke im "Schwarzwälder Boten" vom 23.
August 2010:
""Büchermenschen" mit Herz und Hand.
Horb. Ihr Engagement im Träger- und Förderverein Ehemalige Synagoge Rexingen hat sie über die Grenzen der Region hinaus bekannt gemacht – bis nach Israel und in die USA. Nun erhalten Barbara
Staudacher und Heinz Högerle für ihre vielfältigen kulturellen Verdienste das Bundesverdienstkreuz.
Die Kulturarbeit in der ehemaligen Synagoge in Rexingen. Die Ausstellung zu Shavei Zion. Das Engagement an der Spitze der Bürgerinitiative
'Keine Neonazis in Horb'. Die Sanierung des ehemaligen jüdischen Betsaales in Horb. Die Gründung des Gedenkstättenverbundes Gäu-Neckar-Alb. Dies sind nicht alle, aber einige wichtige Marksteine der Arbeit von Staudacher und Högerle, die in Horb vor rund zehn Jahren begann. Damals traten die beiden in den Träger- und Förderverein Ehemalige Synagoge Rexingen ein.
Seit 2001 leben Staudacher und Högerle in Rexingen. 'Unser Haus ist in nächster Nachbarschaft zum jüdischen Friedhof. Das weckte unser
Interesse', erinnert sich Staudacher. Dass es den beiden um weit mehr als den baulichen Erhalt von Gedenkstätten ging, zeigte sich schon bald an ihrer Kultur-, Vernetzungs- und Kontaktarbeit auf mehreren Ebenen, die bis heute reiche Früchte trägt.
Barbara Staudacher wurde 1943 in Stuttgart geboren; Heinz Högerle 1949, ebenfalls in Stuttgart. Im Jahr 2001 zog es die pensionierte Verlagsbuchhändlerin und den freien Verlagshersteller (Fachmann in der Herstellung von Büchern) nach Rexingen, wo sie heute,
'nebenher', wie Staudacher sagt, einen kleinen Verlag betreiben. "Wir sind zwei Büchermenschen." Zwei neugierige allerdings, die sich nicht auf intellektuelle Arbeit beschränken.
Überregional Aufsehen erregt hat im Jahr 2008 die von Staudacher und Högerle zusammen mit dem Historiker und Archivar Carsten Kohlmann konzipierte Ausstellung "Ort der Zuflucht und Verheißung. Shavei Zion 1938 bis 2008". Sie war in Rexingen, Shavei Zion, Jerusalem, Berlin, Stuttgart und Freudental bei Ludwigsburg zu sehen. Die Ausstellung erinnerte an die Auswanderung jüdischer Familien aus Rexingen, die vor dem Nazi-Terror flüchteten und 1938 zusammen mit anderen jüdischen Familien an der Mittelmeerküste Galiläas den Ort Shavei Zion (Rückkehr nach Zion) gründeten. Die Besucherzahl der Ausstellung übertraf die Erwartungen, und was die Initiatoren besonders freute: Es wurden viele Kontakte geknüpft.
Diese Vernetzungsarbeit ist Staudacher und Högerle auch heute noch wichtig.
'Wir möchten die Kontakte zwischen ehemaligen Rexinger Bürgern, die in den USA und Israel leben, und ihren Kindern und Enkeln
intensivieren', so Staudacher.
2010 ist für die beiden Aktivisten ebenfalls ein erfolgreiches Jahr – nicht nur wegen der Bundesverdienstkreuzverleihung. Staudacher und Högerle ist es zu verdanken, dass die Synagogen und KZ-Gedenkstätten der Region jetzt einen Dachverband haben. Der "Gedenkstättenverbund Gäu-Neckar-Alb" wurde in der Ehemaligen Synagoge in Rexingen ins Leben gerufen. Die zusammengeschlossenen Vereine wollen mit dem Dachverband ihre politische, pädagogische und kulturelle Arbeit auf eine neue Stufe heben. Die Kontakte mit Schulen sollen intensiviert und die pädagogischen Angebote gebündelt und weiterentwickelt werden. Ein Schwerpunkt der Arbeit soll die Erarbeitung eines Archivkonzepts werden.
Ein weiterer Meilenstein in der Arbeit von Staudacher und Högerle ist die Sanierung des Gebäudes in der Horber Fürstabt-Gerbert-Straße, das einst den jüdischen Betsaal beherbergte. Planung und Finanzierung sind unter Dach und Fach, und noch dieses Jahr sollen die Bauarbeiten beginnen.
Auch Oberbürgermeister Peter Rosenberger freut sich bereits auf die Feststunde. Er weiß die vielfältigen Leistungen Staudachers und Högerles für die Stadt zu schätzen:
'Sie kümmern sich um die Instandhaltung der Synagoge und der jüdischen Friedhöfe. Außerdem ermöglichen sie, dass wichtiges Wissen über die Stadtgeschichte an Schüler weitergegeben wird. Das ist eine unglaublich tolle Leistung, für die das Bundesverdienstkreuz angemessen
ist.' Weitere Informationen: Die Ordensverleihung findet am Donnerstag, 30. September, ab 14 Uhr im Saal des Bürgerkulturhauses, Marktplatz 4, in Horb statt."
Pressebericht über die Verleihung des
Bundesverdienstkreuzes aus der "neckarchronik.de"
(Südwest-Presse; Artikel)
vom 1. Oktober 2010;
Bericht von Claudia Salden: eingestellt
als pdf-Datei.
November
2010: Ab dem
Frühjahr 2011 werden die ersten "Stolpersteine" in Rexingen
verlegt
Artikel von Eberhard Wagner,
Rexingen im "Schwarzwälder Boten" vom 25. November 2010 (Artikel):
"Horb a. N. Fünf Stolpersteine sollen schon bald Rexingen zieren Horb-Rexingen ...
Über die Aktion "Stolpersteine" in Horb informierten Rätin Barbara Staudacher und Heinz Högerle. Auch in Rexingen sollen ab dem Frühjahr die ersten Stolpersteine (10 mal 10 Zentimeter groß, mit gravierter Messingoberfläche) gelegt werden. Der Künstler Gunter Demnig, der inzwischen in über 480 Gemeinden in Deutschland und Ausland 25.000 Stolpersteine verlegt hat, würde diese Aktion auch in Rexingen übernehmen. Die beiden Träger des Bundesverdienstkreuzes führten weiterhin aus, es gelte, die Bevölkerung bei diesem Schritt "mitzunehmen" und sie für den entsprechenden Menschen, dem der Stolperstein gewidmet werde, zu sensibilisieren. Da die Stolpersteine auf öffentlichem Grund gelegt werden, hatte der Gemeinderat die Aktion Stolpersteine für alle Stadtteile geltend genehmigt.
Zunächst sollen in Rexingen fünf bis sechs Stolpersteine verlegt werden."
Januar
2011: Barbara Staudacher
und Heinz Högerle werden mit dem German Jewish History Award ausgezeichnet
Foto links:
Barbara Staudacher (Zweite von rechts) und Heinz Högerle (Zweiter von links) wurden in Berlin für ihre Verdienste um die jüdische Kultur in Deutschland mit dem Deutsch-Jüdischen Geschichtspreis geehrt. Links der Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin, Walter Momper, und der Präsident der Obermayer
Foundation, Arthur Obermayer. Foto: Abgeordnetenhaus von Berlin.
Artikel im "Schwarzwälder Boten" vom 24. Januar 2011 (Artikel):
"Horb a. N. "Ein großer Berg Forschungsarbeit".
Horb. Barbara Staudacher und Heinz Högerle erhielten gestern im Berliner Abgeordnetenhaus den Deutsch-Jüdischen Geschichtspreis (Obermayer German Jewish History Award). Die beiden Rexinger werden für die Bewahrung der jüdischen Geschichte und Kultur in ihrem Dorf geehrt.
Mancher Weg beginnt unerwartet. Bei Barbara Staudacher und Heinz Högerle stand am Anfang ihrer Reise in die deutsch-jüdische Geschichte der Umzug von Stuttgart nach Rexingen im Jahr 1999. Auf einem Hügel in der Nähe ihres Hauses entdeckten sie eines Tages den jüdischen Friedhof. Mit seinen etwa 1000 Grabsteinen "gehört der Friedhof zu den größten in Baden-Württemberg", erklärt die 67-jährige Staudacher. "Unser Interesse war geweckt."
Mehr als ein Lebenswerk für die Geehrten. In der Folge tauchte das Paar – eine ehemalige Buchhändlerin und ein Verleger – mit vereinten Kräften tief in die jüdische Geschichte ihres Ortes ein und veröffentlichte Bücher und andere Schriften über das einstige jüdische Leben in Rexingen. Sie knüpften außerdem Kontakte zu jüdischen Familien, vor allem aus den USA und Israel, deren Wurzeln in Rexingen liegen. Für Staudacher und Högerle ist es mehr als ein Lebenswerk.
In der Jugend "erfuhr ich nichts über das Judentum", erklärt der 61-jährige Högerle. "Ich kannte keine Juden. Und dann kamen wir nach Rexingen und stellten plötzlich fest, dass es diese lebendige jüdische Gemeinde gegeben hatte." Im Jahr 2000 traten sie dem "Träger- und Förderverein Ehemalige Synagoge Rexingen" bei, den Michael Theurer, damals Oberbürgermeister der Stadt Horb, 1997 gegründet hatte. Dank des Vereins war die Synagoge damals schon wieder als solche hergestellt, nachdem sie jahrelang als Kirche genutzt worden war.
Über die Juden selbst gab es jedoch nur sehr wenige Informationen, und so machte sich das Paar an die Recherche in den Archiven. Högerle arbeitete zum Beispiel an einer umfassenden, 424 Seiten starken Dokumentation zu den Gräbern auf dem Friedhof: "In Stein gehauen. Lebensspuren auf dem Rexinger Judenfriedhof". Högerle und Staudacher fanden heraus, dass 1933 noch 262 Juden in Rexingen lebten. 1938, als die Verfolgung durch die Nazis schärfer wurde, wanderte eine Gruppe von 40 Juden gemeinsam nach Palästina aus und beteiligte sich dort am Aufbau der Gemeinde Shavei Zion. Im Jahr 2001 kam eine Gruppe ehemaliger Rexinger Bürger aus Israel zu Besuch, gefolgt von einem Gegenbesuch des Paares Staudacher/Högerle im darauffolgenden Jahr. Ihre Recherchen und Interviews mündeten in eine Ausstellung und später in ein Buch, das die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Rexingen über Hunderte von Jahren dokumentiert, bis hin zur Gründung von Shavei Zion. Die Ausstellung wurde an vielen Orten in Deutschland sowie in Jerusalem und Shavei Zion gezeigt.
Staudacher und Högerle haben zahlreiche weitere Publikationen herausgebracht, zum Beispiel ein 300 Seiten umfassendes, großzügig bebildertes Buch zum Leben in Shavei Zion und zur 70-jährigen Geschichte der Gemeinde (zweisprachig Deutsch und Hebräisch), eine Dokumentation zum Friedhof im nahe gelegenen Mühringen sowie Broschüren zu den jüdischen Flüchtlingen aus Rexingen und über die örtlichen jüdischen Viehhändler.
Doch damit sind Staudacher und Högerle noch längst nicht am Ziel: "Es ist immer noch ein großer Berg an Forschungsarbeit zu bewältigen", meint Högerle.
In dem ehemaligen jüdischen Betsaal in Horb soll ein neues Museum eingerichtet werden, und derzeit entsteht ein lokales Netzwerk von Lehrern, die sich dafür einsetzen, jüdische Lokalgeschichte in den Lehrplan aufzunehmen. Michael Theurer erklärt: "Sie haben hier wirklich etwas verändert. Sie haben die Herzen der Familien in Rexingen ebenso geöffnet wie die Herzen der Familien von Shavei Zion und deren Nachkommen, und sie haben die Menschen zusammengeführt.""
November
2011: Gedenken an die Deportation
jüdischer Einwohner nach Riga 1941
Artikel von Heinz Högerle in
der "Südwestpresse" ("Neckarchronik") vom 26.
November 2011: "Die Nachbarn wurden in den Tod geschickt.
Am 27. November 1941 begann die erste Deportation von Juden aus
Württemberg - und ihre systematische Ausraubung..." Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei
November 2011:
In Horb und Stadtteilen (auch Rexingen) wurden
"Stolpersteine" verlegt
Artikel von Marion Tischbein im
"Schwarzwälder Boten" vom 28. November 2011: "Stolpersteine
erinnern an Juden.
Horb - Zum 70. Jahrestag der Deportation von 53 Rexinger Juden 1941
nach Riga wurden am Samstag an verschiedenen Orten im Horber Stadtgebiet
die ersten Stolpersteine für die in der NS-Zeit ermordeten Bürgerinnen
und Bürger gelegt..." Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei
Zum selben Ereignis liegt auch
ein Artikel aus der "Neckar-Chronik" vom 28. November 2011 vor:
"Gegen das Vergessen - Stolpesteine erinnern an das Schicksal
einstiger jüdischer Mitbürger..." Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei.
März
2012: Jahreshauptversammlung des
Träger und Fördervereins "Ehemalige Synagoge Rexingen"
Artikel von Peter Morlok im
"Schwarzwälder Boten" vom 16. März 2012: "Synagogenverein
setzt Zeichen.
Horb-Rexingen. Auf ein Jahr voller Aktionen blickte der Träger- und
Förderverein 'Ehemalige Synagoge Rexingen' bei seiner
Jahreshauptversammlung zurück..." Link
zum Artikel
September 2012:
Weitere Verlegung von "Stolpersteinen"
in Horb und Stadtteilen
Artikel in der "Neckar-Chronik"
(Südwest Presse, Lokalteil Horb) vom 18. September 2012: "Stolpersteine für Horber Bürger
Im Gedenken an Opfer der Nazi-Diktatur: Am Samstag wurde an die Schicksale von 15 Menschen erinnert
Nicht jeder Stolperstein, der am Samstag in Horb verlegt worden ist, erinnert an frühere jüdische Bürger. Der erste Stein, den der Kölner Künstler Gunther Demnig am Samstag in der Hirschgasse ins Straßenpflaster legte, war für die junge christliche Horberin Maria Leins..." Link
zum Artikel
September
2013: Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" Anmerkung: Am Samstag, 7. September 2013 werden in Rexingen sieben
"Stolpersteine" verlegt: vor dem Haus Kirchstraße 21 für
Jeanette und Samuel Levi, vor dem Haus Kirchstraße 25 für Sigmund und
Berta Gideon, vor dem Haus Freudenstädter Straße 31 für Louis Schwarz,
vor dem Haus Freudenstädter Straße 70 für Kathi und Isak
Pressburger.
Ab 18. Mai 2014:Ausstellung zum Ersten Weltkrieg im Jüdischen
Betsaal Horb
"Mein Herz gab ich dem Vaterland"
Datum: Ab 18.05.2014
Zeit: Samstag und Sonntag von 14.00 bis 18.00 im Museum Jüdischer Betsaal
in Horb
Über vier Jahre wütete der Erste Weltkrieg und hinterließ Verheerungen und Opferzahlen in bis dahin ungekanntem Ausmaß. Zurück blieb eine
"verlorene Generation", traumatisiert durch die Kriegserlebnisse im Schützengraben, konfrontiert mit Leid, Verlust und Elend an der
"Heimatfront".
Die Ausstellung zeigt in einem lokalen Teil besonders das Schicksal jüdischer Soldaten aus Horb, Rexingen, Mühringen, Nordstetten und Mühlen. Wer waren die Männer, die für Kaiser und Vaterland in den Krieg zogen und wie war ihr weiteres Schicksal?
Der Rexinger Fliegerleutnant Joseph Zürndorfer schrieb in seinem Testament:
"Ich bin als Deutscher ins Feld gezogen, um mein bedrängtes Vaterland zu schützen. Aber auch als Jude, um die volle Gleichberechtigung meiner Glaubensbrüder zu
erstreiten."
Anhand von Biografien, Feldpostbriefen, Fotos, Tagebuchauszügen, von Schlagzeilen und Anzeigen in der Horber Presse vermittelt dieser Teil die besondere Tragik dieses Krieges und seiner Folgen für die jüdischen Bürger.
In einem allgemeinen Teil, der von der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg erstellt wurde, wird mit zeitgenössischen Bildern und Zeugnissen der Kriegsalltag der Menschen gezeigt. Dabei werden besonders das Erleben und die Perspektive von Kindern und Jugendlichen im Krieg dargestellt. Die Ausstellung "Mein Herz gab ich dem Vaterland" ist jeden Samstag und Sonntag von 14.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Museum Jüdischer Betsaal Horb, Fürstabt-Gerbert-Straße 2, beim Ihlinger Tor in Horb am Neckar. Eintritt frei. Anmeldung für Gruppen auch unter der Woche über
verlagsbuero@t-online.de
Weitere Informationen: Gruppen und Schulklassen nach Vereinbarung. Kontakt über Tel. 0 74 51 / 62 06 89.
November 2014:
Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" in Mühringen und
Rexingen
Artikel Marion Tischbeim im
"Schwarzwälder Boten" vom 28. November 2014: "Horb a. N. Ein Stolpern
führt zum Innehalten Horb-Mühringen/Rexingen. Die Verlegung der Stolpersteine zur
Erinnerung an die unter dem nationalsozialistischen Regime deportierten und
ermordeten Juden hat sich inzwischen zu einem Projekt von enormen Ausmaßen,
auch über Deutschland hinaus, entwickelt. Bisher wurden rund 49 000 dieser
Betonsteine mit einer Kantenlänge von zehn Mal zehn Zentimetern und einer
Messingplatte mit Inschrift, vom Kölner Bildhauer Gunter Demnig in mehr als
1000 Kommunen in Deutschland verlegt. Das kleinste Dorf mit einem
Stolperstein hat 130 Einwohnern, aber auch in anderen Ländern Europas
agierte Demnig. 'Und es geht auch auf jeden Fall noch weiter', verriet der
Künstler. ... (zunächst Verlegung in
Mühringen)
Nach Ruggabers Einführung ging es nach Rexingen, wo vor den Häusern
Lichtenbergstraße 26 und Johanniterstraße 16 jeweils drei Steine gesetzt
wurden. Damit sind es in Rexingen schon über 30 Stolpersteine. Mit dem
Verlesen der Lebensgeschichte erinnerten Barbara Staudacher, Heinz Högerle
und Ortsvorsteherin Birgit Sayer an das Schicksal der ehemaligen Bewohner
dieser Häuser, die 1941, vor genau 76 Jahren, zusammen mit anderen Horber
Juden in den Osten deportiert wurden. Darunter war der letzte jüdische
Lehrer in Rexingen, Arnold Isenberg und seine Frau Friederike. Sie wurden
mit fünf anderen Rexinger Juden im April 1942 in das Durchgangslager Izbica
in Ostpolen deportiert. Keiner von ihnen überlebte. Der dritte Stolperstein
vor dem Haus Lichtenbergstraße 26 erinnert an Elsa Pressburger, geborene
Neckarsulmer. Sie wurde am 27. November 1879 als älteste von drei
Geschwistern in Rexingen geboren. 1903 heiratete sie den Viehhändler
Heinrich Pressburger, der im November 1939 verstarb. Zwei Jahre später bekam
Elsa Pressburger von der Gestapo den Befehl für die Evakuierung in den
Osten. Im März 1942 wurde sie mit Tausenden anderen älteren Frauen und
Müttern in einem Wald bei Riga erschossen. Die letzten drei Stolpersteine,
die in der Johanniterstraße vor dem heutigen Autohaus Bühler verlegt wurden,
gelten dem Gedenken an Zilli und Wilhelm Wälder und ihrer Tochter Ilse. Ilse
Wälder wurde im April 1942 als erste der Familie nach Izbica in Polen
gebracht, ein Durchgangslager bis zum Weitertransport in die
Vernichtungslager Belzec und Sobibor. Wilhelm und Zilli Wälder wurden im
August 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo Zilli
Wälder nach einem Jahr starb. Wilhelm Wälder wurde im Oktober 1944 in
Auschwitz ermordet."
Link zum Artikel
Herbst 2016:
Ausstellung zu den jüdischen Familien in Rexingen
Mischpacha – Fotos jüdischer Familien aus Horb und Rexingen.
Geöffnet ab Sonntag 11. September 2016 um 14.00 Uhr im Museum Jüdischer
Betsaal im Haus Fürstabt-Gerbert-Straße 2 beim Ihlinger Tor.
Aus dem reichen Fotoarchiv des Synagogenvereins wurde eine Auswahl an historischen Aufnahmen jüdischer Familien aus Rexingen und Horb zusammengestellt, die etwa zwischen 1910 und 1950 datieren. Alle stammen sie aus den Fotoalben, die im Gepäck der Emigranten nach Amerika oder Palästina an den jeweiligen Fluchtort mitgereist sind, als Erinnerung an die Heimatstadt Horb, an das Heimatdorf Rexingen und an Familienmitglieder, die man zurücklassen musste.
Oder es sind Aufnahmen, die in den ersten Jahren der Emigration entstanden sind und auf denen das gerettete, neue Leben zu sehen und zu spüren ist.
Viele der Fotos sind von professionellen Fotografen gemacht, sorgfältig arrangierte und komponierte Bilder und berührende Zeitdokumente. Kurze Begleittexte erläutern die Personen und ihre Lebensumstände.
Die Ausstellung ist zu sehen in der Zeit zwischen dem 11. September und dem 20. November 2016
im Museum Jüdischer Betsaal Horb.
Öffnungszeiten: Jeden Samstag und Sonntag von 14.00 bis 18.00 Uhr.
Oktober 2016:
Förderzuschlag für die ehemalige
Synagoge Rexingen
Artikel im "Schwarzwälder Boten" vom 6.
Oktober 2016: "Horb a. N. Ehemalige Synagoge bekommt Förderzuschlag
Das Vorhaben zur Umgestaltung der Ehemaligen Synagoge in Rexingen ist durch
den Leader-Auswahlausschuss ausgewählt worden und soll nun Unterstützung
erhalten.
Horb-Rexingen. Nachdem im Januar bereits neun Projekte durch den
Leader-Auswahlausschuss auf den Weg gebracht wurden, bewertete das
Auswahlgremium des Vereins Regionalentwicklung Bürger.Kultur.Land. Oberer
Neckar kürzlich nun die eingegangenen Projektbewerbungen des zweiten
Projektaufrufs (1. Juni bis 13. Juli) und wählte drei Projektideen für eine
Bezuschussung durch das europäische Regionalförderprogramm Leader aus.
Erfolgreich waren die Projekte der evangelischen Kirchengemeinde Vöhringen,
der Stadt Horb sowie ein Kooperationsprojekt in Trägerschaft des Landkreises
Rottweil. Das Vorhaben zur Umgestaltung der ehemaligen Synagoge in Rexingen
konnte sich durchsetzen. Auf Anstoß des Träger- und Fördervereins Ehemalige
Synagoge Rexingen soll das geschichtsträchtige Gebäude zu einem
Erinnerungsraum werden und seine bewegte Vergangenheit angemessen
widerspiegeln, heißt es in der Mitteilung von Leader. Dazu soll eine
Ausstellung mit Originalgegenständen der ehemaligen jüdischen Gemeinde
Rexingen entstehen. Ein weiteres Element ist der Aufbau einer Bibliothek,
unter anderem mit original jüdischen Schriftstücken, die auch zum Studium
und zur Forschung verwendet werden können. Die Projektidee ist auf Basis
bürgerschaftlichen Engagements initiiert worden und wird zu einem
erheblichen Teil auch ehrenamtlich umgesetzt...
Weitere Informationen:
www.leader-oberer-neckar.de."
Link zum Artikel
April 2018:
Über die Erinnerungsarbeit in
Rexingen und Horb
Artikel von Alexandra Feinler im
"Schwarzwälder Boten" vom 19. April 2018: "Horb a. N. Freier Eintritt nur
durch Zuschüsse möglich
Auf ein besonderes Jahr blickt der Träger- und Förderverein ehemalige
Synagoge Rexingen, denn heuer wird das 80-jährige Bestehen von Shavei Zion
gefeiert.
Horb-Rexingen. In der israelischen Gemeinde leben noch einige Nachkommen
von Rexingern. Bei der Hauptversammlung schaute der Vorstand auch auf die
zahlreichen Veranstaltungen, Ausstellungen und weitere Aktionen im
vergangenen Jahr. Vorsitzender Oberbürgermeister Peter Rosenberger hob den
besonderen jüdischen Themenweg hervor, nannte die Ausstellung zu Chanukka
und weitere Termine im jüdischen Betsaal in Horb. Besonders gelungen seien
die Aufkleber des Jugendgemeinderats, der in der Horber Stadt Aufkleber mit
rechten Inhalten unter diesen 'Toleranz'-Aufklebern verschwinden lassen
wolle.
Der Bildungsreferent Benedict von Bremen zählte rund 2400 Besucher, die sich
die ehemalige Synagoge und den jüdischen Betsaal
in Horb im vergangenen Jahr angeschaut hätten. Knapp 700 Schüler hätten
sich Ausstellungen im jüdischen Betsaal, in der ehemaligen Synagoge und dazu
noch die jüdischen Friedhöfe angeschaut. Beliebt sei die Laubhütte von
Margarita Rozenberg gewesen, die von zahlreichen Gästen bestaunt wurde. 45
Nachfahren von ehemaligen Juden aus Rexingen und der Region seien im
vergangenen Jahr zu Besuch gewesen. Sie kamen aus Canada, Israel,
Argentinien, Frankreich und anderen Ländern. 'Wir pflegen aktuell Kontakt zu
den Nachfahren der Juden aus der Region bis in die dritte Generation
hinein', erklärte Benedict von Bremen. Dank an die Stadt. Barbara Staudacher dankte der Stadt Horb, dem
Landkreis Freudenstadt und dem Land Baden-Württemberg für die Zuschüsse,
denn nur so könnten die Ausstellungen im jüdischen Betsaal weiterhin bei
freiem Antritt angeboten werden. Vorstandsmitglied Andrea Dettling aus
Gärtringen nannte Workshops, die Erweiterung der jüdischen
Familien-Datenbanken und das Einscannen von sämtlichen Bildern, der ehemals
in Rexingen lebenden Juden. Über den stellvertretenden Vorsitzenden Heinz
Högerle sei der Verein auf sie Geschichtsstudentin Jasmin Hopfer gekommen,
die sich mit großem Engagement in die Themen eingearbeitet habe, die
Deportierten-Liste durchgegangen sei und daher ein Dankeschön vom Verein
erhielt. Erfolgreich sei auch das Jahr aus Sicht des Kassierers Gernot
Schlager gewesen, denn er nannte einen Mitgliederzuwachs von zehn Personen
auf 178. Die Spenden hätten etwas abgenommen, denn 2016 hatte Ehrenmitglied
Michael Theurer die Geldgeschenke aus seiner Hochzeit gespendet. Zahlreiche Unterstützer. Dennoch habe der Verein zahlreiche
Unterstützer und erhalte Zuschüsse, womit Gernot Schlager ein Plus vermelden
konnte. Das Geld werde gebraucht, denn die ehemalige Synagoge in Rexingen
soll umgebaut werden. Der Oberbürgermeister und Vorsitzende freute sich
besonders, dass zwei Tage zuvor die Zusage aus dem Leader-Projekt für die
Fördersumme von 210.000 Euro eingegangen sei. 'Wir müssen uns beeilen, denn
bis März 2018 muss der Umbau fertig sein', erklärte Rosenberger, dass daher
nun die Ausschreibungen vorgenommen werden würden. Dennoch könne das
Obergeschoss der ehemaligen Synagoge Rexingen genutzt werden, weshalb ein
Konzert im September dort stattfinden werde. Weitere Termine nannte Barbara
Staudacher, wie die Reise zum 80-jährigen Bestehen nach Shavei Zion, den
Jahrestag im November, die Ausstellung 'Flüchtiges Glück' ab Juni im
jüdischen Betsaal und viele weitere. Zum Geburtstag '80 Jahre Shavei Zion'
hatte Heinz Högerle einen Vortrag mit Bildern zusammengestellt. Die
Geschichte seit dem 13. April 1938 bis heute wurde zusammengefasst."
Link zum Artikel
Website Dr. Michael Theurer, Oberbürgermeister von Horb am Neckar,
Vorsitzender des Förder- und Trägervereins "Ehemaligen Synagoge
Rexingen": hier anklicken
Samuel
Spatz: Die Geschichte der Juden in Rexingen. In: GZ Jg. I Nr. 3 vom
15.6.1924 S. 36-37.
Paul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und
Hohenzollern.
1968. S. 151ff.
Hans Peter Müller: Die Juden in der Grafschaft Hohenberg, in: Der Sülchgau
25 (1981) S. 36-43.
Arthur Löwengart: Geschichte der Juden in Rexingen, in:
Pessach-Festschrift 5731 (1971) S. 12-15.
Günther und Leslie Petzold: Shavei Zion. Blüte in Israel aus schwäbischer
Wurzel. Gerlingen 1978.
Stadtarchiv Horb (Hg.): In Stein gehauen. Lebensspuren auf dem jüdischen
Friedhof in Rexingen. 1997.
Carsten Kohlmann: Die Synagoge in Rexingen - Ein Bauwerk aus dem
19. Jahrhundert, in: Schwäbische Heimat 2002/4 und 2003/1.
Gräber im Wald. Lebensspuren auf dem jüdischen Friedhof in
Mühringen. Hg. vom Stadtarchiv Horb und vom Träger- und Förderverein
Ehemalige Synagoge Rexingen (= Jüdische Friedhöfe der Stadt Horb. Band
II). Stuttgart 2003.
Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007.
Barbara Staudacher: Rexingen. In: Heinz Högerle /
Carsten Kohlmann / Barbara Staudacher (Hrsg.): Ort der Zuflucht und
Verheißung. Shavei Zion 1938-2008. Stuttgart S. 8-20. Online
einzusehen.
Amos
Fröhlich: Rexingen - Zürich - Tuttlingen - Shavei Zion. Aus dem Leben
meiner Familie. Festeinband, Fadenheftung, mit Lesebändchen. Durchgehend
vierfarbig, 171 Abbildungen. ISBN 978-3-928213-25-7. Ladenpreis 18.00 €.
Erhältlich über den Buchhandel oder portofrei beim Verein Ehemalige Synagoge
Rexingen http://www.ehemalige-synagoge-rexingen.de.
Zu diesem Buch: Im Oktober 1938 floh die Familie Fröhlich aus
Tuttlingen ins britische
Mandatsgebiet Palästina, Amos war acht Jahre alt. Sein Vater Julius
Fröhlich, in Rexingen geboren und aufgewachsen, gehörte zu den führenden
Persönlichkeiten, die eine Genossenschaftssiedlung im Norden des heutigen
Israel gründeten. Die Familie Fröhlich wurde Teil der einzigen gelungenen
Gruppenauswanderung während der NS-Zeit. Die Siedlung Shavei Zion aus
schwäbischen Wurzeln ist in die Exil-Geschichte eingegangen. Amos hat die
Entstehung und Entwicklungen der Genossenschaftssiedlung von den Anfängen
erlebt. Er beschreibt entlang der Geschichte der Gemeinde Shavei Zion das
Leben seiner Familie und die Geschichte des Staates Israel.
Der Autor, schon als junger Mann in die verantwortungsvolle Position des
Betriebsleiters der Genossenschaft gewählt, studierte in den 1950er-Jahren
in Deutschland Veterinärmedizin, heiratete und kehrte mit seiner Frau Gisela
nach Shavei Zion zurück. Die Beziehungen zu Deutschland bewegen ihn und
seine Familie bis heute. 2015 erhielt er in Tuttlingen als Brückenbauer
israelisch-deutscher Freundschaften das Bundesverdienstkreuz.
Einzelne Presseberichte
Über eine Toralernwoche 2010 in der Rexinger
Synagoge: Artikel von Alfred Binder in der "Neckar-Chronik"
vom 8. Juli 2010 (Artikel):
"Die Josefs-Geschichte. Rund 30 Christen diskutieren bei der
Tora-Lernwoche mit Sara und Shlomo Mayer" (Artikel
auch eingestellt als pdf-Datei)
Rexingen Wuerttemberg. The first permanent
Jewish settlers were refugees from Eastern Europe fleeing the Chmielnicki
massacres of 1648-49. They received residence rights but were heavily taxed by
the relatively tolerant Order of St. John. Under Wuerttemberg rule from 1805,
the Jews traded mainly in cattle but also purchased farm land to qualify for
citizenship under the Jewish Law of 1828. The Jewish population reached a peak
of 427 in 1854 (around a third of the total) and remained fairly stable in the
subsequent period of marked emigration. An especially high proportion of young
people followed in the footsteps of their elders in preserving the Orthodox
charakter of the community. The first synagogue was dedicated in 1710 and the cemetery
in 1760. A Jewish elementary school was opened in 1824. Relations with the local
population were marked by mutual respect and Jews participated in the town's
public life. With the return of Jewish soldiers after Worldwar I a new spirit
imbued the community and in 1924 a Zionist group was formed.
In 1933, there were 262 Jews in Rexingen, steadily isolated under Nazi rule, but
at the same time community life intensified. A youth hostel was opened in winter
1933-34 and Hebrew and English lessons were offered for potential emigrants. In
1938 a group of 38 young people left for Palestine and founded the moshav
shittufi Shavei Zion. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the
synagogue was vandalized and burned. Of the 380 Jews in Rexingen (including
another 118 added to the community in the intervening years), 174 emigrated; 128
were expelled to the east in late 1941 and 1942, mainly to the Riga and
Theresienstadt ghettoes; four survived. Of the 23 Jews in the attached community
of neighboring Tuttlingen, 14 emigrated and eight were expeled, five of
whom perished. The community is commemorated by a local monument and by a
memorial hall in Shavei Zion, where a damaged Torah scroll from Rexingen is
preserved.
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